Paris   gegen deutsches Chaos

Erregung in der französischen   Presse- Ablehnung Hendersons- Die Geheimrüstungen

Kelneriel Vertrauen zu Hitler

Paris, 21. Jult.

Die französische   Presse nimmt die Verhandlungen Hendersons mit Hitler   zum Anlaß, um erneut und mit ver­stärktem Nachdruck auf die deutschen   Geheim­rüstungen hinzuweisen. Sie schreiben heute unter anderem:

,, L'Intransigeant"

Herr Henderson muß schon über eine reichliche Dosis von Naivität verfügen, wenn er sich einbildet, daß ein freund­schaftliches" Gespräch genügen kann, um das abgrundtiefe Mißtrauen zu zerstreuen, das gegenüber Herrn Hitler  jeder Franzose empfindet, ganz gleich, ob er politisch links oder rechts steht, ob er Nationalist oder Internationalist ist. Dieses Mißtrauen ist gerechtfertigt nicht nur durch die fortlaufenden schriftlichen und mündlichen Erklärungen Hitlers   und seiner engsten Mitarbeiter, sondern vor allem auch durch die Taten der neuen Regierung. Es ist für niemand ein Geheimnis, daß Deutschland  seine geheimen Rüstungen seit ein paar Monaten in einem geradezu wahnsinnigen Tempo und Ausmaß beschleunigt und for= ciert hat. Der notwendige Grad von Freundschaft­

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Alle scine Anbicderungen umsonst

lichkeit" läßt sich überhaupt nicht in Zahlen ausdrücken, den Herr Hitler   mobilisieren müßte, um Herrn Daladier  vorzugaukeln, daß er alle diese Rüstungen nur aus Frie­densliebe und im besonderen aus Liebe zu Frankreich   ge­macht hat!-

,, Le Quotidien":

Deutschland   hält es heute nicht einmal mehr für erforder­lich, seine gewaltigen geheimen" Rüstungen zu verhüllen. Doch die Welt ist nicht mehr so naiv, wie sie es im Jahre 1914 war. Europa   ist hellhörig geworden; und jedermann, ohne Rücksicht auf die Partei, ist entschlossen, aus den von Deutschland   präsentierten Tatsachen die not­wendigen Konsequenzen zu ziehen!

Le Journal de Débats  ":

Das Ende" der Revolution, das Herr Hitler   proklamieren zu können geglaubt hat, bedeutet keineswegs, daß die deutsche Politik deshalb eine andere geworden ist. Im Gegenteil: die Dittatur ist grausamer denn je, die Taktik der Abwürgung Oesterreichs   wird von den amt­lichen Stellen ganz ungeniert verfolgt; die Rüstungen betreibt man offen und den Vier- Mächte- Pakt" be­müht sich Berlin  , schon jetzt zu verdrehen und zu miß­

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brauchen. Der neudeutsche Germanismus geht strupel­Ios seinen Weg und er wird weiter Europa   ins Unglück stürzen!

,, La Liberté":

Selbst wenn sich in Genf   eine Mehrheit für die Kontrolle der verbotenen Rüstungen gemäß Artikel 213 des Ver­sailler Vertrages finden sollte, und selbst wenn sich dann ergeben sollte, daß Deutschland   mit dieser Kon trolle doch nur Schindludertreibt, dann ist noch nicht das geringste gewonnen. Solche Kontrollen sind zur Ohnmacht verurteilt, wenn nicht dahinter eine starke Exekutive steht.

,, Le Témps":

Der Führer", der eine verzweifelte Aehnlichkeit mit dem sagenhaften Bauberlehrling" aufweist, hat sich jetzt gegenjene zu wehren, die allzu blind seinem Wort und seiner Lehre Glauben geschenkt haben und die heute als BoIschemisten verschrien und verfolgt werden, weil sie fordern, daß das alte nationalistische Programm durchgeführt wird.- Im übrigen: im deutschen   Chaos nußen sich die Systeme sehr schnell ab. Und die Personen nicht minder.

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Poincaré am Horizont& Todesurtelle?

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Mussolini   trifft Daladier- Italienisch- französische Annäherung auf Kosten Deutschlands   Keine deutsche Grenzrevision!

