,, Schluß damit"

200000 Emigranten

Die Deutsche Allgemeine Zeitung" schäßt die Zahl der politischen Emigranten, die Deutschland verlassen haben, auf 200 000. Das Blatt fordert von der Reichsregierung geistige Abwehr gegen die Propaganda der Emigranten, ein Beweis,

Hitlers sozialistische Kameraden, die rebellieren, babie Arbeit der Emigrantenpreſſe in Berlin spürbar ift.

werden ausgebootet...

SA. marschiert

- nach der anderen Seite

Berlin , den 22. Juli 1938.

Die Settion Berlin - Reinidendorf der Nas tionalsozialistischen Partei wurde aufgelöst. Der Leiter der Sektion und der größte Teil des Funktionärs törpers wurde in Haft genommen. Die Disziplinwidrigkeit, die den Verhafteten zur Laft gelegt wird, bestand darin, daß in einer Mitgliederversammlung zu Ende der vergangenen Woche eine Resolution vorgelegt und einstimmig angenom men wurde, die sich in außerordentlicher Schärfe gegen den Kurs der Regierung Hitler aussprach. Es wurde ferner beschlossen, dem Reichskanzler Hitler ein Exemplar des nationalsozialistischen Parteiprogramms zu überreichen; in diesem Exemplar wurde der Passus, daß die Führer mit ihrem Leben für die Durchführng der einzelnen Programm punkte haften", rotangestrichen. Es scheint, daß diese Geste den braunen Herren am meisten auf die Nerven gegangen ist und die Auflösung der Sektion verursacht hat.

Hannover , 22. Juli( Eig. Bericht). In Hannover kam es aus einem bisher ungeklärten Anlaß zu einer Schießerei zwischen SA. - und SS. - Lenten, die in einem der nationalsozialistischen Verkehrslokale dis= futierten. Ein SS.- Mann zog plößlich eine Pistole und bes drohte seine Kameraden von der SA. ; diese entrissen ihm die Waffe. Als die übrigen SS. - Lente ihm zur Hilfe eilten, entstand eine wüste Schießerei, in deren Verlauf drei SS. - Leute erschossen und ein SA.- Mann vers wundet wurde. Das Lokal wurde schließlich durch ein herbeigerufenes Ueberfallfommando der Polizei umstellt; die fämtlichen Beteiligten wurden festgenommen.

Hamburg , 22. Juli( Eig. Bericht). In der Nacht vom 18. zum 19. Juli tam es in Hamburg ernent zu blutigen Zusammenstößen zwischen SA. Leuten und Marristen. Die SA.- Lente, die von einer nationalsozialistischen Versammlung famen, wurden an mehreren Stellen, nachdem sie provoziert hatten, überfallen und ihrer Parteiansweise und Uniformstücke beraubt. Hierbei tam es verschiedentlich zu schweren Schlägereien, bei denen einige Nationalsozialisten, die sich zur Wehr zu setzen vers sucht hatten, lebensgefährlich verlegt wurden. Die sofort eingeleitete Polizeiaktion nach den Tätern verlief ergebnislos.

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Bereits am 19. Juli meldete Paris Soir", daß eine Anzahl von Generalen, die zum engsten Kreise des Reichswehrministers Blomberg gehören, vor kurzem ein Ultimatum an Hitler gerichtet und ihn aufge­fordert hätten, entweder unverzüglich den Revolten seiner Truppen ein Ende zu machen oder die Reichsgewalt in andere Hände zu über tragen. Was die letztere Forderung betrifft, konnte niemand daran zweifeln, daß die Generale bezüglich der Uebertragung der Macht nur an eine einzige Körper

Gerühmt wird die Geiselpolitik gegen Scheidemann . Ver: Blutige Zusammenstöße mutlich foll fie gegen andere Emigranten ebenfalls geübt

schaft, nämlich die Reichswehr , gebacht haben. Das ultimatum tat auch seine Wirkung.

Das Ultimatum hatte zur Folge, daß der Reichskanzler schleunigst eine Konferenz der kommandierenden Generale einberief, an welcher auch Reichswehrminister Blom. berg teilnahm, und in dieser Konferenz erklärte sich Hitler dazu bereit, sich auf die Seite des Rapi. talismus zu stellen und alles zu tun, um revolutionäre Strömungen in feiner Partei, besonders aber im Lager der SS. und SA. auch unter Anwendung der bru. talsten Gewalt niederzuschlagen. Die Kon ferenz hatte dann die sensationellen Erklärungen zur Folge, in denen sich der Reichskanzler, Dr. Frick und später auch Dr. Göbbels scharfaufbie Seite des Kapitals geschlagen haben.

