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und auf seinen Antrag hat das Berliner   Stadtgericht auf Grund des berühmten§ 101 die Untersuchung gegen Liebknecht eröffnet und ihm zur mündlichen Verhandlung einen Termin auf den 17. September, Vormittags 10% Uhr, im ,, Geschäfts­Total ,, des Stadtgerichts, Lagerhaus, Klostergaffe 76, 1 Treppe, angesezt. ,, Erscheinen Sie nicht", heißt es in der betreffenden Borladung, so wird nach Befinden in contumaciam der Be­weis aufgenommen und das Urtheil gefällt und verkündet oder ein anderer Termin anberaumt und Ihre Verhaftung und Vorführung zu demselben angeordnet werden." Letzterer Bassus ist interessant; wir haben da greifbar und zweifelsohne die süße Frucht der Einheit des Rechtsschutzes", oder der ,, Rechtseinheit" oder wie man sonst diese direkt ins einheitliche ,, Nationalzuchthaus" führende ,, Errungenschaft" mit national­liberalem Euphemismus zu benennen pflegt. Interessant ist ferner, daß die rechtseinheitliche Vorladung Liebknechts in tra­gischem Widerspruch steht mit jener, durch die neuen Nordbunds­gefeße nicht aufgehobenen Verordnung des preußischen Ministe­riums, durch welche derselbe vor 4 Jahren aus Preußen aus­gewiesen ward. Das Dilemma für Liebknecht ist nun: Ent­weder er geht nach Berlin  , um nicht in Leipzig   wegen Miß achtung des Berliner   Stadtgerichts verhaftet zu werden, und dann wird er in Berlin   wegen Bannbruch verhaftet; oder er bleibt in Leipzig  , um nicht wegen Bannbruch in Berlin  verhaftet zu werden, dann wird er in Leipzig   wegen Miß­achtung des Berliner   Stadtgerichts verhaftet. Das Interessanteste von Allem wird aber die Haltung des Ge­richts und die Beweisführung des königlich preußischen Staatsanwalts sein, daß der Nordbund nicht aus einem Rechtsbruch hervorgegangen ist, und nicht auf das Schwert sich stützt. Das Jahr 1866 vor den Schranken des Berliner  Stadtgerichts" es wäre ein föstliches Thema für den ,, Klad­deradatsch," schade nur, daß es auf verbotenem Felde liegt."

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Tölcke*) hatte die Frechheit, auf die in letzter Nummer veröffentlichte Erklärung Bebels zu antworten, er( Tölde) werde beweisen, daß Bebel 600 Thlr. vom König von Han­nover empfangen. Diese des Urhebers würdige Infamie, deren Bwed flar zu Tage liegt, hat folgende Erklärung Bebel's her vorgerufen:

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Die Tölde'sche Behauptung soll dazu dienen, ein ganz elendes Bubenstück gegen mich in Szene zu setzen. Herr Tölcke  weiß, daß er gelogen, Herr Tölcke   weiß, daß er die Beweise für seine Behauptung nicht liefern kann, Herr Tölcke   weiß aber auch, daß die von mir gegen ihn, und zwar in meinem Auftrag durch Hru. Dr. Hierjemenzel in Berlin   anzuſtrengende Klage erst nach Wochen, vielleicht nach Monaten beendet ist. Herr Tölde weiß, daß er dann auch verurtheilt wird, aber daran liegt ihm nichts. Hauptsache für ihn ist, jetzt vor dem Eisenacher   Congreß diese Lüge und Berleumdung in die Welt zu setzen, um die Arbeiter gegen mich aufzuheben und den von Herrn Tölde und seinen Anhängern für Eisenach   projektirten

heißt es in der Antlageschrift. So unterhaltend es für uns wäre, den fönigl. preußischen Herrn Staatsanwalt ausführen zu hören, daß die Schlacht von Sadowa nur ein Reptilienmährchen ist, und daß der alte Deutsche Bund fich freiwillig und in aller Form Rechtens anfgelöst bat, so werden wir doch wohl hinlängliche Selbstbeherrschung haben, auf den Spaß zu verzichten. Die Red. d. D. W."

* Hier anmerkungsweise einige ,, Töldeana": 1) Tölde rechnet in Deutschland   500,000 Schweizerlinge zusammen! Wie er das furiose Rechenempel zu Wege bringt, davon ein andermal. Genug er zählt Jeden dreimal und setzt zwei Nullen hinten dran. heilige Drei­einfältigkeit! 2) Wir sagten in vorletzter Nummer: ,, alle ehrlichen Arbeiter, auch wenn sie gegen uns stimmen wollen, find nns willkommen; be­zahlte Standalmacher werden behandelt, wie sie es verdienen. Daraus schließt Tölde, wir hätten alle Delegirten des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins   für bezahlte Standalmacher erklärt. Die Delegirten mögen fich bei ihm bedanken. Tölcke ist da das Nämliche Malheur paffirt, wie jenem übereifrigen Pariser Polizeidiener, der einen Herrn verhaftete, welcher 3 einem andern gesagt hatte: Er ist der größte Schuit!". verhaften Sie mich?" Weil Sie den Kaiser geschmäht haben.." Wie jo? Sie sagten: Er ist der größte Schuft" wen anders fonn­ten Sie meinen, als den Kaiser?" Tölde!

