1 DAS BUNI Wie ich den J£opf des Zaren sah Zum fünfzehnten(Todestage des Zaren Pater Jlliodor, ein bekannter rassischer Geistlicher, der zur Zeit in Amerika lebt, hat alS einziger anthen» tischer Zeuge den konservierten Kops des ermordeten Zaren gesehen. Er erzählt hier zum erstenmal diese« grauenvolle Erlebnis und seine aufschlußreiche Bor» geschichte. Im Sommer 1918 kam ich auf Einladung des örtlichen Sowjets nach Jekaterinburg , wo der Zar Nikolaus unter» gebracht war. Ich wurde in das Haus, das der Zar bewohnte, geführt. Eine enge Treppe führte in-einen großen Raum, der mit Koffern, Körben und Säcken vollgestopft war. Es sah aus, als ob jemand mit vielem Gepäck hier eingetroffen war. Eine Minute später stand ich im Zimmer, vor dem Zar und der Zarin. Man ließ mich mit dem Zarenpaar allein. Scheinbar hatte der Zar mich nicht gleich erkannt. Kein Wunder, denn ich trug Zivilkleidung und war glatt rasiert. Plötzlich verklärte sich das Gesicht der Zarin:.Das ist der Pater Jlliodor," sagte sie. Der Zar, der mich fragend angesehen hatte, kam jetzt auf mich zu und sagte:.Ich freue mich auch, Sie hier zu sehen." Ich verneigte mich und bemerkte, daß die Zarin mit einer Handarbeit beschäftigt war, während der Zar im Zimmer aufräumte. Beide versuchten äußerlich ruhig zu bleiben, obwohl das Erlebt« sich auf ihren Gesichtern ab- spiegelte. Wir sprachen über gleichgültige Dinge, erinnerten uns an die gute alte Zeit, und versuchten ängstlich alles zu vermeiden, was sich irgendwie auf Rasputin , durch den ich seinerzeit am Hofe des Zaren eingeführt wurde, beziehen konnte. Als ich dem Zaren erzählte, daß ich soeben aus Amerika zurückgekommen war, fragte er mich, wie der Bot- schaster der russischen provisorischen Regierung Bachmetiew dort empfangen wurde. Wahrheitsgetreu berichtete ich, daß der Empfang sehr feierlich gewesen war. Ich öffnete dann meinen Korb und legte Ostergeschenke auf den Tisch — es war nämlich kurz vor Ostern. Ich erwähnte die alte russische Sitte, zur Osterzeit Gefangene zu besuchen und ihnen Trost zu spenden.„Soviel!" rief die Zarin aus..Was sollen wir damit anfangen?" Ich gab den wohlgemeinten Rat, die Spei- se» mit den Kindern zu teilen, deren Ankunft aus Tobolsk , dem ehemaligen Verbannungsort des Zaren, wohin er von der provisorischen Regierung verschickt war, von Tag zu Tag erwartet wurde. Der Zar beklagte sich über den ewigen Transport aus einem Gefängnis ins ander«, war aber sehr vorsichtig in seinen Ausdrücken, da er scheinbar in mir einen Spitzel fürchtete. Es entstand ein peinliches Schweigen. t Die geheimnisvollen Die Professoren Mondon und Heermann und Jng. Teich- wann in Kassel stellen zur Zeit sehr wichtige und interessante Versuche an, die den Einfluß bestimmter Bestrahlungen ans dt« Pflanz«» erforschen sollen. Man stellt«ine Art Fern- glas auf, das aus Holz besteht und 82 Zentimeter lang ist. An dem einen Ende hat es eine Sammellinse, am andern «in Stück gewöhnliches Fensterglas. Wenn man nun das Fernglas so aufstellt, daß daS Fensterglas einer Topf- pflanze zugewendet ist, so entwickelt diese sich rasch, wächst schlank empor und hat frische, hellgrüne Farbe. Dreht mau aber daS Fernglas um, so daß die Sammellinse der Topf- pflanze zugekehrt ist, so wird diese in ihrem Wachstum ge- hemmt, die Pflanze wächst mehr in die Breite als in die Höhe, und ihre Blätter bekommen eine dunkler grüne Farbe. ES handelt sich hier um merkwürdige Strahlen, die in dem einen