Offo Burgemeister, Amsterdam  :

Holland   fühlt sich bedroht!

Nationalsozialisten setzen die alldeutsche Kriegspolitik fort

Weniger die zahlreichen Artikel deutscher   Naziorgane seit Monaten, in denen Niederland   als Teil des großen Ger­manenreiches der Zukunft für den Zuchthausstaat Hitlers  beansprucht wird, als die ununterbrochene Wühlarbeit der deutschen   und von diesen abhängigen holländischen National­sozialisten zeigen deutlich, welche Gefahren de m europäischen Frieden hier in absehbarer Zeit drohen.

Die deutsche   Nazibewegung selbst tritt in Niederland  mit einer wachsenden Frechheit auf. Je näher der deuts schen Grenze, desto schlimmer ist der Terror. Während der deutsche   Gauleiter Pasig in Amsterdam   sich für diese Stadt zunächst damit begnügen mußte, die 800 Mit­glieder der Amsterdamer Ortsgruppe des Deutschnationalen Handlungsgehilfenverbandes und die zwölf Sport- und Vergnügungsvereine der Amsterdamer Deutschen   zu je 100 Mitgliedern durch Veränderungen im Vorstande gleich­zuschalten, wurde in Limburg   bereits eine sogenannte " Deutsche Kolonie" als Dachorganisation unter dem Einfluß des Maastrichter   deutschen   Konsulates gebildet, und der Vorsitzende des Katholischen Arbeiterverbandes teilte anläßlich der Generalversammlung seiner Organisation in Utrecht   am 21. Juni d. J. mit, daß den Limburger Deutschen für den Fall ihrer Nichteintragung in die Listen dieser " Deutschen Kolonie" der Verlust ihrer Staats= angehörigkeit einschließlich aller sich daraus ergeben­den Rechte angedroht sei. Nach seinen Informationen soil diese Zwangskoloniebildung von den Nazis allmählich auf ganz Holland   ausgedehnt werden. In Eindhoven   wer­den im Cafe Rheingold unter Leitung des berüchtigten Kreisleiters Hans Wolters bereits Femegerichte  abgehalten, wo direkte Aufhebung zum Morde stattfindet. So wurde nach einer Mitteilung in Het Volf" vom 24. Juni auf Veranlassung des genannten Hans Wolters von einem dazu bestimmten Sturmbannführer auf einen rechtzeitig ge= warnten deutschen   Einwohner ein vergeblicher Mordversuch unternommen.

Dennoch sind die mit deutschem Geld ausgehaltenen nationalsozialistischen und faschistischen holländischen Bewe­gungen weit gefährlicher. Drei Gruppen stehen hier im Vordergrunde. Die nationalsozialistische Bewegung in Niederland   unter Leitung des in der rheinischen Stadt Goch  von einer anderen holländischen Nazigruppe fast verprü­gelten Ingenieurs Mussert   scheint erst einmal neue An­fnüpfungspunkte in Deutschland   gesucht zu haben, da Mussert in der Nummer vom 1. d. M. in seiner Zeitschrift ,, Volk en Vaderland" mitteilt, daß er von einer Urlaubs­reise nach Deutschland   und Italien   zurück­gefehrt sei.

Die Hakenkreuznazis des nach Deutschland   geflohenen Dr. van Rappard in Heelsum und des A. van Waterland   in Amsterdam   sprechen in ihrem Blatt De Nationaal- Socialist" von dem Zusammenarbeiten aller Niederländer einschließlich der belgischen und fran= zösischen Vlamen und von dem Zusammen: schluß der Niederländer mit den Deutschen  , Standinaviern und Schweizern zu einem großen Gers manenreich.

Selbst ein Arnhemer katholisches Blatt, De Gelderlander", hat bereits erklärt, daß Rappard und Konsorten ohne deut­sches Geld ihre Propaganda nicht zu führen vermöchten. Diese Gruppe arbeitet auch unter den Niederländern in Westdeutschland. Die Schwarzhemden des naturali­fierten Engländers Haighton im Haag stehen dem Herzen des Herrn van Beuningen in Rotterdam  , des Vertreters des Ruhrkohlensyndikates und Erwerbers der Utrechter  Dokumente im Jahre 1929 sehr nahe, wie das frühere Mitglied van 3tip in einem Blatte in Amersfoort  verriet.

