Freunde stimmte, die Möglichkeit einer nochmaligen Blamageabschnitt. Aus der Erwiderung des Ministers geht hervor,das; er von den Wirkungen des Börsengesetzes selbst nichtrecht überzeugt ist; er lehnle es ab, jetzt schon wieder neue Reforme»vorzunehmen, da man noch nicht wisse, ob sich die bisherigen Re>formen bewähre». Ebenso erklärte er, daß für ihn vorläufig kein Grundzii einem gewaltsamen Einschreiten gegen die Versammlungen im Feen»Palast vorliege. Im Gegensatz zum Minister suchte Abg. Gamp dasBörsengesetz in allen Tonarten zu preisen und namentlich die segenS»reichen Folgen deS Verbots des Terminhandels in Getreide hervor-zuheben, was von dem Abg. G o t h e t n(fr. Bg.) ans das cnt-schiedenste bestritten wurde.Abg. Gamp bedauerte es auch, daß der Minister über dieStellung der Regierung zu der Bäckcrei-Lerordnung desBundesralhs keine Auskunst ertheilen konnte, und betontedie Nothwendigkeit, diese Verordnung, die außerordentlich verheerendgewirkt habe, zu modifiziren. Die Aufhebung der Verordnung liegt nachseiner Meinung nicht nur im Interesse des Bäckereigewerbes, sie istauch geboten, um das grste Einvernehmen zwischen Meistern undGesellen nicht zu stören, und wird selbst von Bäckergeselle» in Hin-ficht darauf, daß auch sie einst Meister werben, gefordert. Den-selben reaktionären Standpunkt nahm der Abg. Dr. F rie d b erg(uatl.) ein.Zu erwähnen ist noch, daß die Ferderung des Abg. G o t h e i naus Beseitigung einer Verfügung des Kriegsministerinms, wonach dl«Proviamtämter direkt vom Produzenten unter Umgehung der Händlerkaufen sollen, sowohl vom Minister als auch vom Abg. Gamp alsdurchaus berechtigt anerkannt wurde.Morgen stehen Initiativanträge und kleinere Vorlagen auf derTagesordnung.Zur TtaatSsekretär-KrisiS schreibt die„Nordd. AllgemeineBie in parlamentarischen Kreisen verlautet und uns auch vonanderer Seite bestätigt wird, ist das vom Staatssekretär AdmiralHollmann eingereichte Entlassnngsgesuch an allerhöchster Stellenicht angenommen worden.—Eine historische Erinnerung. Dr. M. Brosch in Venedig.der bekannte Historiker, u. a. auch Verfasser einer neueren GeschichteEnglands und eines sehr geschätzten Buches über Cromwell und diepuritanische Revolution, schreibt der„Franks. Ztg.": Im Abend-blatt der„Franks. Ztg." vom 12. d. glossiren Sie die Nachricht der„Zeit" über Erscheinen des Kaisers in der Budgelkomntisston ganzrichtig mit dem Hinweis auf den Fall Ludwig's XVI. in Paris.Doch es liegt ein greller und folgenschwerer Präzedenzfall der Artaus dem klassischen Lande des Parlamentarisnius vor. Am 4. Ja-nuar 1642 erschien Karl I. im Hause der Gemeinen, um die AuS-lieserung von fünf ihm mißliebigen Mitgliedern des Hauseszu erzwingen. Bewaffnetes Gefolge ließ er im Korridor zurück;er selbst trat an den Sprecher und begehrte, daß ihm dieser seinenSitz einräume, was auch geschehen ist. Von diesem Sitze aus musterteer die Versammlung, nach den Fünfen spähend. Er srug nach ihrerAnwesenheit; Antwort: Tiefes Schweigen. Er stellt an denSprecher die Frage, ob sie.'anwesend seien; der Sprecher Lenthallfällt auf die Knie und giebt die denkwürdige Antwort:„Ew. Majestätzu Befehl, ich habe an diesem Orte weder Augen zu sehen noch eineZunge, zu sprechen, außer wenn das HauS, dessen Diener ich bin,mir zu befehlen geruht." Die Fünf waren, vorher gewarnt, recht-zeirig in die City entkomme», und der Köuig mußte unverrichleterDinge abziehen.