gewöhnlich für einen Werth at. Auf diese Weise kann ihn der Arbeit­geber in der schönsten Weise prellen. 3. B. er zahlt ihm einen Du­faten; der Dunaten gilt nach seinem Nennwerth 3 Thaler 5 Silber­groschen; er rechnet ihm aber den Dukaten nach dem höchsten Kurs, mit 3 Thaler 6 Silbergroschen, mit 3 Thlr. 7 Silbergroschen an. Nun tommt aber noch hinzu, daß das Gold vielleicht beschnitten ist, daß der Dutaten nicht einmal das nöthige Gewicht hat; der Arbeiter ist nicht in der Lage, das zu untersuchen, er weiß weder das Gewicht, noch hat er Gelegenheit, es zu konstatiren. Er nimmt also, moralisch gezwungen, weil er das Geld braucht, weil er seinerseits dem Arbeitgeber nicht zu widersprechen wagt, dasselbe an. Er kommt nunmehr zum Krämer, Bäcker, oder wo er sonst seine Einkäufe für seine Familie zu besorgen pflegt: und der Mann nimmt es mit dem Goldstück etwas genauer, er untersucht, ob das Gold wirklich vollwichtig ist, und ist das nicht der Fall, so macht er dem Arbeiter einen Abzug, wo möglich einen noch größeren Abzug, als er eigentlich rechtmäßiger Weise machen dürfte. Der Mann weigert sich auch nach Umständen, das Gold für einen höheren Kurs anzunehmen; er wird sagen, ich habe keine Verwendung dafür, ich kann es nicht los werden, ich kann es nicht höher als zum Nennwerth annehmen. Auf diese Weise kann der Arbeiter nach Umstän= den bedeutenden Schaden erleiden.

Was ausländische Scheidemünzen anlangt, so muß ich allerdings bekennen, daß da nach Umständen auch Preußische Scheidemünzen, z. B. wenn sie nach Sachsen kommen, als ausländische müßten betrachtet werden. Der Sächsische Thaler hat bekanntlich 300 Pfennige, der Preu­ßische 360. Meine Herren, es ist in Sachsen offenes Geheimniß, daß es eine gar nicht geringe Zahl von Leuten gibt, die sich in Preußen Scheidemünze, also Pfennige, einwechseln und damit bei der Ausgabe in Sachsen an jedem Thaler 6 Groschen profitiren. Auf Lohnzahlungen also das angewendet, sind das Münzen, die der Arbeiter annehmen müßte, auf der andern Seite aber nicht anbringen kann, wenigstens nicht in größerer Anzahl, denn dann wird man ihm entgegnen, das find leichtere Pfennige, die haben nicht den vollen Werth. Es wird auch noch schlimmer betrieben; z. B. es kommt vor, daß Kaufleute, Fabri­fanten aus Bayern , aus den Süddeutschen Staaten überhaupt Scheide­münze sich verschaffen. Der Gulden Bayerisch Geld hat 240 Pfennige, noch 60 hinzu, dann hat er in Scheidemünze einen Thaler aus= gegeben, er hat also einen Profit von über 9 Groschen am Thaler . Ueber diese Art Lohnzahlung können Sie sehr oft laute Klagen hören. Dasselbe gilt von den Banknoten. Bei uns ist es verboten, die klein­staatlichen Papierthaler anzunehmen, darnach fragen aber viele Fabrikan­ten nicht, einerseits erhalten sie dieses Geld in Zahlung, andererseits giebt es auch Solche, die ein solches Papiergeld einwechseln wegen des Pro­zentsatzes, den sie dabei profitiren, und zahlen damit dem Arbeiter den Lohn aus. Der Arbeiter kommt zum Kaufmann und dieser sagt: eigentlich ist das Geld verboten, ich tönnte Sie anzeigen, auf der An­nahme verbotenen Papiergeldes stehen 50 Thaler Strafe. Der Arbeiter wird suchen, das Geld los zu werden, und da passirt es, daß er den Papierthaler nur für 28 bis 29, ja manchmal sogar nur für 27%, Sgr. los wird, also abermals eine Schädigung.

