den beiden Bewerbern um den erledigten Präsidentenstuhl den Einen einen Baft mit der konservativen Partei in Preußen schließen sehen, um zunächst in den Reichstag zu gelangen, während der Autere, an die Schürze der Frau Gräfin Haßfeldt geflammert, darauf hinarbeitet, wie es die jüngste Versammlung in Chemniß offen dargethan hat, die Arbeiter in das Lager der preußischen Regierung überzuführen und dadurch die völlige Annexion Sachsens zu beschleunigen?
( Schluß folgt.)
Der fünfte Vereinstag deutscher Arbeitervereine zu Nürnberg ( 5-7. September). ( Fortsetzung.)
Liebnecht, als Berichterstatter über die Wehrfrage, fort
fabrend:
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Groß, wie in materieller Hinsicht von den moralischen Uebeln rede ich jest nicht der direkte Schade ist, der uns durch die ste= henden Heere erwächst, der indirekte ist noch unendlich größer. Ich sprach von der Kriegsgefahr. Dieselbe wird allerdings nicht durch die stehenden Heere erzeugt. Der Alp, der gegenwärtig auf Europa liegt, diese peinliche Ungewißheit, die des Friedens nicht auf die nächste Stunde sicher ist, sie wurzelt in dem Mißverhältniß der Staatsformen zu den politischen und nationalen Bedürfnissen der Völker. Allein die Fortdauer dieses Mißverhältnisses wird einzig durch die stehenden Heere ermöglicht, die außerdem die Regierungen in den Stand seßen, jeden Moment gegen den Willen und das Interesse der Völker einen dynastischen Krieg zu beginnen. Wir sind daher berechtigt zu sagen: Hätte man in Europa keine stehenden Heere, so wären wir von sämmtlichen Kriegen der Neuzeit verschont geblieben, und die Bölker bätten nicht nur Alles gespart, was sie für den Krieg unmittelbar zu bezahlen batten, sondern noch das Zehnfache durch Blühen des Handels und der Gewerbe gewonnen. Sie Alle Fennen, die meisten von Ihnen aus eigner bitterer Erfahrung die lähmenden Wirkungen des legten Kriegs auf die deutsche Industrie; er Betrag des Ausfalls läßt sich nicht genau berechnen, aber es kann nicht bezweifelt werden, das er den Betrag der gesammten direkten Kriegskosten bei Weitem übersteigt.. Doch weiter: Ich sagte zu Anfang, der Zweck der stehenden Heere sei die Unterdrückung der Völker, nicht die Vertheidigung des Vaterlandes. Der Beweis ist leicht ge= liefert. Wir finden ihn in der neuesten Geschichte unseres Erdtheils. Hunderte von Schlachten und Schlächtereien, verübt durch die stehenden Heere, am Bolke verübt: Paris , Wien , Berlin , Frank furt , die Blutfelder des noch heut betäubt daliegenden Baden, Ungarn , die Lombardei , Rom , Polen überall das Volk niedergeschlagen, niedergemegelt durch die stehenden Heere. Und we hätten sie für das Volk gekämpft? Etwa 1859 in Italien ? Wohl führte Bonaparte die Freiheit der Italiener im Munde, aber wie fann, wer Despot ist im eignen Land, die Freiheit dem Nachbar gönnen, der durch sie sein tödtlichster Feind werden müßte? Freiheit kann den Despotismus eben so wenig vor den Thoren dulden, als der Despotismus die Freiheit. Nicht um Italien zu befreien, nein, um Frankreich zu unterdrücken, um das Gespenst der Revolution, das aus den zerplagten Orsinibomben hervorgestiegen war, wieder zu bannen, unternahm der Dezembermann den Krieg von 1859. Und der Krieg von 1866? Meine Herren! Es wäre eine Beleidigung für Sie, wollte ich mich auszuführen bemühen, daß dieses schmachvollste Verbrechen am Vaterland, auch ein Verbrechen an der Freiheit, an der Volks= fache war. Stets und überall gegen das Volk; nie und nirgends für das Volk- das iſt das Urtheil der Geschichte über die innere Mission des stehenden Heeres. Und wie verhält es sich mit der Vertheidigung gegen den äußeren Feind? Nehmen wir das Jahr des großen Hochverraths an der deutschen Nation das Jahr 1865. Desterreich wurde von Preußen angegriffen; es hatte ein stehendes Heer, auf das Millionen über Millionen verwandt worden waren, um es möglichst schlagfertig zu machen. Was wurde aus der österreichischen Armee? Ein paar verlorne Treffen, eine verlorne Schlacht und sie war kampfunfähig, Desterreich selbst wehrlos, dem Sieger preißgegeben. So ist es mit den stehenden Heeren. Nicht mit Unrecht nennt man sie stehende. Bloß so lange sie stehen, beste ben fie. Einmal niedergeworfen, liegen sie am Boden und vermögen nicht mehr aufzustehen. In neuerer Zeit, wo die stehenden Heere so kolossal geworden sind, daß die Volkskräfte kaum ausreichen, fie zu erhalten, geschweige denn neue Armeen auf die Beine zu bringen, entscheidet
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eine, höchstens eine zweite Schlacht über das Schicksal der Staaten 1859 Magenta und Solferino , 1866 Königsgräß. Hätte die preu sche Armee, was einen Augenblick sehr wahrscheinlich war, die Schlat bei Königsgräß verloren, so würde der österreichische Sic f Preußen genau in dieselbe Lage gebracht, haben, wie de preußische Sieg Desterreich. Ein anderes Heer war nicht da Das preußische Junkerthum wäre gefallen anstatt des österrei chischen, das preußische Volk hätte gewonnen anstatt des öster reichischen. ( Schluß folgt.)