„Es war"— merkt Carlyle an, CromwelTs Lett.and Speech.(Tauchnitz Edit.) I, 119—„der verhäugnißvollsteSchritt, den dieser arme König jemals gethan hat."Die internationale SanitätSkonveytion, mit deren Aus-Kommission der internationalen Pest-war, wird am 19. d. Mts. hier unter-arbeitung eine besonderekouserenz betraut wordenzeichnet werden.—Der Beschluß der sobegeistert die„Bossische-klarer ist als ihr Sinn.äalistischeu Fraktion bezüglich Kreta'seitung" zu einigen Witzen, deren AbsichtSie.Vossische Zeitung" vergißt, daß sie,ehe die ganze Größe der griechischen Schuld und Schulden ihr zuvoller Erkenntniß kam, selber die Nichteinmischung Deutschlandsgefordert hat, die beiläufig von allen deutschen Parteien gefordertwird,— heule sogar von der„Kreuz-Zeitung."—Griechenland wartet noch immer auf das Eingreifender Mächte. Nach einer bei ver„Agenzia Stefani" ringe-gangenen Meldung aus Kanea ist die Blockade von Kretanoch nicht verkündet worden, weil der französische Admiralerst gestern Abend nach der im Senate erfolgten Ab-stimmung die erforderlichen, mit denjenigen der anderenGeschwaderchefs identischen Weisungen erhalten hatte.Die Verkündigung der Blockade stand bei Abgangdieser Meldung aus Kanea unmittelbar bevor. Die den Ge-schwaderchefS zugegangenen Weisungen lassen denselben eineewisse Freiheit im Handeln. Die Mächte habenie Geschwaderchefs benachrichtigt, daß sie auf ihr Ersuchenhin KOO Marinesoldaten nach Kreta entsenden werden.Auf vollkommene Einigkeit der Großmächte läßt vor-stehende italienisch-offiziöse Meldung nicht schließen.Aus Athen liegen folgende Meldungen vor:Gestern Nachmittag fand ein Kriegsralh unter Vorsitz deSKönigs statt, in welchem endgiltige Beschlüsse über die Bewegungder griechischen Streitkräfte zu Wasser und zu Laude gefaßtwurden. Bis heute werden sämmtliche Truppe», mit Ausnahmeder Leibwache deS Königs, die Hauptstadl verlaffen haben. Ueberdie Abreise de« Kronprinzen nach Thessalien wird strenges Still-schweigen beobachtet. Mau erwartet dieselbe sür heute. Ueberallherrscht hier fieberhafte Thätigkeit.Die„Kölnische Zeitung" meldet anS Athen: Etwa tausendGriechen und Bulgare» aus Ostrunielien find hier angekomnien,der Mehrzahl nach frühere Soldaten. Sie zogen mit Mustk ingeschlossenen Reihen zum königliche» Schlosse, wo sie eine großeVolkskundgebung veranstalteten.— Aus Thessalien zurückkehrend«Reisende versichern, daß die Erregung unter den griechischen undtürkischen Truppen recht bedeutend sei.Die„Times" melden aus Athen: Griechenland sei igesonnen.nicht nachzugeben. Oberst Vassos werde sich an die Spitze derInsurgenten stellen und die thessalische Grenze überschreite», wenndie Blokade verhängt werde. Oberst Vassos hat die Verlegungdes griechischen Lagers nach Sphakia angeordnet. Dies« Bestimmungbeweist, das Griechenland es ablehnt, seine Truppen auS Kretazurückzurufen. Basios gedenkt, da« neue Lager zu befestigen,und wird die Ereignisse abwarten. Die griechische Armee inThessalien ist in zwei Divisionen getheilt, deren Kommandant derKronprinz ist. Prinz Nikolaus befindet sich gegenwärtig imvorderste» Treffen, seine Anwesenheit ruft lebhaste Begeisterunghervor. Die griechischen Streitkräfte in Epirus sind den türkischenüberlegen, welche sich eiligst