Inzwischen schreitet die Desillusionierung im Dritten Reich mit Riesenschritten vorwärts, seitdem

Hitler vor den Statthaltern das Kommando zum Still. halten ausgegeben hat. Die Führer" des Dritten Reiches haben allerhand zu tun, um die Stimmung der Ent. täuschten, die sich von Tag zu Tag mehrt, zu be. fänftigen. Daß es ihnen nicht gelingen wird, scheint heute bereits zweifelsfrei festzustehen.

Es wird um so weniger gelingen, als soeben aus einem neuen Entwurf zum Arbeitsrecht be­kannt wird, daßjezt auch mit den Betriebs­räten Schluß gemacht werden soll, weil es angeblich mit dem Gedanken der Volksgemeinschaft nicht zu vereinbaren sei, in den Betriebsräten eine dem Arbeitgeber strikte entgegenstehende Körperschaft" zu sehen. Jeder Arbeitgeber wird also wieder allein Herr im Hause sein!

Ja, die sogenannte ,, nationale Revolution", die keine Revolution war, hat sich endgültig und restlos und widerstands und bedingungslos vor denjenigen gebeugt, die auch schon vor dem Kriege die Macht des Schwertes und der Feder im monarchisti­schen Deutschland in Händen hielten. Deutschland ist an den Ausgangspunkt seiner Geschichte vor 1914 zurückgekehrt: Die Staatsmacht ist absolut, wenn sie der Großagrarier und des Schwerkapi­talismus Willen tut und sie tut ihn! Wird es unvermeidlich sein, daß wir damit auch

an den Ausgangspunkt einer noch furcht­

bareren Auseinandersehung der übrigen europäischen Welt mit Hitlerdeutschland angekommen sind, wie sie im August 1914 begonnen hat? Oder wird man dieses System der Mordbrenner, Meuchelmörder und Kriegsheber noch rechtzeitig unschäd lich machen?!

Endlich allein!

Einsamkeit um Deutschland - Nur Ungarn ist noch ,, treu" Diplomatie

In einem Artikel stellt der Daily Herald" fest, daß Deutschland jetzt außenpolitisch völlig isoliert sei. Es heißt dort:

" Die Ereignisse der letzten Tage haben das deutsche Aus­wärtige Amt furchtbar erschreckt; denn es sieht jetzt, daß Hit­ lers Politik zur völligen Isolierung Deutschlands in Europa geführt hat. Zum ersten Male seit dem Kriege sind die Be­ziehungen zwischen Rom und Paris als unbedingt herzlich zu bezeichnen. Die diese Woche erfolgte Verlängerung des ita­lienisch- rumänischen Freundschaftsvertrages bedeuten zu­mindest ein Nachlassen der Spannung zwischen Italien und der Kleinen Entente . Auf dem ganzen Kontinent hat Deutschland nur noch einen Freund, und das ist ein höchst zweifelhafter; denn Ungarn wird unweigerlich ins Kielwasser der italienischen Politik gezwungen.

Hitler und seine Freunde haben zwei diplomatische Kar­dinalfehler begangen.

Sie betrachten Frankreich und Polen als Deutschlands Erzs feinde. Wenn das so ist, dann hätten sie unbedingt den alten Weg der Bismardichen Diplomatie gehen müssen. Um jeden Preis hätten sie die guten Beziehungen zu Nuß­land und Italien aufrecht erhalten müssen. Ihr erster Fehler war es, das gute Einvernehmen mit Rußland zu zerstören, das seit dem Vertrag von Rapallo 1921 bestanden hat. Aber die deutschen Nationalisten, die den Bolschewismus wie Gift hassen, haben das immer nur schwer verstehen können. Aber noch darüber hinaus, gerade als Rußlands Beziehungen zu Polen sich zu bessern begannen, haben sie den Riesenschnitzer begangen, das Rosenbergschema" zu übernehmen, das die

Trostlose Reichsfinanzen Trotz Verschleierung: 1600 Millionen Mark Fehlbetrag

Berlin, 21. Juli. Nach Mitteilung des Reichsfinanz­ministeriums betrugen im Mai( in Mill. RM.) im ordents lichen Haushalt die Einnahmen 479,3( im April 455,5) und die Ausgaben 486,4( 463,4), mithin ergibt sich für Mai eine Mehrausgabe von 7,1( 7,9). Da die Einnahmen in den Monaten April und Mai 1933 934,8 und die Ausgaben in dem gleichen Zeitraum 949,8 betragen haben, ergibt sich für Ende Mai insgesamt eine Mehrausgabe von 15,0. Der aus dem Vorjahre übernommene Fehlbetrag von 1654,6 vermins

Nach sechs Monaten Hitler­

M. B.

Eroberung und Kolonisierung großer Gebiete von Osteuropa und Sowietrußland vorsieht. Das Hugenbergmemorandum, in dem dieses närrische Schema als Teil der offiziellen dent­schen Politik bezeichnet wurde, setzte dieser Politik die Krone auf.

