tute durch Pünktlichkeit und Reellität ihre Kunden erworben hatten, auf.

Endlich um 9 Uhr Vormittags sette die Polizei ihre Macht in Bewegung und brachte dem Mitglied Schilde  , der ruhig an der Ede der Petersstraße stand, einen Begriff von ihrer väterlichen Fürsorge für das Wohl ihrer Schutzbefohlenen bei, indem sie ihn verhaftete und abführte.

Nachdem derselbe blos 2 Stunden gewartet hatte, kam er nach 11 Uhr ins Verhör, erhielt die Weisung, daß er bei fernerem Betreff wieder verhaftet und bestraft werden würde, und wurde entlassen. Aehnlich erging es mehreren andern Mit­gliedern an demselben Tage und an den folgenden Tagen; und noch bis gestern ist dieses Verfahren von der Leipziger   Polizei trotz aller Reklamationen fortgesetzt worden.

In dieser Weise weiß die Polizei die Gewerbefreiheit auf Arbeiter anzuwenden.

Wenn wir auch nicht erwarten, daß die Polizei die Sache der Arbeiter vertrete, müssen wir doch fordern, daß sie den Gesetzen nicht verschiedene Auslegung, je nach dem Besitzer, giebt.

Führt die Polizei ihre Drohungen aus, wer wäre denn Schuld, wenn die Arbeiter, die sie mit ihrem Verfahren quält und außer Brod setzt, endlich unwillig werden? Sollen wir erleben, daß sich die traurigen Dresdener Vorgänge auch bei uns wiederholen? Einstweilen ist die Entscheidung der Kreis­direktion abzuwarten.

Dem Publikum gegenüber bemerken wir, daß die Genossen­schaft gern bereit ist, Jedem, der sich über ihre Einrichtungen aufklären will, ein Exemplar der Statuten gratis zu überlassen, und können solche im Comptoir, Homanns Hof jederzeit in Empfang genommen werden.

Was schließlich das Verhalten der Presse betrifft, so sei mitgetheilt, daß die Leipziger   Nachrichten ein Referat von unserer Seite zurückgewiesen und später ein sehr unrichtiges und gefärbtes Referat der hochlöblichen Gegenpartei aufnahmen. Noch feindseliger verhielt sich, wie immer gegen die Arbeiter, das Tageblatt: während es tagtäglich selbst den miserabelſten Quatsch mit der größten Wichtigkeit breittritt, hat es für diesen Aft der schreiendsten Bedrückung und der Verletzung der aner­fanntesten Menschenrechte keine Zeile, kein Wort!

Volksversammlung der sozial- demokratischen Partel in Wien  .

( Schluß.)

Hierauf hielt Oberwinder über den 2. Punkt der Tages­ordnung, die Nationalitätenfcage folgende. Ansprache:

,, Meine Herren! Der Nationalitatenstreit ist Desterreich ist noch immer ein Gegenstand lebhafter Erörterunigen, sowohl in der Presse wie in den Vereinen. Unsere Battei hat bereits ihr Votutn in dieser Frage in dem Manifefte des 4. Wiener   Arbeitertages an das arbeitende Bolt in Desterreich abgegeben, und wenn wir heute diesen Gegenstand wieder­bolt einer Berathung unterziehen, so geschieht dies zunächst deßhalb, weil derselbe in uns nahestehenden Kreisen neuerdings angeregt und erörtert wurde, und weil wir täglich innerhalb unserer Partei die Erfahrung machen, daß in jenen Ländern, wo der nationale Streit besteht und fortwährend genährt wird, unsere Agitatation auf große Schwierigkeiten stößt, indem dort noch große Arbeitermassen unter dem Einflusse des Adels, des Klerus und ihrer Handlanger, der Führer der nationalen Par teien stehen. Dieser Einfluß macht sich nicht blos da geltend, wo noch der Grundbesitz vorherrscht, er erstreckt sich sogar auf große Industrie­städte, wie Brünn  . Erst vor wenigen Tagen wurde uns aus dieser Stadt gemeldet, daß die Arbeiter slavischer Nationalität sich von den Bestrebungen der Sozial- Demokratie gänzlich ferne halten und daß sie in dieser Haltung bestärkt werden durch die abmahnende Sprache ihrer nationalen Blätter. Zwar gibt es auch in Wien   genug Zeitungen, welche unserer Sache feindlich gesinnt sind; aber hier lacht das Bolt über die ohnmächtigen Tiraden der Sozialisten- Fresser, weil hier die Arbeiter sich bereits thatsächlich von dem Einflusse der bevorrechteten Stände emanzipirt( befreit) haben.( Bravo.)

geisterung nur dazu benützen wollen, sich die Kastanien aus dem Feuer holen zu lassen. Wir müssen ferner, um jenen privilegirten Ständen richten, in den Besitz möglichst vieler freiheitlichen Rechte zu gelangen. den Boden unter den Füßen wegzuziehen, unser ganzes Streben darauf Wir müssen uns ein unbeschränktes Vereins- und Versammlungsrecht und die unbeschränkte Preßfreiheit erringen, damit unsere Hauptforderung, heit, eine Waffe in den Händen des Klerus, des Adels und der Bour­das allgemeine direkte Wahlrecht, nicht eine Waffe werde gegen die Frei­geoisie. Wir müssen auf die Beseitigung der stehenden Heere dringen, mit deren Hilfe das Bolt überall niedergehalten wird. Wir müssen mit einem Worte die thatsächlichen Machtverhältnisse zu ändern suchen, denn diese sind die thätigwirkende Kraft, welche alle Gefeße und rechtlichen Ein­richtungen diefer Gesellschaft so bestimmt, daß sie im Wesentlichen gar nicht anders sein können, als sie eben sind.

