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Freiheil

Einzige unabhängige Tageszeitung Deutschlands

Nummer

1. Jahrgang Saarbrücken Donnerstag, den 22. Juni 1933 Chefredakteur: M. Braun

Glückauf!

Unser erster Tag war ein Erfolg. Glückwünsche gehen uns zu. Auch Beschimpfungen. Wir danken allen. Die Anerkennung erhebt uns. Die Kritik lehrt uns. Den Einsendern wertvollen Ma­terials besonderen Dank. Freie Deutsche sammelt euch um unsere Sturmfahne! Vorwärts und nachstoßen! Freiheit!

Von Abraham zu Adolf ?

Die jüdische Familie Hitler

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Stammbaum polnischer Hitler Juden bis zum Jahre 1681 Abraham Friedemann Hitler und die Seinen Die katholische Taufe und die Auswanderung nach Oester­reich- Urkunden und Originalpatente

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Vor einiger Zeit hieß es, die NSDAP . wolle die Familiengeschichte der Hitlers erforschen. Auf­fälligerweise ist es aber um den Stammbaum des rassigen Ariers verdächtig still geworden. Inzwi­schen hörte man, daß ein polnischer Jude Moses Hitler den Antrag auf Namensänderung gestellt hat, weil es ihm zu peinlich war, einen Namensvetter als deutschen Reichskanzler und Füh­rer des deutschen Judenboykotts zu haben. Wir glaubten uns um die Geschichte der Familie Hitler ein Verdienst zu erweisen, wenn wir die von den Nationalsozialisten unterbrochene Forschung fortsetzen. Nachstehend unterbreiten wir unsere vorläufigen Ergebnisse der Deffentlichkeit. Unser Gewährsmann ist der Urgroßenkel des Salomon Reismann, der Geschäftsteilhaber des Abraham Hitler war. Die Hitlersche Familiengeschichte zeigt, daß kommerzielle Fähig­keiten sich durch Generationen forterbten. Wir finden hervorragende kaufmännische Tugenden auch bei dem jetzigen Herrn Reichskanzler. Er handelt zwar nicht, wie die früheren Hitlers, in Schafwolle, aber er ist auf sozusagen geistigen Gebieten ein Großverdiener ersten Ranges. Wir er­innern uns in der Geschichte keines Falles, daß jemand durch politische Reden und Schriften auch nur einen kleinen Teil der Summen erworben hätte, die Herrn Adolf Hitler zugeflossen sind und jetzt erst recht in enormen Ausmaßen zuströmen.

Die alte jüdische Familie Hitler stammt aus dem Orte Bolna an der böhmisch- mährischen Grenze.

Diese jüdische Familie wohnte laut den Aufzeichnungen ber Stadt schon im Jahre 1681 in Polna . Der ursprüngliche Name der Familie war Friesch. Am 28. Juli 1781 nahm Iant einem noch vorhandenen Patent der Abraham Frisch den Namen Friedemann Hitler an. Die Familie Abraham Friesch- Hitler zählt in der jüdischen Matrik damals 16 Mits glieder. Abraham Hitler war der bedeutendste Kaufmann des Ortes und führte ein Wollgeschäft zusammen mit seinem jüdischen Mitbürger Salomon Reismann. Es liegen vers fchiedene Kaufverträge der beiden Teilhaber vor. Aus den Geschäftsakten geben wir einen Wechsel in Abschrift wieder:

Polna , 1817, 5. Januar.

Daatto 4. Monate zahle ich gegen diesen meinen So lowechsel den Betrag von 2100 fl. an Order Salomon Reißmann, Valuta habe ich in reiner Schafwolle er= halten und unterwerfe mich dem Handels- und Mers fantilgerichte.

Abraham Hitler.

drei Striche für Tersie Hitler . S. Nathansky, Zeuge.

Die Schreibweise des Namens ist übrigens, wie schon in ber nationalsozialistischen Presse festgestellt worden ist, manch­mal auch Hittler und Hüttler. Das gilt, wie wir hervor heben, für die jüdischen Familien.

