DAS BUNTE BLATT
TAGLICHE UNTERHALTUNGS- BEILAGE
Zum 150. Geburtstag des Befreiers Südamerikas
Kein Mann in ganz Südamerika ist im Laufe der letzten Jahrhunderte derart zum Begriff und zum Symbol geworden, wie der vor nunmehr 150 Jahren geborene General Simon Bolivar , der Sproß einer reichen Kreolenfamilie, der den Nordstaaten Südamerikas zum Befreier von der spanischen Herrschaft geworden ist. Vielleicht kann man ihn im Nordteil des amerikanischen Kontinents höchstens noch mit Georges Washington vergleichen, dessen Name in ähnlicher Form in das Denken und Fühlen der Bürger der Ver einigten Staaten eingehämmert worden ist. So wird die venezolanische Geldmünze nach Simon Bolivar der„ Bolivar" genannt und eine ganze Anzahl südamerikanischer Länder und Provinzen haben ihren Namen von dem Befreier Südamerikas erhalten.
Der Name Bolivar
Zunächst der Staat Bolivien , genauer:„ Republica Boli viana ", der große Freistaat im Herzen Südamerikas , der pietätvoll den Namen seines Befreiers und ersten Staatspräsidenten trägt.
Weiter aber führt ein Departement der südamerikanischen Republik Columbien den Namen Bolivar, ein etwa 60 000 Quadratkilometer großes Gebiet um den Rio Sindu, dessen Urwaldbevölkerung sich heute noch aus Mischlingen und Negern zusammensetzt.
Weiter führt eine Provinz der südamerikanischen Repu blik Ecuador , und zwar der Gebirgsteil der Anden den Namen des Befreiers. Die Provinzialhauptstadt von Boli var heißt Guaranda .
Außerdem trägt ein Bundesstaat von VenezolanischGuayana den Namen des Befreiers, ein Teil jenes Hochlands, dessen Hauptstadt ebenfalls den Namen Ciudad Bolivar trägt.
Der Staatsmann
Simon Bolivar ist am 24. Juli 1788 in Caracas geboren and hat, da er aus einer begüterten kreolischen Familie stammte, in seinen Jugendjahren große Reisen nach Europa und den Vereinigten Staaten angetreten. Bolivar besuchte dort die Universitäten und die Zentren der Wirtschaft und des Geisteslebens. Er nahm dort vor allem die Ideen der französischen und der nordamerikanischen Freiheitsbewegung in sich auf und entschloß sich damals, den politischen und militärischen Kampf gegen den spanischen Bedrücker Südamerikas aufzunehmen. Im Jahre 1810 stellte er sich dem südamerikanischen General Miranda zum Kampf gegen die spanischen Gouverneure seiner Heimat zur Verfügung, bis er schließlich im Jahre 1812 zum militärischen Führer des Kampfes gegen die Spanier im Nordteil Südamerikas aufrückte. Zunächst eroberte Bolivar im Jahre 1813 seine eigene Geburtsstadt
Caracas , die ihn als den„ Libertador" feierlich begrüßte. Mit verschiedenem Kriegsglück führte nun Bolivar seinen Kampf gegen Spanien weiter. Im Juni 1814 wurde er bei La Puerta geschlagen und mußte sich nach einem vergeblichen Vorstoß nach Neugranada und Bogota vor den überlegenen Truppen des spanischen Generalgouverneurs Morillo an die Nordküste Südamerikas zurückziehen und mit den letzten seiner Getreuen nach Jamaika flüchten. Ende 1816 stieß Bolivar bereits wieder auf das südamerikanische Festland vor und setzte sich in Venezuela wieder fest. Es gelang ihm, von dem Kongreß der Aufständischen in Angostura zum Präsidenten der südamerikanischen Nordstaaten gewählt zu wer den und die Vollmachten
eines militärischen Diktators
zu erreichen. Er sammelte an der Westküste Südamerikas ein schlagbereites Heer, befreite Neugranada, Venezuela und Columbien von der spanischen Herrschaft in den Jahren 1819 bis 1821 und warf den spanischen Bedrücker in der Schlacht von Pinchincha im Jahre 1822 aus Ecuador und durch die Schlacht bei Junin endgültig aus Peru heraus. Vom Jahre 1825 ab regterte Simon Bolivar als unumschränkter Diktator über den oberen Teil von Peru , das sich nach ihm Bolivien nannte. Im Jahre 1827 wurde er auch in den übrigen Landesteilen Perus zum Staatspräsidenten gewählt. Auch die columbische Republik schloß sich dem Staatenbund Bolivars an. Die Herrlichkeit dauerte jedoch nicht lange. Bolivar fürchtete
ein Weitertreiben der Revolution
