Deutsche   Stimmen

Feuilletonbeilage der Deutschen Freiheit"

Deutsche Bühne in Braun

Das Ende der freien Volksbühnenbewegung im Reiche

Das deutsche   Theaterwesen ist jetzt endgültig unter die braune Walze gekommen. Die Theaterkunft, die von den lebendigen Kontrasten der Menschen lebt, die unendlich viel­seitig das Schicksal abspiegelt in der Fülle und der Bunt­heit der Wirklichkeit und des Traums: in Hitlerdeutschland find menschliche Konflitte, Liebe und Trauer, Sehnsucht und Erlösung. der höheren Ordnung des totalen Staates"

unterstellt.

Der Reichsleiter der Deutschen   Bühnen, Dr. Walter Stang  , ordnet an:

Es besteht Veranlassung, auf die Anordnung des stell­vertretenden Führers der NSDAP.  , Rudolf Heß  , vom 11. April 1933 hinzuweisen, nach der der vom Kampf­ bund für deutsche Kultur   gegründete Reichsverband Deutsche Bühne als einzige Theaterbesucherorganisation für die NSDAP  , anerkannt wird. In diesem Zusammen hang wird auch daran erinnert, daß der Reichsleiter des Kampfbundes für deutsche Kultur  , Pg. Alfred Rosenberg  , am gleichen Tage angeordnet hatte, daß die nächste Aufgabe des Reichsverbandes sei, die vor­handenen Besucherorganisationen nach einheitlichen Richt­linien zusammenzufassen und durch unablässige Werbung dem deutschen Theater neue Freunde in allen Volks­schichten zu gewinnen".

Alles ist organisiert, jeder hat seinen Posten... Es gibt 15 Landesleitungen mit eigenen Geschäftsstellen, in die die ganze Vielheit und Vielseitigkeit der Theaterverbände mit Swangsgewalt eingefügt werden...

Die Volksbühne nimmt Abschied

Der außerordentliche Voltsbühnentag, der im Preußischen Landtag zusammentrat, hat einstimmig die Ueberleitung des Bühnenvoltaverbandes, der Gesamtorganisation der Deutschen Voltsbühne, in den Reichsverband Deutsche Bühne beschlossen.

Der bisherige Verbandsvorsitzende, Unterstaatssekretär Baate, gab, so berichtet die Sitler- Presse, in feiner Ab schlußrede einen Ueberblick über die Voltsbühnenbewegung von ihren Anfängen vor 43 Jahren in Berlin   über bie Beiten, da der Verband 500 000 Mitglieder umfaßte, bis zu dem Augenblick, da der Durchbruch der nationalsozialistischen Bewegung und des totalen Staates eine einheitliche, all­umfassende Organisation der deutschen Theaterbesucher her: beiführte. Der Redner gab der Zuversicht Ausdruck, daß die tragende Idee der Boltsbühne: Die Kunft dem Volke", in der Bewegung der Deutschen" Bühne" ihre Vollendung finden und damit das Ziel erfüllt werde, das sich die Volks bühne gesteckt habe. Der Generalsekretär des Verbandes, Albert Brobbed, berichtete, daß zu Ostern in der Boltsbühnenbewegung noch 500 000 Mitglieder in 244 Ber einen zusammengeschlossen waren, und daß sich die Ueberz leitung in die Deutsche Bühne überall reibungslos und in

angenehmen Formen vollzogen habe. Anläßlich der Uebers leitung fonnte eine reelle Geschäftsführung und ein durch­aus geordnetes Kaffenwesen, das für die folide Arbeit der

Verantwortlichen spreche, festgestellt werden.

Nach Abschluß der Tagung, die rasch zu dem entscheidenden Auflösungsbeschluß fam, dankte der Reichsorganisas tionsleiter Karl August Walther   im Auftrage des Reichsleiters der Deutschen   Bühne, Dr. Walter Stang  , den leitenden Herren des Voltsbühnenverbandes, insbeson dere dem Generalsekretär Brodbeck, für die loyale Durch führung der schwierigen Ueberführungsarbeiten. Er sicherte den Teilnehmern der Bersammlung zu, daß die gesunde Jdee der Deutschen   Boltsbühne nicht nur erhalten bleiben, sondern in der von der nationalsozialistischen Bewegung ins Leben gerufenen Organisation sich erst recht zu voller Blüte entfalten werde...

