Privatperson eine Versammlung im Sinne des Gesetzes einbe rufen wolle. Doch der Landrath und Polizeipräsident erwiderte: Sie sind aber der Bremer und gehören zum Comite, das Comite und die öffentlichen Versammlungen stehen mit anderen Bereinen in Verbindung; Sie sind deshalb angeklagt, und es darf, bis der Richter entschieden hat, feine Bersammlung stattfinden, ich werde den Saal besetzen lassen." Bremer erklärte nun, daß ein Comite gar nicht bestehe, sondern daß die beauftragten Personen ihre Pflicht erfüllt, hät ten, sobald die Versammlung einberufen wäre. Hierauf antwortete der Präsident:„ Ich habe Sie gewähren lassen, weil ich Ihre Versammlungen nicht für gefährlich hielt; doch ist es meine Pflicht, das Gesetz in erster Reihe zu überwachen(?!), und deshalb habe ich die Versammlung am 25. März auflösen lassen; ich konnte Ihnen die Berbindung aber noch nicht nachweisen( also ohne Grund aufgelöst!) und ließ deshalb die Versammlung am 27. März so lange dauern, bis die Resolution zum Vorschlag gebracht wurde. Dieselbe ist bon Hrn. von Schweizer verfaßt, und die Verbindung er= wiesen(!); es darf also keiner von Ihnen eine Verjammlung abhalten, bis die richterliche Entscheidung da iſt." Als wir zum Versammlungslokal kamen, war dasselbe von drei Polizeibeamten gesperrt.
Ich frage zum zweiten Mal: Haben wir in Preußen ein Vereins- und Versammlungsrecht, oder ist dasselbe von der Gnade der Polizei abhängig? So steht es hier in Magde burg ; das Gericht hat uns den Schließungsbefehl zugeschickt, aber wir warten seit 8 Wochen vergeblich auf das Urtheil. Dem Untersuchungsrichter hat Bremer erklärt: " Das Gericht hat nicht zu entscheiden, ob eine Verbindung von Bereinen stattfindet, alle Angelegenheiten hier in Magde burg sind in öffentlichen Versammlungen besprochen worden; wo fein Verein ist, kann auch keine„ Berbindung mit anderen Vereinen" sein. Das Gericht soll aber entscheiden, ob der
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ein selbst sorgen. Wie verlautet, ist abschläglicher Bescheid erfolgt. Ein Gesuch an die Stadtverordneten wird vorbereitet, und wir sind neugierig, was diese zu der Sache meinen werden. Unsere Stadt unterstützt eine„, Selecta" höhere Schule) für die sog. höheren Stände mit 1500 Thlr. per Jahr, auch wird hauptsächlich zur Unterbringung dieser ,, Selecta", zum Theil nur weil unsere alten Schulräumlichkeiten nicht ausreichen, ein neues Schulhaus gebaut. Wer kann da sagen, daß nichts für ,, Volksbildung" geschieht?
( Da geht's in Crimmitschau , wie allerwärts; die Bourgeoisie sitzt in den Gemeinderäthen und Gemeindevertretungen und beutet diese Stellung weidlich aus. Sie sitzt bei der vollen Schüssel und schöpft das Fett ab; was übrig bleibt, ist für's Volt, dessen ,, verdammte Pflicht und Schuldigkeit" es ist, Steuern zu zahlen und das Maul zu halten. Dagegen giebt's nur ein Mittel: wehrt Euch! D. Red.)
Beulenroda, den 17. Mai. In unserer Stadt, sowie in Auma und den umliegenden Ortschaften werden für einen fleinen Kreis von Großfabrikanten meist sehr feine in ihrer Art einzig dastehende Frauenstrümpfe angefertigt. Für das Dutzend Paar erhält man 1 Thlr. 20 Sgr. im Durchschnitt Lohn, ein fleißiger geschickter Arbeiter kann aber höchstens ein und ein halb Dutzend anfertigen, wobei er noch das Garn spulen und die fertigen Strümpfe waschen und pressen muß. Er verdient also höchstens die Woche zwei und einen halben Thlr., wobei Frau und Kinder noch mithelfen müssen. Ist nun an der Waare auch nur der kleinste Fehler oder hat der Arbeitsherr schlechte Laune, so wird dem armen Arbeiter 2½, oft 5 Sgr. am Dyd. abgezogen, so daß sich sein saurer Verdienst bis auf 2 Thlr. pro Woche reduzirt. Während die Arbeiter
bei diesem Verdienst und den theuren Lebensmitteln halb hungern und das Nöthigste entbehren müssen, befinden sich die Herren Fabrikanten ungemein wohl. In kurzer Zeit werden die meisten derselben steinreiche Leute, deren Vermögen sich auf Hunderttausende von Thalern beläuft. Und da wundert
man sich noch, daß der Arbeiter wie ein getretener Wurm sich
Magdeburger Landrath und Polizeipräsident das Vereins- und Berjammlungsrecht, welches nach der beschworenen Verfassung krümmt und nach schreit, wenn Andere sich mit burg eigenmächtig und willkürlich aufheben darf; seinem sauer verdienten Gelde mästen, während er und die der Richter hat zu entscheiden, ob wir in Preußen ein Familie darbt und nicht weiß, wovon die Staats- und GemeindeBereins- und Bersammlungsrecht haben!"