Mit den Wechseln und Anweisungen ist es dasselbe. Dieser Miß­brauch ist durch die Handels- und Gewerbekammer zu Plauen , in deren Bericht, wenn ich nicht irre, vom Jahre 1865, namentlich konstatirt worden. Bei der Fabrikation von musikalischen Instrumenten ist es Regel, daß die Arbeitgeber, daß die Fabrikanten und Kaufleute zugleich auch das Material an die kleineren Gewerbetreibenden abgegeben. Das Material wird natürlich zum höchsten Preise angerechnet. Wenn sie nun die Arbeit abliefern, dann paffirt es nicht selten, daß sie statt baa­rer Zahlung einen Wechsel bekommen, der auf 2 bis 3 Monate läuft. Die Folge davon ist, daß der Mann, der Geld braucht, sehen muß, wie er den Wechsel unterbringt, und er bringt ihn natürlich nur unter mit dem allergrößesten Schaden.

Meine Herren, diese Beispiele werden Ihnen auf das Eklatanteste zeigen, daß eine solche Bestimmung in die Gewerbeordnung aufgenom men wird, und der Paragraph, den ich beantrage, ist keineswegs mein eigenes Produkt, sondern er ist nahezu wörtlich dem Sächsischen Ge­werbegesetz entnommen. Ich meine also, daß es angemessen sein wird, da es sich nicht blos um Sachsen , sondern um ein größeres Gebiet handelt, diesen Paragraphen in die Norddeutsche Gewerbeordnung aufzu­nehmen. Ich gebe zu, daß man in Preußen, wo ein größerer Länder­tomplex als Staat vorhanden ist, mit diesen Geldkalamitäten weniger zu schaffen hat, aber in den Mittel- und Kleinstaaten, wo man alle paar Meilen auf eine andere Landesgrenze kommt, da gestaltet sich dies wesentlich anders. Ich bitte, den von mir gestellten Antrag anzu­nehmen.

Abg. Laster spricht sich gegen den Antrag aus, ihm ant­wortet Bebel, der Lasker vorwirft, daß er die Arbeiterverhält niffe nicht fenne, sonst würde er nicht glauben, daß der Ar­beiter ohne den Schutz der Gesetze sich wirksam gegen Ueber­vortheilung durch den Arbeitgeber schützen könne. Abg. Grum­brecht spricht ebenfalls gegen den Antrag, ihm antwortet Dr. v. Schweizer, der sich für den Antrag erklärt, indem er nach­weist, daß die heutigen Lohnverhältnisse den Arbeiter zwingen, Schutz gegen weitere Ausbeutung in der Gesetzgebung zu suchen. An der sehr erregten Debatte betheiligten sich weiter die Abg.

Stumm, v. Hennig, Dr. Becker( Dortmund ) gegen, die Abg. Fritsche und Bebel für den Antrag.

Der letztere sprach gegen die Ausführungen der Abg. Be­der und Stumm folgendes:

Ich erkenne zwar in den Worten des Herrn Abgeordneten Dr. Becker die gut gemeinte Absicht vollkommen an. Wenn derselbe aber glaubt, aus meinen Worten abnehmen zu können, daß mein Vorschlag deswegen nicht viel tauge, weil trotz der Gesetzgebung in Sachsen die früheren Uebelstände forteristiren, so muß ich bemerken, daß seit dem Bestehen des Gesetzes dieselben sehr wesentlich abgenommen haben, und zwar vor allen Dingen in den Bezirken, wo die Arbeiter selbst zu einer gewissen Organisation in Vereinen 2c. gelangt sind, nachdem dieselben von dem Bestehen des Gesetzes überhaupt Kenntniß erhalten hatten. Das ist eben der Uebelstand, daß der größere Theil der Arbeiter( und es ist ihnen dies nicht zu verdenken, weil sie keine Gelegenheit dazu haben) von den bestehenden Gesetzen keine Kenntniß hat. Wenn man aber Gelegenheit hat, die Gesetze zur Kenntniß der Arbeiter zu bringen, so tönnen Sie versichert sein, daß sie auf Grund dieser Gesetze sich zu schützen suchen werden. Aus diesem Grunde habe ich meinen Antrag gestellt.

