ist die Geschichte vom Untergang Roms . Sie mordeten einander, sie ruinierten das Land, sie trieben Schindluder mit dem Wohle des Volkes. Der Senat wurde zu einem Schattendasein verurteilt, indem man ihn, um vorzutäuschen, es handele sich um eine Volksherrschaft, eine Leitlang bestehen ließ, immer seltener ein­berief und zu den Abstimmungen kommandierte. Zuletzt fiel auch das weg und die Prätorianer­garden waren die wirkliche Macht. Als Augustus 14 n. Chr. starb, kamen Mutter- und Bruder­mörder, Säufer und Verrückte auf den Thron. I Aus dem bei der Büchergilde Gutenberg demnächst erscheinenden Werk von Peter Freuchen Meine grönländische Jugend". Ich wurde mit dem DampferHans Egede " nach Grönland geschickt, um mich als Heizer auszubilden und beim Einkauf von Hun­den zu helfen. Ich landete in Sukkertoppen, der größten Kolonie in Süd-Grönland. Dort erlebte ich die ersten Eskimos und sah st« in den altertümlichen Häusern, die schwer von drau­ßen zu erkennen waren, denn es war April, und ihre Torfhütten waren ganz im Schnee begra­ben. Es war ein Wunder, die eingeborenen Frauen wie Ameisen aus einem Loch im Schnee schwärmen zu sehen, festlich in bunte Farben gekleidet reizende Mädchen. Jörgen Brönlund und ich zogen in einem Frauenboot aus, um einen Mann zu finden, der Hunde zu verkaufen haben sollte..Es ist immer offenes Wasser in Süd-Grönland, und in fenen Tagen gebrauchte man nur Frauen­boote als Reisefahrzeug Poesie lag darüber. Acht Frauen ruderten, der Besitzer war Steuer­mann. Ein Frauenboot ist aus Fellen verfertigt; eine geniale Erfindiing, es schwimmt wie eine Riesenmöve auf der Welle und hüpft auf und nieder, ohne anderes Wasser überzunehmen als das, welches von den Wellenkämmen herein­spritzt. Aber auch dafür gibt es Rat; die eskimoisch« Technik hat sich der Aufgabe gewach­sen gezeigt. Jedes Frauenboot wurde von Jä­gern in ihren Kajaks begleitet. Der Kajak ist wie ein Torpedoboot, das Frauenboot das mäch­tige Schlachtschiff. Die Männer kommen schnell vorwärts und belustigen sich unterwegs damit, Bogelpfeile nach Möven zu werfen oder, wenn stch die Gelegenheit bietet, eine Robbe zu har­punieren. Bei hohem Seegang legen sich di« Kajaks in Luv des Frauenbootes und wirken so als Wellenbrecher. Ihr Vollpelz schützt die Jäger vollkommen, und sie können über das Wasser lachen. Auf dem Wege nach dem Hundeort saß ich achtern im Boot und studierte die Technik der Kajakmänner mit höchstem Erstaunen. Aber ich war es nicht gewohnt, müßig dazusitzen und Frauen für mich arbeiten zu lassen, so daß ich mitzurudern verlangt, zum großen Vergnügen von Männern wie Frauen. Nur wenige Stun­den arbeitet» ich in dem Tempo, dann hatte ich 'mehr als genug davon und es kostete nicht viel Ueberredung, daß ich den Riemen dem hüb­schen jungen Mädchen zurückgab, dem ich mich gern hatte ritterlich bezeigen wollen. Was diese Mädchen aushälten können, ist erstaunlich. Und sie singen den ganzen Tag beim Rudern. Di« Lieder sind in der Regel improvi­siert, der Text paßt zur Situation und wird zu dänischen Melodien gesungen, die nach Belieben geändert werden. Dann kichern sie" und erzählen Geschichten; die meisten beziehen sich auf die Passagiere, die ja nicht verstehen, was sie sagen. So sieht