Zeiten fast in jedem Bierhaus Leihvereine unter dem Titel Friends of Labour Loan Society*). Sie bestehen aus Handwerkern, die jede Woche einen gewissen Beitrag bezahlen und das Geld ausleihen. Die Einen sparen, die Andern erhalten auf leichte Weise Vorschüsse, um Leder u. s. w. zu kaufen. Es ist ihnen jedoch noch nie eingefallen, dieses für soziale Reform zu halten. Das Resultat des Kongresses ist ein Central- Ausschluß, der die hetero genen**) Elemente, die, unter dem Schleier von Kooperation, ihr egoistisches Wesen treiben, so viel wie möglich fern halten soll, und eine Reihe von Beschlüssen zur Errichtung einer Bant, in welcher nur wirkliche Kooperativ- Gesellschaften Theilhaber sein können.
( Fortsetzung und Schluß.)
-
Apolda kam nunmehr an die Reihe, und zwar war hier die Versammlung im Saale der ,, Weintraube", der ebenfalls sich als zu klein für die Zuhörermenge erwies. Hr. Wiede= mann, der größte Fabrikant Apolda's , eröffnete die Verfammlung im Namen des Bildungsvereins( ein Verein, der, aus der verschiedensten Elementen bestehend, bisher Politik und soziale Frage grundsätzlich ausgeschlossen hatte!) und ver= wahrte sich im Voraus gegen die Deutung, als acceptive der Verein die Ideen des Vortragenden, weil er ihn eingeladen. Bebel sprach eingehend und gründlich, und wurde lebhaft beflatscht, am meisten von den Lassalleanern, Mitgliedern des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins , deren Bevollmächtigter, Hr. Reichelt, später auch auftrat und sein vollstes Einver ständniß mit Bebel's Vortrag erklärte, ihm auch warm die Hand dafür schüttelte. Hr. Wiedemann und Hr. Schütz, letz= terer Prediger der freireligiösen Gemeinde, machten vom Schulze schen Standpunkt Einwendungen gegen den Vortrag, Hr. Schütz glaubte namentlich das geringe Gewicht, das die Sozial- Demokratie auf die religiöse Bewegung lege, rügen zu müssen. Bebel und Reichelt widerlegten diese Einwendungen. Da Dr. Mar Hirsch, wie verlautete, auch Apolda im Juli heimsuchen will, so wiederholte Bebel hier öffentlich die Bitte, ihn dann ebenfalls einzuladen, was namentlich von den Arbeitern jubelnd aufgenommen wurde.
Nächsten Tages kam die Residenz des Großherzogs von Weimar an die Reihe. Die Versammlung war zwar nicht so zahlreich wie in Apolda , wozu verschiedene Ursachen mitwirkten, aber der Geist war vortrefflich, von Hofluft merkte man feine Spur. Kraft, Vorstand des Arbeiter- Vereins eröffnete und leitete die Versammlung. Eine Debatte fnüpfte sich an Bebel's Vortrag nicht, aber der große Beifall den die scharfe Kritik Bebel's namentlich über die bestehenden staatlichen Zustände fand, bewies das volle Einverständniß der aus verschiedenen Elementen bestehenden Versammlung. Wir müssen hier constatiren, daß das große Maaß von Redefreiheit, das man in sämmtlichen Kleinſtaaten Thüringens genießt, start absticht gegen die sächsischen und namentlich preußischen Zustände. Eine polizeiliche Anmeldung ist in den meisten dieser Staaten nicht nothwendig, eine polizeiliche Ueberwachung der Versammlung existirt nicht. Weimar ist sogar, um mit Bismarck zu reden, noch so weit im„ Liberalismus" zurück, daß es nicht einmal ein Vereinsgesetz" hat.( Die preußische und sächsische Polizei würde unter folchen Umständen einen Staat für existenz unfähig halten. Anm. d. Red.)