verstärken. In Janina herrscht ein«allgemeine Panik. Alle Geschäfte, mit Ausnahme der Eßwaaren-Handlungen, sind geschlossen.Aus Kanea wird gemeldet: Unter den Muselmanen in Sitiaist infolge der Hnngersnoth ein Aufruhr ausgebrochen; in derStadt wurde geplündert. Die türkischen Behörden haben dieLieferung von 300 Sack Mehl nach Sitia angeordnet.Das Pariser Blatt„Depeches coloniale" bringt ein Tele-gramm aus K on st a n t i n o pe l, wonach Serbien undBulgarien ein B ü n d n i ß geschlossen haben, das sich gegenGriechenland und nicht gegen die Türkei richtet, hauptsächlich z»dem Zweck, um ein siegreiches Vorgehen der Griechen in Make-donien zu verhindern.Aus Paris wird telegraphirt:Die sozialistische Deputirtengruppe richtete ein Manifest an dasLand, in ivelchem die Haltung der Regierung gegen-über Griechenland aufs schärf st e getadelt wird.Die Schuld hieran trage das Bündniß mit Ruß-and, bei dessen Abschluß die französischen Regierungsmännerweder die Freiheit noch die Würde der Republik gewahrt hätten.Es sei dies dieselbe unheilvolle Politik, welche die französischenSchiffe nach Kiel geführt habe.Eine russische Schildwache im Mittelmeer. Ein Sohnde? Fürsten von Montenegro wird nach übereinstimmendenNachrichten aus Paris, Petersburg und London von Rußland zumStatthalter des„autonomen" Kreta vorgeschlagen. Da hätte mandoch lieber gleich einen russischen Prinzen ernennen können.Autonomie unter der Knute— das geht noch über die Preßfreiheitmit dem Galgen daneben. Es zeigt aber auch, wie vollständigund wie fest Rußland die Fäden orientalischer Wirren in der Handzu habeu vermeint, wenn«S mit solchen Vorschlägen zu kommenwagt. Daß die Engländer einem solchen Arrangement beitretenkonnten, wäre unbegreiflich, bätte Lord Salisbury mis nicht anderartige Ueberraschungen gewöhnt. DaS Argument, England fühlesich im Mittelmeer stark genug, um erforderlichenfalls jedenAugenblick auf Kreta reinen Tisch machen zu können, ist nicht zu-treffend, denn so lange Frankreich an der Seite Rußlands steht, istEnglands Obmacht im Mittelmeer nichts weniger als unbestritten.—Ueber daS Unglück auf dem Panzerschiff„Sissoj Weliki"vor Kanea wird aus Petersburg folgende amtliche Darstellung ver-breitet: Beim Uebungsschießen auS einem zwölfzölligcn Thurm-geschützt wurden, wahrscheinlich infolge schlecht zugedrehtenGeschützverschlusses, durch herausgeschleuderte Pulvergase dasDach des Hinterdeckthurmes und der Thurm selbst stark be-schädigt. Hierbei wurden der Gehilfe des älteren Ingenieur-Mechanikers und 14 Matrosen getödtet, ein Offizier sowie14 Matrofen schwer und 3 Matrosen leicht verwundet. Von de»Schwerverwundeten sind der Ofsizier und zwei Matrosen ihren Ver-letzungen erlegen.Dentfches Reich.---Di« Immunität der Abgeordneten wird inSachsen-Koburg-Gotha ernster genommen wie im Reiche. Dies gehtaus der folgenden Mittheilung hervor:Der verantwortliche Redakteur deS„Gothaischen Volksblatt",Genosse Ivos, der gegenwärtig wegen eines Preßvergehens eineGefängnißstrafe verbüßt, hat be,m Ministerium seine Haftentlassungbeantragt, damit er an den Verhandlungen des Landtages theil-nehmen könne. Wie der„Thür. Tribüne" mitgetheilt wird, soll sichGenosse JooS bereit? aus freiem Fuße befinden.