Yeihe zu niedrigem Zindfuße oder auch mittelst Vertrag und Umtausch mit den bisherigen Gläubigern, in eine Anleihe zu niedrigem Zinsfuße verwandelten, und durch die ersparten Zin­sen die Mittel zur allmäligen Tilgung gewannen. Desterreich nie dazu gelangen konnte.

Das Steigen des Staatspapiercurses fam stets nur den Gläubigern, nicht dem Staate zu Gute; der bei dem Abschluß der Anleihe gezahlte Gurs steigerte sich bis gegen den Pari­curs, und ehe derselbe erreicht war, pflegte sich der nächste Krieg, die nächste Veranlassung zur Aufnahme neuer Anleihen, natürlich zu noch niedrigerem Curs, als bei der vorigen, da die Schulden fortwährend unsicherer werden, einzustellen.

Die erste und unerläßlichste Vorbedingung für Herstellung einer geordneten Staatsschuldenverwaltung in Desterreich be­stand also in Umwandlung der( die Herbeiführung der Möglich feit, in ähnlicher Weise, wie andere Staaten, die Friedens zeiten zur Herabseßung des Zinsfußes und damit zur Gewin nung bez. Verstärkung von Geldmitteln zur Staatsschulden­tilgung zu benußen, hindernden) großen Staatsschuldencapita­lien mit niedrigerem Zinsfuße in geringere Capitalien zu höherem Zinsfuße. Dies konnte nur erfolgen durch Aufnahme von Anleihen zum Paricurse, oder einem dem wenigstens nahestehenden Gurse, von Anleihen, für welche selbstverständ­lich ein bedeutend höheren Zinsfuß, etwa von 7%, zu verwil­ligen wäre, und Rückkauf der curfirenden Anleihen, welche Zinsen von 1, 2, 3, 4, 5% gewähren.

Diese Verwandlung des jeßigen großen Staatsschul­dencapitals mit niedrigem Zinsfuß in ein geringeres Staats­schuldencapital zu höherem Zinsfuß würde dann später, bei ruhiger Zeit, eine Minderung des Zinsfußes zur Folge ge­habt haben, indem die Verwaltung. sobald die Staatspapiere den Paricurs übersteigen, durch Kündigung mit der Aussicht auf Rückzahlung die Belastung zu einem niedrigen Zinsfuß erlangen fonnte.

Der vor einiger Zeit angekündigte Plan einer ,, Unifi­cation" der österreichischen Staatsschuld läuft auf dasselbe, und damit auf einen Bruch mit dem alten System hinaus.

Dafür scheint dies System nunmehr aber in Sachsen eingeführt werden zu wollen.

Bei uns hat bis jetzt wenigstens stets das Princip ge­herrscht, bei Aufnahme von Anleihen in bedrängten Zeiten, einen etwas höheren Zinsfuß zu bewilligen, dafür aber Emis­fion zum Baricurs oder einem dem nahe kommenden zu bedingen. Daß man bei der Art und Weise der Ausführung nicht immer den richtigen Weg eingeschlagen, zeigt der schwere Schlag, den der Privatcredit durch die Ausgabe der 6% Handdarlehn im vorigen Jahre erlitten.

Jegt fällt man nun aber auf einmal nahe zu in das andere Extrem und will eine bewährte Praxis verlassen.

Anders wenigstens können wir uns die neuste, sogar telegraphisch in der Welt verbreitete Nachricht nicht erklären, daß eine 4% Anleihe im Betrage von 8 Millionen creirt werden soll, welche doch offenbar jeßt nur einen Gurs von 92 Thlr., also einen Verlust von 8% Capital bedingen

würde.

Zieht man aber den jeßigen Gurs der 5% und der 4% Staatspapiere in Betracht, so ergiebt sich, daß vielmehr die Emission eine: 42% Anleihe, wie ja früher auch deren meh­rere abgeschlossen worden sind, angezeigt wäre.