Die Folge war innerhalb weniger Wochen die Unters zeichnung der neuen Nichtangriffspakte, die in Wirklichkeit bedeuten, daß Rußland , Polen und die Kleine Entente eine neue diplomatische Gruppe bilden, deren Hauptaufgabe der Widerstand gegen irgendwelche Versuche Deutschlands ist, im Often eine Abenteuerpolitik zu beginnen.

Italien war für eine furze Zeit wahrhaft freundschaftlich zu Nazi- Deutschland eingestellt. Aber dann kam der unglaub­liche Schnitzer, nämlich der Versuch, Oesterreich überzu­schlucken. Das würde eine Sperre gegen die politische und wirtschaftliche Durchdringung der Donauländer durch Italien bedeuten. Deshalb ist der erste Grundsatz der italienischen Politik, das kleine Desterreich als Pufferstaat zwischen sich und Deutschland zu erhalten. Der Viermächtepakt, ursprüng­lich bestimmt, Hitler- Deutschland zu helfen, hat sich in eine Waffe gegen Hitler- Deutschland verwandelt.

Die italienische Freundschaft ist verloren, die ruffische Freundschaft ist verloren. Jeder Nachbar oder nahe Nachbar Deutschlands ift alarmiert, mißtrauisch und feindselig.

Das deutsche Auswärtige Amt, das vollkommen erschrocken die unerwarteten Resultate von 6 Monaten Hitlerdiplomatie vor sich sieht, überlegt, wie in aller Welt es sich aus der Schlinge ziehen kann.

dert sich gemäß der Schuldentilgung auf 1637,9. Unter Berüds fichtigung des Fehlbetrages stellt sich das Defisit Ende

Mai auf 1652,9.

Im außerordentlichen Haushalt wurden im Mai 0,6( im April 0,1) verausgabt, seit Beginn des Rech nungsjahres also 0,7, während Einnahmen wieder nicht anss gewiesen werden. Der vom letzten Rechnungsjahr her vors handene Best and von 87,1 vermindert sich daher auf 86,4. Für beide Haushalte einschließlich der aus dem Vorjahre übernommenen Fehlbeträge bzw. Bestände errech= net fich für Ende Mai ein Defizit von 1616,5. Der Kaf= fenfollbestand des Reiches betrug am 31. Mai 1933: 1728, davon find 1706 verwendet worden.

werden.

Konzentrationslager überfüllt! Massenrazzien und Verhaftungen

Berlin , 22. Juli. ( Insa). Im ganzen Reich hat eine neue Terrorwelle eingefeßt. Massenrazzien sind an der Tages­ordnung. Solche in Begleitung von unzähligen Haus­suchungen und Verhaftungen werden gemeldet aus Oraniens burg, Bomst, Wanne- Eifel, Erfurt , Münster , Dortmund und anderen Ruhrstädten, aus dem Rheinland , Schlesien und Oftprenßen. Den Verhafteten, es handelt sich fast ausnahms­los um eingeschriebene Mitglieder der verbotenen marxisti­ schen Parteien, wird illegale Propaganda, Bersetzungsver­fuche" der Polizei und der Reichswehr und anderes mehr vorgeworfen. In Berlin verlautet, daß einzelne Konzentra tionslager derart überfüllt find, daß nene geschaffen werden sollen. Die nationale" Presse hat Anweisung erhalten, die Zahl der Verhaftungen nicht mehr oder reduziert anzugeben. Judenboykott fortgesetzt

Eine parteiamtliche nationalsozialistische Aeußerung

Laut dem ,, Dortmunder General- Anzeiger" vom 14. Juli hat der nationalsozialistische Ortsgruppenleiter Dr. Bru ninghaus in einer Versammlung des Kampfbundes des ge­werblichen Mittelstandes u. a. ausgeführt:

Ich habe daher auch in Dortmund das Warenhaus auf Befehl der Partei bekämpft. Und auch die Vers fügung des Pg. Heß vom 8. Juli, wonach der Kampf gegen die Warenhäuser mit Rücksicht auf die darin beschäftigten Boltsgenossen einzustellen ist, hat am Punkt 16 unseres Programms nichts geändert. Der Führer wird wissen, warum hente dieser Rampf gegen das jüdische Geschäftswesen nicht so rüd= sichtslos durchgeführt werden kann. Unsere heiligste Aufgabe aber ist es, in solchen Uebergangszeiten den deutschen Volksgenossen so zu ers ziehen, daß Judenläden gleich welcher Art gemieben werden. Wenn diese Erziehung richtig durchgeführt, wird es gar nötig sein, einen aktiven Kampf weiterzus führen.

