AHD
It
4: 2
Dr. Kurt Heller: Geht es in
LIA 21
Die faschistische Gewaltherrschaft attestiert sich selber ununterbrochen die gewaltigsten Leistungen. Herr Hugen berg verkündete soeben den in London versammelten Regierungsmännern der ganzen Welt, daß das Hitler. system den„ Untergang des Abendlandes verhindere". Die Hitler - Regierung verkündet unentwegt dem deutschen Volke, daß sie in Deutschland bereits einen Wirtschaftsumschmung herbeigeführt habe.„ Etwas über 4 Monate regieren wir und können mit Stolz sagen: die Zahl der Arbeitslosen ist um 1,2 Millionen zurückgegangen", so kennzeichnete Hitler in seiner jüngsten Rede seine großen
wirtschaftlichen Erfolge.
Die wirkliche Wirtschaftsbilanz Die wirkliche wirtschaftliche Bilanz der faschistischen Herrschaft in Deutschland sieht freilich wesentlich anders aus. Die Abnahme der bei den Arbeitsämtern eingetras genen Arbeitslosen vom winterlichen Höchststand bis Ende Mai d. J. beträgt rund 1 Million, die Zahl der Beschäf tigten hat sich noch etwas stärker vermehrt. Aber eine Besserung auf dem Arbeitsmarkt pflegt im Frühjahre in allen Ländern einzutreten; fie trägt in Deutschland zur reichlichen Hälfte den Charakter der saisonmäßigen Frühjahrsentlastung. Ueber die darüber hinaus feststellbare Hebung der Beschäftigung äußert sich die für diese Frage kompetenteste Stelle, das deutsche Institut für Konjunk turforschung in seinem letzten Wochenbericht vom 14. Juni dieses Jahres trotz der Gleichschaltung in wesentlich be. scheidenerer Form:„ Es hat sich in großen Teilen ber Wirtschaft unabhängig von den Saisontendenzen eine leichte konjunkturelle Besserung durchsetzen können, die zum Teil den Rückschlag wettgemacht hat, der im Winter eingetreten war. Die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen auf Grund früherer Pläne beginnen sich wenn auch wenn auch nur langsam auszuwirken." Das ist also das wirkliche Ergebnis der Entwicklung auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Soweit in einzelnen Industrien stärkere Besse rungen sichtbar wurden, so beruhen diese fast ausschließlich auf besonderen Ursachen. Die Schwerindustrie profitiert von den Arbeitsbeschaffungsaufträgen, die beffere Beschäftigung in der Textilindustrie ist eine Auswirkung der Uniformkonjunktur- die Frankfurter Zeitung " berichtete jüngst in einer Schilderung, daß sogar die deut schen Kriegervereine eine neue zeitgemäße Einheitsuniform einführen. Die von diesen einmaligen Aktionen nicht beeinflußte sonstige Produktionswirtschaft, die pri-. vate Investitionstätigkeit und die Einzelhandelsumsätze liegen weiter barnieber. Die höheren Exportziffern des Monats Mai sind zugegebenerweise im wesentlichen sta tistischer Art durch Nachholung früherer Rußlandliefe rungen in dem Mainachweise des Außenhandels. Nach den Branchenübersichten des Instituts für Konjunkturforschung vom Ende Mai b. J. ist in allen wichtigen Aus. fuhrindustrien, der Maschinenindustrie, der elektrotech nischen Industrie u. a. m. ein scharfer Rückgang der Auslandsaufträge festzustellen.
-
Noch Immer 6'2 Millionen
Erwerbslose
Die Armee der Erwerbslosen , die auch jetzt noch unter Einrechnung der unsichtbaren Erwerbslosen mindestens 6 Millionen Arbeitskräfte umfaßt, spürt also bisher von den Segnungen des Systems herzlich wenig. Lediglich die SA. Soldaten haben unbeschadet ihrer fachlichen Eignung ein Vorzugsrecht der Einstellung, das jetzt auch bie Arbeitgeberverbände anerkannt haben. Es hat sich so in Deutschland unter dem Raziterror an manchen Stellen der aufreizende Zustand herausgebildet, daß vor gebildete langjährige Betriebsangehörige aus den Arbeitsstätten herausfliegen und statt dessen ungeeignete Nazis ihre bisherigen Arbeitsplätze oder neue besetzen. Jm Volksmunde wird daher die Arbeitsbeschaffung der Nazis„ Stempelkartenaustausch" genannt. Die SA.- Leute und sonstige Günstlinge des neuen Systems erhalten Arbeit und können ihre Stempelkarten abgeben; die be währten, evtl. noch politisch verdächtigen Fachkräfte flie. gen heraus und müssen stempeln gehen. Aber auch das Los der Arbeitenden hat sich verschlechtert. Durch die maßlose Fettverteuerungspolitik der Hitler - Regierung haben sich die Preise wichtigster Lebensmittel beträchtlich erhöht. Der Ernährungsinder ist bereits im Monat Mai um 3 Prozent gestiegen und die Teuerungswelle hält weiter an.