Wir zweifeln daran. Der Hakenkreuz- Ungeist, im tiefften unproduktiv, ist außerstande, die Idee der Volksbühne zu erhalten. Die Volksbühne, die mit dem Aufstieg des deutschen Theaters in den vergangenen vierzig Jahren untrennbar verbunden ist, ihre Arbeit, die Hunderttausende dem Ver­ständnis und dem Interesse für die Bühne zuführte da=

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von wird unter den groben und unverständigen Fingern der neuen Machthaber nur noch eine schöne Erinnerung übrig bleiben. Welche Rolle die bisherigen Führer der Volksbühne bei dieser Ueberführung ins braune Lager gespielt haben, das ist bis zur Stunde undurchsichtig geblieben, weil man auf die Nachrichten der gleichgeschalteten Presse angewiesen ist.

Die Freie Volksbühne in Saarbrüden ist nicht gleichgeschaltet. Sie besteht. nach wie vor weiter und behält alle ihre bisherigen Tätigkeitsgebiete.

Auch der Volksverband der Bücherfreunde

Wie die Pressestelle des Reichsverbandes Deutsche Bühne" mitteilt, hat der Volksverband der Bücherfreunde seine gesamte Theaterorganisation der Deutschen Bühne" zur Verfügung gestellt. Sämtliche Zweig­stellen, über die der Volksverband in Berlin   verfügt, wer­den zugleich als Anmelde- und Zahlstellen der Deutschen Bühne eingerichtet. Auch in anderen Städten des Reiches ( Hamburg  , Breslau   usw.) wird es zu einer Zusammenarbeit zwischen der Deutschen Bühne" und dem Volksverband der Bücherfreunde  " kommen.

Volkskanzler, hei!

Das Lied des SA.- Proleten

Dieses Gedicht, geschrieben für die Deutsche   treuen Proletenherzen und sollten ein klein Freiheit", erreicht uns aus einem belgischen Grenzort. Sein Verfasser, ein Arbeiter, schreibt uns dazu: Ich sende beiligend einige Knüppelverse. Ob Ihr sie brauchen könnt, weiß ich nicht. Jedenfalls kommen sie aus einem

Das Gedicht dieses Tapfere"" autet:

Volkskanzler, hei!

Dir sind wir ewig treu. Wir wissen ja, daß Du es bist,

Der uns herausführt aus dem Wi

Drum schwören wir aufs Neu, Dir jeden Tag die Treu.

Boltskanzler, bei!

Noch sind wir Dir getreu. Wir glauben noch an Deine&

Die Freiheit bringt und Arbei

Die Zweifeler, bet Gott, Die schlagen wir gleich tot.

Volkskanzler, hei!

Sag an, was das denn sei.

Gar plötzlich weht ein andrer Wind,

-

Sag an, was das für Sachen sind?

Zu End die Revolution?

Wo bleibt denn unser Lohn!

Volkskanzler, hei!

' s ist alles alt wie neu.

Es fizen ja, Pozz Tod und Dred

Die alten Maden fest im Spec.

Troß hunderttausend Reichen

Regieren noch die Reichen.

wenig die Dinge zeichnen, wie ich sie fommen sehe. Ich bin eifriger Leser der Deutschen Frei­heit", fann mir sie leider nur Sonntags kaufen, denn wenn man acht hungrige Mäuler stopfen muß, reicht es nicht weiter."

Boltskanzler, hei! Verfluchte Schweineret.

Sind wir gefolgt Dir Mann für Mann Für einen tollen, leeren Wahn?

Was machen unsere Führer, Die Brand-, die Hezeschürer?

Volksgenoffen, hei!

Die sind jetzt schon dabei,

Mit flinker Hand und heißen Köpfen Für sich das Fette abzuschöpfen.­Derweil wir armen Luder, Erschlagen unsern Bruder.

Bolkskanzler, hei!

Mit Deiner Kumpanei

Beizeiten mögt die Koffer paden.

Bevor die S. euch faßt beim

Die ihr ganz frech belogen

Und ganz gemein betrogen.

Boltskanzler, hei!

Dein Spiel ist bald vorbei.

Das Bolf reckt die verkrampften Glieder, Hat endlich seine Freiheit wieder. SA. marschiert im gleichen Tritt mierten roten Reiche mit.

Ereignisse und Geschichten

Man wird mit seinem schlechten Gewissen leichter fertig als mit seinem schlechten Rufe. Friedrich Nietzsche  

( Die fröhliche Wissenschaft  ", Buch I.)

Stahl- Kirche

Christen! Christen sind das!

Es hat unsrer evangelischen Kirche der Stahl im Blut gefehlt, es hat ihr gefehlt der Geist eines Gustav Adolf  . Wir brauchen innerhalb der evangelischen Kirche etwas von der inneren Verbindung zwischen wehrhaftem Staat und wehrhafter Kirche, wie sie zu Zeiten Gustav Adolfs be= standen hat. Eine Kirche, die sich so unsicher und schwach fühlt, daß sie bei Neugestaltung ihrer Form durch den Staat um die Wortverkündigung bangen muß, zeigt damit ihren Man­gel an Gottvertrauen, denn Gott der Herr ist und bleibt stär­fer als der Staat und würde den Staat zu zertrümmern wissen, der seiner Wortverkündigung sich entgegenstellt."

