Die Madonna aus Porzellan
Der Papst bekommt ein Geschenk aus Berlin zum Dank für das Konkordat Papen erhält einen der höchsten päpstlichen Orden zur Krönung seiner Vermittlerrolle- Die Entrechtung und Entmachtung des deutschen Katholizismus ist besiegelt...
Am Donnerstag ist in Rom unter feierlichem Gepränge bas Konkordat des Vatikans mit Hitler- Deutschland unterzeichnet worden. Für den Papst erledigte der Kardinal- Staatssekretär Pacelli , für Deutschland Herr v. Papen die letzten Förmlichkeiten. Ein Staatsakt murde vollzogen, der nicht nur für den deutschen Katholizismus von größter Bedeutung ist. Denn man muß lange in den Annalen der Geschichte blättern, um das Gegenstück zu einer solchen Unterwerfung der Kirche in ihren weltlichen Aufgaben unter die Befehlsgewalt einer Staatsautorität zu
finden.
Was war geschehen? Jn immer heftigerer Weise war der deutsche Katholizismus in den vergangenen Monaten unter den Terror des politischen Gleichschal. tungsprozesses gezwungen worden. Die Zentrums. partei wurde genötigt, sich selbst aufzulösen. Die christ. lichen Gewerkschaften wurden unter schmählichen Be schimpfungen ihrer katholischen Führer von Ley in Besitz genommen. Die katholischen Gesellenvereine und Jugendverbände wurden drangsaliert, ihre Büros besetzt, ihre Mitglieder beschimpft und geprügelt. Die bekannten Er eignisse in München , die in Gegenwart des Herrn v. Pa pen erfolgten, waren das Signal zu einem förm lichen Bernichtungsfeldzug gegen das ge. samte katholische Verbandswesen, das auf selbständige Führung Anspruch erhob. Kurz nachher wurden in der Pfalz und anderswo die katholischen Priester in hellen Scharen mißhandelt, Pfarrhäuser wurden im Sturm genommen nur weil die Geistlichen gemäß einem bischöflichen Rundschreiben für die Erhaltung der konfessionellen Schule eingetreten waren. Es schien, als ständen wir unmittelbar vor Beginn eines wüsten„ Kulturkampfes" gegen die Kirche im Zeichen des Hakenkreuzes.
-
Unter diesem Druck setzten sich die katholischen Kirchenfürsten, nachdem alle Vorstellungen in Berlin alle versöhnlichen Beschlüsse der Fuldaer Bischofskonferenz ergebnislos geblieben waren, für die Kapi. tulation ein. Der Heilige Vater, der über die Vor. gänge in Deutschland , über die Mißhandlungen der Priester und der kirchentreuen Gesellen genau unterrichtet worden war, war nicht ohne weiteres bereit, die Waffen der kirchlichen Autorität vor dem brutalen machtpolitischen Zugriff der Hitler - Trabanten zu strecken. Aber schließlich mußte er sich zu Verhandlungen entschließen und Herrn von Papen, der ihm als Wegbahner der brau nen Gewalthaber nicht sonderlich sympathisch war, als Vermittler annehmen.
Nun liegt das Konkordat vor. Es bringt die vollkoms mene politische Entrechtung der Geistlichen. Es besiegelt den Untergang des Zentrums, dem genau das Schicksal der italienischen Popolari bereitet wurde. Es verzichtet auf die Erhaltung einer Reihe von Organisationen, die an Größe und Bedeutung ihress gleichen fuchten: des Volksvereins für das kas tholische Deutschland in München- Gladbach und anderer Verbände sozial- weltanschaulichen Gepräges, von den
katholischen Jugendorganisationen, die bereits gewaltsam aufgelöst wurden, ganz abgesehen...
Dieses Konkordat ist ein Schlag gegen die katholische Kirche in Deutschland , von dem sie sich nicht so schnell wieder erholen wird. Sie hat sich trotz des göttlichen Auf trags, mit dem sie sich schmückt, als ein Instrument er wiesen, das sich der irdischen Gewalt bien st bar macht, wenn diese nur mit den nötigen harten Faust gegen Sachen und Seelen aus gerüstet ist: Wir wissen aus dem Munde von katho lischen Priestern selber, daß der in Rom besiegelte Prestigeverlust der Kirche in der Welt der Gläubigen verheerende Folgen haben wird.
