statt und viele Tausende waren aus Nah und Fern erschienen. Erfreulich und interessant war namentlich die große Menge von Landleuten, welche mit lebhafter Aufmerksamkeit den Reden folgten und die schlagenden Auseinandersetzungen mit großem Beifall belohnten. Fünf Punkte der Tagesordnung behandelten die allgemeinen Fragen, Wahlrecht, Vereinsrecht u. s. w. Der legte galt, wie gesagt, dem Bischof Rudigier. Dies mochte die Ursache sein, daß außer dem Landvolk auch das Bürger­thum sehr zahlreich vertreten war. Schey von Wien   hatte den Herrn Bischof auf's Korn genommen und endloser Beifall folgte seinen marfigen Worten. In seinen zahlreichen Nutz­anwendungen über Concordat u. s. f. traf er stets den Nagel auf den Kopf und die freudige Erregung des Landvolkes läßt hoffen, daß die freien Worte nicht spurlos vorübergehen wer­

den.

Ist es doch bei den dermaligen Zuständen der Gesell­schaft schon viel werth, wenn auch nur ein Windhauch von Freiheit den Bauern um die Köpfe bläst. Das gilt anderswo, noch viel mehr aber in Desterreich!

Daß das nationale Denken, so weit es sich im Bürgerthum darstellt, heutzutage von den Zeitungen fabrizirt wird, dieser Satz hat auch hier seine erschreckende Wahrheit. Nicht genug, daß deshalb nie und nirgends auch nur ein prin­zipieller Gedanke das Tageslicht erblickt, die öffentliche Mei­nung ist, auch wieder deßhalb, dazu verdammt, sich ewige Zeit mit den geringfügigsten Dingen von der Welt zu quälen. Wir wollen es dem Herrn Bischof verzeihen, wenn er sich der Regierung gegenüber widerspenstig zeigt, das ist auch unsere schwache Seite; daß er aber durch seine Weigerung, nicht vor Gericht zu erscheinen, 2 Monate lang tagtäglich seitenlange Leitartikel und andere schöne Meditationen heraufbeschworen hat, das können wir ihm nicht verzeihen. Der Herr Bischof ist besser daran als wir, er faltet die Hände und liest all' das dumme Zeug nicht, was gegen ihn geschrieben wird. Wir aber sind verurtheilt, die Zeitungen zu lesen und sind überglück­lich, wenn wir nach 14 Tage langem vergeblichem Suchen endlich irgendwo ein Sandforn des Verständnisses gefunden. Der Liberalismus hat es trotz seines Zetergeschrei's gegen die Ultramontanen in ganz Desterrich zu keiner irgendwie beden­tenden Kundgebung gegenüber den Uebergriffen der Kirche ge­bracht; auch in der Rudigier'schen Sache mußten es die Arbei­ter übernehmen, fkurz und schlagend der Kirche gegenüber den Standpunkt des Volkes zu wahren. Das Bürgerthum freut sich herzlich darüber, wie Jeder, dem ein Anderer die Kastanien aus dem Feuer holt.

Die gemeinschaftlichen Delegationen von Ungarn   und Desterreich tagen nun auch wieder, und somit hat die innere Politik wieder ihren Schneckengang begonnen. Wir haben uns schon längst daran gewöhnt, von diesen Regierungsmaschinerien keinerlei reelle Arbeit zu erwarten, sodaß wir bald auch das ober= flächlichste Interesse für sie verlieren. Nicht bloß ihre Thätig­keit sondern schon der Augenblick, wo sich das Rad in Bewe gung setzt, ist für uns schädlich, da wir ihre ganze Wirkungs­zeit hindurch keine Volksversammlungen unter freiem Himmel abhalten dürfen. So lautet nämlich ein§ der Verfassung. Ein freier Windzug wird von derartigen Körperschaften nicht gut ertragen.

Jüngst brachte das, Baterland" Organ der feudalen und flerifalen Partei, einen Leitartikel, welcher das Wiener Leben nach allen Seiten hin in schrecklichen Farben malt. Vergnü­gungssucht, Leichtsinn, Gleichgültigkeit, Tanzmusit, ein Volks­fängerthum in zotenhaften Liedern u. s. f. sind noch die mil­desten Ausdrücke, in welchen das Medium geschildert wird, wel­ches der Wiener   athmet.