abgaben bezahlen. Zu wünschen wäre, daß sich unsere Arbeiter der Gewerksgenossenschaft anschließen, um darin wenig=
Noch sei erwähnt, daß Hr. Bremer wegen einer am 5. Dezember vor. Js. in der Neustadt abgehaltenen Versamm- ftens einigen Schutz gegen die krasse Ausbeutung zu finden. lung, welche aufgelöst wurde, vom Richter erster Instanz zu sechs Wochen Gefängniß verurtheilt worden ist. Das Er- zer Gesinnungsgenossen, welche persönlich hier waren, hat sich jeien, weil es Gesinnungsgenoffen Bremers seien!" Hr. Bremer demselben Namen, wie der Bruderverein in Graz: ,, Arbeitertenntniß führt aus, daß Bremers Zeugen ,, nicht glaubwürdig auch bei uns ein Arbeiterverein gegründet, und zwar unter
hat Appellation eingereicht.
tein Saal groß genug zu haben sein.
Wenn wir die erste Versammlung abhalten können, wird
verein Vorwärts". Wir hoffen in Bälde einen recht statt
lichen Verein zu besigen und haben, um von den Bestrebungen
unserer Brudervereine im übrigen Deutschland ebenfalls Kenntniß erhalten, auf das„ Demokratische Wochenblatt"
Tannenberg bei Geyer, 20. Mai. Am 10. ds. Mts. war hier eine Arbeiter- Versammlung. Sie wurde um 4 Uhr abonnirt. Rachmittags durch Hrn. Demmler aus Geyer eröffnet und
es ist, seinen Mitgliedern Unterstützung bei Krankheitsfällen,
das Wort ergriff und in einem längeren Vortrage auseinan- fleine Gewerbtreibende ins Leben getreten, dessen Hauptzweck Hr. Richter zum Vorsitzenden erwählt, worauf Hr. Demmler Jahres ist hier ein Unterstützungsverein für Arbeiter und berfette, wie nothwendig es sei, daß die Arbeiter sich mit Politik beschäftigen und der demokratischen Arbeiterbewegung unverschuldeter Arbeitslosigkeit und Todesfällen zu gewähren. herricht neben der üblichen Unwissenheit noch grenzenlose ein erstreckt sich auf Löbtau und einen fünfstündigen Umkreis anschließen. Die Versammlung war schwach besucht, denn hier Auch ist mit dem Verein eine Sparkasse verbunden. Der VerFurcht; besonders bei den Fabrikarbeitern. Es zeichneten sich
und zählt schon jetzt eine bedeutende Mitgliederzahl. Borsigen
gung fünftig eine stärkere werden. Die Herren Richter und zum Beitritt zum Verein 8 Mann, doch wird die Betheili- der des Vereins ist Eduard Kästner, Graveur. Seifert werden das Ihrige thun; es sind beides tüchtige große Einleitung zu machen, sondern kann mit dem Satz beginnen, Männer. In nächster Zeit halten wir wieder eine Versamm daß wir hier eine ausgeprägte Massenarmuth finden, zu
welcher sich eine gänzliches Darniederliegen der hiesigen Posa
Fabritarbeiterinnen hat bei unserm Stadtrath um Ueber- stand befinden, welcher bei einiger Dauer noch größere DimenLaffung eines Lotals angehalten, um den Mitgliedern Unter- fionen annehmen wird. An einem Wiederaufkommen befagter laffen. Licht und Heizung für den Winter wäre dabei natür- sollte, so werden dadurch unsere Zustände nicht gebessert, denn lich zu gewähren gewesen, für die Lehrerinnen wollte der Ver- der Posamentire sind wenigstens um die Hälfte zu viel, weß= richt in Bildungsgegenständen und im Nähen ertheilen zu Industrie ist sehr zu zweifeln; und wenn sie sich auch erheben
Crimmitschau , 25. Mai. Der hiesige Verein der mentirindustrie gefellt hat, und daß wir uns in einem Noth