Feuilletonbeilage der ,, Deutschen Freiheit"
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Ereignisse und Geschichten
Adrienne Thomas hat vor einigen Jahren eines der ergreifendsten Kriegsbücher geschrieben:„ Kathrin wird Solda t." Es war ein aufwühlendes Bekennt nis zum Humanismus und zur Idee des Friedens, das diese Schriftstellerin mit einem Schlag zur Welt: berühmtheit brachte, Nach Jahren des Schweigens ist fie aus der Fremde in ihre lothringische Heimat zurückgekehrt und schildert( in der soeben erschienenen Num
Jahren, schlug seine Stunde auf einem Scheiterhaufen: Und sie bewegt sich doch!"" Und sie bewegt sich doch!" ruft es in dieser Nacht aller Welt vernehmbar von den Holzstößen in die Sonnenfinsternis hinein und sie bewegt sich doch!" trotz Mondenschein und sie bewegt sich doch!" auch für uns, trop Egil!
mer der„ Bunten Woche“) die Eindrücke ihrer Rückkehr. War ich es?"
Diese Schilderung leitet sie mit folgendem feierlichen Proteft gegen die Hitler - Barbarei ein:
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Heute, da ich darangehe, diese Eindrücke einer Lothringenreise zusammenzustellen, rauchen im Dritten Reich die Scheiterhaufen, um den Ungeist der Vergangen heit den Flammen anzuvertrauen". Einer Anklage, die sich auf Argumente stützt, wie„ dünkelhafte Verhunzung der deutschen Sprache" und" demokratisch- jüdische Prägung", hat man fein einziges Wort entgegenzustellen. Dieser Ungeist" fann auch auf jegliche Rechtfertigung verzichten. Er ist bereits gerade über diese Scheiterhaufen auf dem direktesten Weg in die Geschichte eingegangen. Nur für uns selbst, für unsere Kriegsgeneration, möchte ich feststellen, daß er es war, der uns in einem Leben, dessen Phasen Inflation, Verarmung, Krise, Nationalsozialismus hießen, die Haltung iener persönlichen Tapferkeit gab, die von uns in all diesen Jahren in weit größerem Umfang gefordert wurde als im Krieg. Bei uns handelte es sich um einen permanenten Kampf. Wir hatten nicht Schuß und Unterstand. Uns traf es immer. Vernichtete mühselig Aufgebautes, schwer errungenen Erfolg und viele Existenzen. Nur uns selbst nicht. Wir standen wieder auf, fingen wer weiß noch, zum wievielten Male? von vorn an und wollten in der Grausamkeit unserer Epoche noch etwas Naturgewaltiges, den Atem von etwas mitreißend Neuem spüren. Ein Glaube, der in diesen Tagen der totalen Sonnenfinsternis zwar betäubt, aber nicht erstickt werden konnte.
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Auch diesmal, das geloben wir in dieser Stunde dem " Ungeist", auch diesmal werden wir aufstehen und uns in Reth und Glied stellen für die, die jetzt auf dem Felde der Ehre geblieben sind. Denn das Naturgewaltige, das mitreißend Neue, an bas wir glauben, ist etwas uraltes, ist: menschliches Erfenntnisvermögen. Schon einmal, vor genau dreihundert
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Alfred Kece
schreibt in der Pariser Zeitschrift Les Annales" über Deutschland . Der erste Absatz des Artikels sei hier wiedergegeben:„ Habe ich den Reichstag in Brand gesteckt? Habe ich die Greuel begangen?( Es wurden Greuel verübt und viel mehr als die, welche bekannt wurden.) Habe ich in Paraden und in Feuerwerken die letzten Pfennige eines verarmten Voltes verpulvert? War ich es etwa, der sich Sozialist" nannte und dabei von der Schwerindustrie bezahlt wurde? War ich es, der sich„ ultranational" nannte und dabei das Ausland bis in die letzte Kleinigkeit nachäffte? War ich es, der sich„ Patriot" nannte und dabei Deutschland balkanisierte? War ich es, der sich„ heldenhaft" nannte und dabei einen feigen Krieg gegen eine ohnmächtige Minorität führt?( Es gibt in Deutschland mehr als hundert Arier auf einen Juden.) War ich es, der„ Tod den Volschewisten!" rief und dabei Bolschewismus schafft? War ich es, der„ Nieder mit der Korruption!" rief und die kleinen Verbrecher in Retten warf und die großen beschützt? War ich es, der schwor," legal" zu bleiben und dabei die Revolution verkündete? War ich es, der die Disziplin verkündend die Menge zu wilder Leidenschaft aufreizt und erlaubt, daß in den Straßen Lieder gesungen werden, die Aufforderung zum Mord find?"
An einer anderen Stelle des Artikels heißt es:„ Mein teurer Gerhard Hauptmann , mit dem ich ein Leben lang befreundet war, weiß genau, daß ich aus Deutschland verbannt bin, daß es allen deutschen Zeitungen verboten ist, auch nur ein Wort von mir zu drucken, daß mein Leben wie mitten entzweigeschnitten ist. Trozdem hat er mir auch nicht einmal eine Postkarte geschrieben... Offenbar hat dieser Dichter des Altruismus Respekt für die Herren und Vergessen für die Opfer..."
