2. Beilage zum Demokratischen Wochenotan ut. 33.

Protokoll des Congresses am 8. und 9. August

im Gasthof zum Mohren in Eisenach  .

( Fortsetzung aus dem Hauptblatt.)

Scheu( Wien  ) bemerkt zur thatsächlichen Berichtigung, daß die Nationalitäten nicht Gegner der Sozial- Demokratie seien. Er hält es für ein thörichtes Unternehmen, die republikanische Staatsform in den Statuten als Ziel zu proklamiren.

Mühlwasser entgegnet, daß er mißverstanden sei.

Zu Punkt I beantragt Nippoldt die Benennung sozial- repu­blikanische" Arbeiterpartei".

Greulich( Schweiz  ): Um stark zu werden, müssen die Men­schen frei sein. Welchen Einfluß hat die kleine Schweiz   in Europa   aus­geübt! Die Freiheit macht stärker, als die Diktatur. Der Allg. deutsche  Arbeiterverein ist zerfallen, weil er unnatürlich war; die freien Vereine sind gewachsen. Redner versichert, daß die Arbeiter der Schweiz   sich auf Grund der Vorlage mit den deutschen   Arbeitern vereinigen werden.

Reichelt( Hannover  ) bestreitet zur thatsächlichen Berichtigung, daß der Allg. deutsche   Arbeiter- Verein dem Zeitgeiste entgegen sei.

[ Es wird beantragt und beschlossen, in der General- Diskussion nur noch 5 Minuten sprechen zu lassen.]

Schrader( Lüneburg  ): In Lüneburg   ist seit Bestehen der Lassalle­schen Gemeinde nur Aufhezzerei gewesen.

Seyferth( Leipzig  ) findet den Entwurf zu lang. Wir brauchten feine Partei und kein Organ, wenn die Redaktion des Vereinsorgans genügte. Jm Uebrigen müssen Sozial- Demokraten gebildet werden, in den Gewerksgenossenschaften kommit häufig noch Zunstzopf vor. Er empfiehlt das Programm der Internationalen Arbeiterassoziation  .

[ Depeschen aus Mainz   werden verlesen.]

Leyendecker( Mainz  ): Das Programm läßt die Diktatur ver­schwinden, und das ist nöthig; es tut weh, als Sozial- Demokrat eine reactionäre Dictatur ertragen zu sollen.

-

[ Auf Antrag Bebels wird beschlossen, Eingänge vom Bureau prüfen zu lassen; gleichzeitig theilt derselbe mit, daß jetzt um 1 Uhr Kirche bis zwei Uhr sei und sich deßhalb eine Pause bis 123 Uhr empfehle. Spier schlägt eine einstündige Pause vor; wird ab= gelehut.]

-

Nachmittagssitzung.

[ Der Congreß wird Nachmittags gegen 3 Uhr durch den Vorsitzen­den Geib wieder eröffnet.]

Zunächst beantragt Bebel, daß zur Unterstützung eines Antrags ½ der anwesenden Stimmen nöthig sein solle. Wird angenommen. Spezialdebatte.

Zu Punkt I kommt das Amendement Nippoldt, republika­nisch statt demokratisch zu setzen, zur Besprechung. Nach kurzer De­batte wird das Amendement verworfen, Punft 1 angenommen.

[ Telegraphische Beglückwünschungen von Arbeitern Braunschweigs, Reichenbergs, von der belgischen Sektion der Internationalen Arbeiter­ Assoziation  , von Arbeitern Weingartens in Württemberg   werden ver­lesen.]

3u XVIII tommt ein Antrag auf unentgeltliche Aufnahme von Ein­sendungen ins Parteiorgan von Hillmann( Elberfeld  ).

Bu IV Antrag auf monatlich 1 Groschen Beitrag zu Vereinszwecken, wofür das Vereinsorgan gratis zu liefern sei.

Bu II 8 Antrag: statt freiestes Versammlungs- 2c. Recht zu sagen: Abschaffung der Versammlungs-, Vereins- und Coalitions­gesetze( F. W. Fritzsche).

Antrag über das Parteiprogramm Enbloc- Annahme zu beschließen. ( Nippoldt, Gotha.)

In der Spezialdebatte zu Il des Entwurfs vermißt Rüdt( Heidel berg) eine genauere Bezeichnung der Mittel, durch welche den arbeiten­den Klassen geholfen werden solle und könne.

Bebel weist darauf hin, daß das Programm der Internationalen Arbeiter- Assoziation fast wörtlich im Entwurfe steht; er weist dann dar­auf hin, daß die Staatshülfe im freien Volksstaate zur Selbsthülfe werde. Dieß müsse jeder Zeit und überall klar gemacht werden

Greulich beantragt, einzuschalten: durch genossenschaftliche Arbeit. Die Sektionsgruppe deutscher Sprache war unpraktisch, sie mußte auch für die Deutschen   anderer Erdtheile und Europa's   da sein und stand den politischen Bestrebungen in Deutschland   ferner. Es empfehle sich deshalb Eingliederung in die Internationale.

Spier( Wolfenbüttel  ) hält die Staatshülfe, wie sie häufig aufge­faßt wird, für unpraktisch und fähig, Begriffsverwirrung zu stiften. Die, großen Banken müssen Eigenthum des gesammten Boltes werden und an Corporationen Credit gegen solidarische Hastung sämmtlicher Mit­glieder ohne Depot gewähren. Das genossenschaftliche Leben muß sich ebenso auf Consumtion wie auf Produktion erstrecken.