Außer diesen ausgesprochen nationalsozialistischen bzw. faschistischen Bewegungen bedienen sich die deutschen   Nazis noch eines dritten Weges zur Untergrabung des heutigen holländischen Staatsgefüges, und dies ist die sogenannte dietsche Propaganda. Dietschland ist der alte Name für das Großniederland der burgundischen Zeit und der Zeit Karls V. bis zum niederländischen Aufstand gegen Spanien  , wo Belgisch- Flandern und die französischen   Nord­ost- Departements mit Lille   noch niederländisch waren. Eine ungeheure Wühlarbeit wird gleichzeitig von Niederland   aus in Flandern   entfaltet, wobei die Zeitschrift De Dietsche Gedachte"( Der großniederländische Gedanke) als Mittel zum Zweck dient. Schrieb dieses Blatt schon im Sommer 1931 von einem Niederland vom Dallart bei Emden   bis zur Straße von Calais,

so propagiert es jetzt auf Seite 188 seiner Juninummer 1933 den offenen Staatsstreich durch den Rat von Flandern   zum Zwede der Befreiung Flanderns   von Belgien   mit einer Grundsazerklärung, wonach das vläs mische Volk einen untrennbaren Bestandteil des nieder: ländischen Volkes ausmacht.

Gleichzeitig wird die Errichtung von neun Sekretariaten für innere Politit, auswärtige Politik, Finanzen, Unterricht usw. vorgeschlagen, die demnach augenscheinlich Ministerien werden sollen. Wenn man dann noch in Betracht zieht, daß auf dem Dietschen Landtag in Mecheln   am 10. und 11. Juni d. J. drei niederländische Redner von der belgischen

Friedhof an Rhein   und Ruhr

Trostlose Denkschrift der niederrheinischen Handelskammer die Hälfte Einzelhandel ruiniert

Die Niederrheinische Industrie- und Han delskammer Duisburg  - Wesel   zu Duisburg­Ruhrort, hat soeben eine Denkschrift veröffentlicht, die in schroffem Gegensatz zu den amtlichen Schönfärbereien über die deutsche   Wirtschaftslage steht. Die Denkschrift unter­streicht den Rückgang der Beschäftigung in allen Zweigen, den Verfall von Industrie, Handel und Verkehr.

Beinahe um die Hälfte ist die Gesamtzahl der Arbeitneh mer in drei Jahren zurückgegangen, von 170 000 Beschäf= tigten im Jahre 1929 auf 95 000 im Jahre 1932 und, wenn man die Zahl der Arbeiter allein betrachtet, von 143 000 auf 75 000.

Die großen Betriebe der Eisen- und Metallgewin­nung weisen einen Rückgang um 55,6 Prozent auf, die Her­stellungsbetriebe von Eisen, Stahl- und Metall­waren verzeichnen sogar eine Einbuße von 68,7 Prozent, ebenso das Holz- und Schnitzstoffgewerbe, und das Baugewerbe weist die geradezu verheerende Rückgangs­zahl von 74,1 Prozent auf. Aber nicht genug damit: der Bergbau ist um 49,9 Prozent, die Maschinenindu­strie um 48,6 Prozent und die Textilindustrie um 46 Prozent zurüdgegangen. Um dessentwillen", so heißt es in der Denkschrift, sprechen diese Zahlen eine so furchtbare Sprache, weil es sich um die Lebensadern des Gebiets han­delt und weil, was sonst nur wenigen Wirtschaftsbezirken selbst in den schwersten Wirtschaftskrisen versagt geblieben ist, fehlt: Ausgleichsmöglichkeiten in Aufstieg, Er­haltung oder doch mindestens geringerer Einbuße bei dem einen Gewerbezweig, wenn es dem andern besonders schlecht geht und umgekehrt." Die Produktionsmittelindu= strien werden von der Krise in erster Linie erfaßt, aber auch die Verbrauchsgüterindustrien und die da­mit verbundenen Gewerbe find gerade im Kammerbezirk durch ein unglückliches Zusammenwirken verschiedener Son­

Rückgang der Belegschaften um

derumstände in ein besonders starkes Abgleiten geraten.

So haben die zoll- und handelspolitischen Maßnahmen in

sehr starkem Maße die Bocholter   Baumwollspinnereien und Webereien getroffen, so übten fie auf den Lebens: mittelimport sehr starke Rückwirkungen aus, und nicht zuletzt wurde der Einzelhandel fast im gesamten Bezirk mit dem Zusammenbruch der allgemeinen Kauftraft in die Tiefe gerissen.

