lich durch das industriereiche Deutsch  - Böhmen, werden von dem vertrauensvoll sich Desterreich zuwendenden Kapital unternom men. Nur das Schulwesen liegt, namentlich auf dem Lande, sehr im Argen. Ein neues Volksschulgesetz erwartet man vom Reichsrathe.

Das Vereinsrecht wird, in Wien   zumal, sehr aus­gebeutet. Deutscher Volksverein,"" Deutsch  - demokratischer Ver. ein," Demokratischer Fortschritt,"" Demokratische Union" u. A. m. so heißen die Vereinigungen, welche die Erweiterung des Wahlrechtes zunächst in Angriff nehmen. Doch sind alle diese Vereine der Bürger nicht zahlreich genug, um imponirend auf treten zu können.

Biel   frischer pulsirt das Leben in den Arbeiterkreisen. Vor allen anderen ist es der Arbeiterbildungsverein, der kernhaft tüchtig vorwärts schreitet. Der Hauptverein zählt 2567 Mitglieder und täglich wächst die Zahl der Filialen in der Umgebung, die alle mit gutem social demokratischem Eifer arbeiten. Das Manifest des Herrn v. Schweißer an die Wiener   Arbeiter ward gar nicht verlesen, Herr Reusche, der vielleicht Lust hätte, die Arbeiter in das Netz Hatzfeldt  'scher Umtriebe zu locken, findet keine Beachtung, und Herr Schulze aus Delisch beklagt sich bereits in einem Briefe an die Pra­ger Studenten", daß die Arbeiter Wiens zu ungebildet feien, weil nun, weil sie auf Schulze nicht hören wollen, und Herr Schulze, dessen Besuch in Wien   von dem schwachen Vereine Selbsthülfe" erbeten wurde, findet es für rathsam, abzulehnen.

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Im Schooße des Arbeiterbildungsvereins wird jezt an der Bildung eines großen politischen Arbeitervereins gear­beitet. Die Lehrmittel des ersterwähnten Vereins wachsen von Tag zu Tage, tüchtige Lehrer ertheilen Fortbildungs. unterricht in allen wissenswerthen Gegenständen und be sonders in modernen Sprachen, und zwar unentgeltlich.

Mehrere Theaterdirectoren haben ermäßigte Preise für die Arbeiter zugestanden, überall finden die Arbeiter das größte Entgegenkommen, Minister Giskra   läßt dem Berein Doubletten für die Bibliothek zukommen, die sich täglich ver­

mehrt.

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preußen's Hungernde wird hier viel gesammelt; das Geld geht ausschließlich an die Zukunft".

,, Fort mit den Bismarcks!"

( Eine politische Kundgebung der Wiener   Arbeiter.)

Wien  , den 17. Februar.

Schon seit einigen Tagen spukte die Nachricht in den Blättern, daß ein preußischer Agitator, der bald als Herr von Hofstetten, bald als einfacher Herr Braunfels   sich prä­sentirte, nach Wien   gekommen sei, um unsere Arbeiter ,, mit den Anfangsgründen der ,, Sozial Demokratie  " vertraut zu machen". Derselbe schrieb langathmige Artikel und machte sich in den Redaktionen der hiesigen Volksblätter überflüssig. Allmälig trat das Gerücht in bestimmterer Weise hervor, daß Herr v. Hofstetten, alias Braunfels   genannt, die Absicht hege, in Wien   einen journalistischen Ableger des Berliner   Sozial- Demokraten" zu gründen, und daß eine Arbeiter Versammlung einberufen werden solle, um die hiesigen Arbeiterkreise mit den Ideen des Herrn von Hofstetten vertraut zu machen. Der Versuch, den Arbeiter­bildungsverein vorzuschieben, mißlang, aber Herr v. Hofstetten fand endlich vier Arbeiter, welche eine Versammlung beriefen. Sie hatte gestern in Roth's Reitschule statt, und war von 3-4000 Arbeitern besucht. Ueber den Verlauf berichtet das Tagblatt":