Ullstein verlegt Richthofen
,, Es liegt vohl im Blute eines Germanen"
Der Verlag Ullstein hat das Buch:„ Der rote Rampfflieger" von Manfred Freiherr von Richthofen neu herausgegeben, und Reichsminister Göring hat das Vorwort zu diesem Buche geschrieben. Zu diesem Verrat verkündet der Preußische Ministerpräsident und Reichstagspräsident:
" Ohne Wehrhaftigkeit gibt es feinen Staat, tann es feine stolze und ehrliebende Nation geben".
Diese Worte seien durch die nachfolgenden Zitate aus dem Richthofen- Buch illustriert:
S. 42: Wie ich wieder runterfam stand ich inmitten einer murrenden und murmelnden Menge feindselig blickender Jünglinge. Ich hätte so eine kleine Rauferei ganz
gern gemocht. Ich fühlte mich mit meiner Pistole in der Hand ganz kolossal sicher..."
S. 42: Die Einwohner hatten sich, wie ich später erfahren habe, sowohl einige Tage vorher gegen unsere Kavallerie als auch später gegen unsere Lazarette sehr aufrührerisch benommen, und man hatte eine ganze Menge dieser Herren an die Wand stellen müssen..."
S. 47:„ Sofort ließ ich das Haus nach ihnen durchstöbern ( Franktireurs), fand aber keinen mehr. Wir fanden noch die Schrotspriße am Fenster stehen und mußten uns auf andere Weise rächen. In fünf Minuten stand das ganze Haus in Flammen.
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G. 47:„ Es liegt wohl im Blute eines Germanen, den Gegner, wo man ihn auch trifft, über den Haufen zu rennen, besonders natürlich Kavallerie..."
S. 49:„ Der Gegner hatte uns glänzend überrumpelt. Er hatte uns wohl von Anfang an beobachtet, und wie es dem Franzosen nunmal liegt, aus dem Hinterhalt seinen Feind zu überfallen, so hatte er es auch in diesem Falle wieder
versucht."
S. 51: Nebenbei bemerkt, hingen drei Tage darauf mehrere von den Gastgebern( Mönche) an dem Laternenpfahl, da sie es sich nicht hatten verkneifen können, sich an dem Krieg zu beteiligen..."
S. 121: Nun kommt eine echt englische
Augen Gemeinheit..."
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in meinen
S. 122:„ Gestern schoß ich den Einunddreißigsten ab, vorgestern den Dreißigsten. Lothar hatte gestern seinen ersten Luftkampf. Er war sehr befriedigt, denn der Gegner war angeschossen.' runtergefallen ist er natürlich noch nicht, denn das wäre zu viel Schwein beim erstenmal gewesen..."
S. 123: Dem Franzosen liegt es, aus dem Hinterhalt zu überfallen und einen anderen aufzulauern..."
S. 101:„ Mein Beobachter schoß feste mit dem Maschinengewehr unter die Brüder und wir hatten einen wilden Spaß baran..."
Jch aber ging über die Grenze...
Meinen Vater sperrten sie ein.
Meines Bruders Hand nahmen fie,
fagten:" Das find Proletenhände? Haha
Und dein Bruder, der Hund, will das Wort führen für fie?"
An meiner Mutter Schrei'n tehrten sie sich nicht.
Kehrten sie sich nicht.
Ich aber ging über die Grenze.
Ueber die Berge, da noch der Schnee lag, auf den die Sonne brannte durch die dünne Luft. Und der Schnee drang ein in meine Schuhe.
Nichts nahm ich mit mir als meinen Haß. Den pflege ich nun. Täglich begieße ich ihn mit fleinen Zeitungsnotizen von kleinen Morden, nebensächlichen Mißhandlungen und harmlosen Quälereien.
So bin ich nun einmal. Und ich vergesse nicht. Und ich komme wieder
über die Berge, ob Schnee liegt,
oder das Grün des Frühlings die Höhen bedeckt, oder das Gelb des Sommers, oder das dunkle Grau des Herbstes, der den Winter erwartet.
Dann steh, ich im Lande, das sich befreien will, mit einer Stirn, die zu Eis geworden
in den Jahren, da ich wartete.
Dann sind meine Augen hart, meine Haare weiß, aber mein Wort ist noch da, die Kraft meiner Sprache und meine Hand, die des Revolvers eiserne Mündung zu führen versteht.
Ueber die Straßen geh' ich der Heimatstadt, über die Felder, die mir verloren gingen, auf und ab, auf und ab.
Wir werden nicht martern.
Wir sind ja nicht Bestien in Menschengestalt; aber ohne Lächeln werden wir sein, ohne Versöhnung.
Dies und jenes hat man getötet in uns, das wird sich rächen
ob wir wollen oder nicht.