Dazu kommt die immer noch trostlose Lage der Rhein  fchiffahrt. Nicht nur der Erz-, Kohlen-, Eisen- und Holz­umschlag ist bis ins Mark getroffen, auch die Getreideein­fuhr ist bis auf zurückgegangen. Nicht allein veränderte Verhältnisse, sondern auch der Rheinschiffahrt abträgliche Kräfte im eignen Volke tragen dazu bei. Die Wirtschaft am Niederrhein   muß nachgerade mit berechtigter Leidenschaft Verwahrung gegen Auffassungen einlegen, die dem Rhein  und seinen Verkehrsbelangen eine geringere vaterländische

Regierung ausgewiesen wurden, weil am gleichen Tage u. a. die Heeresdienst verweigerung der vlamischen Jugend im belgischen Heer behandelt werden sollte, dann tritt flar zutage, welchen Zielen diese Propaganda dient. Die Zerschlagung Belgiens   gehörte zu den alldeutschen Kriegszielen des Weltkrieges, und die Nazis sind die poli­tischen Erben der Alldeutschen  . Wie sehr der dietsche Ge­danke von den deutschen   Nazis unterstützt wird, kam in einem Artikel des Berliner   Tag" vom 22. Juni deutlich zum Ausdruck, wo die Drahtzieher in den Amsterdamer und Haager Klubs" im Hinblick auf die wachsende Stärfe dieser Bewegung gewarnt wurden.

Schließlich wird neuerdings auch die friesische Bewe gung von den Nazis mißbraucht. Der gleiche Artikel des " Tag" weist darauf hin, daß die Friesen in Holland   An­schluß bei ihren Stammesgenossen im Reich suchen, und der Nieuwe Rotterdamsche Courant" vom 28. Juni veröffentlichte einen langen Bericht über die Errich­tung der Friesischen   Faschisten- Front am 30. Mai 1933. Von diesem Gesichtspunkte aus gewinnen auch die Aufriesentage 1925 in Jever, 1928 in Leeuwarden   und einige Jahre später in Husum   eine andere Bedeutung.

Selbstverständlich haben die Nazis noch mehr Mittel und Wege, um Holland   für ihre Ziele sturmreif zu machen. Der geheime Spizeldienst unter Leitung des Gauleiters Pa big, der durch Rundschreiben des Reichstagsabgeordneten Dr. Nieland Hamburg   vom 9. November 1932 seine Richt­linien erhielt, ist bisher trop der Veröffentlichung dieses Rundschreibens in Het Volt" im Februar d. J. von der Niederländischen   Regierung nicht unterdrückt worden; seine Bedeutung liegt zweifelsohne ebensosehr auf militäri­schem wie auf politischem Gebiete. Die starke Posi­tion des niederländischen Guldens ist ihnen naürlich ein Dorn im Auge; ein finanziell starkes Holland   wird sich nicht leicht von Deutschland   ins Schlepptau nehmen lassen.

War es daher vielleicht nur ein Zufall, daß der Petros leumfönig Deterding, der doch auch zu Hitlers Gelds gebern gehört haben soll, in einem Schreiben an die Amsterdamer Handelsgesellschaft eine Gulden- Inflas tion warm empfahl? Daß er in dieser Körperschaft alls gemeinem Widerspruch begegnete, ist begreiflich.

Was sich in Holland   einstweilen noch hinter den Kulissen abspielt, ist die Fortsetzung der alldeutschen Kriegszielpolitik mit anderen Mitteln. Es ist hohe Beit, daß die europäische öffentliche Meinung auf dieses Treiben aufmerksam wird!

Tage, als Hoover die blutige Attade gegen die Veteranen befahl, Kansas  . Als er hörte, daß W. W. Water die Bonus fordernden Veteranen, Khafishirts nannte, ernannte er sich sofort als den Western Kommandeur dieser Khakishirts, und dann als Water von ihm abrückte ernannte er sich zum Na tionalfommandeur. Gewiß Größenwahn und Lächerlich feiten!

Polen   befiehlt- Hitler gehorcht Neuer Rückzug Vor Warschau  

Das deutsche   Generalfonsulat in London   hat einer Reihe poluischer Staatsbürger, die durch Deutschland   nach Polen  zurückreisen wollten, das Durchreisevisum verweigert, weil sie Juden sind. Diese Nachricht wurde laut Daily Herald" vom polnischen Konsulat in London   auch bestätigt. Inzwischen aber hat die polnische Regierung gegen diese Benachteiligung ihrer Staatsbürger, die infolge Verweigerung der deutschen  Durchreisevisums große Umwege machen mußten, mit dem Erfolge protestiert, daß nunmehr das Durchreisevisum wiederum ohne Rücksicht auf Konfession oder Abstammung allen polnischen Staatsbürgern erteilt wird.

Note geben wollen, nur weil die Mündung des Stromes Flucht ins Ausland

nicht in Deutschland   ist."

Die Denkschrift wendet sich dann von der Schilderung des Ablaufs der Dinge im gesamten Kammerbezirk Duis­ burg Hamborn  , als Kern des Gebiets, zu, wobei natur­gemäß im Mittelpunkt die Frage Hütte Ruhrort­Meiderich" steht. Dazu wird abschließend gesagt: Auch ganz Duisburg- Hamborn wird sich nicht wieder zu wirklicher Bollkraft erholen können, wenn es nicht gelingt, gerade hier wieder neues Leben erstehen zu lassen."