Aber beinahe noch verhängnisvoller ist die Art, wie jetzt dieses Konkordat be mäntelt werden soll. Herr von Papen läßt sich daüber folgendermaßen aus:
„ Der Vatikan ," erklärte der Vizekanzler,„ set ohne Zögern an das Vertragswerk mit dem neuen Deutschland herangegangen in der Ueberzeugung, daß der Kampf gegen den Bolschewismus und die Gott losenbewegung eine so lebensentscheidende Aufgabe ift, daß die Kirche jedem ihre Unterstützung leihen muß, der sich diese Aufgabe gestellt hat. In diesem nenen Deutschland ist ihr ein besonders starter und wichtiger Fattor entstanden...."
Diese Aeußerungen des Herrn von Papen sind nach unserer Auffassung eine Lästerung der Kirche, wie sie kaum ferer Auffassung eine Lästerung der Kirche, wie sie kaum ein„ Gottloser" wagen würde. Denn hier wird dem Batikan unterstellt, er habe das Konkordat abgeschlossen
aus lauter Dankbarkeit darüber, daß das neue Deutschland den ,, Kampf gegen den Bolschewismus" führt. Daß diese Identifizierung des Hitler- Deutsch lands, zu dem die Aechtung aller Andersdenkenden mit Einschluß der Katholiken, die Erledigung der Pressefrei heit, die ungezählten Mordtaten, die Konzentrationslager unauslöschlich gehören, mit der katholischen Kirche für diese die schlimmste Schmach be deutet: das kommt Herrn v. Papen nicht in den Sinn. Denn das alles gehört mit zum Kampf gegen die„ Gott losen". Je mehr Prügel, desto mehr bestätigt sich nach seiner Auffassung Deutschland als„ besonders starker und wichtiger Faktor" des Christentums.
Run, zunächst ist Herr v. Papen bekoriert worden. Er hat, wie man offiziös meldet, einen der höchsten päpstlichen Orden erhalten. Es geschah unter folgenden Zeremonien:
Rom , 20. Juli. Kardinal- Staatssekretär Pacelli
überreichte heute dem Bizekanzler v. Papen das Groß:
frenz des Pins Ordens und dem Ministerials
direktor Buttmann ein Lichtbild des Papstes mit eigen händiger Unterschrift. Nach Vorstellung seiner Begleitung erhielt Oberregierungsrat v. Bose aus den Händen des Kardinal- Staatssekretärs Pacelli den Komtur des Gres gorius- Ordens und Herr v. Tschirschky und Bögendorf den Komtur des Silvester- Ordens. Vizekanzler v. Papen überreichte dem Kardinal- Staatssekretär als Geschenk der Reichsregierung eine Madonna anz weißem Meißener Porzellan. Sie ist 1 Meter hoch und eine Kopie der 1732 von dem Künstler Kirchner in den
Sie suchten und fanden...
- Die
Eine Propaganda- Ausstellung der Geheimen Staatspolizei deutschnationalen Kampfstaffeln mit Hammer und Sichel.....
Das Hitler- offiziöfe- Conti- Nachrichtenbüro teilt mit: Das Geheime Staatspolizeiamt gab einigen Pressevertretern Gelegenheit, einen Bruchteil des bei deutschnationalen Kampfstaffeln anläßlich ihrer Auflösung aufgefundenen fommunistischen 3ersegungs= materials zu besichtigen. Das Material stammt allein aus dem Gebiet einer einzigen Kampfstaffel, der Kampfstaffel Berlin- Oberschöneweide. Das gesamte beschlagnahmte Material würde bei einer Ausstellung ein Haus füllen. Die Ausstellung zeigt, in welchem Maße diese aufgelöften Or: ganisationen von aktiven Kommunisten durchsetzt waren. Interessant ift dabei, daß der ehemalige Reichskampfrings führer Staatssekretär z. D. v. Bismarck die Durchsetzung der Kampfstaffeln mit Marristen auch heute noch abstreitet, obwohl dieses Material deutlich für sich spricht.