Fall fördernd, in dem andern Fall hemmend auf lebende Organismen einwirken. Ursprung und Beschaffenheit dieser geheimnisvollen Strahlen hat man bisher noch nicht ergründet, aber eS ist zu hoffen, daß die eifrige Arbeit der Gelehrten bald zu Erfolgen in dieser Richtung führen wird. Der arme ihoff Van JKitttae I Der Lehrer Iwan Semjonowitsch Trupikosf zupfte seine» schäbigen Anzug zurecht, hüstelte hinter der vorgehaltenen Hand und betrat mit schüchterne» Schritten die Klasse. „Sie haben sich wieder verspätet?" fragte der Wachhabende streng. Iwan Semjonowitsch wurde verlegen und sagte, nachdem er die Klasse höflich begrüßt hatte, leise: .DaS ist die Elektrische, wissen Sie.,, ich habe die Elektrische nicht erreicht." „Ausreden!" sagt« lächelnd der Wachhabende. Der Lehrer setzt« sich schüchtern aus eine Ecke des Stuhles und kniff die Augen zusammen. Seltsam« Erinnerungen drängen sich in seinem Gehirn..« Da tritt er, der Geschichtslehrer, in die Klaff« und alle Schüler erheben sich ehrerbietig. Aber er, Iwan Semjono- witsch Trupikosf, geht mit festen Schritten zum Katheder, öffnet das Journal und... ach, eine ungewöhnliche Stille herrschte in der Klasse! Und dann blickte Trupikosf mit strenger Miene erst in das Journal, dann auf die Schüler, dann wieder ins Journal, dann auf die Schüler, dann wieder ins Journal und nannte einen Name». .Semjonoff Nikolai!" Der Lehrer zuckte zusammen, öffnete die Augen und sagte leise: .Semjouoff...' „Sie wünschen?" fragte der Schüler, mit der Durchsicht eines Markenalbums beschäftigt. „Nichts..." sagte der Lehrer.„Ich habe nur so. Be- achten Sie es nicht." „Was denn, so?" „Nichts, ich wollte nur wissen, ob der Junggenosse Sem- jonofs hier ist." „Hier!" sagte Semjonoff, eine Marke gegen das Licht haltend. Der Lehrer ging durch dip Klasse. „Entschuldigt, Junggenossen," sagte er,„für heute wurde Ihnen aufgegeben... das heißt, ich wollte sagen... wurde Ihnen vorgeschlagen, die Reformen Alexander I. durchzu- nehmen. Verzeihung, also vielleicht würde mir jemand etwas über die Reformen Alexander I. erzählen... Glaubt mir, Junggenossen, ich spreche nur mit Verachtung von den Imperatoren." In der Klasse wurde gelacht. „Das sage ich nur so," sagte der Lehrer.„Ich bin etwas aufgeregt, Junggenossen. Legen Sie meine Worte nicht falsch aus. Ich bestehe nicht darauf. Ich bin sogar froh, wenn Sie nicht erzählen wollen. Ich bin aufgeregt, Jung- genossen..." „Ja, schweig doch mal einen Augenblick!" ertönte ein« Stimme.„Krächzt wie ein Rabe." „Ich schweige. Ich schweige schon...' sagt« der Lehrer. „Ich wollte nur... ich möchte nur leise den Junggenoffen Semetschkin fragen, welche politischen Neuigkeiten er aus der Zeitung„Prawda" erfahren hat." Semetschkin legte die Zeitung beiseite und sagte: „Das soll wohl ein Wink sein? Ja, wissen Sie... ja, ich werbe Sie dafür..." „Aber nein... aber nein, bei Gott nicht... das heißt, von Gott habe ich nichts gesagt... Legen Sie es nicht falsch aus." Der Lehrer beginnt erregt im Zimmer umherzugehen. „Ja, slimmer einem nicht immer vor den Augen heruml" sagte jemand.