Es ist etwas ganz anderes, wenn ich erst die öffentliche Meinung dafür gewinnen soll( was sehr schwer ist, weil die materiellen Interessen hier zu sehr in den Vordergrund treten) oder wenn jeder Arbeiter sich stets darauf berufen kann, daß das Gesetz ihn dazu berechtigt, und daß er im anderen Falle bei der Behörde Anzeige machen werde. Wenn man glaubt, es sei mit der öffentlichen Meinung hierbei auszukommen, so müßte man nach diesem Grundsatz logischerweise überhaupt die Gesetz­macherei einstellen; denn dann könnte man sich ausschließlich darauf stützen, daß die öffentliche Meinung durch die Zeitungen und durch Boltsversammlungen für die Besserung der Zustände gewonnen würde und daß dann alles andere sich von selbst ergeben würde. Das ist aber ein sehr heikler und lang andauernder Weg, über welchen ganze Gene­rationen zu Grunde gehen könnten, ehe das Ziel erreicht würde.

Ich muß mich ferner ganz entschieden gegen einige Aeußerungen des Abgeordneten Stumm wenden. Er hat( wenn ich ihn richtig ver standen habe) gesagt, daß wir es mit unseren Anträgen nicht ernst meinten und dieselben nur siellten, um Gelegenheit zu haben, unsere Prinzipien und Ideen dem Hause vorzuführen. Ich muß mich gegen den Verdacht einer bösen Absicht verwahren. Ich nehme für mich und meine Freunde ebenso gut, wie er es für sich und seine Freunde thut, in Anspruch, daß wir es ehrlich mit der Sache meinen, daß wir das jenige, was wir wollen, ehrlich wollen und mit keinerlei Hintergedanken hierher kommen, um unsere Anträge zu stellen. Gerade in seinem In teresse und in dem Interesse seiner Freunde läge es recht sehr, daß Sie ( zur Rechten gewendet) die Auträge, welche von unserer Seite gestellt werden, annehmen. Meine Herren in den Anträgen, welche wir bis­her gestellt haben, haben wir noch keineswegs die letzten unserer Forde rungen aufgestellt. Ich betone sogar entschieden, daß uns unsere letzten Forderungen im Reichstag aufzustellen gar nicht einfallen kann, weil wir wissen, daß es vollständig unnütz wäre. Aber ich halte mich für verpflichtet, wenigstens solche Forderungen aufzustellen, von denen ich glaube, daß Sie dieselben in Ihrem eigensten Interesse annehmen müß ten. Meine Herren, daß dieser Kampf in Deutschland existirt, daß die­ser Kampf von Jahr zu Jahr, von Woche zu Woche und von Tag, zu Tag und selbst von Stunde zu Stunde größer und gewaltiger wird, das wird Niemand von Ihnen leugnen können. Also, meine Herren, sollte Ihnen daran liegen, daß Sie möglichst zur Linderung dieses Kam pfes beitrügen. Die llebelſtände, von denen ich geredet habe, existiren, das ist auch von dem Abgeordneten Becker zugegeben worden und An­dere haben dieselbe Erfahrung gemacht. also, meine Herren, in Ihrem eigenen Interesse liegt es, suchen Sie so viel wie möglich diesen lebel­ständen, wenn Sie sie nicht vollständig unterdrücken können, wenigstens entgegenzutreten. Seien Sie versichert, daß es für uns eine ganz ausgezeich nete Waffe ist, in den betreffenden Wahlkreisen und Boltversammlungen zu sagen: das und das haben wir im Reichstage gewollt und so und so hat man man im Reichstage darüber abgeurtheilt und die Forde rungen der Arbeiter abgewiesen. Gerade dadurch, meine Herren, geben Sie uns neue Waffen in die Hand. In unserem Interesse ist es also nicht, wenn Sie den Antrag annehmen, sondern es ist in Ihrem eignen Interesse!

Bei der Abstimmung wird der Antrag Bebel- Liebknecht mit sehr großer Majorität verworfen.

Ein zweiter Antrag, den der Abg. Bebel stellte und der dahin ging, daß die Fabrikordnungen nicht einseitig von den Arbeitgebern, sondern gemeinschaftlich zwischen Arbeitern und Arbeitgebern vereinbart werden, Streitigkeiten aber über Fabrikordnungen vor dem Gewerbegericht entschieden werden sollten, wurde, nachdem der Abg. Bebel ihn motivirt, Abg. v. Unruh ihn bekämpft und Bebel nochmals den Antrag ver theidigt hatte, mit großer Majorität ebenfalls abgelehnt.

das Amendement gestellt: Die gesetzliche Verpflichtung zur Füh Von den Abg. Bebel und Liebknecht war ferner zu§116 rung von Arbeitsbüchern aufzuheben. Abg. Bebel begründete den Antrag mit Hinweis auf die Aufhebung der Baßbeschränkungen,