2.9
durch allzu große Freiheiten an das Landproletariat der In dianer und der Mischlinge und entwickelte sich zu einem sehr harten und unbeugsamen Herrn über die ihm freiwillig unterstellten Republiken. In wenig Jahren entstand eine scharfe Opposition gegen sein Regime. Der Staatenbund Simon Bolivars zerfiel. Erst wandte sich Peru und dann Venezuela von ihm ab, schließlich auch Columbien und Ecuador . Am 27. April 1830 dankte Bolivar als Staatspräsident freiwillig ab und starb wenige Monate darauf. So schloß dieses tatenreiche Leben mit einer großen Enttäuschung. Der Bonaparte Südamerikas sah seinen Ruhm und seine Popularität über den ganzen Nordteil des südamerikanischen Kontinents hinwegsteigen und glaubte, mit dem Kapital seiner Autorität einen Staatenbund zusammenhalten zu können, den er durch seine militärische Leistung zusammenzubringen, aber nicht durch eine große politische Tat zusammenzuhalten vermochte.
Trotz des verbitterten Endes des Befreiers Südamerikas lebt sein Name in Wort und Bild, in Sprache und im Denken des Großteils der südamerikanischen, ehemals spanischen Bevölkerung fort, als eines Mannes, der für die Emanzipation seiner südamerikanischen Mitbürger sein Leben hundertmal in die Schanze schlug.
Gesundheitsfördernde
Musikinstrumente
Der Belgier Renainet will mit einer Statistik, die sich auf die deutschen , französischen, belgischen und englischen Musifer stützt, beweisen, daß es Musikinstrumente gibt, die für den Spieler gesundheitsfördernd sind. Am gesündesten von allen Orchesterinstrumenten sind nach seiner Statistik die Bläser tiefer Instrumente, wie es Posaunen, Tuba, Baßflügelhorn und Bombardon sind. Die meisten Todesfälle zwischen dem fünfzigsten und sechzigsten Lebensjahr finden sich unter den Holzbläsern. Flöte, Oboe, Klarinette und Fagott sollen ihre Spieler besonders nervös machen. Auch das Spielen der Streichinstrumente. Am häufigsten tritt bei den Blechbläsern Lungenemphysem auf. Namentlich die Trompeter fallen dieser Krankheit zum Opfer. Sie wird als Pensionistenkrankheit bezeichnet, gegen die es angeblich nur ein wirksames Mittel gibt, nämlich bis ans Lebensende weiterzublasen.
Wer die Ueberfahrt von Frankreich nach England mitgemacht hat, wird sicherlich niemals den Eindruck vergessen, den er vom Deck aus hat, wenn die weißen Klippen von Dover sich vom Meeresspiegel leuchtend abheben. Jeder Engländer, der sein Heimatland verläßt, nimmt noch wehmütig von dieser mächtigen und schönen Kalksteingruppe Abschied. Wer würde ahnen, daß in dieses Kalksteingebilde einst von französischen Truppen zur Zeit der Napoleon Kriege Höhlen ausgehauen wurden, die dazu dienten, Kriegs geräte unterzubringen. Namentlich in die sogenannten " Shakespeares Cliff" wurden tiefe unterirdische Gänge ge= graben, die dann in friedlicheren Tagen von Bierbrauereien die Höhlen von Dover als Durchzugsstation für benutzt wurden, um Fässer unterzubringen. Nun werden kostbare Weine, vor allem für Champagner, benut. Jeden Abend landet in Dover das„ Champagnerschiff", wie es allgemein genannt wird, und ladet seine kostbare Ware ab. Die Hafenarbeiter befördern den Wein dann in die kühlen, unterirdischen Gänge, während das Schiff wieder die ges wohnte nächtliche Rückreise nach Calais antritt. Der Steuermann als auch der Kapitän treffen den Schiffskurs fast schon im Schlaf, denn einer Fähre gleich pendelt der Dampfer immer den gleichen Weg. Ein einziger Nachtwächter, angetan mit einer wollenen Seemannsweste, und die Schreie der Möwen begleiten das Schiff mit dem kostbaren Wein. Wenn der Champagner dann über Nacht seine fühlende Ruhe ge funden hat, wird er am frühen Morgen von mächtigen Pferdekarren abgeholt, die die Flaschen und Fässer in die größten und vornehmsten Hotels und Restaurants befördern. Es wird allgemein behauptet, daß kein Keller der Welt Champagner so gut fühlt wie die leuchtend weißen Höhlen von Dover , die stufenartig und grandios an der Küste Eng lands liegen.
