Oechsner und einige andere auswärtige Gäste nahmen an der Versammlung Theil. Um 8'/, Uhr eröffnete vr� Wilk die Versammlung und schlug Dr. Louis Büchner zum Prästden- ten vor. Derselbe übernahm den Vorsitz mit einer kräftigen Ansprache, in welcher er zur Organisation der Volispartei auf- forderte. R. Fendt empfahl den bereits in einer großen An- zahl von Versammlungen des Wahlbezirks aufgestellten Can- didaten Fabrikant Stuttmann für die Wahl zum Zollpar- lament. Er zerzauste sodann in unbarmherziger Weise das Programm der hessischen Nationalliberalen, indem er die Wi- dersprüche desselben mit ihren früheren Programmen und hei- ligsten Versicherungen nachwies. Codann setzte Stuttmann sein Wahlprogramm auseinander, das sich in wenigen Worten resumiren läßl� Kein unbedingter Eintritt in den Nordbund, keine Erhöhung oder Vermehrung der indirekten Steuern, keine neuen Bewilligungen für das Militärbudget. Der Redner wurde häufig von dem Beifall der Versammlung unterbrochen. Nachdem er geendet, forderte der Präsident die Gegner auf, sich zum Worte zu melden. Advokat Dernburg erklärte, er wolle erst nach den Gästen sprechen. Reichstagsabgeordneter Liebknecht, ein geborener Hesse(aus Gießen ), gab der Ver- sammlung Kenntniß von den Erfahrungen, die er im nord- deutschen Reichstage und im Norlbunde überhaupt gemacht. Sie können sich denken, daß die Schilderung keine sehr rosige sein konnte; Liebknecht berichtete aber nur Thatsachen und es war ersichtlich, daß seine Worte auf die Versammlung, sogar auf die anwesenden Gegner, tiefen Eindruck machten. Beson- ders heben wir hervor seinen Hinweis auf Nordamerika , den Vergleich mit dem Zustande der Republik nach 4 jährigem schweren Kampfe mit dem materiellen Zustande des Nord- bundes nach nur sechswöchentlichem Kriegt. Nach Liebknecht sprach Advokat Dernburg für den Eintritt in den Nord­bund, gegen die Koalition der Demokraten mit den Ministe- riellen und Klerikalen, und zur Rechtfertigung Preußens in seinem Verhalten in der Luxemburger Frage. Auch die Hal- tung der Frankfurter Presse vor dem Kriege von 1866 wurde von dem Redner in ähnlicher Weise wie von Metz bemängelt. Reichstagsabgeordneter Bebel erwiderte auf alle Punkte, welche Dernburg berührt hatte. Er wies nach, daß die Na- tionalliberalen die Coalition mit Reactionären nicht nur nicht verschmähen, sondern daß sie dieselbe aufsuchen. Nur nachdem sie sich im Reichstage mit den Conscrvativen verbündet hatten, war es möglich, daß alle freifinnigen Amendements bei der Vcrfassungsberathung zu s|alle kamen. Und selbst die wichtig- sten der in der ersten Lesung angenommenen Verbesserungen der Verfassung ließen sie bei der Schlußberathung auf den Wunsch des Herrn Bundeskanzlers fallen! Bebel fordert die Süddeutschen im Interesse der Freiheit auf, nicht einzutreten in den Nordbund, ehe derselbe auf freiheitlicher Grundlage umgestaltet sei. Er zeichnete schließlich die jämmerliche Haltung der Nationalliberalen in der Luxemburger Frage unter großem Beifall der Versammlung. Nach einigen persönlichen Bemer- kungen richtete Stuttmann noch einige Schlußworte an die Versammlung und erklärte, daß eine Abstimmung für ihn nicht crforderlich sei, indem die Versammlung hinreichend ihre An- ficht kund gegeben habe. Die Versammlung in Rüsselsheim , welche Metz erwähnte, brachte den Nationalliberalen, obgleich sie von ihnen berufen war und geleitet wurde, eine furchtbare Niederlage. Unter A. wies Sonnemann aus Frankfurt durch Citate aus den eigenen Reden des großen Metz die endlose Kette von Widersprüchen nach, durch welche sick dieseStaatsmänner" fortwährend compromittirt haben. Bei der schließlichen Ab- stimmung erhielt der Candidat der Nationalliberalen. Hoff- mann, nur 20 25 Stimmen, während die ganze übrige Versammlung, die 3400 Köpfe zählte, den Candidaten der Volkspartei, Stuttmann. unter Hochrusen proklamirtc. Druck von C. W. Vollrath in Leipzig .