Paris  , 21. Juli. Raymond Poincare   ist wieder aus der Versenkung aufgetaucht. Er weilt gegenwärtig auf seinem Landsiz Sampigny  , wo er eifrig an seinen Memoiren arbei­tet. Er empfing einen Mitarbeiter des Excelsior, dem er über das Viermächteabkommen erklärte: Alles hängt von dem Gebrauch ab, den man hiervon machen wird. Die Einstellung scheint sowohl bei den Italienern als auch bei uns günstig zu sein. Wir haben ein Interesse daran, die Mißverständnisse zwischen beiden Ländern sich nicht anhäufen zu lassen. Ich habe gelesen, daß Daladier beabsichtigen soll, bei einer Kren: zerfahrt im Mittelmeer   Mussolini   zu treffen. Das ist eine ausgezeichnete Jdee. Eine derartige Besprechung tönnte zu einem gerechten Ausgleich zwischen Frankreich   und Italien  führen. Es scheint auch, daß Polen   und die Sowjets ans Furcht vor Hitler   eine Annäherung fuchen. Ein Urteil über den Reichskanzler zu fällen, lehnte Poincare   mit der Be merkung ab, er äußere fich niemals über Persönlichkeiten, die er nicht kenne; man täusche sich so oft über diejenigen, die man zu kennen glaube.

Paris  , 21. Juli. Der Außenpolitiker des Echo de Pas ris" verlangt, daß vor Natifizierung des Viermächteabkoms mens gewisse Fragen geklärt würden, die mit der Interpres tierung dieses Instruments zusammenhängen. Das Blatt ist besonders beunruhigt über die Auslegung, die der englische  Staatssekretär für Auswärtige Angelegenheiten, Sir John

Simon, am 11. Juni unter Ausschluß der Presse vor dem Royal Institute of international Affaires gegeben haben soll. Simon habe die Grenzrevision als Ziel bezeichnet und sich vom Viermächteabkommen Ergebnisse versprochen, die weder das Schiedsgerichtsverfahren, noch der wirkungslos bleibende Artikel 19 des Völkerbundspaktes geben könnten. Die eng lische Regierung wolle also, so erklärt Echo de Paris", eine Aenderung des territorialen Status quo auf Kosten der frans zösischen Verbündeten vornehmen. Frankreich   laufe Gefahr, im Viererrat" isoliert zu werden, um so mehr als außer vagen Zugeständnissen in der Anschluß- und in der Ab­rüstungsfrage de Jonvenel in Rom   teine Klärung der kons treten italienisch- französischen Probleme( Flottenfrage, Do­

Strafanträge gegen 17 Jungkommunisten wegen Ermordung von zwei SA.- Männern

Köln  , 20. Juli. Nach viertägiger Verhandlung stellte heute der Erste Staatsanwalt die Strafanträge im Prozeß gegen siebzehn Kommunisten wegen der Ermordung von zwei SA.­Männern und des versuchten Mordes an einem weiteren SA.- Mann und an einem Polizeibeamten. Der Staatsanwalt beantragte gegen alle acht Hauptangeklagten die Todesstrafe sowie Zuchthausstrafen bis zu 15 Jahren. Er erklärte alle Hauptangeklagten für gleich verantwortlich, da sie als Sol­daten der Roten Armee  " grundsätzlich mit Vorsatz und Ueberlegung gehandelt hätten. Es set ein klarer Mordbefehl ausgegeben und dieser auch als solcher verstanden und aus­geführt worden. In beiden Fällen hätten die Täter aus dem Hinterhalt auf Wehrlose geschossen, sagt der Staatsanwalt.

nanorganisation, Beziehungen zu Südslavien, Nordafrikas   Es riecht nach Parfüm

nische Frage nim.) an, erzielen vermochte. de Jonvenel habe es sich zur Regel gemacht, allen diesen Fragen aus dem Wege zu gehen und sich auf Ideologien zu beschränken.

Von Hitler   zu Daladier  

Die Reise Hendersons

München, 21. Juli. Bei der geftrigen Zusammenkunft des Reichskanzlers und des Reichsaußenministers mit Hens derson wurden die in den Berliner   Besprechungen noch offen gebliebenen Punkte erörtert. Henderson begibt sich heute nach Paris  .

