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tigen Diktators Flores kein Verlaß mehr ist, so werden die Brasilianer vermuthlich bald allein stehn, und die Suppe, die fie eingebroekt, allein aufzueffen haben. Unter solchen Um­ständen muß man sagen, daß der Kaiser von Brasilien   eine recht sinnige Wahl getroffen hat, indem er den Grafen Eu zum Oberbefehlshaber aller kaiserlichen Streitkräfte ernannte. Der Enkel des fortgejagten Louis Philippe   kennt den Weg ins Eril.

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Der ,, Sozialdemokrat" vom 16. d. M. bringt Folgendes: ,, Wir werden von jetzt ab gegen die Herren Liebknecht und Bebel  , sowie gegen die sächsische Volkspartei überhaupt keine Angriffe mehr bringen. Wir haben diese Angriffe über­haupt nur zu unserer Vertheidigung für nöthig erachtet und dieser Grund ist jetzt weggefallen; ja, wir bedauern sogar, daß noch in voriger Nummer Angriffe standen, da an demselben Tage eine Verständigung dahin stattfand, daß von nun an die gegenseitigen Angriffe unterbleiben sollen. Wir fügen den Wunsch hinzu, daß auch in den Versammlungen Angriffe auf die sächsische Volkspartei möglichst vermieden werden."

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Der Sächs. Zeitg." gingen nachstehende Erklärungen zu: In der Nummer 89 Ihres Blattes wird behauptet, ich hätte in der letzten Freitagssitzung des Reichstags, in welcher der Twesten- Mün­ster'sche Antrag zur Abstimmung tam, gefehlt, obgleich ich in Berlin  anwesend war."

Das ist unrichtig. Ich bin bereits Donnerstag wegen dringender Geschäfte hierher gereift, habe mir auch Urlaub bis zum 22. ds. Mts ertheilen lassen. Ich konnte also in jener Sitzung nicht zugegen sein; wäre ich anwesend gewesen, dann würde ich selbstverständlich gegen den Twesten- Münster  'schen Antrag gestimmt, wahrscheinlich auch ge= sprochen haben. Hr. Liebknecht ist gleichfalls schon Donnerstag wegen schwerer Erkrankung seiner Frau abgereift: daß auch dieser gleich mir gegen den Twesten- Münster'schen Antrag gestimmt haben würde, brauche ich wohl nicht erst zu versichern.

Leipzig  , den 20. April 1868.

A. Bebel.

Indem ich auf obige Erklärung verweise, habe ich blos meine Ver­wunderung darüber auszudrücken, wie die ,, Sächs. 3tg." der am Frei­tag im Berliner   ,, Reichstag  " abgespielten Farce*) irgend welche politische Bedeutung beilegen kann. W. Liebknecht  .

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Die Internationale Arbeiter- Assoziation, die Trägerin der modernen Arbeiterbewegung, ist eine Macht geworden, und wir dürfen uns deßhalb nicht wundern, daß sie von dem Haß und der Denunziationswuth der Bourgeoisie verfolgt wird. In Genf  , in Basel  , in Belgien   überall dasselbe Schauspiel. In Genf   und Basel   blieb es bei den ,, frommen Wünschen." Nicht so in Belgien  , wo die Leiter der dortigen Sektion der Internationalen Assoziation, angeblich als Urheber der Meuterei" von Seraing   verhaftet wor= den sind. Abgesehen davon, daß diese sogenannte ,, Meuterei" einzig und allein das Werk der Bourgeoisie ist, hat der bel­gische Generalrath der Internationalen, weit entfernt aufzu­stacheln, sein Möglichstes gethan, die Arbeiter zur Nachgiebig feit zu bewegen. Wir theilen den Aufruf des Generalraths mit. Er lautet:

Kameraden!

Zu allen Zeiten waren Schmerz und Elend das Schicksal des Ar­beiters, zu allen Zeiten hat das Bolt geftöhnt, während seine Herren luftig waren, hat es gehungert, während die satt waren, die es aus­beuteten.

Aber so ist der Mensch, daß er sich an Alles gewöhnt, selbst an die härtesten Entbehrungen. Die Ketten lasten immer auf ihm, aber er trägt sie ohne Murren, er hat sogar das Gefühl des Hasses verloren. Dann ist er in Wahrheit ein Sklave, denn er fühlt nicht mehr das Schimpfliche seiner Sklaverei.

Das, Kameraden, ist der unglückliche Zustand, auf den viele Ar­beiter heute heruntergekommen sind; auf dieser Schlaffheit beruht die Stärke unserer Tyrannen. Aber, aufs Aeußerste getrieben, wagen die

*) Niedere Theaterpoffe.

Unglücklichen, die bis dahin ohne Murren litten, Einsprache zu erheben Ihre Herren erstaunen über solche Kühnheit: sie erzittern bei dem Ge­danken, daß der Geist der Unabhängigkeit sich in der Arbeiterklasse ver­breiten könnte, und um dieses Ungeheuer im Keime zu ersticken, wird niedergefäbelt, niedergeschossen, niederkartätscht.