Diese Zeilen entstammen einem Aufsatz des protestantischen Nazi- Kirchenkommissars Landrat Dr. Krummacher, veröffentlicht am 10. Juli im Stadtanzeiger" zur Köl­ nischen Zeitung  ". Ein Liter Blut, ein Meter Stahl, ein Stück Gustav Adolf- das ist die Kirche, mit der Gott der Herr" ist. Dieser Krummacher kann es nicht erwarten, bis bieder protestantische Heere des Schwedenkönigs sengend und brennend durchs Land ziehen.

In Dortmund   sprach Pg. Prinz August Wilhelm auf dem Westfalen  - Treffen u. a.: Wenn ich auf mein Leben zurückblicke, so schien mir früher Kultur eine Selbstverständ­lichkeit. Was in jeßiger Zeit begriffen werden muß, ist dies: geleiten kann sie die Kultur, nicht leiten. Das Leiten geht von einer anderen Kraft aus, von unserem großen Führer, den Gott, der Herr, uns geschenkt hat."

Karl der Kühne  

Jetzt bekommt er seinen Lohn

Der Direktor der psychiatischen Klinik in Heidelberg  , Pro­fessor Karl Willmanns, ist vom Statthalter beurlaubt worden. Willmanns  , ein Deutschnationaler, hat ror einiger Zeit in einer Vorlesung über Geisteskrankheiten erklärt, Hitler, der damals noch nicht Reichskanzler war, zeige alle typischen Merkmale eines pathologischen Hysterifers. Nach den Wahlen vom 5. 3. 1933 wurde Willmanns   verhaftet. Als erschwerender Umstand gilt, daß der Professor in seiner Vorlesung voraussagte, Hitler   werde im Irrenhaus enden...

Durch ein Mißverständnis..

In einer Leipziger Zeitung las man folgende Todes­anzeige:

Statt jeder besonderen Anzeige Alfred Elfer

geboren 26. September 1886, gestorben 19. April 1938. Durch ein Mißverständnis wurde mir mein Mann entrissen.

Um stilles Beileid bittet

Martha Lotte Elfer geb. Weinert, nebst Angehörigen. Das Mißverständnis bestand darin, daß Alfred Elfer für ein Jude gehalten wurde. Deshalb wurde er umgebracht, nur weil sein Gesicht jüdisch aussah. Wenn er wirklich ein Jude gewesen wäre, dann wäre es kein Mißverständnis ge­wesen. Und Deutschland   will doch noch als Rechtsstaat gelten. Mehr noch: als Kulturstaat. Es ist ein Mißverständnis.

Talentprobe für Präfekten  

Mussolini   läßt sich täglich die Liste der Geburten vor­legen und macht die Präfekten   dafür verantwortlich, wenn zu wenig Geburten gemeldet werden."

( Else Frobenius   in der Deutschen Allgemeinen Zeitung", 9. Juli.)

Was man sich zuflüstert

Es wird vorgeschlagen, analog dem Reichsbeamten- und Anwaltsgefeß folgende Reglung für das Dirnenwesen zu treffen:

Beruflich tätig sein dürfen nur noch folgende Dirnen: 1. diejenigen, die rein arisch sind im Sinne der beamten rechtlichen Bestimmungen; 2. diejenigen, die das Gewerbe seit 1914 ausgeübt haben; 3. diejenigen, deren Mütter im Kriege gefallen sind.

Hitler   besucht die Marinemanöver in Kiel  . Als er mit einer fleinen Barkasse zum Panzerkreuzer B fährt, fällt er infolge eigener Unvorsichtigkeit ins Wasser. Er wird ge­rettet. Nach seinem Retter fragend, wird ihm mitgeteilt, daß ein gewisser Markus Kohn ihn aus dem Wasser gezogen habe. Kohn wird dem Volkskanaler vorgestellt. Hitler   ergeht sich in allgemeinen Bemerkungen, daß er prinzipiell feinen Unterschied zwischen Rassen und Konfessionen mache. Schließ­lich fragt er den Kohn, welchen Wunsch er ihm erfüllen fönne. Markus Kohn: Herr Hitler  , ich habe eine Bitte. Er­zählen's niemand weiter, bringen ses nicht in die Zeitung. Meine Glaubensgenossen schlagen mich sonst tot."