Berlin   über Henderson

Eine halbamtliche Auslassung

Berlin  , 21. Juli. Die Mitteilungen, die gestern abend über die Münchener   Besprechungen zwischen dem Reichskanzler und dem Präsidenten der Abrüstungskonferenz ausgegeben wurden, sind knapp gehalten, aber nichtsdestoweniger recht aufschlußreich, indem sie das Gesamtergebnis der deutschen  Verhandlungen mit Henderson feststellen. Das Ziel bleibt die Erreichung eines Abkommens auf der Abrüstungskonfe renz, und Henderson wird in Berlin   wie in München   haben feststellen können, daß Deutschland   loyal und tonsequent auf dieses Ziel hinarbeitet. Die Tür für weitere Verhandlungen, bei denen Deutschland   den gleichen Geist der Versöhnlichkeit zeigen wird wie bisher, bleibt offen. Henderson scheint in

München   nunmehr offiziell eine Zusammenkunft zwischen

werden müssen. Der unglaubliche Rosenberg mag einiges davon bei seinem Besuch in England gefühlt haben und in Nenyort scheint der Gouverneur Smith Herrn Schacht einiges davon mit rücksichtsloser Freimütigkeit zu verstehen gegeben haben.

Ich hoffe, die englischen Arbeiter werben der alten Tradis tionen unseres Volfes eingebenk sein.

Der Beschluß der Gewerkschaften für einen Boykott

Deutschlands   entspringt einem gesunden Instinkt. Unters

wahre Deutschland  , bas iegt nur noch unterirdisch existiert, deffen müssen wir alles tun in Wort und Tat, daß das die Gewißheit gewinnt, daß die einzige Hoffnung für die

europäische   Zivilisation für uns darin liegt, daß es seine Entschlossenheit und seinen Mut wiederfindet. Denn in legter Linie besteht das Geheimnis der Freiheit in dem Mut zum Widerstand. Das freiheitliebende Deutschland   muß kämpfen, um die Freiheit wieder zu gewinnen. Ein stolzes Volk mit der großen geistigen Erbschaft Deutschlands   kann es nicht lange ertragen, von Leuten beherrscht zu werden, die abfichtlich blind find für alle Eigenschaften, durch welche fich der Mensch vom Tier unterscheidet. Wenn dieser Tag des Widerstandes dämmert, dann wird es nur wenige Eng­länder geben, die nicht neue Hoffnung für die Menschheit schöpfen. Denn dieser Tag wird die Wiedergesundung Deutschlands   bedeuten, die Wiederkehr der Hoffnung auf Weltfrieden. Und dieses nene. Deutschland   wird den Haupts mann Göring in das Irrenhaus sperren, in das er gehört,

dem Reichskanzler und dem französischen   Ministerpräsidenten vorgeschlagen zu haben.

Wie die deutsche Politik hierzu steht, ergibt sich klar aus dem gestrigen Kommunique: Eine derartige Zusammenkunft würde einer eingehenden diplomatischen Vorbereitung be­dürfen. Die Unterzeichnung des Viermächtepattes genügt an sich nicht, um die Voraussetzungen für den Erfolg einer direk­ten deutsch  - französischen Aussprache zu schaffen. Mit gut ge= meinten Improvisationen, wie sie Henderson offenbar im Sinne hat, find die tiefgehenden Gegensäße zwischen Deutsch­ land   und Frankreich   nicht aus der Welt zu schaffen. Außer­dem ist das Abrüstungsproblem keine deutsch  - französische Kontroverse, sondern eine Angelegenheit, in der der franzö­fische Standpunkt zu demjenigen der meisten anderen Konfe­renzteilnehmer,

Widerspruch stebt. Solange man in Paris   bieje Verb:

Verantwor=

tung Frankreichs   leugnet und dafür Tag für Tag die Schuld für die Schwierigkeiten der Abrüstungskonferenz auf Deutsch­ land   schiebt und dem zu diesem Zweck erfundenen Begriff der deutschen   Aufrüstung als Vorwand für die Verweigerung der kleinsten Abrüstungsmaßnahme nimmt, müssen die Ver­ständigungsaussichten sowohl zwischen Frankreich   und der abgerüsteten Deutschland   als sehr gering erscheinen.