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Fischer eröffnet die Versammlung und legt in seiner Ansprache dar, daß auch in Desterreich die Zeit erschienen sei, wo der Arbeiter seine politischen Rechte anstreben dürfe. Zu diesem Zwecke wäre die Gründung eines sozialdemokratischen Arbeiterorgans, welches die Grundsäße der Sozial- Demokratie unter den Volksmassen verbreiten und für dieselbe Propaganda machen würde, ein Gebot der Nothwen­digkeit. Im Wirkungskreis des Arbeiterbildungsvereines liege die Gründung eines solchen Journals nicht, da derselbe kein politischer Ver­ein sei. In Wien   sei zwar gegenwärtig die Bildung eines politischen Arbeitervereins im Werke, aber bis zum Inslebentreten desselben werde noch eine längere Zeit vergehen, während ein Arbeiterblatt in Wien   dringend nothwendig sei.( Oho! und Bravo!) Es sei Sache der Arbeiter, für ein solches Blatt die nöthigen Personen zu gewinnen. ( Ruf: Aber Ausländer brauchen wir nicht! Beifall.) Würde ein Theil von Jbnen Lassalle, ein anderer Schulze- Delißsch zurückweisen, weil sie Ausländer sind, wenn sie nach Wien   kommen würden, um ein Blatt zu gründen?( Rufe: Aber wir brauchen Niemand von Herrn v. Schweizer's Koterie!) Herr Hofstetten ist hierhergekommen, um Ihnen das Programm eines Wiener   Arbeiterblattes zu entwickeln, dessen Gründung von ihm beabsichtigt wird. Ich nehme weder für, noch gegen ihn Partei.

Unter großer Unruhe der Versammlung ergreift Löwe( ein Ar­

Für eine zu errichtende Kranken- und Invaliden­tasse findet am 16. ein großes Ballfest, von den Arbeitern veranstaltet, statt. Minister, Reichsräthe u. s. w. haben ihr Erscheinen zugesagt, die Karten werden hoch überzahlt. Dabei ist die politische Haltung der Arbeiter in diesem Berein cor­rect und tüchtig, wiederholt protestirten sie gegen die Zumu­thung, als ob sie irgendwie gewillt wären, das allgemeine beiter) das Wort. Es wäre Undank gegen die Wiener   Volksblätter, Stimmrecht, welches das Vaterland", die Wiener   Kreuz­zeitung, ihnen in Aussicht stellte, aus den Händen der Junker anzunehmen; ebenso wie gegen den wiederholt auftauchenden Berdacht, als ob sie von Bismarck  'schen Agenten geleitet

wären.

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wenn wir sie im Stiche laffen und einer neuen Zeitung uns zu­wenden würden.( Ruf: Gehört nicht zur Sache! Sturm in der Ver­sammlung. Viele Stimmen: Das gehört zur Sache!) Jm ,, Tagblatt", der Morgenpost", der Vorstadt- Zeitung" werden die Anschauungen der Wiener   Arbeiter ganz gehörig vertreten. Ein Blatt mit Bismarc'­scher Anschauung brauchen wir nicht.( Rufe: Wir brauchen keine Berliner! Wir wollen Bismarck   nicht den Stoff abgeben zu politischen Verwicklungen! Wir lassen uns nicht mißbrauchen! Lange Unter­

Fuchs( Arbeiter): Hofstetten foll hören, wie die Arbeiter in Wien   denken. Ich sage, eine Arbeiter- Zeitung in Wien   ist nothwen­dig; aber sie darf nicht Bismarckisch sein.( Beifall.)

Gerade der faule Fortschrittsschwindel an Schulze wurde da in energischster Weise, mit Berufung auf Lassalle, getadelt. brechung.) Hingegen wurde in der am Sonntage, 9. Februar, abgehalte­nen Hauptversammlung des Arbeiterbildungsvereins, nachdem Herr Prager die Rede J. Jacoby's an seine Wähler verlesen, diesem unerschütterlichen Vorkämpfer der Demokratie, der die Berechtigung des Socialismus nun anerkannt und das Be­fenntniß abgelegt hat, daß fürder die politische Demokratie ohne die innigste Verbindung mit der Socialdemokratie nicht heftig gegen Hofstetten, den er als Anhänger Bismarc's bezeichnet,

mehr bestehen könne- ein dreifach donnerndes, begeistertes Hoch aus 3000 Rehlen gebracht. Gewiß eine erfreuliche Er scheinung, diese Ovation für Jacoby in Wien  ! Zeuge dessen, und gewiß nicht sehr erbaut darüber, war Herr v. Hofstetten, der Hauptmitarbeiter des Herrn von Schweißer. Für Ost­Für Ost

Herr v. Hofstetten will nun das Wort ergreifen. Er wird aber von dem Arbeiter Herrn Ertl daran gehindert, der unter dem lebhaf= ten Beifall der Versammelten die Tribüne besteigt.

Ert! spricht fich für die Gründung eines Arbeiterblattes aus, jedoch müsse dasselbe ein Privatunternehmen sein. Er polemifirt

und von dem er sagt, daß es sich für ihn nicht so sehr darum handle, in Wien   als Redakteur zu wirken, sondern sich zum Führer der Arbeiter Wiens aufzuwerfen und dieselben im Interesse Bismarcks zu leiten.

Nach einer längeren, sehr unruhevollen Unterbrechung ergreift endlich Herr v. Hofstetten das Wort. Unter großer Heiferkeit be=