Oft ist in einem dicken Buch eine gepreßte Blüte der gescheiteste Gedanke. Arthur- Heinz Lehmann .
Gespräch über 1000 Meilen
Von Elisabeth Zernike
Johanna erwachte spät. Sie sah, daß der Himmel blau wurde, und die Tautropfen an den Bäumen glänzten. Ihr Geburtstag war heute, fiel ihr sofort ein, und zugleich dachte sie an Peter, ihren fernen Verlobten. Sie fragte sich selbst, ob sie es wohl vollkommen begriffe. Einen Tag vor seiner großen Reise nach Java hatten sie sich verlobt. Die Leute fragten: Warum nicht eher? Und lachten.
-
Es war durchaus nicht zum Lachen es war nicht eher möglich gewesen. Vater und Mutter hatten sie nicht aufge= fordert, mit Peter mitzureisen und ihn an Bord zu bringen. Es wäre eine große Ausgabe gewesen, und außerdem: War er ihr nicht noch immer ein Fremder? Mußten sie nicht erst etwas überwinden lernen: die Scham, die zwischen zwet Menschen steht, wenn sie sich fürs Leben verbinden wollen? Das Gefühl, sich selbst behalten zu wollen, sich nicht ganz geben zu können? Man kannte sich selbst noch nicht gut, und sollte sich einem andern Menschen nähern. Es war, als ob man ein fesselndes Buch weggab, ohne es ausgelesen zu haben.
Sie liebte Peter, aber sie wußte nicht immer, was es bedeutete. Sie schrieb ihm Briefe, vorsichtig und überlegt. Manchmal ließ sie sich gehen und dann liefen ein paar eilige Säße mit unter. Sie sah es beim Durchlesen, und ihr Herz klopfte schneller. Aber wenn es zuviel war, eine halbe Seite, dann zerriß sie den Brief, denn sie fühlte das absichtlich Unbeherrschte, und das war ihr zuwider. Die Briefe von Peter waren anders. Lang und gleichmäßig, als ob er immerfort in der gleichen Spannung lebte. Dennoch dachte sie öfter nach dem Lesen: Er ist unruhig, und die Frage erhob sich in ihr: Wie wird das enden?
Es klopfte an ihre Tür.
" Ja!" rief sie. Ihr Vater trat ein.
„ Du liegst noch im Bett?" sagte er lächelnd und füßte seine Tochter. Ich gratuliere dir herzlich. Und nun steh' nur schnell auf. Du sollst um elf Uhr auf dem Postamt sein." " Warum denn?"
" Du fannst mit Peter sprechen, zwei Minuten. Es ist jetzt neun Uhr durch. Du kannst zu Fuß gehen und dir überlegen, was du sagen willst. Das ist mein Geburtstagsgeschenk."
,, Aber Vater!"
Er stand schon lächelnd an der Tür.
„ Es ist nicht ganz leicht, verlobt zu sein, nicht wahr? Aber Peter wird dir schon helfen."
Sie hörte, wie sich seine Schritte auf dem Flur schnell entfernten. Warum hatte er das getan, er, der nicht gewollt hatte, daß sie mit Peter nach Genua reiste? Und was sollte sie sagen? Sie sah sich schon am Telefon stehen, verlegen und mit klopfendem Herzen. Geht es dir gut? Das ist schon. Ja, mir auch. Samstag habe ich meinen letzten Brief abgeschickt. Verstehst du mich nicht? Ich sagte nein, so etwas war doch zu einfältig. Wie lange dauerten zwei Minuten. Sie sprang aus dem Bett. Im Spiegel nickte sie ihrem Gesicht zu. Guten Tag, das bist du, und wenn dich Peter heftig gefüßt hätte, dann würde man es dir jest nicht mehr ansehen. Aber er hat dir nur zum Abschied einen Kuß gegeben. In den Romanen liest man es anders.
