Bebel berichtigt einige Bemerkungen des Vorredners, und empfiehlt Annahme von Punit III, 3, welche nunmehr ohne weitere Debatte erfolgt.

10 Minuten Pause.

Der Vorsitzende theilt mit, daß Telegramme aus Augsburg   mit Hochs auf den Congreß, desgleichen eins in Versen aus Apolda   ein­gelaufen.

Von Taute( Leipzig  ) wird ein Protest wegen nicht geschäfts­mäßiger Behandlung des Antrags der-Internationalen zu Brotokoll gegeben.

Stolle aus Crimmitschau   spricht über die Wichtigkeit des Punk­ tes III  , 4 Abschaffung der stehenden Heere

Liebknecht bittet um Abflixzung der Diskussion, da man ja über das sozial- demokratische Programm einig sei.

Das Amendement Rüll und Böhm( 6) wird mit redaktioneller Abänderung*) angenommen.

Liebknecht's Antrag auf Streichung des Wortes mündig in III, 1 gleichfalls.

Ebenso zu Punkt III, 7 das Amendement Greulich's, Einschaltung von ,, und Fach- Gewerbegerichte".

Desgleichen der Antrag wegen unentgeltlicher Rechtspflege von Böhm, Löwenstein   und Rüll.

Bei Punkt III, 8 wird der Antrag von F. W. Fritzsche: Abschaffung aller Versammlungs- 2c. Gesetze u. s. w. angenommen.

Yort spricht gegen bestimmte Normirung des Arbeitstages. Rüdt spricht gegen Abschaffung der Preßgesetze, soweit sie die Per­son gegen Mißbrauch schützen.

Schulz( Mainz  ) erklärt die vollständige Abschaffung der Frauen­und Kinderarbeit zur Zeit für unmöglich.

Liebknecht will das Ziel dabei festgestellt haben.

Scheu( Wien  ) schlägt eine redaktionelle Aenderung vor. Greulich beantragt: gleichen Lohn für Frauen und Verbot der Kinderarbeit.

[ Schluß der Debatte wird angenommen über Punkt 111, 8.]

Die Abstimmung über die einzelnen Punkte der Amendements wird angenommen; die Versammlung lehnt bestimmte Normirung des Arbeitstags und das Verbot von Frauen und Zuchthausarbeit ab, nimmt dagegen das Verbot der Kinderarbeit und Einschränkung von Frauenarbeit in industriellen Etablissements an.

Punkt 8 wird mit Einfügen der beschlossenen Punkte und ent­sprechender Weglassung der entfallenden Worte so angenommen:

Abschaffung aller Versammlungs- Vereins- und Coalitionsgesetze, volle Preßfreiheit, Einführung des Normalarbeitstages, Verbot der Kin derarbeit, Einschränkung der Frauenarbeit in industriellen Etablissements. Punkt 9 wird mit der Einschaltung und Erbschaftssteuer" nach Greulich's Antrag angenommen.

Als Punft 10 zu lll wird noch Carl Hirsch's Vorschlag_ange= nommen: Staatliche Förderung des Genossenschaftswesens und Staats­Credit für freie Produktivgenossenschaften unter demokratischen Garantien. Protest von Ellner( Coblenz) zu Protokoll genommen. Wird ge­beten, fünftig zeitiger zu kommen.

Es kommt zur Diskussion über Punkt IV.

Mosig( Kirchberg) beantragt, einen Beitrag von monatlich 5 Pf. Greulich beantragt, für Gewertsgenossenschaften entsprechende Bauschsummen.

Stolle hält die Bestimmung von Punkt IV für eine Kopfsteuer, welche ungerecht sei. Er will, daß das Halten des Partei- Organs an­ders geordnet werde.

Greulich weist auf die schon hohe Belastung der Schweizer Ar­beiter hin.

Spier beantragt, event. Ermäßigung der Beiträge dem Ausschuß zu überlassen.

Klees beantragt Hinweglassung der Ausnahmebestimmung für Abonnenten des Partei- Organs.

Stolle beantragt jährlichen Beitrag von 2 Groschen, obligatori­sches Halten des Partei- Organs von je 5 Mitgliedern, Besorgung des Organs durch den Vorort.

Birbst( Göppingen  ) verlangt Herabsetzung der Lastens für die würtembergischen Arbeiter als dringend geboten.

Bürger( Göppingen  ) weist darauf hin, daß die Verhältnisse in Würtemberg in sozialdemokratischer Beziehung andere seien als in Norddeutschland, daß aber die Württemberger das Ihrige thun würden. [ Depesche aus Crimmitschau   mit besten Wünschen.] Greulich wünscht die Diskussion über die Beitragsbestimmungen ausgesetzt.

[ Schluß der Debatte angenommen.] Bracke zur Geschäftsordnung, bittet um Wiederaufnahme der De­batte, da es eine Lebensfrage für die Partei sei.

[ Die Wiederaufnahme wird abgelehnt.] Bebel als Berichterstatter weist auf die Erfolge hin, die der Allg. Deutsche Arbeiterverein bei einer wöchentlichen Steuer von 5 Pfg. er­

*) Dasselbe lautet nun: Obligatorischer Unterricht in Volksschulen. Inentgeltlicher Unterricht in allen öffentlichen Bildungsanstalten.

Verantwortlicher Redakteur: W. Liebknecht  . ( Redaktion: Braustr. 11).

zielt, während der Verband deutscher Arbeitervereine fortwährend an Geld­mangel gelittten habe. Letzterer sei mit über 900 Thlr. unterstützt worden von anderer der ,, Sozial- Demokrat" behauptet: von welfischer Seite, und zwar stamme das Geld aus einem Revolutionsfond, der 1850 von Gottfried Kinkel   in Amerika   2c. gesammelt, und sei ihm( Bebel) die obige Summe durch Dr. Ladendorf übermittelt worden.