Da geschieht nun aber etwas, was diese herzlosen Menschen nicht voraussehen konnten: anstatt des tiefen Schweigens, das dem Blutbade nach ihrer Meinung hätte folgen müssen, erheben sich von allen Sei­ten Rufe der Entrüstung; der Haß erwacht im Herzen des Volkes, auf­recht steht es da, knirschend, bereit, seine Ketten abzuschütteln!

Kameraden von Seraing  , die Ihr drei ganze Nächte hindurch von der Soldateska niedergehauen und gespießt worden seid, wir haben die­sen Schrei der Entrüstung ausgestoßen, als wir die Kunde von Euren Leiden erhielten; wir fühlten uns ergriffen vom Haß, und gewiß, wenn die That dem Gedanken folgte, so würden wir im ersten Augenblick die Vernichtung Eurer barbarischen Mörder gewünscht haben.

Allein, Kameraden, wenn dieser ersten, so berechtigten Regung der Entrüstung die Ueberlegung folgt, so wird man in einen ganz anderen Gedankenkreis versetzt. Wie oft schon haben die Arbeiter, aufs Aeußerste getrieben, ihre Unterdrücker zu stürzen geschworen und sind, nach einem vorübergehenden Siege, tiefer als je in die Sklaverei zurückgefunken! Es genügt nicht, zu zerstören, man muß auch bauen, und man baut nicht in einem Tage.

Darum, Kameraden, unterdrückt einen Augenblick Euren gerechten Zorn, und antwortet nicht auf die herausfordernden Angriffe der Soldaten. Bedenkt, daß Eure Herren nichts lieber sehen würden, als wenn Ihr Gewalt mit Gewalt erwidertet, damit sie einen Vorwand zn noch blutigerer Unterdrückung hätten.

Bedenkt, daß Eure Brüder in den anderen Theilen des Landes noch nicht alle die Nothwendigkeit begriffen haben, ihre Ketten abzu schütteln, und daß eine Reihe aufeinanderfolgender Aufstände zu nichts führen würde, als zu ebenso vielen Niederlagen.

Bedenkt, daß, wenn sogar alle Belgischen   Arbeiter sich verständig­ten, um ihrer Sache zum Sieg zu verhelfen, sie doch so lange ohnmäch tig sein würden, als in den großen europäischen   Staaten der Despotis mus triumphirend über den Leichen seiner Opfer thront.

Bedenkt endlich, daß ein vereinzelter Aufstand zu nichts führt. daß vielmehr die Revolution vorbereitet werden muß; daß sie aber an dem Tage, wo sie siegreich sein wird, fast ohne Erschütterung eine neue Ordnung der Dinge wird setzen können an Stelle der alten Ordnung der Dinge, die nur noch Unordnung ist.

Darum, Kameraden, Ruhe! Haltet fest an Euren gerechten An­sprüchen, aber laßt Euch nicht zur Gewalt hinreißen! Versteht zu warten! Euer Tag wird kommen.

Tretet in Masse ein in die Internationale Arbeiter- Association: da werdet Ihr Eure Rechte kennen lernen und die Mittel, die Ihr anwen den müßt, um ihnen den Sieg zu verschaffen; da werdet Ihr Euch einigen mit Euren Brüdern aus allen Theilen des Landes und der ganzen Welt. Und an dem Tage, an welchem die ganze Macht der Arbeiter geeinigt und über Das, was sie zu thun hat, klar ist, an dem selben Tage werden die Arbeiter an allen Orten zugleich ihre Stimme erheben, um die die Ungerechtigkeit zu stürzen und die Gerechtigkeit auf den Thron zu setzen. An jenem Tage, Kameraden, werden wir Euch nicht mehr sagen: Seid ruhig! wir werden Euch zurufen: Vorwärts!

Bis dahin seid geduldig und harret Eurer Stunde! Brüssel  , den 13. April 1869.

Der Belgische Generalrath:

E. Sins. A. Vandenhouten. Ch. Martens. C. de Paepe. P. Robin. J. A. Delvaux. P. Calewaert. 6. Deplande. H. Lerycke. E. Steens. D. Brismee. G. Braffeur. Zebier. Debrouwer. L. Verrycken und C. Standaert.

Und dieser Aufruf wird von der Berliner   ,, Volkszeitung", dem Organ der deutschen  (!) Fortschrittspartei und der Hirsch Dunder'schen Genossenschaften, als eine ,, Brandschrift der schlimmsten Sorte" bezeichnet! Das ist nieder trächtig!

Eine Bartholomäusnacht der Bourgeoisie.

( Nach der Internationale".)

Brüffel, den 18. April. Am 27. März war es ein Jahr, das in Charleroi   die Arbeiter niedergemetelt wurden. Die Machthaber müssen sich erinnert haben, daß sie mit ihrer jährlichen Mezelei im Rück­stand waren. Sie beeilten sich in Folge dessen, ihre Befehle