die historffche Wahrheit aus. Und wenn man im Buche eines ManneS, der heute in einem anderen dritten Reiche allein enffcheidet, liest,daß das parlamentarische Prinzip der demokratischen Majoritätsbestimmung nur in ganz kleinen Perioden der Geschichte zu finden ist, die aber immer Zeiträume des Verfalls von Völkern und Staaten find", so braucht man nur im Buche der Geschichte zu blättern, um zu wissen, was davon zu halten ist. Di« Erfah­rung der Jahrtausende spricht gegen die Dik­tatoren. Mehrere von den Ruderinnen in unser«»» Boot waren alt«rnde Frauen, und jedesmal, wenn wir halt machten, kam«in junger Kajak­mann von 14 oder 15 Jahren zu uns gepaddelt und rief seine Mutter. Sie beugte sich über die Reeling, schob ihren. Anorak hoch und bot ihm ihre mütterliche Brust, an der er wie ein Neu­geborenes saugte. Später stellte ich fest, daß das unter den Eskimos üblich ist. Die jüngsten Kinder einer Familie, wohl meistens Knaben, werden von ihrer Mutter viele, viele Jahre gesäugt. Knud Rasmussen hat mir von einen« Manne erzählt, der gesäugt wurde, bis er selbst heiratete. Es sind immer die Mütter selbst, die es so wollen, eine Prahlerei mit ihrer Jugend­lichkeit und ein entzückendes, unbezwingliches Muttergefühl, das andauert, bis das Kind fast erwachsen ist. Wenn eine Mutter kein Kind mehr zu stillen hat, ist sie alt. Wir ruderten quer über einige Förden und um steile Vorgebirge herum. Es gibt nichts so Berückendes in der Welt, wie eine grönländi­sche Förde im Sommer, prachwoll« Berge mit schneebedeckten Gipfeln. Die Luft ist klarer Aether und still wie der Tod. Die steilen Felsen spiegeln sich im Wasser, und di« majestätisch treibenden Eisberge schimmern in allen mög­lichen Farben. Und hierzu kommt das Singen der Mäd» ch-n, die heitere Stimmung, das silberne Lachen. Wir waren alle jung und begierig, etwas vom Leben zu haben. Wir ruderten dreizehn Stunden, und ich dachte mit schlechtem Gewissen au die Mädchen, die vor Müdigkeit dem Tode nah« sein mußten. Als wir aber hörten, daß es in der Werkstatt des Ausmärkers Tanz geben sollte, kreischten sie vor Freude. Nach einem vollen Arbeitstage ein« ganz« Nacht tanzen: gerade das war es, was sie brauchte»» Eines der Mädchen war mir besonders aufgefallen. Ihr Name war Arnarak, und sie war reizend. Jetzt erzählt« sie, daß sie zum Tanz« eine besondere Festkleidung anlegen wollte, und ich begleitet« sie nach dem Hause ihres Vaters. Er war Großfä»»ger, und ich wurde als Ehrer»gast empfangen. Das Mädchen zog sich um, dann aber fand sie, daß sie ihr prachwolles langes Haar, das anfgesteckt waE richten müßte. Sie löste es, und es durchschauerte mich, als ich es schwarz und glatt bis zum Boden wallen sah, während sie sich vorbeugte und es kämmte. Die Strahlen der Sonne fielen durch das Fenster herein, gerade auf sie; das verlieh dem Haar jenen blau- schwarzen Schimmer, den man von den Flügeln des Räben kennt. Ich war ganz hin vor Ver­liebtheit, und mein SeemannSherz wäre vor Stolz fast geplatzt, daß ich es war, Her dieses schöne Mädchen zum Tanz haben sollte. Alles wäre sicher glä»»zend gegangen, wäre das Mädchen nur nicht so versessen darauf ge­wesen, Eindruck auf ihren jungen dänischen Kavalier zu machen. Um ihm jedoch zu