( Allgemeines, lang anhaltendes Bravo.)

Bebel   betont des Weiteren die Nothwendigkeit eines regelmäßigen Beitrags aller Parteigenossen. Die Lokalvereine sollen Freiheit behalten, so viel als möglich; aber alle haben die Pflicht, das Parteiprogramm an­zuerkennen und gegen die Leitung bestimmte Pflichten zu erfüllen. Die Beitragsbestimmungen seien mißlicher Natur, die Löhne in Norddeutsch­land um 50 Proc. höher, als z. B. in Sachsen   und Thüringen  . Red­ner bittet den Spier'schen Antrag anzunehmen. Es kommt weniger auf hohe Beiträge, als auf die Masse der Köpfe an. Das Halten des Partei- Organs sei von äußerster Wichtigkeit, weil sein Einfluß von nach­haltigerer Wirkung. Bei großer Verbreitung des Vereinsorgans ergibt sich ein Ueberschuß für die Partei als Eigenthümer. Das Partei­organ müsse auch wenigstens zweimal die Woche erscheinen. Das Partei- Organ muß außer den genossenschaftlichen Interessen auch die socialen und politischen vertreten.

Bracke( als Correferent): Die Agitation ist von der äußersten Wichtigkeit, und die kann nicht von den Lokalvereinen, sondern nur durch eine fräftige Parteileitung erzielt werden. Wodurch ist der Allg. Deut­sche Arbeiterverein groß geworden? Durch seine energische Agitation. Und wenn alle Bildungsvereine und Gauverbände zu Grunde gehen die Arbeiterbewegung im Großen und Ganzen ist das Wichtigste, dazu müssen der Leitung hinlängliche Mittel zur Verfügung stehen wollen Sie mit wahrhafter Liebe der Partei angehören, dann versagen Sie, wie schwer es Ihnen theilweise auch werden mag, die Mittel nicht. Das Proletariat will seine Fesseln los sein; es wird keine Opfer zu groß finden, und wenn es sich das Brod vom Munde abdarben müßte; die französischen   Arbeiter haben es auch vermocht. Die finanzielle Frage ist der nervus rerum. Nicht die Begeisterung der Delegirten, sondern die der Massen führt zum Ziel.

Bebel weist auf diejenigen Steuern hin, welche der Arbeiter gegen seine Interessen aufbringen muß.

Greulich zieht auf Vorhalt der Bedenklichkeiten wegen des Ver­einsgesetzes sein Amendement zurück.

Das Amendement Spier wird angenommen.

Die Anträge von Stolle und Mosig werden abgelehnt, des­gleichen der von Klees.

Es folgt ein Dringlichkeitsantrag von Nippoldt bezüglich der von Tölde gegen Bebel   geäußerten Verläumdung.

Bracke wünscht, daß man Hrn. Tölcke eine Frist gebe, bis zu welcher er seine Verläumdung beweisen möge, obwohl er dies jedenfalls nicht vermöchte.

Liebknecht wünscht, daß man Herrn Tölcke nicht die Ehre gebe, sich mit ihm zu beschäftigen; er schlägt vor, über denselben ,, mit Ver­achtung" zur Tagesordnung überzugehen. Dies wird angenommen. Theil IV wird nun angenommen.

Hirsch beantragt, da das Wichtigste beschlossen und Viele bald abreisen werden, die Gewerksgenossenschaften in Berathung zu ziehen. Spier beantragt Enbloc- Annahme der Punkte V- XIX. Müller( Dresden  ) wünscht zum andern Morgen eine Vorbe­rathung in Betreff der Gewerksgenossenschaften.

[ Schluß der Geschäftsordnungsdebatte.]

Diskussion über Theil V.

Amendement von Geisenberger: Wenn weniger als 20 Mann an einem Orte wohnen, sind die Beiträge vierteljährlich zu entrichten. Bracke warnt vor Aufnahme solcher Bestimmungen, welche zu Einschreitungen der Behörden Anlaß geben könnten. Die Mitglieder würden sich schon einzurichten wissen. Man möge nur stehen lassen: Der Beitrag ist monatlich franco an den Partei- Ausschuß abzuliefern. Geisenberger zieht seinen Antrag zurück, Bonhorst nimmt ihn auf; er wird verworfen.

Theil Vl wird ohne Debatte angenommen. Theil VII desgleichen.

Theil VIII ebenfalls.

Zu Theil IX will Kaiser eine Frist von 6 Wochen, Scheu die Unterstützung von 1, der Mitglieder. Beides wird angenommen; des­gleichen mit dieser Abänderung Theil IX.

Zu Theil X.

Bebel weist nach, daß jeder Delegirte vernünftigerweise nur Eine Stimme haben kann.

Spier beantragt, die Worte: ,, Senden- Stimmrecht aus" zu streichen.

v. Bonhorst: Wir wollen direkte Gesetzgebung; ich bitte um Er­mächtigung, eine Vorlage in diesem Sinn ausarbeiten zu lassen. ( Bonhorst, Bebel  , Bracke und Rittinghausen werden zur Ausarbei tung einer solchen Vorlage gewählt.)

( Schluß nach 9 Uhr Abends.]

( Der Rest des Protokolls erscheint in nächster Nummer.)

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Leipzig.{

Druck und Verlag: F. Thiele.

Expedition: Petersstraße 18.