Nach einer besondern Betrachtung der Lage Wesels be­handelt die Schrift kurz das eigentliche Grenzgebiet, das, vom Fremdenverkehr in früheren Zeiten besonders begünstigt, heute die schweren Schattenseiten dieser Grenz­lage, besonders in Form des Schmuggels, fennenlernen muß. Was einst zum Segen war, hat sich auch hier zum Unheil verkehrt.

Braunhemden in Amerika  

Ein geschäftstüchtiger Mister Smith

Man schreibt uns aus Philadelphia  :

In Philadelphia hat sich jetzt unter der Führung von einem Artur J. Smith eine Organisation gegründet, die dem Adolf Hitler   nachzuäffen versuchen. Die Zeit der Krise scheint ihnen die geeignete zu sein, um ihre sogenannte Ideen, die noch nicht einmal geboren wurden, zu propagie­ren. Die Hauptsache scheint für diese Herrschaften zu sein, sich erst einmal ein Khakishirt zu besorgen und eine ent= sprechende Kopfbedeckung.

Dieser Smith scheint aber auch ein großer Geschäftsmann zu sein: wie feststeht, verlangt er von jedem, der sich in seine Organisation aufnehmen lassen will, 2 Dollar. Einen davon behält er für sich, für den andern bestreitet er seine Orga­nisationsaufgaben. Außerdem hat er sich den Verkauf der Uniformen für einen hohen Preis vorbehalten. Nach seiner eigenen Auffassung ist er das amerikanische   Gegenstück der Hitler und Muffolini.

Neben der Uniformierung fommt natürlich die Bewaff­nung in Frage, ganz so leicht hat es da der Smith nicht,

wie seine europäischen Kollegen, Mordwaffen, wie Revol­ver, Dolch usw. sind wohl vorhanden, aber nicht so leicht zu tragen, da die Geseze dem entgegenstehen. Diese braunen Gesellen werden also mit Knüppel und Gasrohrstücken aus­gerüstet sein. Zunächst sollen alle radikalen Elemente aus­gerottet werden, selbstverständlich kann es ja nicht anders sein, denn noch braucht man ja Geld, die Zeitungen und auch die Popularität, um aber auch die große Masse der in­differenten Arbeiter fangen zu fönnen, hat dieser Smith auch versprochen zu versuchen, J. P. Morgan und die " Sweatshopbosse" zu hängen.

Zwei Tausend dieser Burschen haben auch bereits eine Parade der Veteranen in Philadelphia   gestört und gestoh­len. Sie drängten sich in den Zug und zerstörten die Einheit. Smith selbst gibt die Zahl seiner Anhänger, sicher über­trieben, auf 7000 an.

Die Anfänge dieser Organisation gehen zurüd auf den Bonusmarsch im vorigen Sommer. Smith fam mit seinem fleinen Trupp von Hollywood  , und erreichte gerade an dem

Braune und schwarzweißrote Emigranten

In Prag   und Paris   mehren sich die landflüchtigen Stahls helmer, atmen in Feindesland" auf und zeigen sich hoch= erfrent darüber, daß es noch Demokraten gibt und daß man beim Erbfeind" vor der nationalen Erneuerung" ficher ist. Zwei von ihnen erklärten vor Prager   Emigranten- Auss schüssen, sie seien geflohen, weil sie zuviel wußten und weil ihnen die Einigung aller Deutschen  " lebensgefährlich wurde. Da der Zuzug von dieser Seite andauert, wäre es Bruderpflicht der Deutschnationalen, endlich eigene Emis grantenfomitees einzurichten, denn sie können doch die erste Hilfe für geflohene Stahlhelmer nicht allein den Demokra­ten und Sozialisten überlassen. Die deutschnationalen Blät ter aller Abarten hingegen mögen ruhig weiter auf die marristischen Ausreißer" schimpfen. Aber sie sollten allmäh= lich sagen, wie sie sich zu den landflüchtigen Erneuerern zu stellen gedenken, zumal im Ausland sehr bald mit dem Ans drang getürmter Nazioppofitioneller zu rech­nen ist. Wer soll sich da überhaupt noch auskennen? Defters reichische Naziausreißer find auf der Flucht vor Dollfuß  bereits in Deutschland   eingelaufen, deutsche   Nazioppofi tion flüchtet hinter den Stahlhelmern her nach Kopenhagen  und Zürich  , Prag   und Paris  - es ist notwendig, daß bes rufene nationale Ausschüsse in dieses Durcheinander endlich Ordnung bringen.

Straßbourg  

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