—Mainz, 17. März. Der Verein der Zentrunispartei hat gesternAbend eine Versammlung abgehalten, in welcher Stellung zurMarine-Vorlage genommen wurde. Folgende Resolution gelangtezur einstimmigen Annahme: Der Verein der Zentrums-partei in Mainz spricht der Zentrumssraktion des Reichstagesseinen Dank dafür aus, daß sie durch ihre Vertreter in derBudgetkommission gegenüber den übertriebenen Forderungen derMarineverwaltnng«ine Stellung eingenommen hat, die den Wünschender Wähler entspricht. Es wird erwartet, daß bei der Berathungim Plenum die Mitglieder der Zentrumssraktion demgemäß votirenwerden.— Württembergischer Landtag. Die für Dienstaganberaumte Fortsetzung der Generaldebatte des Justiz-Elats mußteder Einzelberalhung desselben Platz machen. Bei Titel 1StaatSminister fragt der Abg. Haußmann an, welcheallgemeinen Grundsätze de» Justizminister bei Behandlungder Begnadigungssachen leiten und wünscht, daß die persön-lichen und wirthschaftlichen Verhältnisse des Angeklagte»mehr berücksichtigt werde». Redner streifte hierauf die Duell-frage, meint. es sei an der Zeit, daß der Unsinndes Duells aus den jugendlichen Köpfen herauskomme lindwünscht Auskunft, was seitens der Justizverwaltung anläßlichdes letzten Duells(Uxkull-Wangenheim) geschehen sei. Justiz-minister von Breitling antwortete seinem Vorredner,daß er seine erste Anfrage betr. Begnadigung sich eigentlich selbstbeantwortet habe, was das Duell anbetreffe, so stehe er diesemgegenüber streng auf gesetzlichem Bode». Es sei erst kürzlich ein Erlaßau die Staatsanwaltschaften ergangen, dieselben mögen gegen Duell«nachdrücklich st vorgehen. Was das letzte Duell anbetreffe, so habe erdamals sofort Erhebungen angestellt, die aber ergaben, daß die de-theiligten Personen nicht der bürgerliche» Gerichtsbarkeit unter-stellt sind, und so sei er veranlaßt gewesen, jeglicheThätigkeit«inzustellen. Ob etwas und was von a n-derer Seite in dieser Sache geschehen sei, wisse er nicht. DenVogel abgeschossen in der Duellaugelegenheit hat aber Herr v. Weiz-säcker(Kanzler der Universität Tübingen); er nahm die Universitäts-paukereien in Schutz und meinte, die meisten Fälle seien keineEtthneakte, sondern erfolgen nur rein gewohnheits- und übungSmäßig,sie seien«ine Art höherer Anwendung des Fechtunterrichts, undwürde er es ungern sehe», wenn diese„Fechlübungen" abgeschafftwürden. Abg. Haußmann kommt nochmals auf die Erklärungdes Ministers wegen d«S Duells zu sprechen und meint, eS sei schlimm,wen» der Minister keine genauere Auskunft geben könne;wenn im Reichstag durch den ersten Beamten verkündetwerde, man werde dem Duellunwesen entgegentreten, unddann diesen Fall sehe, dann muß man auf den Gedanken kommen,daß von den Versprechungen von jener Seitenicht viel zu halten sei. Der Justizminister berichtigte denAbg. Haußmann dahin, daß er mit seiner Erklärung nur sagen wollte,daß er amtlich über eine weitere Verfolgung des letzten Duellsnichts berichten könne, er sei aber sicher, daß die Militärbehörde einVerfahren eingeleitet hat; in welchem Stadium sich dasselbe aber be-fände, wisse er nicht, dienstlich könne er sich hiernach nicht erkundigen.Die Duelldebatte wird hierauf noch eine sehr rege und schließlichTitel 1 angenommen. Sodann gelangt ein Antrag des Abgeordnete»Haußmann, den derselbe in der Sonnabendsttzung stellte,zur Annahme. Der Antrag lautet:„Die Kammer der Abge-ordneten, indem sie die Entschließung der königlichen Regierungbilligt, ivonach zunächst u»d bis zur reichsgesetzlichen Regelungeine landesrechtliche Festsetzung der Entsckiädigung unschuldigVerurtheilter in Aussicht genommen ist, richtet an diekönigliche Regierung das Ersuchen, im Bundesrath für dieEinführung der Berufung gegen Urtheile der Strafkammernwiederholt einzutreten und hierbei die Besetzung der Strafkammernmit drei gelehrten Richtern und zwei Schöffen und der Berufung?