„Stell dich an die Tafel!" Der Lehrer ging zur Tafel und begann, die Nase am Handtuch putzend, leise zu weinen. (Autorisierte Ueberjetzung aus dem Russischen .). Von State r Jfflodoi Ich rüstete mich zum Aufbruch und fragte den Zaren und die Zarin, was ich ihren Verwandten und Anhängern, falls ich sie irgendwo treffen würde, sagen sollte. Die Zarin senkte den Kopf, biß sich in die Lippen und schwieg. Der Zar er- widerte ruhig:„Wenn Sie unsere Verwandten sehen, dann grüßen Sie, bitte." Beim Abschied schüttelte der Zar mir kräftig die Hand, während die Zarin sich ein wenig von ihrem Sessel erhob. Ich verneigte mich noch einmal und ver- ließ das Zimmer. Unser Gespräch hatte 35 Minuten gedauert. Draußen begegnete mir Woikow sder Kommissar, der später als Sowjetgesandter in Warschau von russischen Emigranten erschossen wurde), er fragte mich, ob ich beeiden könnte, daß ich die richtigen Romanows gesehen habe. „Selbstverständlich," erwiderte ich, einigermaßen erstaunt. Den Sinn dieser Frage sollte ich ein Jahr später erfahren. Am 1«. April 1919 befand ich mich in Moskau im Kreml , um über meine Rückäise zu verhandeln. Ein Beamter er- zählte mir. baß in ganz Rußland Gerüchte im Umlauf seien, daß der Zar in Deutschland lebt und daß er jedem ruffischen Soldaten, dem«S gelingt, zu fliehen, einen silbernen Rubel schenkt. Ter Beamte machte mir plötzlich ein Zeichen, zog einen Schlüsselbund aus der Tasche und forderte mich auf, ihm zu folgen. Wir gingen durch einen dunklen Korridor. Endlich blieb mein Begleiter stehen und öffnete eine Tür. Er führte mich in ein enges, kleines Zimmer, in dem viele Koffer, Körbe und Säcke standen. Es schien mir, als ob ich diese Gegenständ« schon irgendwo gesehen hätte. Plötzlich fiel mir ein, daß es die Gegenstände aus dem Hause des Zaren in Jekaterinburg waren. Das Zimmer hatte zwei Fenster, eine Tür führte in einen anderen Raum. Vor der Tür stand ein verdeckter Gegenstand. Mein Begleiter lüftete den Vorhang. Ich sah in einem groben Glasbehälter ehten menschlichen Kopf. Statt des linken Auges gähnte eine gräß- liche Wunde. Es war der Kopf des letzten Zaren von Ruß- land! Ich stand wie versteinert und konnte meine Augen von dem gräßlichen Anblick nicht abwenden. Der Beamte deckte das Gefäß wieder zu.„Haben Sie gesehen?" fragte er mich. „Ja." erwiderte ich,„ich habe Gepäck gesehen."—„Sonst nichts?" fragte mein Begleiter mit besonderer Betonung. „Nein, sonst nichts", hatte ich den Mut zu erwidern. Wort- loS verlieben wir den Raum des Schreckens. Sonderbarer- weise wurde ich nicht mehr gefragt nach dem, was ich gesehen hatte. Diesen Anblick werde ich aber nie vergessen, so lange ich lebe. Jtttentatsversuch mit(Torpedo? Ein U-Boot im Privatbesitz In einem besonderen Bassin des Halens von LoS Angeles liegt, das einzige in Privatbesitz bettndliche seiner Art, ein U-Boot modernster Konstruktion, das Eigentum der Paramount ist und schon in einer ganzen Reihe von Filmen seine Seetüchtigkeit bewiesen hat. Als vor einigen Tagen das U-Boot zu einer„kriegerischen" Ausnahme auslief, bemerkte der das Torpedorohr bedienende Schauspieler sein früherer Kriegsschiffmatrose), baß die Tor- pcdoattrappe ungemein genau einem echten Torpedo nach- gemacht war, und machte den Ausnahmeleiter darauf auf- merksam. Es stellte sich heraus, daß auf vollkommen rätsel- haste Weise und zu einem unerklärlichen Zweck tatsächlich ein echtes Geschoß unter die Attrappen eingeschmuggelt worden war. Durch die Fachkenntnis des Schauspielers wurde ein unabsehbares Unglück verhütet. Obzwar den Beteiligten strengstes Stillschweigen auf- erlegt wurde, ist das merkwürdige Ereignis doch bald in LoS Angeles bekannt geworden. (Das magnetische Schlüsselloch? Jeder hat wohl schon mit dem Schlüsselloch seine unan- genehmen Erfahrungen gemacht, wenn es sich trotz der Be- mllhungen