Ein Kämpfer für die Geistesfreiheit
Vor drethundert Jahren, Ende Junt 1638, stand Galilei tm großen Saal des Klosters Santa Maria sopra Minerva zu Rom vor den Richtern der heiligen Inquisition und empfing den Urteilsspruch, der seine Lehre vernichten sollte. Heute, da wiederum Bücher verbrannt, wissenschaftliche Lehren verkezert, Gelehrte vertrieben werden, hat die Verurteilung Galileis eine wahrhaft unheimliche Aktualität gewonnen.
Die Revolution des Himmels
Im Jahre 1543 veröffentlichte Kopernikus in Iateinischer Sprache sein Buch„ De revolutionibus orbium coelestium "( Ueber die Umwälzungen der Himmelskreise) und starb. Mit seinem Werk hatte Kopernikus jahrtausendealte Ueberzeugungen und die Lehren der unerschütterlichsten Autoritäten durchbrochen. Die Erde, der festgegründete Wohnsitz der Menschen, der vermeintliche Mittelpunkt des Weltalls, war ihm zu einem kleinen Ball geworden, der, selber umkreist von dem noch kleineren Mond, gemeinsam mit den anderen Planeten um die große Sonne umlief. Die ganz dünne Schicht von Gelehrten der Zeit beschäftigte fich zur einen Hälfte, autoritätsgläubig und spisfindig, mit theologisch- überfinnlichen Scheinfragen, die andere Hälfte begeisterte sich, zwar weltlich gesinnt, aber nicht minder autoritätsgläubig, für die Redner, Dichter und Metaphysiker der alten Griechen und Römer. Die wirkliche Wissenschaft fehlte noch; die Naturforscher, für die Experiment und Rechnung die einzigen Autoritäten sind, waren noch nicht geboren.
Da erfand fast siebzig Jahre nach dem Tode des Kopernitus der Florentiner Hofmathematiker Galileo GaliIet, der sich bisher vornehmlich mit technischen Fragen des Wasserbaues, der Schiffahrt und des Artilleriewesens beschäftigt hatte, das Fernrohr. Sogleich stürzte sich jetzt Galilei auf die Astronomie und entdeckte Schlag auf Schlag bie Sonnenflecken, die Mondgebirge, den Ring des Saturn und vier Jupitermonde. Besonders die letzte Entdeckung machte ihn zu einem überzeugten Anhänger des Ko pernitus: ist doch der von seinen Monden umkreiste Blanet Jupiter im fleinen ein Ebenbild der von den Planeten im großen umkreisten Sonne. Als aber der kühne Forscher 1610 seine Entdeckungen in einer lateinischen Schrift an die Oeffentlichkeit brachte, erhob sich gegen ihn ein Sturm von Angriffen der Gelehrten. Ja sogar die gebildete städtische Oberschicht merkte auf und begann sich, ermutigt durch das Beispiel des berühmten Hofmathematiters, mit der topernikanischen Weltauffassung zu beschäftigen.
Und so trat die Kirche auf den Plan. 1616 wurde die Lehre von der Bewegung der Erde von der heiligen In
Voc Hitler sind alle gleich Presse in einheitlicher Uniform
Die Tschechoslowakei hat als Antwort auf das Verbot von 66 Blättern dieses Landes durch Deutschland 98 Blätter verboten. Darunter befinden sich alle Organe des deutschnationalen Verlages Scher I, der bisher demokratischen Berlage Mosse und Ullstein sowie auch die Frankfurter Beitung". Die Nazi- Blätter waren bisher bereits verboten.