Raspe( Essen  ) hebt eine Bemerkung Lassalle's im Arbeiterlesebuch hervor, wonach Lassalle   selbst mit den Produktivgenossenschaften, auf Staatshilfe gestützt, die Arbeiterfrage nicht für gelöst halte. Die An­schauungen über das Eigenthumsrecht selbst müssen andere, richtigere

werden Das persönliche Eigenthum iſt aus der Geſellſchaft hervorge­gangen und muß Eigenthum der Gesellschaft werden. Das Eigenthum braucht einen anderen Rechtsboden.

Neumayr( Wien  ) wünscht diese Frage dem Congresse der Inter­nationalen Arbeiter- Assoziation zu überlassen.

Verlesen wird ein Antrag von York  , am Schluß von 11, 3 zu sagen: durch Gründung und Förderung der produktiven Arbeiter- Asso­ziationen.

Seyferth ist damit einverstanden.

Löwenstein spricht für den Ausdruck republikanisch statt demo­kratisch, weil mit dem Worte Demokratie schon so viel Mißbrauch ge­trieben worden ist.

[ Schluß der Debatte über Theil Il wird angenommen.] Liebknecht bemerkt thatsächlich, daß man nicht an dem Worte Re­ publik   an sich noch weniger an der Sache Anstoß nehme, sondern der Verein nur vor polizeilichen Maßregeln geschützt werden solle.

Oberwinder( Wien  ) glaubt auch, daß alle Anwesenden republika­nische Gesinnung hätten, aber für Desterreich sei es nicht räthlich, mit dem Worte bei dieser Gelegenheit herauszugehen.

Bremer erklärt sich im selben Sinne.

Hillmann nimmt den ,, todten Lassalle" gegen eine von ihm irr­thümlich verstandene Bemerkung Spier's in Schutz. Spier verwahrt sich gegen diesen Verdacht.

Bebel als Berichterstatter für das York  'sche Amendement und das ähnliche von Greulich. Er erklärt es aber aus polizeilichen Gründen für unmöglich, nach dem Wunsche Quicks in die gewünschte Verbindung mit der Internationalen zu treten.

[ Theil 11 wird mit dem Amendement Greulich enbloc angenommen. Die Spezialdiskussion zu Theil Ill wird eröffnet.] Anträge werden gestellt von Carl Hirsch, Bennecke, Ritting­hausen, Rüll, Böhm und F. W. Fritzsche, andere wegen mangelnder Unterstützung fallen gelassen.

Bremer stellt einen Antrag wegen Abschaffung der Frauen und Kinderarbeit.

Böhm, Löwenstein   und Rüll ein Unteramendement wegen Unentgeltlichkeit der Rechtspflege.

Werner( Leipzig  ) beantragt: Normalarbeitstag von 8 Stunden zu sagen.

Nippoldt beantragt: Abschaffung der Frauen und Zuchthaus­

arbeit.

Schen beantragt: obligatorischen und unentgeltlichen Unterricht in allen öffentlichen Staats- und Gemeindeschulen.

Carl Hirsch beantragt einen 10. Punkt wegen staatlicher Förderung des Genossenschaftswesens.

Mühlwasser( Brünn  ) will das allgemeine, gleiche und direkte Wahlrecht für Alle vom 17. Lebensjahre an, weil in diesem Alter schon Geld- und Blutsteuer verlangt werde.

Dr. Walster( Dresden  ) spricht entschieden gegen das Ertheilen des Wahlrechts an junge Menschen unter 20 Jahren; eine gewisse Reife des Geistes sei doch nöthig.

Aaron gleichfalls gegen das Heranziehen unreifer Personen. [ Es wird beschlossen, nur noch je 5 Minuten über Theil III reden zu lassen.]

Der Antrag Mühlwasser's wird abgeworfen.

Ein Antrag von Bennecke, wegen Diätengewährung, angenommen. Desgleichen Punkt III, 1 des Entwurfs.

Zu Bunft 111, 2 will Bremer eingeschaltet haben: d. h. Vorschlag­und Berwerfungsrecht.

Greulich spricht für direkte Gesetzgebung durch das Volk, indem er die Mängel des einseitigen Repräsentationssystems im modernen Staate beleuchtet und die Nothwendigkeit hervorhebt, daß dem Volk

jeder Zeit das Recht verbleibe, die Fehler seiner Vertreter gut zu

machen.

Bremer's Einschaltung ermangelt der Unterstützung.

Rittinghausen bemerkt, daß das moderne Repräsentativsystem mit der Unverantwortlichkeit der Volksvertretung als ein Irrthum er kannt worden sei. Deswegen sei man in Zürich   namentlich zu einen gemischtenSystemgelangt, der gesetzentwerfende Körger schlägt nur nochGesetz vor, doch habe dieses Recht auch das Volk, sobald 5000 Bürger es be antragen, muß Abstimmung über einen Gesetzvorschlag stattfinden. E befürwortet Streichung des Wortes: Referendum".

Bremer bemerkt, daß Herr von Schweitzer es dem ,, Volke" in Allgemeinen deutschen Arbeiterverein   unmöglich gemacht, das Vorschlags und Verwerfungsrecht zu gebrauchen.

Streichung des Wortes Referendum, sowie der Antrag Ritting hausen's, wegen direkter Gesetzgebung, und die von Greulich bean tragte Einschaltung der Worte: Abstimmungs- und Verwerfungsrech wird angenommen, desgleichen der Rest von Punkt 111, 2.

Nachdem wegen freiwilligen Schutzes der Versammtung gegen ei waige Ruheſtörungen von Seiten der Tölcke'schen Leute das nöthige be sprochen worden, beginnt die Debatte über Punkt 111, 3.

Szymanowsky spricht ausführlich über die Vorrechte des Be sites, die er als die schlimmsten hinstellt unter allen.