des Suchens im dunklen Treppenhaus nicht finden lassen wollte. Nicht selten hat allerdings der durch Alkohol oder sonstwie getrübte Geist des Suchenden die Schuld daran, und wahrscheinlich hängt es auch mit der Aufhebung der Prohibition zusammen, daß gerade jetzt der Neuyorker In- genieur Wenk das magnetische Schlüsselloch erfunden hat: ununterbrochen kreist ein magnetischer Strom durch das Loch, während der Rest des Schlosses aus Glas oder Hartgummi besteht. Nähert man sich ihm mit dem Schlüssel,— den man naturlich kennen muß,— so findet der Schlüsielkopf magne- tisch in seine Oeffnung— der Rest ist ein Kinderspiel. Jflon führt nicht gern durch(Deutschtand Die Pariser Blätter berichten, daß der internationale Reiseverkehr über Deutschland in der letzten Zeit st a r k a b- genommen hat. In dem gestern in Paris aus Wien über Deutschland kommenden Schnellzug befanden sich in der Grenzstation in Kehl nur zwei Reisende und im Luxuszug aus Bukarest und Karlsbad nur sieben. Gewöhnlich fuhren tu diesen Zügen durchschnittlich zweihundert Reisende. „Grüß mein Weib und JiindV Zwei Flaschenposten bei Gjedser augeschwemmt Einer Blättermeldung aus Nykjöbing sFalster) in Däne» mark zufolge sind bei Gjedser zwei Flaschenposten an- getrieben worden. Die eine enthält einen Zettel, auf dem mit Bleistift geschrieben mar:„M. S. Adolf, nachmittag 4 Uhr, 18. g. 33. Keine Rettung mehr, Mannschaft verloren. Bier Mann halten sich noch durch Schwimmwesten. Schiff M. S. Adolf, erster Offizier Orgzug, Prerow auf Darß , Kapitän Schröder, grüß mein Weib und Kind." Ter Zettel ist dem Seeamt in Hamburg übersandt worden, damit dieses eine Untersuchung aufnehmen kann. Sadten nidki verfernen Der Kundige „Neulich traf ich einen Schulfreund wieder. Der Mann ist bedeutender Astronom geworden!" „Ach wissen Sie, diese Horoskopstellerei nimmt auch schon überhand!" i„Jugend".) Der verkannte Igel „Ist der KaktuS eine fleischfressende Pflanze, Bater?" „Wie kommst du darauf?" „Eben lief einer durch den Garten... hinter einer MauS her!"(„Fliegende und Meggendorfer Blätter ".) Wohlwollende Kritik „Ihr Klavierspiel? Ich stelle Fortschritte fest! Sie greifen zwar noch häufig daneben— aber immer näher!" („Fliegende und Meggendorfer Blätter ") DaS wird nichts helfen Irgendwo im Salzburgischen hatte ich mit meinem Auto vor einem Gehöft eine Panne. „Woran fehlts denn?" fragte interessiert der Bauer. „Kein Oel," klärte ich ihn auf.„Haben Sie vielleicht ein wenig Oel? Es kann auch Rizinusöl sein". „Raa." meinte der Biedere,„das Hab i nit, aber Karls- bader Salz kinnen S' haben."(„Neue I. Z") Sein Standpunkt „Wenn es wahr ist, daß Sie Arbeit lieben, warum finden Sie da keine?" „Gnädige Frau, Sie wissen doch: Liebe macht blind." („Neue I. Z.") Sie weiß Bescheid Er:„Du glaubst also nicht, daß sie so alt ist, wie sie sagt?" Sie:„Aber, nein! Sieh' mal, mein Lieber, wenn das wahr wäre, dann wäre sie mit zwei Jahren konfimiert worden!" („Matin".) Das Wunder „Das ist ein wunderbarer Anzug, den ich jetzt trage! D-e Wolle kam aus Australien —^englische Kaufleute lieferten sie an eine süddeutsche Firma— in Sachsen wurde sie gespon- nen— in unserer Stadt der Stoff zugeschnitten..." „An all dem kann ich nichts Wunderbares finden!" „Nein, das Wunder daran ist nur, daß so viele Leute von einer Sache leben können, die ich noch gar nicht bezahlt habe!" ^(„Tit-BitS".)
Ausgabe
1 (12.7.1933) 19
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