das ist ja noch gut abgegangen. Da sind wirnoch billig davongekommen!"Der Alte stand und stopfte die Pfeife,drehte den Kopf zum Steuermann und antwortete:„Was, billig nennst Du das? Undwas ist mit unserem herrlichen Roggenbrot?"(bn.)Moderne japanischeSagenKi No war ein grober Gelehrter, und seinHauptfach war die Literatur. Er liebte die Literatur so sehr, daß er, wenn er keine anderenZuhörer hatte, sogar seinen Haustieren Vorlesungen über die Literatur hielt. Dabei sparteer nicht an lateinischen Zitaten.Hohe Bildung färbt ab, und so fandensein Hund und seine Katze eine gemeinsameSprache, um sich über ihre geistigen Interessenzu unterhalten.Ich bin eine Dichterin von Gottes Gnaden, sagte di« Katze: Wenn ich nachts auf demDache wandle und dem Monde in die verliebten Augen schaue, rezitiere ich meine beidenlyrischen Gedichte. Miau, sage ich, und gibt esdenn einen vollkommeneren Reim dazu, alsdas zweite Miau? In diesem Miau liegt dieganze Poesie der Mainacht, das hat die ganzeKatzenwelt anerkannt. Poeta naSeitur, nonfit.')Ich bin aber ein geborener Kritiker, warstder Hund ein: und jeder sieht es, datz meineSchnauze überall dort ist, wo etwas zu riechen,ich wollte ja sagen: wo etwas zu analysierenund zu kritisieren ist. Wenn z. B. nachts. einDieb ins Haus schleicht, ist es nicht meines Amtes, festzustellen, ob er ein geschickter Verbrecher ist. Ich rieche eS nur, daß er ein schlechterDichter ist, und beginne ihn mit meinem Wauwau so scharf zu kritisieren, datz er die Fluchtergreift. Oder wenn ich jemanden ins Beinbeiße, so nur um dem Betreffenden einzuprägen: Vita brevis, ars longa.'*)Als der Hund und die Katze sich trennten,beneideten sie sich gegenseitig. Die Katze wolltegerne ein Kritiker werden und versteckte sichabends im Flur des Hauses. Es kamen Gästezu Ki No, und die Katze sagte so böse, wiesie es nur konnte: Miau! Niemand beachtetesie, und sie war beleidigt.Währenddessen lag der Hund ausgestrecktauf dem Dache und versuchte, ein lyrisches Gedicht zu schaffen. Es gelang ihm nichts, vielleicht, weil der Mond noch nicht aufgestiegenwar. Da dazu auf dem Dach« kein Zweibeiniger zu sehen war, dem man die Hose zerreiben könnt«, langweilte sich der Hund. Alsder Mond endlich herausgekommen war, kritisiert« ihn der Hund mit einem scharfen Wauwau.»Kenko war ein armer Schlucker. Als er inTokio hörte, datz man in Nagasaki die Arbeitseiner Hände brauchen könnte, beschloß er, dorthin zu Futz zu wandern. Es war ein heißerSommertag, und der ermüdete Kenko schwitzteund war durstig. Da lief ihm ein gesatteltesenglisches Rennpferd entgegen.Wohin des Wegs? fragte das Pferd undblieb neben Kenko stehen.Nach Nagasaki, um Arbeit zu suchen, antwortete Kenko.Ich habe aber in Tokio zu tun, warf dasPferd ein: Schade, sonst hätte ich dich gernemitgenommen.*) Ein Dichter wird geboren, nicht gemacht.'*) Das Leben ist kurz, die Kunst aberbauert lang«.Dann fahre ich nach Tokio zurück, sagtenach kurzer Ueberlegung Kenko. AIS er aberauf dem Pferde sab, gab er ihm scharfe Sporenund zwang eS, die Richtung nach Nagasaki einzuschlagen.— Wenn ich schon im Sattel bin,wirst du wohl mir gehorchen, und nicht ich dir,fügte er noch hinzu.Auch in Nagasaki war Kenko von keinemGlück begünstigt und war gezwungen, nachTokio zurückzukehren. Wiederum zu Futz, undwiederum war eS ein heiber Sommertag. Dalief dem ermüdeten und hungrigen Kenko«inEsel entgegen.Wohin des Wegs? fragte der Esel undblieb bei Kenko stehen.Nach Tokio, zu meiner Familie, antwortete ihm Kenko.Ich muh aber dringend nach Nagasaki,warf der Esel ein: Schade, sonst hätte ich dichgerne mitgenommen.Ich kann auch gerne zurück nach Nagasaki,sagte Kenko, ohne sich lange zu überlegen, undsprang auf den Rücken des Esels. Wie er aberauch nicht schimpfte und um sich schlug, vermochte er den Esel nicht zu zwingen, den Wegnach Tokio einzuschlagen,Nach Tokio will ich und nicht zurück nachNagasaki, schrie er den Esel an: Esel du!