Der Sohn Leopold des Abraham Hitler verzog nach Wien und ließ sich taufen. Er nahm in der Taufe den Namen Ignaz an. Das von der Stadt Polna beglaubigte und vom Bürgermeister unterschriebene Dokument über die Auswanderung Leopold Hitlers, geboren 28. März 1816, nach Wien und seine Taufe ist in beglaubigter Abschrift an die Jewish Agency nach London gegangen. Die jüdische Kultusgemeinde in Polna stellt folgenden Auszug über Mitglieder der Familie Hitler im Anfang des vorigen Jahrhunderts zur Verfügung:

Michael Hitler, geb. 19. Jänner 1800, als Sohn des Friede mann und der Barbara,

Esther Hitler, geb. 12. März 1804, als Tochter Friedemann Hitlers,

"

श्री

Deutscher Hungerbrief ,, Ihr macht euch gar keinen Begriff" den 19. Juni 1933. Meine Lieben! In der Erwartung, daß Euch diese Zeilen gesund und munter antreffen, teilen wir Euch mit, daß wir auch noch soweit wohl find; aber die wirtschaftliche Lage wird von Tag zu Tag mieser. Fast täglich ändern sich die Lebensmittelpreise notwendigsten gebraucht werden. Ich will nur einige an und gerade die Artikel, die in den Arbeiterhaushaltungen am führen: Kokosfett wurde um 110 Prozent teurer, Schmalz um 100 Prozent, Salatöl 75 Prozent; bei der Margarine macht die Steigerung 100 Prozent aus, bei Brot 15 Prozent, Butter 30 Prozent, Käse 25 Prozent und so fort. Ein großer Teil der Arbeiterschaft muß Hunger leiden. Ab Montag be­kommen die Ledigen auch die bisher gezahlten paar Mark

Herz Hitler, geb. 29. November 1806, als Sohn Friede: Krisen- und Wohlfahrtsunterstützung nicht mehr. So macht mann Hitlers ,

Karl Hitler, geb. 18. September 1812, als Sohn Abrahams und Rachel Hitlers

Julie Hitler, geb. 19. März 1814, als Tochter Abrahams und Rachel Hitlers,

Leopold Hitler, geb. 28. März 1814, als Sohn Abraham und Rachel Hitlers( das ist der getaufte Hitler),

Franzl Hitler, geb. 29. April 1819, als Sohn Abraham und Rachel Hitlers,

Wilhelm Hitler, geb. 16. April 1821, als Sohn Abraham und Rachel Hitlers,

Alara Hitler, geb. 11. Oktober 1821, als Tochter Jakob und Elisabeth Hitlers,

Amalie Hitler, geb. 21. Juli 1827, als Tochter Abraham und Rachel Hitlers.

Die Aufzeichnungen der Gemeinde Polna ergeben, daß die jüdische Familie noch bis zum Jahre 1844 in Polna an= fässig war, dann aber nach Desterreich answanderte. Man weiß, daß auch Adolf Hitler aus Defterreich stammt und zugibt, daß seine Familie seit Generationen in Oesterreich lebt.

Wußte Hitler von den jüdischen Hitlers etwas? Viel: leicht macht er denselben Einwand wie der raffige Arier Düfterberg, dem nichts davon bekannt geworden war, daß noch sein Großvater das Ehrenamt eines Vorstehers der jüdischen Gemeinde bekleidete.

einst großen Judengemeinde, hat schon einmal Weltberühmt­heit erlangt. Dort wurde einem Juden Hilsner ein Ritualmord angedichtet. Der jetzige Präsident der tschecho= flowakischen Republik, Masaryk , damals Universitäts­professor, machte die Vorwürfe gegen Hilsner zunichte.

Die Heimat der Hitlers, das Städtchen Polna , mit einer

Es ist ein merkwürdiger Zufall, daß dieses Ritualmords Polna fich nun als die Heimat der jüdischen Familie Hitler erweist, deren Namen der derzeitige antisemitische Reichss tanzler Deutschlands trägt!

Die Aufgabe aller!

Göbbels neue Droh- und Vernichtungsrede Stampfers Antwort

Unser Prager Vertreter hatte Gelegenheit, den bis­herigen Chefredakteur des Vorwärts" und Leiter des ,, Neuen Vorwärts" in Karlsbad , den Abgeordneten Stampfer, nach seiner Meinung über die Hamburger Rede von Göbbels zu befragen. Stampfer erwiderte:

" Die Rede, die Göbbels in Hamburg gehalten hat, wundert feinen, der diesen Mann fennt. Der Propaganda­minister des Dritten Reiches propagiert Moral und Methoden jener chinesischen Räuber: banden, die ihre Opfer ins Gebirge verschleppen, um

an den Angehörigen Erpressungen zu verüben. Er wird aber damit kein Glück haben.