-senate mit fünf Richtern in Anregung zu bringen."— Disziplinarbehörden für dieKolonien. DieHeldenthaten der Kolonialbeamteu Leist, Wehlan, Schröder«., dienach Afrika geschickt waren, um die dortige Bevölkerung dereuropäischen Zivilisation näher zu bringen, selbst aber schlimmerhauste» als vre Schwarzen, haben bekanntlich zu der Einrichtungb«sonderer„DiSziplinarbehSrden für die Schutzgebiete" geführt, diedurchkaiserliche Verordnung vom 9. August angeordnet worden sind. Für dieseDisziplinarbehörden ist jetztdurchdenReichSkanzlerdie Geschäftsordnungerlassen worden. Es handelt sich um eine„Disziplinarkammer" undeinen„Disziplinarhof" als Berufungsinstanz. Die Bestimmungenüber die Geschäftsführung sind analog den Bestimmungen der Straf-Prozeßordnung getroffen worden. So wird beispielsweise für vrevei der UrtheilSfindung im Kollegium erfolgende Abstimmung an-geordnet:„Zuerst stimmt der Berichterstatter, nach diesem deretwa ernannte Korreferent. Im übrigen bestimmt sich die Reihen-folge der Abstimmung nach dem Dienstalter dergestalt, daß daßjüngste Mitglied zuerst stimmt. Der Vorsitzende giebt seineStimme zuletzt ab." Der Angeschuldigte kann sich des Beistandeseines Rechtsanwalts bedienen oder, ohne selbst zu erscheinen, sichdurch einen solche» vertreten lassen. Die Urtheile erfolgen„ImNamen deS Kaisers". Die Anordnungen über das nöthige Geschäfts-lokal, daS erforderliche Subaltern- und Unterbeamten- Personal, dieBestimmung der Fonds, aus denen Zeugengebühren:c. zu bestreitensind, sind dem Reichskanzler vorbehalten.Schweiz.Zürich, 15. März.(Gig. Ber.) Als Nachfolger vom Bundes-rath Frey, welchen die gestern in Bern zusammengetreteneBundesversammlung in den nächsten Tagen zu wählenhabe» wird, werden genannt die Nationalräthe Brenner inBasel. Curti in St. Gallen, Regierungsräthe Speiser in Baselund Munzinger inSolothurn. Speiser ist konservativ, Curti, wiebekannt, ein dem sozialdemokratischen Lager sehr nahestehenderSozialpolitiker, und die übrigen Liberale oder Freisinnige. DaBrey das Militärdeparlement leitete, will dasselbe nun BundeSrathberst Müller, der jetzige Chef des Justiz- und Polizeidepartementsübernehmen; für Uebernahme des letzteren besitzt der Bundesrathgegenwärtig außer Müller noch drei Juristen. Da Frey guterSozialpolitiker und Vertreter der Linken war, halten„St. GallerStadt-Anzeiger" und„Grütlianer" Herrn Curti für seinen geeignetstenNachfolger.— Dem zum zürcherischen Regierungsrathgewählten Genossen Ernst hat die Regierung das Sanitäts-und A r m e n w e s e n übertragen.—Bern, 17. März. Der Bundesrath nahm einstimmig die vor-lagen betreffend die Verstaatlichung und den Betrieb der schweize-rischen Eisenbahnen an.—Ffratikreich.Paris, 14. März.