Meinen Bater sperrten fie ein.
Meines Bruders Hände betafteten fie,
wie der Megger befühlt das Maul der schlachtreifen Ruh. Und an meiner Mutter Schrei'n,
meiner Muter Schrei'n,
kehrten sie sich nicht.
Wir zweifeln nicht daran, daß auch das deutsche Volt, das Franz Lehar kein Komponist für Nazis wieder wie in den Tagen des großen Stahlbads zu Mord und Brutalität erzogen wird, seinen„ wilden Spaß" an den Erlebnissen des roten Kampffliegers haben wird. Und wir beglückwünschen den Verlag Ullstein zu dem ebenso fühnen wie geschäftstüchtigen Einfall, dem neuen Deutschland dieses Buch- mit einer Widmung des Reichstagsbrandstifters Göring versehen auf den Geburtstagstisch zu legen.
Uuglückliche Fügung
Es fehlt den Nazis an Persönlichkeiten
In unbewachten Momenten entschlüpft selbst der Nazifeder die Wahrheit. In Nr. 187 des„ Völkischen Beobachters" triumphiert ein sicherer Robert Scholz über die Entfernung von bekannten Männern wie Wäzold, Justi und Friedländer von der Leitung der Berliner Museen und ihre Ersetzung durch gesinnungstüchtige Nazi- Nullen. Dabei unterläuft dem Verfasser folgendes Geständnis:
In ihre( Wäzolds, Justis und Friedländers) Hände war eine Macht gelegt, von deren Reichweite sich der Außenstehende kaum eine Vorstellung machen kann. Und es war eine unglückliche Fügung des Schicksals, daß die marristischen Machthaber zur Verwirklichung ihrer
Der Kampfbund für deutsche Kultur propagiert den Boykott der Operetten von Franz Lehar . Die lustigen Witwen der Nazis werden mit den Melodien des Kapellmeisters Fuhsel auch glücklich werden. Lehar ist entrüstet über den Boykott, da er sich niemals politisch betätigt hatte. Allerdings habe sein Bruder, ein General, einmal die deutsche Kriegsführung kritisiert. Als ob das fein Grund wäre!
Von dort her ziehen die echten Germanen
Die nationalsozialistische Parteiforrespondens beugt". demnächst fälligen Enthüllungen über Hitlers tschechische Abstammung dadurch vor, daß sie plößlich schreibt:„ Es ist ein großartiger und versöhnender Zug des unerforschlichen Schicksals, daß aus Böhmen , dem deutschen Kern= lande der österreichischen Monarchie, in Adolf Hitler uns der Mann erstand, der auf dem Stuhle Bis-, marcks das große Werk der Einheit vollendet. Wir fürchten: auch das ist eines Tages eine jüdische Er findung.
zerfegenden Kulturpolitit in diesen Männern Selfer von Das acische Schachbrett
einem überdurchschnittlichen Ausmaß der Persönlichkeit und Anlage fanden.
Ach ja, das ist überhaupt so eine unglückliche Fügung", daß in der Literatur, in der Malerei, beim Theater, kurzum auf fast allen Kulturgebieten die Männer von„ überdurchschnittlichem Ausmaß" auf Seiten der Geistesfreiheit stehen, während sich um den Göbbelsschen Reklamelautsprecher, der das Rasseln der Sklavenketten verschluckt und übertönt, nichts als geistarme Streber und Honorarschinder sammeln. Wirklich nur eine unglückliche Fügung des Schicksals? Ach nein, es ist ein ehernes Gesetz aller menschlichen Entwicklung, daß Geist und Freiheit einerseits, Dum m= heit und Sklaverei andererseits unlöslich zusammengeschmiedet sind!
Keine Christen
Graf Reventlow gibt in seinem Reichswart" offen zu, daß die Anhänger des Hakenkreuzes nicht als Christen bezeichnet werden können.„ Wir nennen uns Christen, sind es aber nicht und können es nicht sein. Das Christentum stimmt nicht mit unserer Rasse überein. Der ans Kreuz geschlagene Asket ist der Gott der Altgewordenen und Kranken."
Der deutsche Schachbund hat sich an Göring gewandt, um eine für den Verband wichtige Frage zu klären, nämlich, ob dem Verband auch Personen angehören dürfen, deren Großväter nicht eindeutig arifcher Abstammung waren. Die Frage ist negativ beantwortet worden.
Was wird nach diesem Diktum aus dem deutschen Schach werden? Die besten Spieler, die Deutschlands Schachruhm durch die Welt trugen, waren Juden: Steiniz, Tarosch, Lasker , um nur ein paar Namen zu nennen. Auch am Schachbrett behalten diese Arier ihr vom Großvater her stammendes individuelles Brett vor dem Kopf.
Tote Nation
„ Nach einer solchen Epoche sich der Jdee des Schwertes verkaufen und über Geist und Geistesfieg mit forporalsmäßiger Grobheit lachen, nein, glauben Sie mir, das ist eine tote Nation."