Obwohl diese umfassende Verbotsliste eine schwere Beeinträchtigung der Interessen der 3 Millionen in der Tschechoslowakei lebenden Deutschen darstellt, findet das Berbot auch bei der deutschen Bevölkerung volles Verständnis: Ein Beweis, wie start das Hitler- Regime den deutschen Interessen abträglich ist. So schreibt z. B. das verbreitetste Blatt, das Prager Tageblatt":
Die reichsdeutschen Blätter sind durch freiwillige, vielfach aber zwangsweise Uniformierung zu einer wenig ergiebigen Lektüre geworden. Sie dürfen nie Nachrichten bringen, die einem Regime von unüberbietlicher Strenge genehm sind, und die Betrachtungen, die sie über das innere Leben Deutschlands anstellen, erschöpften sich in Lobpreisungen alles dessen, was der heutige Kurs unternimmt. Die ehemals liberalen Blätter bieten dabei eine unerquicklichere Lektüre als die, die von Anfang an dem Nationalsozialismus dienten. Spricht aus diesen wenigstens die aufrichtige Gesinnung, so merkt man bei jenen, wie eine ursprünglich gemäßigte und humanere Dentart sich abmüht, zustimmende Worte für eine gegensägliche Weltanschauung zu finden. Auch das ,, Lesen zwischen den Zeilen", das sonst bei Zeitungen eines unter Druck stehenden Landes einiges Interesse gewährt, ist fruchtlos geworden, seit die in allen publi. zistischen Geheimkünsten bewanderten Machthaber auch die leiseste Andeutung eines ihnen unbequemen Sachverhalts oder einer uner. wünschten Meinungsäußerung zu unterdrücken verstanden haben.
Das ist eine in jeder Beziehung zutreffende Kennzeich nung des Charakters der in Deutschland erscheinenden gleichgeschalteten Zeitungen. Der Kampf um Wahrheit, Recht und Freiheit muß auch gegen sie geführt werden.
uf aus deinem winzigen Jammer,
Dente ber gewalt'gen Seiten!
Karl Hendell.
Ereignisse und Geschichten
Für den Tag!
Von Edgar Zinsel An einen deutschen Arbeiterjungen!
quifition als bibelwibrig verdammt, das Buch des Koper. nifus in das Verzeichnis der verbotenen Bücher aufgenom men und dem Galilei die Verbreitung der„ törichten, absurden und kezerischen" topernikanischen Lehre untersagt. Galilei unterwarf sich gehorsam, sezte jedoch seine For schungen mutig und unbefümmert fort. Die Inquifition schritt neuerlich ein und zitierte den damals neunundsechzigjährigen Forscher von Florenz nach Rom .
Der Prozeß zog sich lange hin. Ob der greife Galilei beim letzten Verhör gefoltert wurde oder ob ihm die Richter unter Vorzeigung der Instrumente die Tortur bloß androhten, läßt sich heute nicht mehr mit Sicherheit ent scheiden. Endlich, nach vier Monaten, fiel das Urteil: gekleidet in ein rotes Büßerhemd, mußte Galilei die kopernitanische Lehre vorerst feierlich abschwören, sodann wurde er des Ungehorsams schuldig erkannt und zu lebenslänglicher Haft sowie zu wöchentlich sieben Bußpsalmen durch dret Jahre verurteilt.
Und sie bewegt sich doch!
Nach dem Urteil wurde die Haft gnadenweise gemilbert und schließlich in Hausarrest verwandelt, den Galilei in seinem fleinen Landhaus bei Florenz verbringen durfte. Dort waren dem Greis noch neun Jahre beschieden. Er verbrachte sie erblindet, von der Inquisition dauernd überwacht und durch allerlei Demütigungen gekränkt, aber un ermüdlich forschend und schreibend. Ueber die Lehre des Kopernikus freilich hat er nie mehr ein offenes Wort geäußert. Dagegen faßte er, vierundsiebzigjährig, alle feine mechanischen und mathematischen Forschungsergebnisse noch in einem gewaltigen Wert zusammen, das der Grundstein der ganzen modernen Physik geworden ist. Dies war sein wahres: Und sie bewegt sich doch! Er starb, achtundsiebzigjährig, am 8. Jänner 1642. Das Grab in Santa Croce , das er sich gewünscht hatte, wurde ihm von der Kirche verweigert, ein Grabdenkmal, daß seine Freunde ihm setzen wollten, verboten.