(Eig. Ber.) Wie mangelhaft die wenigenfranzösische» Arbeiterschutzgesetze ausgeführt werden, zeigen selbst dieschönfärberischen offizielle» Jiispektiousberichte. Daß aber einSchutzgesetz von dem Unternehmerthum unter Mitschuld derBehörden geradezu mit Füßen getreten werden darf, dieseempörende Thalsache wurde durch die gestrige Interpellationder Bergarbeiter-Abgeorduete» Basly und Lamendinkonstatirt. Es handelt sich um das Gesetz betreffend die gewähltenBergarbeiter-Delegirten(deleguös-inineui-s), die mit der Slcherheits-Inspektion betraut sind. Die allmächtigen Grubenbarone umgehe»nun das Gesetz auf dreifache Weise. Bei der Wahl der Delcgirtenüben sie ganz offen den stärksten Druck auf die Arbeiterschaft auszu gunsten der von ihnen aufgestellten Strohmänner. Der be-rüchtigte Sozialistenfresser und ehemalige Minister der öffeut-lichen Arbeiten, Joes Guyot, hat ihnen daS erleichtertdurch ein widergesetzliches Rundschreiben, welches die Ueber-schweunnung der Wahllokale mit den Kompagnie- Agentengestattet. Dieses Rundschreiben ist biS heut« in kraft geblieben.Dagegen wird das aus Verlangen von Basly und Lamendin vomgegenwärtigen Minister erlassene Rundschreiben zum Schutze derWahlfreiheit fast durchweg mißachtet. Die Kontrolle der unab-hängigen Delegirten über die vorkommenden Unfälle wird von denKompagnie- Agenten systematisch vereitelt. Das Gesetz schreibtdie Anmeldung jedes Unfall? an den Staatsingenieur oder a» denDelegirten vor, sobald der Verunglückte eine Arbeitsunfähigkeit vonüber 20 Tagen erleidet. Um sich nun der AnmeldungS- und derdamit verbundenen Entschädigungspflicht zu entziehen, sind die Aerzteangewiesen, stets wo nur angängig eine Arbeitsunsähißkeit vonweniger als 20 Tage» zu konstatiren. Basly führte eine langeReihe von Einzelfällen an, in denen die ärztlich bescheinigleIStägige Arbeitsunfähigkeit in Wirklichkeit 36, 40, 60, 90 Tageund sogar sieben Monate dauerte. In zwei Fällen endete sie mitdem Tode der Verunglückten. So kommt es, daß in der amtlichenUns allstatistik selbst mehrere Unfälle mit tödtlichem Ausgang nichtangeführt sind. Schließlich verweigern die Aerzte die Ausstellung vonZeugnissen.welche de» Verunglückten.die von der Kompagnie aufs Pflastergesetzt worden sind.zur Anstrengung eines Entschädigungsprozesses unenl-behrlich sind... Alle Beschwerden an die Präfekten halfen»ichtS. Es istein geschlossener Ring: die Grubenbarone verschanzen sich hinterihre ärztlichen Hausknechte, die Präfekten weisen die Beschwerdenauf grund der ärztlichen Gutachten ab. Die Grubengesellschaft vonLens hat neulich noch ein übriges gethan» um die Aerzte vollkommenin der Hand zu haben. Sie weigerte sich, mit neu angestellten Aerzteneinen Verlrag abzuschließen, offen erklärend, sie wolle stch dieMöglichkeitvorbehalten, die Aerzte von heute auf morgen entlassen zu können.Der gegenwärtige Minister der öffentlichen Arbeite», Turrel.hat seinerseits die Zahl der Jnspektionsbesuche der Bergarbeiter-Delegirten im Verhältniß zu den erweiterten Betrieben nicht erhöht,sondern herabgesetzt. Der Minister, der selbst im Kabinet Meline durchseine Nullität ausjällt, glaubte die Beschwerde der Interpellanten damitwiderlege» zu können, daß er die Erhöhung der absoluten Zahlder Jnspektionsbesuche nachwies. Auf die übrigen höchst wichtigenPunkte der Interpellation blieb er die Antwort schuldig.Die Debatte endete selbstverständlich mit einem Vertrauens-votum, in dem die platonische Hoffnung ausgedrückt wird, daß dieRegierung über die Beobachtung des BerginspektionsgesetzeS wachenwerde.