Zum Abschluß des Reichskonkordats
Papst und Despot
Die Kapitulation des Katholizismus Die Kulturaufgabe der Antifaschisten
Man erinnere sich, wie unversöhnlich die Kurte die Kirchengesetzgebung liberaler und demokratischer Regierungen bekämpft hat! Was die Kirchengesetzgebung Bismarcks und Falks in Deutschland , die liberale Bürgerregierung in Desterreich gegen den politischen Katholizismus getan hat, war mit der Zertrümmerung des ganzen großen katholischen Organisationsgebäudes durch die faschistischen Machthaber nicht zu vergleichen. Und doch ist die Kurie damals Deutschland und Desterreich gegenüber ganz anders unversöhnlich gewesen! Damals hat der Papst die liberalen firchenpolitischen Geseze verflucht, die Gläubigen der Pflicht, ihnen zu gehorchen, entbunden! Und wie unversöhnlich hat die Kurie später die französischen Geseze über die Trennung von Staat und Kirche bekämpft, wie unversöhnlich bekämpft sie jetzt die Kirchengesetzgebung Spaniens , obwohl alle diese Gesetzgebungen doch den Katholiken die Freiheit der Organisation und der Presse, die Freiheit des Kampfes für ihre Anschauungen von Staat und Kirche und selbstverständlich erst recht die Freiheit des Glaubensbekenntnisses und des Kultes nicht schmälern. Den deutschen Nationalfaschismus, der die Freiheit der Katholifen ganz anders vernichtet hat, behandelt Rom mit weit größerer Versöhnlichkeit. Faschistische Regierungen finden in Rom weit mehr Verständigungsbereitschaft als demokratische."
Mitte Juli.
Die Moselbewohner zeichneten sich in den letzten Jahren durch ihre außerordentliche Anhänglichkeit an Hitler aus. Dies ist zum großen Teil auf die katastrophale Lage des deutschen Weinbaues zurückzuführen, die natürlich die kleinen Winzer am schwersten trifft und sie mit den gerade herrschenden politischen Verhältnissen sehr unzufrieden macht. Man erwartete an der Mosel Wunderdinge vom Hitlerregime. Die geplanten, sehr bescheidenen Maßnahmen zur Hebung des Weinbaues und Weinhandels, die wir in einem späteren Artikel behandeln, versprechen aber wenig Aussicht auf Erfolg. Man ist schon kritischer geworden, aber man hofft noch immer.
Der Bewohner von Burg Thurandt an der Mosel hat schon feit längerer Zeit Hitler zu einem Besuch eingeladen, und die armen Weinbauern seßen nun ihre ganze Hoffnung darauf, daß es dem Herrn Geheimrat gelingen würde, Hitler von den für die Winzer notwendigen Maßnahmen zu überzeugen. Es schwirren dauernd Gerüchte von einem Besuch des Reichskanzlers durch die Dörfer und versetzen immer wieder die Bevölkerung in die freudigste Erregung. Als in der vergangenen Woche die Nazileitung erkennen mußte, daß kein großes Interesse an der nationalsozialistischen Sonnwend feier in Koblenz bestand, kamen ihr diese Gerüchte sehr zustatten. Am Tag vor der Feier überflog der Zeppelin die Untermosel und irgend ein Wizzbold oder gerissener Geschäftsmann streute das Gerücht aus, Hitler komme mit dem Zeppelin zur Sonnwendfeier nach Koblenz . Nun stand es für die Winzer fest, daß er anschließend Burg Thurandt besuche. Die Nazileitung trat dieser Fabel in keiner Weise entgegen, sondern veranlaßte die Betrogenen, sich schnell die fehlenden Uniformstücke anzuschaffen und zum Empfang nach Koblenz zu fahren.