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Gestern haben in Wien   die ersten Schwurgerichts verhandlungen begonnen. Von der Reaction Anfangs der 50er Jahre aufgehoben, stellen die Schwurgerichte nunmehr eine der wichtigsten Errungenschaften der neuen Aera   dar. Möchten sie sich auch in den Verfolgungen gegen uns bewähren; nur die Zukunft kann es lehren. Bischof Rudigier wurde zu 14 Tagen Kerker verurtheilt und unmittelbar darauf vom Kaiser begnadigt. Der Staatsanwalt hatte 6 Monate beantragt. Wehmüthige Erinnerung beschleicht uns an unsere Freunde, die schon Monate lang im Kerfer fizen, und doch hatten sie die Regierung nicht stärker angegriffen als seine Hochwürden. Aber dieser sprach im Namen Gottes er wird begnadigt; jene spra chen im Namen des Volkes sie werden gefesselt!

Ein anderer Prozeß, der vor dem hiesigen Schwurgericht verhandelt wird, erregt die öffentliche Aufmerksamkeit auch im höchsten Grade. Der Redacteur einer ziemlich radicalen Zei­tung, Scharf, hatte einen der größten Börsenmatadore, Na­mens Schiff, in mehreren Artikeln sehr stark angegriffen und ihm schmutzigen und gemeinen Handel an der Börse vorgewor fen. Dieser flagte auf Ehrenbeleidigung und Scharf hatte seine Angaben zu beweisen. Der Prozeß wirft ein grelles Schlaglicht auf das Treiben an der Börse. Die ersten Finanz größen Wien's waren als Zeugen geladen, ihre Aussagen be stätigten den Satz, daß all' diese Helden der Börse wie Kletten zusammenhalten, und wenn man Einen sticht, schreien sie alle laut auf. Scharf sprach zwar das stolze Wort, er habe der Geldaristokratie den Fehdehandschuh hingeworfen, aber im Laufe der Unterhandlung ergab sich, daß es Privatverluste an der Börse waren, welche ihn zu diesem an sich guten Schritte ver­anlaßt hatten. Für uns wird vor Allem ersichtlich, daß das Spiel am grünen Tisch rosige Unschuld ist gegenüber dem ver­werflichen Schacher, welcher um Existenzen würfelt und von der Höhe einiger Millionen herab ungestraft seine versengenden Blize nach allen Seiten hin schleudert. Wer in diesem spe­ciellen Falle von

Beiden Recht hat, weiß ich nicht Doch es will mich schier bedünken Daß der Rabbi und der Mönch, Daß sie alle Beide stinken.

wird uns geschrieben:

Zum Congreß

Es war gar nicht zum Verwundern, daß Hr. v. Schweißer sich entschlossen hat, eine möglichst große Anzahl ,, Laffalleaner" nach Eisenach   zu senden, um daselbst die üblichen Ruhestörungen ausführen zu lassen. Je nachdem dabei ein Sieg" zu e warten wäre, würde er sich auch höchftselbst an dem glorreichen Unternehmen betheiligen. Das Unehrenhafte, was darin liegt, hat für ihn und seine Leute" nichts zu bedeuten, er hat sic ja schon längst über das Urtheil der Welt hinweggesetzt sie haben fraft ihrer herrlichen Organisation Nichts zu ( die straffe militärische Ordnung bringt's so mit sich), son dern einfach auszuführen, was der Präsident der Menschheit

anordnet.run

und

denken

Verwunderlich ist es aber, daß die Redaktion des De mokratischen Wochenblattes" gegen die beabsichtigte Störung unseres Congresses nicht Wittel zur Abwehr vorschlägt, son dern Herrn von Schweizer   sagt, er möge nur fommen.

Wenn es sich hierbei um ein parlamentarisches Duell handelte, so müßte zwar eingehalten werden, daß wir in Gi­senach ausgesprochener Maaßen zusammen kommen wollen, u uns gegenüber Hrn. v. Schweißer und seinem" Verein zu Leider ist daran nur zu viel wahr! organisiren, daß also hierüber gar nicht mehr zu debattiren ist, allein man könnte den geistigen Kampf, zur Aufklärung etwa noch unklarer Köpfe, wohl aufnehmen.

Dem ,, demokratischen" Tagblatt bot dieser Entrüftungsschrei willkommenen Anlaß, um furchtbar gegen das ,, Vaterland" zu Felde zu ziehen. Es bewies, daß in Wien   allerdings 30 bis So steht die Sache aber nicht. Herr von Schweizer  40,000 Lumpen beiderlei Geschlechts leben, die übrigen Be­wird sich sehr hüten in parlamentarischer Form mit uns zu wohner aber seien lauter ehrliche, brave Leute. Unter allen rechten, für ihn handelt es sich einfach um einen Akt brutaler

in so despektirlichem Tone zu reden. Nur gemüthlich!

Durch Standalszenen.