Man sollte meinen, die günstigen Bedingungen, welche die Regierung den großen Banquiers gewährt hat, welche die sächsische Bank, welche den Leipziger Gassenverein begründeten, ( von denen die ersteren ungefähr 8 Millionen Banknoten in Umlauf haben, also durch ein vom sächsischen Verkehr nach

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dieser Höhe aufgenommenes zinsloses Darlehn eine Summe von jährlich mindestens 250,000 Thlr. gewinnen), wären Grund genug gewesen, sich genügende Gegenleistungen auszu bedingen. Allein es scheint wirklich, daß den Millionären die ihnen am wenigsten nöthige Staatshülfe geleistet worden, ohne daß der Staat an sich selbst und seine Steuerpflichtigen gedacht hat.

Angesichts der neuen Steuervorlagen, angesichts der unge­heuern Militärlast, ist jedenfalls eine Finanzpolitik, welche mit Aufgabe des Bewährten dem Lande auch noch ein ohne jede Aussicht auf Conversion und Reduction fortwährendes Wach­sen der Staatsschuldenzinsen in Aussicht stellt, geeignet, zu den größten Besorgnissen Veranlassung zu geben.

Und weil alle diese Fehler zunächst auf diejenigen drücken werden, welche den größten Theil der Lasten aufzubringen haben die wenig bemittelten Bürger und die Arbeiter, so halten wir uns verpflichtet, diesen Besorgnissen Ausdruck zu geben.

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Aus Desterreich.

Wien , den 12. Febr. 1868.

Saulus wird Paulus ! Freiherr v. Beust hat nicht bloß ein parlamentarisches Ministerium diesseits wie jenseits der Leitha geschaffen, freisinnige Grundgeseze herausgegeben, er legt auch jezt Rechenschaft über sein Wirken als Minister des Aus­wärtigen den Delegationen in Form eines Rothbuchs" vor. Die Depeschen zeigen die bekannte Gewandtheit des Diplo maten, allein viel erfreulicher ist die Rechenschafts- Ablage vor der Volksvertretung überhaupt. Mögen unsere sächsischen Freunde in dieser Bekehrung eine Befriedigung finden, wenn sie kön nen, daß sie Solches an Herrn v. Beust erleben müssen. Mit schlecht verborgenem Neide weisen Berliner Blätter auf dies Factum hin.

Unser Justizminister Herbst arbeitet fleißig an Spezial­gefeßen zur Durchführung der Grundrechte, Schwurge richtssäle werden eingerichtet, das Budget für die dies­leithanischen Blätter wird von Brest el mit möglichster Sparsamkeit eingerichtet, die Verwaltungs- Beamten hat Gisfra sehr energisch in einem Rundschreiben, zum Arbeiten und zur Verfassungstreue anfeuernd, angesprochen, Ritter von Toggenburg der glaubenseinheitliche Rämpe des Ultramon tanismus, Statthalter von Tyrol, ist seiner Stelle entsetzt. An gutem Willen, sich aus der refignirten Stimmung des Pessi mismus loszureißen, fehlt es auf keiner Seite. Das beweisen am Besten die Delegationen, d. i. die gemeinsame Vertretung der Reichshälften: Ungarn und Deutsch - Desterreich.

Die ungarische Delegation tagt hier in Wien , beräth ungarisch vor dem gemeinsamen Ministerium"( Beust, Becke, Kuhn), welches keinen Laut der ungarischen Sprache versteht, die deutsch - österreichische hält in einem andern Gebäude ihre Berathungen nur im Falle der Uneinigkeit berathen fie gemeinsam, der Verkehr der Delegationen ist schriftlich. Hoffen wir indeß, daß das Bedürfniß die Einheit der Vertretung her stellen wird. Guter Wille macht, troß der Eifersucht auf die Selbstständigkeit beider Theile, die gemeinsamen Angelegenheiten bald fertig.

Sehr energisch hat Beust für die Belassung der Ges sandten in Dresden , Stuttgart u. f. w. gesprochen und dabei die Bemerkung nicht unterdrückt, daß, leider ver geblich, politische und militärische Winke nach Desterreich 1866 von Dresden ergingen.

Das Kriegsbudget wird erheblich herabgemin dert, Eisenbahnanlagen in allen Richtungen, nament­