Galilel und wir
Unsere Naturwissenschaft ist heute kaum ernstlich ge fährdet. Solange fast unser gesamter Lebensbedarf mit Maschinen in Fabriken erzeugt wird und wohlgemerkt, was entscheidender ist: solange Dividenden dort erzeugt werden, ist in der Welt des Kapitalismus die Technik und
mit ihr die naturwissenschaftliche Ursachenforschung einiger maßen in Sicherheit. Mathematiker, Physiker, ia jogar Biologen wird die Maschinenwelt immer brauchen. Ein paar Professoren der Biologie kostümieren sich zwar heute mittelalterlich wieder a la Aristoteles , troßdem ist das Werk Galileis in der Naturwissenschaft nicht mehr ernsthaft bedroht.
Nationale Symbole
Kitsch kämpft gegen Kitsch
Eine amtliche Meldung besagt:
Zur Ausführung des Reichsgefeges über den Schutz der nationalen Symbole hat das preußische Staatsministe rium Bestimmungen erlassen, in denen festgestellt wird, wer für die Beschlagnahme bzw. die Entscheidung über die Feststellung des Vorliegens nationaler Vers fitfchung" auständig ist. Das Gesez selbst bestimmt, daß die höhere Berwaltungsbehörde darüber entscheidet, ob Symbole der deutschen Geschichte, des deutschen Staats und der nationalen Erhebung in Deutschland öffentlich in einer Weise verwendet sind, die das Empfinden von der Würde dieser Symbole verlegt."
Das lebendige Beispiel
In Frankfurt wurde eine Dietrich Edart- Feier veranstaltet. Dietrich Eckart gilt als großer nationaler Dichter und starb vor einigen Jahren. Bei der Frankfurter Feier wurde eine 1904 entstandene" Tragische Komödie" Eckarts aufgeführt, worüber die Frankfurter Zeitung " wörtlich berichtet:
Die tragische Komödie Familienväter" begibt sich in einem Zeitungsbetrieb der jüdisch marristischen Epoche", Der Verleger ist ein grausamer Sklavenhalter, der mit ihm verbrüderte Syndikus und ein Theaterbefizer find ausgemachte Hallunken. Das Redaktionspersonal besteht aus feilen Kompromißlern, Abgeschnürten und einem einzigen Mann. Der unmenschliche Betrieb des Verlegers, der sich getrost neben Franz Moor und Sekretarius Wurm stellen fann, führt zu Mord und Selbstmord und Wahnsinn. Lichte Figuren sind ein Redakteur, der den Krempel hinschmeißt und ein Chauffeur, der dem allmächtigen Besitzer der„ Universal- Zeitung" die Meinung fagt. Die drei flächigen Afte, mit novellistischem Beiwerk gefüllt, Tendenz und abermals Tendenz, sind aus einer ungeheuren Erbitterung geschrieben. Auf welcher Sachkenntnis der Stoff beruht, ist nicht zu ahnen, wir unserteils wissen von einer Zeitung des geweſenen Systems, in der die geschilderten Vorgänge möglich gewesen wären. Eine Trauerfeier für einen verstorbenen nicht
Nicht weinen, mein Junge, es ist geschehn! Du kannst deinen Bater nicht wiedersehn. Sie haben ihn auf d-- Flucht erschossen. Junge, einen unserer besten Genonen!
Auf der Flucht erschossen! Junge! Du weißt! Sie haben dir schon gesagt, was das heißt! 3wei Augeln von vorn, in die Stirn, in die Bunge, Sie haben ihn hingerichtet, mein Junge!
Du siehst mich an so entsegten Gesichts! Sei tapfer, mein Kind, ich erspare dir nichts! Sie haben ihn wie einen Hund geschunden! Er hat den qualvollsten Tod gefunden!
Als sie ihn holten, haft bu geschrien. Und als er dich streichelte, schlugen sie ihn. Er konnte fein Wort des Abschieds mehr sagen. Sie hatten ihm schon den Mund zerschlagen.
Sie schlugen auf ihn drei Tage lang, Bis daß die Haut auseinandersprang. Zittre nicht, Junge! Du mußt es erfahren! Ich will dir das Schrecklichste nicht ersparen!