Sie fühlte, daß ihr Herz unregelmäßig schlug. Was sollte sie sagen?
Johanna ging langsam nach Hause. Die Sonne stand am blauen Winterhimmel und aller Morgentau war verdampft. Klar schimmerte das Wasser zwischen den starren Steinufern. Auf den Plätzen wurden Blumen verkauft, weiße Chrysanthemen und Mimosen, die aus dem Süden kamen. Sie sah alles und lächelte. Ich habe Peter gesehen, dachte sie. Wenn man so deutlich jemandes Stimme hört, steht man so lieb ist, dann kennt man ihn ganz. auch sein sprechendes Gesicht. Und wenn seine Stimme einem
freue mich immer so sehr über deine Briefe, schreib mir nur ,, Guten Tag, Jo," hatte er gesagt, guten Tag, Kind, ich weiter so vorsichtige Briefe, dann ist es, als ob du bei mir bist und ich dir zuhöre."
Wie deutlich deine Stimme ist, Peter," hatte sie geantwortet, und ich wußte nicht einmal, daß ich sie so gut kannte. Wann soll ich zu dir kommen?"
W
" Ich spare schon lange für deine Reise," erwiderte er- „ vielleicht im Sommer! Wenn du so schnell kannst.. „ Ja, ich denke wohl, daß ich kann deinen Briefen." -, aber dränge nicht in
,, Nein, du bist frei, aber wir fommen einander doch näher, findest du nicht?"
" Ja, ich glaube wohl. Fühlst du dich draußen nicht allzu einsam?"
„ Einsam? Ein kleines bißchen, aber das ist vielleicht gut." Eine fremde Stimme sagte:„ Noch zwanzig Sekunden!" Da begannen sie beide zu lachen und zu rufen: „ Guten Tag, Jo, guten Tag, Peter! Grüß' zu Haus, ja, alles Gute!"
Und es war vorbei...
Sie hätte stundenlang so weiter durch die Straßen laufen und allen Menschen ihr Gespräch erzählen können, immer wieder von neuem. Manchmal warf sie es durcheinander, und dann mußte sie die richtige Reihenfolge wiederherstellen. Wußtest du, daß ich anrufen würde?"„ Nein, aber ich habe mich doch vorbereitet." Damit fing es an, und da war es sofort, als ob Peter ihr die Hand auf die Schulter gelegt hätte.
Sie fam nach Haus. Ihr Vater stand am Fenster und drehte sich langsam um.
Sie schlang die Arme um seinen Hals.
„ Es war wunderbar. Ich denke, daß ich ihm bald nachreise, im Sommer vielleicht.
So? Das ist schön."
Plötzlich fiel ihr etwas ein.
„ Hör' mal, Vater, war es deine Absicht, daß ich- Gewiß heit haben sollte?"
Sie sah ihn ernst an.
Er nickte. Seine Augen glänzten.
Ja, mein Kind." " Vater," sagte sie und drückte ihre Lippen auf seine Wange. ( Autorisierte Uebersetzung aus dem Holländischen .)
Lachen nicht verfernen
„ Entschuldigen Sie," sagte der Schneider, aber hier diese fleine Rechnung ist schon lange fällig..."
Wie hoch ist sie?" fragte Johannsen. " Sechs fünfundsiebzig," zitterte der Schneider. Für Entflecken und Bügeln Ihres grauen Som..."
Weiter kam er nicht.„ Sechs fünfundsiebzig?" brüllte Johannsen. Ja, sagen Sie mal, was denken Sie sich denn eigentlich? Ich bin Freunden und Feinden Geld schuldig, nicht nur hier, sondern auch in Stockholm , München , Paris , London , Dresden , Kapstadt , Tokio- Tausende von Mark, Tausende, versichere ich Ihnen! Und da wagen Sie es, mich wegen sechs fünfundsiebzig zu behelligen?"(„ Strig ")
Aus der Hamburger Illustrierten":
Müller kommt abends spät nach Hause.
„ Bis jetzt bin ich in meinem Büro gesessen, ich hatte zuviel zu tun!"
,, Dann mußt du aus Asbest sein", sagte die Frau. „ Wieso?"
Weil die Polizei schon vor drei Stunden Bescheid gesagt hat, daß dein Kontorgebäude in Flammen steht!"