In dem Museum
fieht man zunächst eine große blutrote Sowjetfahne mit Hammer und Sichel, darüber ein Bild von Mar Hölz und daneben ein Bild von Hugenberg, eine nicht reiz lose Zusammenstellung. Neben dem Berg der schwarz- weiß roten Armbinden der Kampfstaffel Oberschöneweide fieht man einen Berg von roten Armbinden mit Sowjetstern und Sammer und Sichel und dem Stempel des Antifaschistischen Kampfbundes Oberschöneweide. Jedes Mitglied der deutschnationalen Kampfstaffeln hatte also sozusagen seine zweite rote Armbinde, um seine Uniform im passenden Augenblick in eine tommunistische zu verwandeln. Waffen aller Art und aller Größen find aufgestapelt, Dolche, Revolver, Karabiner, Gewehre u. dgl. m. Eine
ganze kommunistische Bibliothet hat man bei den Mitgliedern beschlagnahmt. Bei der Bes fichtigung dieser Sammlung hat man unweigerlich das Gefühl, als ob die antifaschistischen Häuserstaffeln ge= schlossen in die deutschnationalen Kampf= staffeln übergetreten seien. Aufschlußreich ist die Zusam menstellung der Berichte von allen Polizeirevieren Preußens über die Kampfftaffeln. Die seiner Zeit bei der Auflösung gemachten Angaben aus einzelnen Bezirken werden durch diese Berichte ergänzt. So gehörten von 27 Mitgliedern der Kampfstaffel im Gebiet des 46. Berliner Polizeireviers 26. bis zum 30. Januar der KPD. an. In München waren von 80 Mitgliedern 25 ehemalige Marriften, in Bielefeld gehörten in einem einzigen Bezirk von 34 Mitgliedern sechs der KPD. an, darunter befand sich der Führer der fom= munistischen Häuferstaffeln Bielefeld und des Kampfbundes gegen den Falchismus, 23 der Mitglieder gehörten hier früher der SPD. an. Die Vorstrafenregister sind auch
außerordentlich interessant. Man kann nach dieser Uebersicht sagen, daß sich in Berlin die Kampfstaffeln
bis zu 70 Prozent aus Vorbestraften zusammensetzten; einzelne von ihnen hatten bis zu zwanzig Borstrafen, darunter Zuchthausstrafen wegen Mordes, wegen Totschlags, wegen Raubüberfalls, wegen schweren Rückfalls diebstahls, wegen Hehlerei, wegen Abtreibung, auch wegen Störung chriftlicher Gottesdienste. Der größte Teil dieser Vorbestraften, ungefähr die Hälfte der Kampfftaffelmitglies der, war aus der Kirche ausgetreten und auch seit ihrer Mitgliedschaft bei den deutschnationalen Kampfstaffeln noch im Freidenferverband.
,, Material"
Da sagten die Kinder, Die Geschichte war sein! Erzähl' uns noch eine- Lieb' Großmütterlein...
Wir glauben der Geheimen Staatspolizei kein Wort. Denn so dumm sind die Kommunisten nicht, daß sie mit Sack und Pack in die deutschnationalen Kampfstaffeln eintreten und gleich ihr ganzes Propa. gandamaterial mitbringen. Die Herren„ Geheimen" sind noch nicht lange im Amt, aber sie verstehen sich bereits vortrefflich aufs agitatorische Brillantfeuerwerk. Die Liste der„ Vorbestraften" klingt so, als ob sie im Wortlaut aus den Personalakten einer SA- Kampf staffel abgeschrieben worden wäre.
Fehlt es an Beweisen? Der frühere engere Mitarbeiter und Vorsitzende der verflossenen Deutschnationalen Partei, der Abgeordnete Oberfohren, hat, wie man weiß, Selbstmord verübt. Das„ Neue Tagebuch" in Wien veröffentlicht jezt Aufzeichnungen Oberfohrens, worin er den exakten Nachweis über den von Göring arrangierten Reichstagsbrand führt. Er teilt weiter mit, daß das belastende Material, das man sofort nachher bergehoch in den„ Katakomben" des KarlLiebknecht- Hauses sichergestellt haben soll, samt und sonders erst dort hingebracht worden ist, damit es gefunden" werde. Der Leser erinnert sich gewiß noch über die angeblichen Beweise für un mittelbar bevorstehende kommunistische Terrorakte, die
Meißener Porzellanwerken hergestellten Originals. Unters ftaatssekretär Erzbischof Pizzardo erhielt ein Delgemälde des deutschen Professors Philipp Frank, den Park von Sanssouci darstellend, und Unterstaatssekretär Ottas viani einen filbernen Teller mit Reichsadler. Auf allen Geschenken befindet sich die Widmung: 3 ur Erinne rung an das Reichskonkordat 193 3."
Man könnte über den Austausch solcher Geschenke unter solchen Umständen bitteren Spott gießen. Wir verzichten darauf. Hier dokumentiert sich die Tragödie einer großen überweltlichen und überzeitlichen Organisation, wie sie die katholische Kirche darstellt, in einer Weise, die jeden Außenstehenden erschüttern und erschrecken muß.