Wir, die wir jetzt in Prag find, waren bis vor ganz kurzem noch in Berlin und haben alle Schenklichkeiten der nationalsozialistischen Verbrecherwirtschaft aus allernächster Nähe miterlebt. Wir haben Deutschland verlassen, nicht um uns in Sicherheit zu bringen und der Ruhe zu pflegen, sondern rm den Kampf aufzunehmen. Daran wird uns fein Göbbels hindern.

Man sagt uns nun, daß wir durch unser Handeln unsere Freunde im Inland gefährden. Darauf antworten

mans; man steuert die Erwerbslosen aus, dann gibt es keine Arbeitslosen mehr. Eine Menge hat weder Schuhe noch Strümpfe zum Anziehen, an Neuanschaffung von Kleidungs­stücken ist gar nicht zu denken. Ihr macht Euch gar keinen Begriff, wie man hier rechnen muß, um das Allernötigste zum Leben beschaffen zu können... Wenn ich mich abends zu Bett lege, wünsche ich mir immer, am nächsten Morgen nicht mehr wach werden zu müssen, damit ich dieses Elend nicht mehr sehe.

Es grüßt Euch herzlich

Eure Mutter und Vater.

Der 51jährige Landrat des Kreises Belgard in Pome mern Dr. Braun hat sich nach einer Konferenz mit dem Re gierungspräsidenten erschossen.

Der Oberbürgermeister von Witten hat in seinem Bade: zimmer Selbstmord begangen. Der Stadthaushalt hat 7 Mil­lionen Mark Fehlbetrag. Der Oberbürgermeister sah keinen Ausweg mehr.

wir: Die Schuld an den furchtbaren Verbrechen, die in Deutschland in den letzten Monaten verübt worden sind, und an den neuen, die vorbereitet werden, tragen nicht wir, sondern die augenblicklichen Machthaber. Wenn Hitler und die Seinen jetzt für das, was wir tun, Rache nehmen wollen an Menschen, die es nicht getan haben, so fehlt uns leider augenblicklich die Macht, fie daran zu hindern. Wir fönnen nur erklären, daß sie sich durch ein solches Handeln außerhalb der Menschheit stellen und sich für späteren Zeiten des Rechtes begeben, als Menschen behandelt zu werden. Wollen sie also den Weg der Bestialität zu Ende gehen, so fann noch die Stunde kommen, in der sie das bitter bereuen werden."

Herr Göbbels," sagt unser Vertreter, hat sie auch be­schuldigt, Sie wollten von Prag aus das Deutsche Reich in internationale Schwierigkeiten stürzen. Wie steht es mit. dieser Behauptung?"

Stampfer erwiderte: Ich kann nur sagen, daß das eine Behauptung eben von Göbbels ift. Herr Göbbels ist nicht dumm genug, um zu wissen, wer es war, der das Reich in internationale Schwierigkeiten stürzte. Vor ein paar Monaten noch hätte kein Mensch für möglich gehalten, was jekt geschehen ist, daß nämlich eine deutsche Regierung es fertigbringen könnte, einen Kon= flikt mit dem kleinen Deutschösterreich vom Zaun zu brechen und dabei die ganze Welt einschl. Italiens gegen fich zu vereinigen. Vor dem mächtigen Frankreich kriecht die Hitler: regierung, dem kleinen Deutschösterreich zeigt sie die Faust. Solange wir Einfluß auf die Außenpolitik hatten, konnte fich Deutschland aus dem Ab­grund der Niederlage, in den es der Nationalsozialismus gestürzt hatte, allmählich wieder erheben und überall in der Welt Freunde geminnen. Seit Hitler und Göbbelz am Ruder sind, wird Deutschland in der ganzen Welt wie ein Ausfähiger behandelt."

Nein," so schloß Stampfer, nicht wir stürzen das Reich in internationale Schwierigkeiten, wir wollen es aus den internationalen Schwierigkeiten befreien, in die es durch die maßlose Unfähigkeit der Hitlerregierung geraten ist. Wir glauben auch nicht, daß ein Kulturvolk wie das deutsche die Schande der gegenwärtigen Zustände auf die Dauer er­tragen kann. Das deutsche Volk wird seine Ehre und seine Freiheit wieder herstellen durch den Sturz des jeßigen Regimes, und wir wollen ihm dabei helfen."