Coty   gründet eine Partei

Paris  , 21. Juni. Die faschistischen Neigungen des Parfümfabrikanten Coty   sind seit langem bekannt. Ohne seine persönlichen Ambitionen allzu ernst zu nehmen, ge­winnt aber der Aufruf zur Gründung einer Partei der fran­ zösischen   Solidarität, die gegen die füdisch- marristi= schen- freimaurerische 3ersezung gerichtet ist, gerade in dem Augenblick, in dem selbst bei den französischen  Sozialisten sich eine Tendenz zur Abkehr vom Internationa­lismus bemerkbar macht, eine gewisse Bedeutung. Die neue Partei, die vorerst als ein Sammelbecken der Elemente ge­dacht ist, die unter dem Motto Frankreich   den Franzosen im erwachten Vaterland" die Klassengegensäge zu über brücken gewillt sind, hat als Abzeichen den den heimischen Boden verteidigenden gallischen Hahn gewählt.

Germanische Rechtsformen" Die neue deutsche Verfassung ist auch nur abgeschrieben

Zürich  , 20. Juli  .( Inpreß.) Während die Hitlerregterung ihre neue Verfassung mit der einfachen Volksbefragung" für eine Wiederbelebung alter germanischer Rechtsformen ausgibt, macht die Neue Zürcher Zeitung  " darauf aufmerf­sam, daß unter Napoleon   dem Ersten und Napoleon   dem Dritten insgesamt sieben Voltsabstimmungen veranstaltet wurden, die man so vorzubereiten wußte, daß die überwäl­tigenden Mehrheiten nie ausblieben.

Post abgestürzt

Flat( Alaska), 21. Juli. Der amerikanische   Welt­flieger Wiley Post  , der gestern Ruby überflog, ist hier mit seinem Flugzeug abgestürzt, blieb aber unverletzt.

Abrüftungskonferenz, wie auch zwischen Frankreich   und dem Schwarzer Tag in Amerika  

Wirklich?

Gewaltige Kurs- und Preisstürze

In der USA  . erfolgte am Freitag ein Sturz der Aktiens furse und Warenpreise, der wohl die größte Baisse darstellt,

lich  " Anfang September Der Reichstags- Brandstifterprozeß ,, voraussicht- die in der Geschichte der USA  . jemals zu verzeichnen war. lich" Anfang September

Leipzig  , 21. Juli. Von zuständiger Seite wird uns über den Stand des Verfahrens in der Reichstagsbrandsache mit

geteilt:

Nachdem die gerichtliche Voruntersuchung gegen einen Teil der Angeschuldigten schon vor einigen Tagen abgeschlossen worden war, ist sie nunmehr auch gegen die übrigen An­geschuldigten durch den Untersuchungsrichter des Reichs­gerichtes geschlossen worden. Die Voruntersuchung hat sich lungen länger hingezogen. Die Atten werden von dem Ober­infolge des großen Umfanges der anzustellenden Ermitt reichsanwalt mit der Anklageschrift gegen die Hauptbeschul digten in den nächsten Tagen dem 4. Straffenat des Reichs­gerichtes vorgelegt werden. Mit der Hauptverhandlung in der Sache kann hiernach wohl für die erste Hälfte des September Sache kann hiernach wohl für die erste Hälfte des September gerechnet werden.

Voraussichtlich!"" Wohl!" Wir werden sehen...

Elf Kinder ertrunken Bei einem Schulausflug

Paris  , 21. Juli. Bei einem Schulausflug im Departe. ment Loiret ertranten während einer Kahnfahrt elf Kinder und ein Geistlicher.

Schweres Eisenbahnunglück Sechs Tote und zwanzig Verletzte

Benevent  , 21. Juli. Auf dem Bahnhof Solopaca stießen heute nacht zwei Personenzüge zusammen. Sechs Eisenbahns und Postbeamte wurden getötet, 20 Reisende verlegt, davon vier schwer.