Das heißt also klipp und klar: es bleibt bei dem von der Reichsregierung offiziell abgeleugneten Judenboykott.

Kirchenwahl als Komödie

Im Zeichen des Terrors

Unter dem mehr oder weniger sanften Druck der SA. und SS. wird sich in sehr vielen Gemeinden eine Wahl überhaupt erübrigen, da die Protestanten zum Teil nicht wagen, andere Listen als die der nationalsozialistischen " Deutschen Christen " oder aber Einheitslisten mit diesen aufzustellen. Die ganzen Wahlen sind deshalb eine große Farce!

Ein Naziheld

Er reißt aus,

genau wie Hitler am 9. November 1923

Einer der ersten, die nach dem Verbot der nationalsozia­listischen Partei und der Aberkennung der Landtagsmandate die Flucht nach Deutschland ergriffen haben, war der nieder­österreichische Landtagsabgeordnete Walter Rentmeister . Im Landtag war er der wüstefte Heber und Schimpfer, der fich nicht genugtun konnte, allen Gegnern mit dem Aufhän­gen und dem Ginsperren im Konzentrationslager zu drohen. Noch in der Landtagssigung vom 16. Juni verhöhnte er die deutschen Flüchtlinge und die Gefangenen der Konzentra tionslager. Wir zitieren wörtlich aus dem stenographischen Protokoll des Landtages:

Rentmeister: Die Burschen, die da zu uns hereinkommen und Greuelnachrichten über Deutschland schreiben, die aber selbst niemals ein Konzentrationslager gesehen haben, das sind wahr. lich keine armen Flüchtlinge...

Auf bei den Sozialdemokraten: Was würden Sie fagen, wenn Sie in ein Konzentrationslager kommen?

Landesrat Leopold( Nationalsozialist): Gar nichts, wir gehen hinein.

Rentmeister( Nationalsozialist): Wie du mir, so ich dir, würde ich sagen. Wenn Sie schon vor dem Konzentrationslager eine Angst haben, dann sage ich Ihnen, ein anständiger Mensch braucht sich davor nicht zu fürchten, nur ein unanständiger Kerl gehört dort hinein, und wenn der etwa von seinen hundert Kilogramm zwanzig verliert, dann soll er nur dankbar dafür sein, daß man für seine Gesundheit ein übriges tut und ihm ein längeres Leben garan­tiert.

So hat dieser deutsche Held mit dem Hakenkreuz noch am 16. Juni gehöhnt und gespottet. Aber am 26. Juni war er der erste über der Grenze. Warum denn wphl? Nach seinen eigenen Worten braucht sich ein anständiger Mensch doch nicht zu fürchten! So schnell wie dieser traurige Held, der andere aufhängen und einsperren möchte, beim ersten Anlaß aber seine Kampfesbrüder" im Stiche läßt, hat sich wohl selten einer selbst gerichtet. Das ist das Sinnbild der neuen deutschen Ehre und Mannhaftigkeit!

Wilhelm ist wieder da

Herz, was willst du noch mehr?

Nachdem das preußische Staatsministerium vor einigen Wochen die Aufhebung des Staatsministerialbeschlusses vom Februar 1920 über die Entfernung der Kaiserbilder und monarchischen Hoheitszeichen aus den staatlichen Gebäuden beschlossen hat, sind jetzt die entsprechenden Runderlasse, auch soweit sie die Entfernung von Bildern, Büsten oder Statuen von Mitgliedern des früheren königlichen Hauses aus Amtsräumen der Landesbehörden oder Selbstverwal­tungskörper betreffen, aufgehoben worden. In einem Runderlaß wird darauf hingewiesen, daß solche etwa noch vorhandenen Bilder, Büsten usw. wieder angebracht werden tönnen, soweit Kosten dadurch nicht entstehen. Die Entschei dung ist den Leitern der einzelnen Behörden überlassen.