• Nein du, antwortete ihm der Esel, warfKenko ab und trabte weiter nach Nagasaki.Ein« Wanze ging auf dem Bettrandspazieren und begegnete einem Floh, der daoben sah und in die weite Welt schaute. DerFloh war ein Kavalier und begrübt« die Wanzeehrerbietig.Ich wollte schon lange die Ehre haben,sagte der Floh, meine Kampfgenossin zu begrüben, die so tapfer gegen jene Parasitenkämpft, die sich Menschen nennen. Ich habeschon mehrfach beobachten können, wie Siesicher und geschickt das Bein eines schlafendenMenschen hiuaufklettern, um seine grobe Zeh«anzugreifen. Der undankbare Mens sucht Siemit allen möglichen, untauglichen Mitteln zuvernichten, obwohl er Ihnen zum gröhten Dankverpflichtet ist. Hätte er denn den KriegStankerfunden, wenn er nicht das Herauf- und Herunterklettern einer Wanze von seinem Körperbeobachtet hätte?Ach, schweigen Sie von diesen undankbaren Geschöpfen! warf nun die Wanze ein:Denn auch Ihnen, Herr Floh, hat der Menschseine Kriegskunst zu verdanken. Wie ich so sah,wie Sie sich aus einem Versteck in die Luft hinaufschwingen, wie Sie den Menschen dann mitIhrem Giftschuh angreifen, um wiederum durchdie Luft sich in Sicherheit zu bringen, da sagteich mir: die Menschen haben den mutigen Flöhen ihre Giftgasflugzeuge abgeguckt l Das Volk,das im nächsten Kriege den' Sieg durch dieBombenflugzeuge erreichen wird, müht« Ihnen,Herr Floh, ein Denkmal stellen.Da mischte sich ins Gespräch der beideneine Laus ein, die so langsam vorbeigekrochenwar, dab sie die fremde Unterhaltung belauschen konnte.— Ihr Prahler, sagte sie: NichtTapferkeit, sondern nur Feigheit zwingt Euchauf Eure Weise die Flucht zu ergreifen, sobaldder Mensch sich zur Wehr setzt. Tapfer sind nurwir, die Läufe, denn als der Mensch meine geliebte Schwester zerdriickte, sah sie mutig demTode in die Augen und opferte ihr Blut ausder Stelle.Die Laus sagte es und kroch langsam weiter. Als sie schon weit genug gekrochen war,schaukelten der Floh und' die Wanze mit denKöpfen und sagten verächtlich:Die LauS! Die LauS!(Von Prof. HahaM, Nagasaki, gesammelt, vonM. S., Prag, nacherzählt.)Ein weiblicher Sherlock HolmesAus dem Amerikanischen von Philipp ZimmererKellogg Durland war sehr enttäuscht: erhatte sich sein« Ehe mit der reizenden SylviaMorrell ganz anders vorgestellt. Die Beidenwaren in einem eleganten Hotel der RockyMountains bekannt geworden, wo Sylvia ihrewohlverdienten Ferien genoh. Kellogg hatte sichüber beide Ohren in sie verliebt und sie einigeWochen darauf geheiratet.(Die Beschreibungjener schönen Sommertag« kann man in Sylvia-Roman„Abenteuer im Hotel" nachlesen.)„Nicht wahr, Liebster, du hast mich ummeiner selbst willen genommen?" sragt« Sylviaerrötend auf der Hochzeitsreise.„Wie meinstdu, Kleines?" fragt« Kellogg erstaunt.„Nunja, ich bin doch die Sylvia Morrell, die....weibt du denn nicht?" Kollegg schüttelteahnungslos den Kopf. Er war auch Schriftsteller, aber einer von der Sorte, die nächtelangüber Stil, Form, Realismus und Surrealismusdebattieren. Sylvia aber war eine fingerfertigeFabrikantin von Detektivromanen und Kurzgeschichten, die einen treuen Leserkreis besaß undfette Schecks von ihrem Verleger einkaffiert«.Kellogg las keine Detektivgeschichten und so fielder erste Schatten auf das junge Eheglück, weilSylvia ihrem Gatten erst die Kinder ihrer Musevorstellen mußte.AIS das junge Paar wieder in die Stadtzurückgekehrt war und begann, in.Gesellschaft zugehen, wurde Sylvia gleich beim Eintritt inirgend einem Salon von ihren Verehrern beiderlei Geschlechtes umringt, während Kelloggverlasien herumstand und noch froh sein mußte.daß man ihn nicht mit„Herr Morrell", demMädchennamen seiner Frau ansprach.Endlich wurde ihm die Sache zu bunt, under ließ Sylvia allein ausgehen, während er zuHause blieb und zu arbeiten versuchte.KelloggS.Charakter begann aber ernstlichSchaden zu leiden, als Sylvia die Arbeit anihrem neuen Roman aufnahm und von 8 bis1 Uhr vormittags für ihn unsichtbar blieb.,Kellogg verfiel in seine Junggesellengewohnhei«ien und aß wiederum täglich in seinem Klub.Einmal traf er sich mit einem alten Schulkollegen Bill Wilkie und war sehr erstaunt, alsSylvia ihn zu Hause mit der Frag« begrüßte:„Also bei Wilkies ist ein kleiner Jung« angekommen? Wie wird er heißen?" Kellogg sah sie entgeistert an und sagte dann:„Bill, nach seinemVater. Aber woher weißt du das schon? Da-Kind ist doch erst«inen halben Tag alt."—„Nichts einfacher als das. Du rauchst doch nieZigarren. Heute aber riechst du nach einer sehrfeinen und teueren. Ich kann mir denken, daß dueS Bill nicht abschlagen konntest, sie anzunehmen. Alle deine Freunde sind verheiratet und dadu neulich erzK^test, daß bei Wilkies waS Kleines in Aussicht ist, so war es nicht schwer, zuerraten, daß du mit Bill daS freudige Ereignisgefeiert hast." Verdutzt fragte Kellogg:„Undwoher weißt du, daß eS«in Jung« ist?"—„Oh, ich kenne Bill genau genug, um zu wissen,daß er die Geburt einer Tochter nicht gefeierthätte."Die nächste Probe ihres Spürsinns gab