Ausführungen fanden den ungetheiltesten Beifall. Nippoldt sprach seine volle Uebereinstimmung aus und ging besonders auf die Stellung der Schule im heutigen und im demokratischen Staate ein. Jacobi wies auf die Gleichartigkeit der Bestre bungen der verschiedenenen sozial- demokratischen Arbeiterfraktionen hin, die sich vereinigen müßten. Bock sprach für Festhalten an den sozial- demokratischen Prinzipien. Dr. Sy aus Jena sprach ebenfalls für das Zusammengehen aller Demokraten. Nachts gegen 2 Uhr wurden Bebel und Sy von einer großen Zahl Arbeiter unter dem Gesang der Marsaillaise nach ihrer Wohnung geleitet, wo man sich aufs freundlichste verabschiedete. Nach länge rer Debatte wurde auf Antrag Nippoldt's folgende Resolution einstimmig angenommen: Die heutige Volksversammlung er fennt an, daß nur die sozial- demokratischen Prinzipien es find, welche die Lage der arbeitenden Klassen verbessern können und daß eine Einigung der sozial- demokratischen Arbeiterfraktio nen herbeigeführt werden muß.
Sonntag den 13. Juni hatte der ,, demokratische Wahlverein" Thüringens in Eisenach Versammlung, wozu außer Bebel auch Liebknecht erschienen war. Außerdem waren Arbeitervertreter aus Weimar , Erfurt , Gotha , Eisenach und Salzungen anwesend. Liebknecht und Bebel hielten Beide längere Reden über die soziale und politische Bewegung, über die Üntrennbarkeit beider und über festes, einiges Zu sammenhalten der gesammten Demokratie, damit der demokratische Staat bald errungen werde, der nothwendig sei zur Lösung der sozialen Frage für Alle. Es entstand eine lebhafte Debatte, an der sich die Hrn. D. Wild und D. Sy( Jena ), Geometer Müller( Weimar ), Kaiser und Salm( Erfurt ), Nippoldt, Jacobi und Sauerteig( Gotha ), Kreuznacher und Riemann( Eisenach ), Schlehnbusch( Salzungen ), betheilig ten, die sämmtlich von den verschiedensten Gesichtspunkten aus ein Zusammengehen der Demokratie befürworten. Die Versamm lung nahm hierauf folgende Resolution gegen eine Stimme ( Schlehnbusch, Salzungen ) an:„ Die Versammlung erklärt: zur gemeinsamen Arbeit für die Lösung der sozialen Frage ist es nicht nur erforderlich, daß die Spaltungen unter den ver schiedenen Fraktionen der demokratischen Arbeiterpartei aufhören, sondern auch, daß die demokratischen Arbeitervereine mit der gesammten demokratischen Partei geeint seien, daß namentlich bei gemeinsamen politischen Angelegenheiten, insbesondere Wahlen, die demokratische Partei und die demokratischen beitervereine zusammen gehn."
bei
Ar
Erfurt bildete den Schluß für die Agitation in Thürin gen. Der Saal des Rathstellers in Erfurt war am Montag den 14. d. M. gepfropft voll. Die Versammlung, von Hern Kaiser, dem Bevollmächtigten des Allgemeinen deutschen Arbeiters vereins, einberufen und eröffnet, wurde auch von ihm als Bor sitzenden geleitet, Herr Oestreich war zweiter Vorsitzender, Herr Salm Schriftführer. Bebel's Vortrag wurde au hier mit dem lebhaftesten Beifall aufgenommen. Nippoldt, der von Gotha extra herübergekommen war, erläuterte weiter die sozial- demokratischen Prinzipien und sprach für Vereinigung, Kaiser unterstützte ihn hierin und wies auf die Vortheile einer solchen Vereinigung hin, Kühn erklärte sich zwar mit einer Einigung einverstanden, rieth aber vorsichtig zu sein, man folle und wolle nicht für die Bourgeoisie arbeiten und sich von ihr mißbrauchen zu lassen. Bebel antwortete scharf und treffend, Kühn erkannte an, daß er berichtigt sei. Dr. Sy aus Jena , Nippoldt und Salm sprachen für eine Resolution Kaifer', dahingehend, daß die sozial- demokratischen Fraktionen sich vereinigen müßten. Diese Resolution mit einem Bu satz Nippoldts, der ein Zusammengehen der Demokratie über In Gotha fand die Versammlung Sonnabend den 12. haupt befürwortete, wurde bei der Abstimmung gegen ungefähr
Juni im überfüllten Local des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins statt. Eisendrechsler Jacobi eröffnete diefelbe, Sauerteig wurde zum Vorsitzenden gewählt. Bebel's
*) Vorschußvereine der Arbeiterfreunde. **) verschiedenartigen.
8 Stimmen angenommen.
wie διαβ