Warum

Standal auf mich abzuleiten. Das ist der Zweck der Tölde= schen Lüge. Gleichzeitig sucht Hr. Töldke in mehreren Nummern des ,, Sozial- Demokrat" Herrn Liebknecht in niederträchtig­hetzerischer Weise den Arbeitern zu denunziren und dieselben gegen ihn aufzubringen. Das Schurckenspiel des Hrn. Tölcke ist enthüllt. Bebel  ."

Leipzig  , 4. Aug. 1869.

Bei dieser Gelegenheit sei daran erinnert, daß Hr. Tölde früher einmal zum Präsidenten des Allgemeinen deutschen Ar­ beitervereins   gewählt worden war, um dem Literaten und Baron Schweißer den Weg zu bahnen, und daß ihm damals von der sächsischen Polizei( der Verein hatte bekanntlich in Leipzig   seinen Sitz) die Bestätigung versagt wurde, weil er( Tölde) durch rechtskräftige Verurtheilung wegen einer betrügerischen Handlung die bürger­lichen Ehrenrechte verloren hat. Daß solche Gesellen auf die ehrlichen Sozial- Demokraten schlecht zu sprechen sind, und gegen das Wort ehrlich" einen heftigen Widerwillen empfinden, ist ebenso natürlich, als daß die preußische Polizei in punkto des Tölde'schen Ehrenpunktes nicht so heikel ist, wie weiland die sächsische Polizei.

Der ,, Sozial- Demokrat" versucht eine Kritik des Pro­gramms und Organisationsplans für die sozialdemokratische Partei, es ist ihm dabei aber so heiß geworden, daß ihm die Tinte in der Feder eintrocknete und er es zu nichts als einer Denunziation in Bezug auf die bestehenden Vereinsgesetze brachte.

Aus Barcelona   ist uns die erste Nummer eines sozial demokratischen Arbeiterblattes:" La Federacion"( der Bund), das vom 1. August an wöchentlich erscheint zugegangen. Dank und Gruß den Brüdern in Spanien  !

Wir machen unsere Leser ausdrücklich auf die Hofstetten' sche Schrift aufmerksam.( Siehe die betr. Anzeige.)

Aus England.

London  , den 26. Juli. tisch  - soziale Stellung in Erwägung gezogen und mit Murren Britannia's erstgeborene Söhne*) haben ihre poli­und Naserümpfen nachgegeben. Sie sind überzeugt, daß Glad aber sie fügen sich in das Unvermeidliche; sie sind überzeugt, stone die Religion, das Eigenthum, die Gesellschaft revolutionirt, daß Widerstand umsonst sein würde, da sich die große Volks masse ein für allemal gegen die irische Kirche insbesondere und gegen das Staatskirchenwesen überhaupt erklärt hat. Der Aristokrat verlangt einen Seelsorger, der durch seine Einfünfte furcht einflößt, der radikale Bürger dagegen verlangt einen und soziale Stellung der Gemeinde, welcher er vorsteht, Ehr­Prediger, der wie jeder andere Lohnarbeiter, sich dem Willen des Arbeitgebers fügen, d. h. der Diener seiner Gemeinde sein muß, und dessen Arbeitslohn nach dem Gesetz der Nachfrage und Zufuhr bestimmt wird. Der Marquis von Salisbury  hob diesen Unterschied schlagend hervor. Der Mann für eine freiwillige Gemeinde, sagte er, muß durch feurige Reden eine zahlreiche Zuhörerschaft anziehen; nur auf diese Weise kann er Geld verdienen. Vermag er dieses nicht, so muß er darben. Die Klerisei der etablirten( Staats-) Kirche ist nach des Mar­quis Meinung nicht in dergleichen geübt. Er fragte das Haus der Lords, ob es bereit sei diese Leute den Launen eines ein­zigen Mannes zu opfern? Er behauptete, daß die Bill weder das Verlangen des Volks, noch das Wert des Unterhauses, sondern einfach das Spiel von Gladstone sei. So sprach der edle Marquis am Dienstag; die Abstimmung, welche folgte,

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*) Die Häupter der hohen Adelsfamilien( die eigentlichen Lords)

haben im Oberhaus erblichen Sit