Die Arbeitsbeschaffung
In äußerster Ueberstürzung hat die Regierung ihr neues Arbeitsbeschaffungsprogramm, das in dem Gesetz zur Verminderung der Arbeitslosigkeit zusammengefaßt
finanzministerium Reinhardt hat erklärt, daß dieses Programm 1,3 Millionen Neueinstellungen bewirken würde. Man weiß in Deutschland , was man von diesen Prophe zeiungen zu halten hat, nachdem das Papensche Arbeitsbeschaffungsprogramm 1 Millionen Erwerbslosen Arbeit versprach und mit einem nahezu völligen Fiasko endete. Das Institut für Konjunkturforschung ist in seinen Berechnungen wesentlich vorsichtiger und veranschlagt unter Einrechnung der kaum entlohnten Tiefbauarbeiter eine Mehrbeschäftigung für 6-700 000 Arbeiter. Der uranleihe ist fallen gelassen worden. Die jetzt vorgesehene sprüngliche Plan einer inneren Anleihe oder Zwangs
ift, herausgebracht. In der deutschen Presse wird offen zum Ausdruck gebracht, daß dadurch eine sonst zu be. fürchtende Verschlechterung des Arbeitsmarktes infolge der Lahmlegung des privaten Wirtschaftslebens verhin dert und überkompensiert werden soll. Dieses Arbeitsbeschaffungsprogramm entbehrt jedes eigenen Gedankens und ist einfach ein Sammelsurium von verschiedenen Einzelmaßnahmen, Straßenbauarbeiten, die zu Kuli löhnen ausgeführt werden müssen, neuen Zuschüssen für den Hausbesig, Investitionsprämien für einen noch immer weit überdimensionierten Industrieapparat sowie Ehe standsbeihilfen bei Aufgabe der Erwerbsarbeit der Ehe frau. Der nationalsozialistische Staatssekretär im Reichs
Form der Finanzierung durch Ausgabe von 1 Milliarde Arbeitsschatzwechsel ist deswegen problematisch und gefährlich, weil die öffentlichen Finanzen bereits durch eine uferlose Defizitpolitik und Borwegnahme zukünftiger sind, die Währungslage sich bedrohlich zugespitzt hat und Steuererträge aufs äußerste zerrüttet und vorbelastet vollends ruiniert ist. der deutsche Kredit burch das Transfermoratorium
Hilflos!
Die ganze Jdeen- und Hilflosigkeit des jetzigen Systems auf wirtschaftlichem Gebiete kam auch kraß in den Ent gleisungen Hugenbergs auf der Weltwirtschaftskonferenz zum Ausdruck. Zur wirtschaftlichen Rettung und Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit Deutschlands verlangte er die Rückgabe der deutschen Kolonien in Afrika sowie die Bereitstellung von Siedlungsarbeiten für das„ Volk ohne Raum". Zunächst mußte es äußerst merkwürdig anmuten, daß gerade der Exponent der feudalen Reak tion die bis heute übrigens ohne Widerspruch der Nazis die Besiedlung des deutschen Ostens sabotierte, außerhalb der deutschen Grenzen Siedlungsland beansprucht. So eben hat das Hitler - Regime durch das neue Entschuldungsgesetz für die Landwirtschaft die an sich unaufschiebbare Aufteilung des überschuldeten und nicht mehr lebens. fähigen oftelbischen Großgrundbesiges erneut unmöglich gemacht. Die Landabgabe auch überschuldeter Betriebe ist nach den neuen gefeßlichen Bestimmungen an die Zu
stimmung des bisherigen Grundeigentümers gebunden und die Bodenpreise sind nach den Richtlinien so hoch bemessen, daß eine umfangreiche Neusiedlung von vorn herein unmöglich ist. Jm gleichen Atemzuge verlangt nun Herr Hugenberg, der Minister aller wirtschaftlichen Ressorts, Siedlungsraum mit einer deutlichen Wendung nach Rußland hin. Zu diesem Vorfall soll Litwinow , der russische Außenminister, geäußert haben, daß Deutschland offenbar in die ernste Atmosphäre der Londoner Konfe renz eine heitere Note bringen wolle.
die Kolonialforderungen zu nehmen. Es iſt eine voll.
Genau so wenig politisch und wirtschaftlich ernst sind
kommene Jllusion, anzunehmen, daß die eventuelle Wiedergewinnung der Kolonien in Afrika die deutsche Wirtschaftsnot mildern könnte. Die früheren deutschen Kolonien waren weder für die Rohstoffversorgung der deut. schen Wirtschaft noch für den Industriemarenabsatz von belangreicher Bedeutung. Auf den Handel mit den Kolonien entfiel vor Kriegsausbruch nur etwa 1 Prozent des gesamten deutschen Außenhandels. Als Siedlungsgebiet kam überhaupt nur Deutsch- Südwestafrika in Frage. Vor Kriegsausbruch, also nach fast 30jähriger Kolonisationsarbeit, lebten insgesamt 18 362 Deutsche in afrikanischen Kolonien. Die Niederwerfung der Eingeborenenstämme und die Aufschließungsarbeiten haben ungeheure Summen verschlungen, während der volkswirtschaftliche Nutzen der verhältnismäßig armen deutschen Kolonialgebiete äußerst gering war.
Die deutsche Delegation hat zwar nach der offensicht lichen Blamage nachträglich das Hugenbergsche Memorandum desavouiert, obwohl man weiß, daß unter anderem Herr Schacht die in dem Memorandum niedergelegten Auffassungen teilt. Aber wenn der verantwort liche Mann des Hitler- Systems, der alle wirtschaftlichen Refforts vereint, solche politisch wie wirtschaftlich unsinnigen Forderungen und Gedankengänge entwickelt und in ihnen den einzigen Weg der wirtschaftlichen Ret tung erblickt, so enthüllt sich der ganze Tiefstand und Dilettantismus, mit dem der Faschismus heute das deutsche Volk beherrscht und regiert.
Der deutsche Geldschrank
Alles Gold ist futsch
0
0
0
0
0
Se
ぬ
Nur die Trommel ist geblieben