Sie letzten ihm das Gewehr auf die Brust. Aus blutendem Mund hat er fingen gemußt. Ihre Mordbrennerlieber mußte er fingen, Auf blutenden Füßen mußte er springen!
Und läbft du bent sein totes Geficht, Du würdest schreien, du tenntest ihn nicht! Geschunden, zertreten, zerrissen, zerschossen! Junge, einen unserer besten Genossen!
Wir trauern nicht, Junge, das ist nicht gut! Jezt nichts mehr fühlen als brennende Wut! Und diese Wut darf nie mehr erkalten! Für den Tag, Junge, wo wir Abrechnung halten!
Erhard Winzer.
auch ein Charakter?
Die Absage Toscaninis an die Bayerischen Festspiele, ein Protest gegen den deutschen Faschismus und die Ausstoßung bedeutender Musiker, dürfte nicht nur in Bayreuth , sondern auch in Berlin etwas heinlich berührt haben. Man war jedenfalls an beiden Stellen bemüht, sofort einen Erfas ( und natürlich einen vollwertigen") au schaffen. Hurra, man hat ihn schon! Richard Strauß wird statt Toscanini in Bayreuth dirigieren- der Wackere hat sich bereit erklärt, für Toscanini in die Bresche zu springen. Wozu vor allem zu sagen ist, daß wir von Richard Strauß nichts Besseres erwartet haben. Der Italiener Toscanini erflärt sich mit den gemaßregelten, vertriebenen deutschen Künstlern solidarisch und der größte unter den lebenden deutschen Musikern beantwortet das damit, daß er sich unentwegt hinter den Faschismus stellt, das heißt, daß er dort stehen bleibt; denn daß Strauß sich schon früher auf die braune Seite schlug, ist längst bekannt. Richard Strauß hat es zeitlebens verstanden, mit den stärkeren Bataillonen" zu marschieren man ist also nicht sehr verwundert, so unendlich traurig und beschämend es auch ist, daß man gerade bei dem berühmtesten unter den deutschen Musikern dieser Zeit nicht einen Funken solidarischen, sachlich- fünftlerischen und menschlich- gerechten Fühlens entdeckt, ja daß er durch seine Haltung den Faschismus sozusagen vom Geiste her noch sanktioniert.
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Was man sich zuflüstect
Preisrätsel.
Was ist das: Eine tschechische Frisur, ein französisches Bärtchen, eine öfterreichische Aussprache, eine englische Unis form und eine russische Idee?
Der sehr theaterfreudige Reichskanzler Hitler geht nicht so gern wie früher in die Berliner Theater. Grund dazu soll sein, daß die Berliner Logenschließer bie Angewohnheit has ben zu fragen: Der Herr haben doch sicher noch kein Pro gramm.
Dichter entwaffnet. Aber doch nicht so völlig, daß man, Hitler mauschelt
für sein Gewissen Zeugnis ablegen und sagen dürfte, in Eckarts tragischer Komödie seien die Reime einer großen nationalen Dichtung, die wir alle ersehnen, nicht zu er tennen. Wir glauben nicht, daß im verflossenen System nur Unholde und Gedrückte geatmet haben, daß also dieser dramatische Rückblick künstlerisch wahrhaftig und farbiger Abglanz des Lebens sei...
Dies schreibt, was wir zu beachten bitten, die„ Frank furter Zeitung ", die unter Hitler - Kontrolle steht! Zu normalen Zeiten hätte der mutige Rritifer-d geschrieben:„ Da wandte sich der Gast mit Grausen"... Heute muß er seine Worte sorgfältig wägen und abstufen. Man muß zwischen den Zeilen lesen, wie entseßlich dieser Abend gewesen ist!
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in seiner Grabrede, die er sich selbst. seines baldigen Unterganges gehalten hatte. Am Schlusse der Rede sagte er ungefähr: „ Wir waren rauh, wir waren unflätig, aber- wir sind gewesen gute Deutsche ."
Und darunter wird stehen, so gestatten wir uns hinzu. fügen: 28ir sind gewesen einmal Reichstanzler!"