Die erwartungsvolle Erregung der Bauern verdeutlicht die folgende, sehr ergötzliche Geschichte. In Cattenes ging das Gerücht um, der ehemalige Kronprinz komme zu einem Besuch nach dort. Man schmückte den ganzen Ort, und auch die Fähre war geflaggt. An der Mosel ist man troß der schlech ten Verhälnisse- mit einem Fest schnell bei der Hand. Nun
Werden die katholischen Arbeiter Deutsch lands in diesen Tagen diesen Friedensschluß zwischen Berlin und Rom verstehen? Die katholischen Arbeiter, die in den Bergwerfen und Stahlwerken Rheinland - Westfalens fronen, sind heute nicht weniger erbittert als ihre sozialdemokratischen Klassengenossen. Auch die christlichen Gewerkschaften sind„ gleichgeschaltet". Auch ihre Gewerkschaftshäuser und Arbeiterheime hat faschistische Gewalt ihnen geraubt. Auch sie werden von SA.- Leuten mißhandelt und in das Konzentrationslager geschleppt, wenn ein brauner Spizel sie vernadert. Werden sie, die treuesten Söhne der katho lischen Kirche in Deutschland , es verstehen, daß der Vatikan die Vernichtung ihrer Organisation anerkennt und mit den faschistischen Diktatoren ein Konkordat abschließt?
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Die evangelische Kirche ist in Deutschland völlig gleichgeschaltet" worden; sie wird nur noch ein dienendes Organ der faschistischen Gewalt sein, die sich der Kirche bemächtigt, die bedeutendsten Repräsentanten der evange lischen Kirche, sowohl Männer der Kirchenverwaltung, wie Pastoren, unter ihnen Gelehrte ersten Ranges, davongejagt hat. Der katholischen Kirche in Deutschland ergeht es immerhin besser; sie kann, da sie eine übernationale Or= ganisation ist, nicht so völlig verstaatlicht werden. Aber auch sie schließt nun mit dem faschistischen System Frieden.
hat Dr. Reuter, Facharzt für Hals- und Ohrenleiden, Kob lenz , Antisemit und ehemaliger deutschnationaler Stadtverordneter, die löbliche Gewohnheit, von Zeit zu Zeit seine Kollegen vom Aerzteverein zu einer Sauftour an die Mosel einzuladen. Just an dem Tage, da der Kronprinz in Cattenes erwartet wurde, fuhr Dr. Reuter mit seinen Kumpanen in zehn Autos an die Mosel und ließ sich in Alken nach Cattenes übersetzen. Dort hatten sämtliche Vereine, einschließlich der nationalsozialistischen und der Feuerwehrfapelle, Aufstellung an der Fähre genommen und waren natürlich sehr enttäuscht, als sie erkennen mußten, daß sie die Gefoppten waren.
Der Weinort Loef machte jedoch von jeher eine gute Ausnahme von dieser seltsamen Begeisterung für die„ nationale" Sache. Dort hat das Zentrum seine Schäfchen fest in der Hand und stellte selbstverständlich auch den Gemeindevorsteher, einen sehr geachteten, alteingesessenen Bürger. Dieser wurde bei der Generalreinigung von der Regierung vergessen abzusetzen.( Heute kann nur ein Mitglied der nationalsozialistischen Partei Ortsvorsteher sein.) Der Zentrumsvorsteher weigerte sich aber, den braunen Zuchthauskittel bei einer Festlichkeit zu tragen. Da wurden die hohen Behörden aufmerksam, sägten ihn ab und setzten einen kommissarischen Vorsteher gegen den Willen der ganzen Gemeinde ein. Deffentlich erklären die Nazis aber immer wieder heuchlerisch, die Selbstverwaltung würde nicht angetaftet.
Die Kleinsten an der Spitze
In dem sogenannten Weltblatt„ Kölnische Zeitung " liest man folgende Sorgen:
" Köln- Klettenberg, 29. Juni.