Aus England.
London , den 7. Dezember. f Herr Disraeli hat es für rathsam gehalten vor d Zusammenkunft des neuen Parlaments abzudanken ftat nach der Zusammenkunft durch ein Mißtrauensvotum hinaus geworfen zu werden. In einem, an alle Zeitungen geschickte Manifest entschuldigt er sein bisheriges Festhalten an den Re gierungszügeln damit, daß es zweifelhaft gewesen, ob die öffentliche Meinung die Politik der liberalen Majorität d legten Barlaments bestätigen werde. Da diese Zweifel nu gelöst sind, so hält er es nicht länger vereinbar mit feine Würde, noch rerträglich mit dem Fortgang der öffentlichen Geschäfte, einen Tag länger Minister zu bleiben.
Des
Die Gladstone'sche Majorität beläuft sich auf 117, fast dat Doppelte der Palmerston'schen Majorität der legten Wahl und außerdem sind mehr als zweihundert Mitglieder des alten Par lamente, sowohl Liberale ale Conservative durch neue eri worden. Wie es die aus der Wahl hervorgehende öffentlicht Stimmung erheischte, hat Disraeli Gladstone als seine Nachfolger empfohlen. Der Ruf, das Staatsruder vor Zusammenkunft des Parlaments in die Hand zu nehmen, den Liberalen so unerwartet, daß sie nicht im Geringsten
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bereitet, und in verschiedenen Gegenden von den Wahlstrapa zien ausrubend, zerstreut waren. Dadurch geht die Bildung Graf des neuen Ministeriums etwas langsam von statten. Russell hat abgelehnt irgend eine offizielle Stellung anzune men, aber versprochen sein Möglichstes zu thun das Ministe rium im Oberhause zu unterstüßen. John Bright auch keine Lust, sich in seinen alten Tagen mit Regierungsge schäften zu plagen und hat daher, nach den letzten Berichten den Vorsiz des Handelsamts mit Siz und Stimme im Ka binet gewählt. Nach den heute Morgen veröffentlichten
hat
Liften
find folgende Stellen bereits beseßt und angenommen: Premier Minister: Gladstone, Auswärtige Angelegenheiten: Lord Gla rendon, Kolonien: Graf Granville, Indien : Herzog von Ap gyll, Krieg: Cardwell, Finanzen: Robert Lowe, Marine: Chil ders, Handel: John Bright , Haupt Sekretär für Irland
Fortescue.
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Unter diefen Rabinetsministern sind zwei alte Whige Clarendon und Granville , und ein durch Sir Robert Beels Abschaffung der Korngeseze liberal gewordener Torp Gardwell. Die übrigen sind Leute, die in feinerlei engerer Verbindung mit den politischen Parteien der Vergangenheit ge standen haben. Im Unterhause wird das neue Ministerium allmächtig, im Oberhause ohnmächtig sein. Im Oberbauf ist der Liberalismus nicht allein in der Minorität, sondern Konservativen find den Liberalen an Rednertalent überlegen Disraeli schließt sein Manifest mit der Versicherung, daß feine Partei der Gladstone'schen Kirchenpolitik einen unabläffigen
Widerstand entgegen sehen werde.
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Die Strifes werden mehr und mehr durch gerichtliche Verfolgungen unterdrückt. Vor der Londoner Schneider Verurtheilung wurden nur Drohungen und handgreifliche
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