bewei­sen. welch reinliches Mädchen sie wär«, zog sie unter der Pritsche einen riesigen, bis zum Rande mit menschlichem Urin gefüllten Bottich hervor, der sowohl zum Gerben von Fellen wie als Waschmittel gebraucht wurde. Sorgfältig senkte sie ihr schönes Haar in die Flüssigkeit und scharnponierte sich, rieb und wrang es aus, und unterdessen kühlte meine Liebe ab, und meine Begeisterung sank wie di« Flut im Englischen Kanal. Als wir endlich die Werkstatt erreichten, war es mit meiner Stimmung vollkommen aus. Arnarak hatte ihr mächtiges Haar zu einem Knoten auf dem Kopf frisiert, wie es damals üblich war, und der schwankte und wackelte nun beim Tanzen. Unglücklicherweise bin ich sehr groß, und sie war sehr klein. Die Decke in der Werkstatt war so niedrig, daß ich mich beim Tanzen über sie beugen mußte und ihr Haar­knoten mir jedesmal, wenn wir uns drehten, abwechselnd von beiden Seiten, gegen die Nase patschte eine Narkose, in der der Ammoniak­gestank stärker betärrbte als die Liebe. Aber unsere Aufgabe war es, zu ta»»zen und uns zu amüsieren, und das taten wir. Die Musik wurde von einem Grönländer mit einer Harmonika geliefert, und der Raum war voll von schaukelnden Menschen und Kreischen und Lachen, wie ich es hier zum erstenmal erlebte. Ich hatte das Glück, in der Decke eine Luke zu entdecken, die gehoben werden konnte. Darüber war der. Dachboden. Haha, so konnte ich auftecht stehen und doch tanzen. Natürlich war mein Aktionsradius auf den Umfang der Luk« be­grenzt, aber ich tanzte ja auch mit den Füßen, und die befanden sich a»»f dem Fußboden. Ich atmete den Geruch der rohen Häute, die auf dem Boden lagen, gemischt mit der urinduften­den Atmosphäre meiner Dame ein, hatte aber doch mindestens ebensoviel Vergnügen vom Abend wie die anderen. Ach di« herrlichsten ersten Erlebnisse in Grönland . Heinz hat gelogen In der Familie ist Verstimmung. Heinz, der jüngste Sproß, hatte gelogen. Es war nicht weit her mit der Lüge, eine Kinderlüge wie jede andere, mehr aus Bequemlichkeit, denn aus bösem Willen. Trotzdem ist die Mutter traurig. Wo soll daS nur hinführen?" Denkt sie ur»d vertraut sich der Nachbarin an. WaS haben Sie denn mit ihm gemacht?" Ich hab« ihm einen Klaps gegeben." Die Nachbarin schüttelt den Kopf. Wegen so einer Kleinigkeit?" Ja, WaS soll ich denn machen? Er muß doch einsehen, daß er nicht lügen darf." Oh nein, Frau Kraus, davon steht er'S nicht eim Er wird nur vorsichtiger und miß­trauischer dadurch. Haben Sie noch nie etwas von neuzeitlicher Ki»idererziehu»»g gehört?" Wie soll ich? Er ist doch mein Ein­ziger." Da sollten Sie sich bei denen Rat suchen, die darin belvandert find. Warten Sie mall" Sie reicht der Nachbarin einen Stoß alter Zeitschriften.* Nehmen Sie das mal mit hinüber. Das ist dieFrauenwelt". Fast in jeder Nummer finden Sie eine Abhandlung über fortschritt- liche Kindererziehung, die von Berufenen ge­schrieben ist. Die Einzelnummer kostet sechzig Heller. Am besten aber fft es, Sie obonnieren sie für sieben Kronen und fünfzig Heller im Vierteljahr, da erhalten Sie jeden Donnerstag eine neue Nummer zugestellt. UebrigenS stehen noch viele andere Sachen drin, die Sie als werktäfige Frau interessieren werden." Meine ersten Erlebnisse in Grönland