Aber was wirklich noch tragischer ist: die katho Iische Welt in Deutschland , vergewaltigt und entmachtet, wird so tun, als ob die Unterzeich= nung dieses Konkordats ein Werk des Friedens und der Versöhnung darstelle. Die deutsche katholische Presse wird viele Federn in Bewe gung setzen, um den Papst und den Herrn v. Papen im Schmucke des Pius- Ordens als Träger einer neuen Aera der Beziehungen zwischen Staat und Kirche in Deutsch land zu feiern. Bon den Kanzeln wird befehlsgemäß dieses Konkordat den erstaunt aufhorchenden Gläubigen verlesen und gepriesen werden....
Welch ein Symbol, daß die Madonna, die die Hitler . Regierung dem Papst überreicht hat, aus zerbrechlichem Porzellan ist!
Melde gehorsamst"
Die Rettung der abendländischen Kultur!
Rom , 20. Juli. Vizefanzler von Papen hat anläßlich der Unterzeichnung des Konkordate folgendes Telegramm an den Reichskanzler gesandt: Ich melde Ihnen die foeben erfolgte Unterzeichnung des Reichskonkordats, dessen Text nach Vereinbarung mit der Kurie Samstag nachmittag 6 Uhr veröffentlicht wird. Dank Ihrer großzügigen und weisen staatsmännischen Auffaffung von der bedentsamen Aufgabe der christlichen Kirche beim Neubau des Dritten Reiches ist damit ein Wert vollendet, das späterhin als eine historische Tat des Nationalsozialismus anerkannt werden wird. Nur die Wiederherstellung der christlichen, nationalen und sozialen Grundlagen wird es ermöglichen, die abendländische Kultur erfolgreich gegen alle Angriffe zu verteidigen, und Deutschland wird für diese historische beit das unerschütterliche Bollwerk bilden...
Der Linzer Bischof Johannes Maria Gfoellner fordert im Linzer Diözesanblatt alle Gläubigen auf, Gebete gegen die Nazis zu sprechen, denn die drohenden Gefahren erfordern besondere öffentliche Ge=
ben eingeschüchterten Bürger in Angst und Schreck vers setzen sollten, damit er am 5. März Hitler wähle. Die neuen Funde" des Geheimen Staatspolizeiamts scheinen ähnlich gute Arrangeure gehabt zu haben. Man braucht Material zur Rechtfertigung des bereits begangenen und noch bevorstehen den Terrors hier ist es! Wir stellen uns die Guckaugen der gleichgeschalteten Pressevertreter vor, wie sie mit tiefem Abscheu vor so vieler Verworfenheit im legalen deutschnationalen Gewande die Feder zücken! Denn das ist das Jammervolle an diesem neuen Deutsch land : daß es nicht nur die Knute über sich duldet, sondern auch glaubt, daß ihre Schläge gut und notwendig seien. Und daß das alles unantastbar wahr ist, was unter dem Sonnenzeichen des Hakenkreuzes an die Oeffentlichkeit gelangt.
Der neue Wirtschaftsberater Ein Vertrauensmann des Großkapitals!
Nachdem Adolf Hitler den bisherigen Reichswirtschaftskommissar Dr. Wagner abgesetzt und ihn auch aus dem Wirtschaftspolitischen Amt der NSDAP . hinausgeworfen hat, wurde mitgeteilt, daß Adolf Hitler den weiten Kreisen bis dahin völlig unbekannten Reichstagsabgeordneten Wilhelm Keppler als wirtschaftspolitischen Berater be= rufen hat. Diese Ernennung kam überraschend, denn Keppler hat bisher keiner höheren Parteiinstanz angehört und feine größere Rolle gespielt. Man erfährt aber auch den Grund seines plößlichen Aufstieges: er ist Hitler von den Unternehmerführern Thyssen und Krupp empfohlen worden. Denn der neue Beauftragte für Wirtschaftsfragen ist einer der vielen jungen Leute", die die westdeutschen Industriebarone in die NSDAP . delegierten und die daraufhin prompt ihr Reichstagsmandat erhielten.
Keppler ist von Beruf Ingenieur und versteht von wirtschaftspolitischen Fragen im Grunde genommen nicht mehr als ein mittelmäßig begabter technischer Betriebsleiter. Er ist seit zwanzig Jahren im Ruhrgebiet als Direktor verschiedener kleinerer Konzernbetriebe tätig gewesen, wo er jederzeit ein williger Untergebener der Industrieherren und Großkapitalisten war. Seine hervorragendsten Eigenschaften sind Scharfmacherei und absolute Ergebenheit gegenüber kapitalistischen Wünschen. Und dieser Vertrauens. mann des Großkapitals ist jetzt Hitlers engster Berater in allen Wirtschaftsfragen!