—Pari«, 15. März.(Eig. Ber.) Ein seltsames Ergebniß hat dieK a», m« r n a ch ,v a h l des Bezirks von A i x(Rhonemündungs-Departement) geliefert. Der in der eiigeren Wahl durchgedrungeneKandidat ist der Bürgermeister von Aix, Baron, der in den vor-jährigen Gemeindcwahlen auf der Litt« der sozialdemokratischenArbeiterpartei gewählt wurde. Er hat sich aber inzwischen alS ein„Stegmnller" schlimmster Sorte entpuppt. Ohne offen den»Sozialismus den Rücken zu kehren, hat er sich mit den Klerikalenans so guten Fuß zu stellen gewußt, daß diese seineKandidatur in der Kammernachwahl unterstützten. Sein Um fall warindeß schon vor der Wahlkampagne bekannt geworden aus der Ber-öffentlichung feines Demissionsschreibens, in welchem er seinen Aus-tritt ans der Freimaurer-Loge erklärte, und zwar bezeichnenderweisedurch Bermiltlung des Bischofs. Er kandidirte aber gleichwohl als„Sozialist". Die vom Nalionalrath der Arbeiterpartei gegen ihnabgegebene Erklärung hatte keinen Erfolg. Das von Baron erstrebcrteMandat gehörte den Radikalen. Die organisatorische Zerfahrenheitderselben war so groß, daß sie in der Stichwahl kemen Kandidatenmehr hatten.— In weiteren drei Kammer-Stichwahlen behauptetendie Radikalen zwei alte Sitze und gewannen einen opportunisti-schen Sitz.Das allgemeine Resultat der in den letzten Wochen vollzogenenanderthalb Dutzend Kammermahle»(meist zun: Ersatz der in denSenat gewählten Abgeordnete») ist«in mitunter bedeutendes An-wachsen der sozialistischen Stimmen und eher ein Zurückweichen derRadikalen. Wenn diese ihre Verluste wieder ausgeglichen haben, sonur in den Stichwahlen mit Hilfe der Sozialisten und in je einemFalle mit Hilfe der Opportnmsten gegen die Klerikalen und gegeneinen sozialdemokratischen Kandidaten.—Paris, 16. März. Die Zuckerkon» Mission deSSenats wird übermorgen den Bericht vorlegen, in»velchem derGesetzentwiirf betreffend die Prämien in der Fassung der Kammerz»lr Annahme empfohlen wird.Dänemark.Kopenhagen, 16. März. Landsthing. In der hei.tigenersten Berathung des Budgets stimmten der Berichterstatter Steffensen(Rechte) und der ehemalige Ministerpräsident Estrup der vom Koiiseil-präsidenten Baron v. Reedtz-Thott im Folkelhing abgegebenen Er-klärung bei, daß die Regieruiig mit dem vom Folkelhing ange-nommenen Heeresbudget die Verwaltung nicht d u r ch-führen könnte. Die Budgetvorlage»vurde der Kommission über-»Viesen.Italien.— UnferFreund Clprianihat gleich seinem KameradenBarbato. dem italienischen Abgeordneten, den Plan, als Fr«»-schärler nach Kreta zu gehen, aufgegeben. Die Enttäusch»l»g«st be»beiden, sowie bei den»»eisten Freischärlern, die sich nach Albenbegeben hatten, schon in Griechenland selbst erfolgt, über dessenZustände sich Barbato in dem„Avanti" sehr drastisch ausdruckt.--Spanien.Madrid, 17. März. Die verurtheilten Anarchisten befinden sich»och immer im Gefängniß. Die Regierung hat die Hinrichtungderselben verschoben, um den Revolutionären keinen neuen Sloff zuAgitationsziveaen zu liefer». Gleichzeitig sind 73 verdächtige(?)Individuen, welche in dem Anarchisten-Prozeffe»vegei» Mangels>mBeiveisen freigesprochen»vurden, dennoch vorsichtshalber(!)»,» Ge-»vahrsam geuominen worden. �.Mit den» Rechte ans persönliche Freiheit»it es,»vi« die vor-stehende Herold-Depesche beiveist, sehr schlecht bestellt.—