Die jetzigen Führer der nationalen Parteien haben solche Forderungen niemals gestellt. Die hervorragendsten Führer des deutschen   National­vereines, wie die Herren Bennigsen und Braun, haben sich als Wert­preußischen absolutismus in die Hände gearbeitet. Die Heldenthaten zeuge in der Hand eines Grafen Bismard erwiesen, sie haben dem czechischer Parteiführer, wie Rieger und Palacky, will ich übergehen, sie sind uns Allen bekannt. Ich will nur erwähnen, daß Herr Rieger um die Gunst eines Czaren und eines Louis Napoleon  , also um die Gunst der beiden Todfeinde der Demokratie gebuhlt hat. In Polen   ist die Revolution zum Theil an der kläglichen Sonderstellung des Adels ge­scheitert und in Ungarn   hat die neue Aera" mit der Aufhebung der poli­tischen Vereine begonnen. Ueberall werden wir darüber belehrt, daß das Bolt erst dann Etwas erreicht, wenn es erst die Verhältnisse zu ändern sucht, ehe es an die Form denkt.( Lebhafter Beifall.)

Lernen wir doch von unseren Feinden. Sie haben sich immer ohne Unterschied der Nationalität verbunden, sobald es sich darum handelte, sich die Herrschaft zu sichern und dem Volke seine Rechte streitig zu machen. So hat der französische Adel gemeinsam mit den deutschen Bölker werden erst dann zur Herrschaft gelangen, wenn sie sich ebenfalls Fürsten   das französische   Bolt, die französische   Republit bekämpft. Die ohne Unterschied der Nationalität gegen ihre Bedrücker vereinigen.( Leb­hafter Beifall.)

Bieles   ist in dieser Beziehung bereits geschehen. Die Entwicklung nissen hat das Viciste dazu beigetragen. Die Bourgeoisie selbst, welche der gesellschaftlichen Verhältnisse, die Veränderung in den Besitzverhält durch die französische   Revolution zur Herrschaft tam, hat durch die Ent fesselung des Kapitals die Welt revolutionist, die Bölter einander ge nähert. Ein solcher Umschwung ist in den sozialen Zuständen eingetreten, vermeidlich zur Revolution und zu einem Kampfe führt, bei dem schließ daß heute ein Krieg, sobald er sich zu einem europäischen gestaltet, lich die Völker das Schlachtfeld behaupten werden. Solche Ereignisje sind aber immerhin mit großen Nachtheilen für die Gesellschaft verknüpft, und es ist somit unsere Pflicht, ihnen dadurch vorzubeugen, daß wir den Bund der Völker immer mehr zu befestigen suchen und die nationalen Streitigkeiten unseren Feinden überlassen.

Ich beantrage nunmehr folgende Resolution:

,, In Erwägung, daß der Nationalitätenstreit in Desterreich die Fortentwickelung der sozial- demokratischen Partei wesentlich hemmt; in Erwägung, daß den natio­nalen Bestrebungen der slavischen Völker wohl ein innerer Freiheitsdrang zu Grunde liegt, derselbe jedoch von. dem Klerus und dem Adel in falsche Bahnen ge lenkt und dazu benützt werden soll, jenen bevorrechteten Ständen eine solche Selbstständigkeit zu verleihen, die es ihnen möglich macht, das Volk desto besser zu unterdrücken; in der Erwägung endlich, daß somit der Nationalitätenstreit in Oesterreich   nichts weiter ist, als ein Kampf der Reak­tion gegen den Fortschritt, erklärt die Versammlung vom 4. Mai im Anschluß an das Manifest des vierten Arbeitertages: Es ist Pflicht des Volkes, der nationalen Agitation überall den Rücken zu kehren, sich überall von der Besor mundung des Adels und des Klerus völlig zu befreien und nit aller Macht nach der Erlangung derjenigen Freiheiten ringen, welche in dem Programme der sozial- demokra Mit der Durchführung des Prinzips der Sozial- Demokratie ist die Nationalitätenfrage von selbst gelöst."( Bravo  !)

Diese Resolution wurde, nachdem sich auch alle folgenden unserer Mitte befinden sich wackere Kämpfer für unsere Sache, die den Sinne ausgesprochen, ebenfalls einstimmig angenommen, und Wir Sozialisten stehen auf internationalem Standpunkte. In Redner, insbesondere Fischer und Mülberger, in demselben u. f. f. Wir Alle sind der Ueberzeugung, daß die Nationalitätenfrage Jeden, ununterbrochen in seinem Kreise für die gute Sache

in dem Augenblicke gelöst ist, wo der sozial- demokratische Boltsstaat eine Thatsache geworden ist.( Bravo.)

Unsere Aufgabe muß daher zuvörderst darin bestehen, daß wir dem Volke überall klar machen, daß seine Unterdrücker die nationale Be­Verantwortlicher Redakteur: W. Liebknecht. ( Redaktion: Brauftr. 11).

thätig zu sein. So verlief auch diese so riesige Versammlung in musterhafter Ordnung, ein neues Zeugniß für die Reife

und Tüchtigkeit der sozial- demokratischen Arbeiter Wiens! Druck und Verlag: F. Thiele Expedition: Petersstraße 18.

Leipzig.