Fein sieht es aus, wenn die Jugend stramm marschiert. Und jeder freut sich, wenn sie förperlich ertüchtigt wird. Doch sei sowohl zum Marschieren besonders wie zur förperlichen Ertüchtigung allgemein ein kleines Wort der Kritif gestattet. Ist es richtig, wenn bei einer Abteilung Jungen immer die größten vorne sind und den Tritt angeben, wäh
Versteht man, welche Wirkung das auf Denken und Fühlen tener deutschen Volksmassen, die bisher unter dem geistigen Einfluß der Kirche geblieben sind, üben wird? Man hat sich in Europa oft darüber gewundert, wie widerstandslos die orthodoxe Kirche in Rußland von dem Bolschewismus zertrümmert werden konnte. Man hat oft nicht verstanden, wie es gekommen ist, daß die russischen Volksmassen ihre Kirche nicht widerstandsfähiger verteidigt, der gewaltigen Propaganda des russischen Freidenfertums nicht stärkeren Widerstand entgegengesetzt haben. Aber jeder, der Rußland fennt, fennt auch den Grund: die orthodoxe Kirche ist, zumal in den letzten Jahrzehnten ihres Bestandes, nichts anderes mehr gewesen als ein Werkzeug der zaristischen Staatsgewalt. Der Zar war ihr Papst und in jedem Popen sah das Volk nur einen Diener, nur ein Vollzugsorgan der verhaßten Barengewalt. Deshalb ist mit dem Zarismus auch die Kirche gefallen. Nichts ist für eine Kirche gefährlicher, als wenn sie dem Volke als dienender Bundesgenosse verhaßter despo tischer Gewalt erscheint...
Es gibt nur eine Macht, deren Feindschaft gegen das Hakenkreuz unversöhnlich ist und dauern wird, bis die Hakenkreuzlerische Tyrannei niedergerungen sein wird. Diese Macht ist die Arbeiterklasse, ist die Sozialdemokratie.
rend die Kleinen der hintern Reihen springen müssen, um mitzukommen? Vielleicht sieht es so schneidiger aus, aber für die jüngern Kinder ist es eine unnötige Anstrengung. Sie sollten nach vorne geholt werden und das Tempo angeben. Beim Militär treten bei langen Märschen die Tetzten Kompanien vorne an. Wenn es sich bei den Märschen durch die Stadt auch nicht gerade um lange handelt, so ist doch das Pflastertreten ermüdend. Und zwischen der Leistungsfähig= keit der Neun- und Dreizehnjährigen ist ein großer Unterschied.
Zur förperlichen Ertüchtigung allgemein: Nichts soll übertrieben werden. Wir dürfen nicht vergessen, daß Großstadtjugend nicht in so hohem Grad widerstandsfähig ist wie z. B. die vom Lande. Sie bedarf ganz besonders allmählicher Gr= tüchtigung. Am Tage der Volkszählung zog eine Schar kleiner Jungen aus, um den freien Schultag zum Wandern zu benußen. Sie waren mit Rucksäcken und Decken so bepackt, daß sie teils den Eindruck machten, als kämen sie schon müde vom Marsch zurück. Das ist doch nicht der Sinn der Sache. Mir scheint ferner, daß die Führer dieser Jugendabteilungen etwas zu jung sind. Neunzehnjährige fönnen im allgemeinen noch keinen Maßstab haben, was Kinder aushalten, denn sie haben doch zu wenig Erfahrung. Vielleicht ist dies ein brauchbarer Vorschlag: Man werbe in den politischen Organisationen um erfahrene Führer für die Jugendgruppen. Gewiß wird mancher gern die dankbare Aufgabe übernehmen und ein geeignetes Betätigungsfeld für seine Erfahrung finden. E. M. Hütte. Mehr als lange Abhandlungen beweist diese Zuschrift, wie jetzt drüben die Jugend„ ertüchtigt" wird.
Gehirn wird Nebensache und Pflastertreten die Hauptsache.
Verantwortlich: für die Redaktion Joh. Piz; Inserate Hubert Jüttner, beide in Saarbrücken . Druck und Verlag: Volksstimme" G. m. b. H., Saarbrücken , Schüßenstraße 5.
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