Nummer 41 1. Jahrgang
Chefredakteur: M. Braun
Es ist verkehrt, den Mord im Frieden zu bestrafen und den Mord im Krieg zu belohnen. Es ist verkehrt, den Henker zu verachten und selbst, wie es die Soldaten tun, mit einem Menschenabschlachtungsinstrument, wie es der Säbel oder der Degen ist, stolz herumzulaufen. Verkehrt ist es, die Religion Christi, diese Religion der Duldung, Vergebung und Liebe, als Staatsreligion zu haben und dabei ganze Völker zu vollendeten Menschenschlächtern heranzubilden. Gerhart Hauptmann .
Kriegsgefahr!
Die französische Behauptung über angebliche deutsche Kriegsrüstungen- Eine Eine außenpolitische Katastrophe für Deutschland droht- Aussprechen, was ist!
Um den Weltfrieden!
Das Pariser« Journal" hat an zehn aufeinander folgenden reichillustrierten Artikeln, die jedesmal an der Spitze dieser Zeifung sfanden, also in denkbar sensationeller Form, eine Untersuchung Geo Londons über geheime Kriegsrüftungen Deutschlands veröffentlicht. Diese Artikel wollen den Nachweis erbringen, daß die heimliche Waffenproduktion Deutsch #lands und seine militaristischen * Vorbereitungen den Weltfrieden bedrohen. Ohne im einzelnen zu diesen Veröffentlichungen Stellung zu nehmen, da uns eine Nachprüfung unmöglich ist, halten wir eine Wiedergabe des Materials des Journal" für geboten, weil ganz offenbar sich nicht nur die französische Regierung und das Volk, sondern auch die Weltöffentlichkeit an Hand dieser Enquete des Journal" ihr Urteil über Deutschlands militärischen Status und seine außenpolitischen Pläne bildet.
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Was die Welf weiß, darf auch den Deutschen mitgeteilt werden, fel zumal es sie ja in sehr erheblichem Maße angeht. Ein Versteckspiel vor der deutschen Oeffentlichkeit halten wir für überflüssig, albern und schädlich.
Militärische
Großmacht
slu.
Denkt daran!
Geo London , der Erhebungen in Amsterdam , Warschan und Eisen und Erz Berlin angestellt hat, nimmt das Ergebnis seiner Unterfuchungen vorweg, indem er gleich zu Beginn seiner Artikel= ferie behauptet, daß Deutschland durch Anhäufung riesiger Mengen von Angriffswaffen und durch systematische Ausbildung seiner Jugend, je schneller, desto lieber, den Ber failler Vertrag zerbrechen will, um wieder eine europäische Großmacht auch im militärischen Sinne zu werden, Dies Streben Deutschlands datiere jedoch nicht etwa seit dem Regierungsantritt Hitlers . Vielmehr hätten alle deutschen Res gierungen, auch die Kabinette Stresemanns und Brünings, nach Kräften die Entwaffnungsbestimmungen von Versailles fabotiert. Naturgemäß habe Hitler diese Bestrebungen verstärkt und beschleunigt. Hitlers Friedensschalmeien würden verstummen, wenn die Geheimrüstung Deutschlands fertig sei. Berlin bot Herrn London das Bild„ einer schrecklich milita rifierten Stadt". Die Zahl der immer wieder marschierenden Reichswehr , SA.- und SS - Truppen hat auf ihn einen großen Eindruck gemacht. Ein neues Kriegsmuseum sei " Unter den Linden " eröffnet. Ueberall spräche man vom nächsten Krieg. Ueberall spiele die Musik unter frenetischem Beifall triegerische Weisen. Nur selten sähe man besorgte Mienen von Menschen, die wüßten, was ein Krieg bedeutet...
Geo Londons erstes Dokument aus seinem sorgfältigen und - wie er behauptet- einwandfreien Material sind einige Zahlen, die er den amtlichen Nachweisen über den auswärtigen Handel Deutschlands entnimmt. Deutschland habe aufgehört, Alteisen zu exportieren und seine Einfuhr von Alteisen außerordentlich gesteigert. Während der vier ersten Monate des Jahres betrug die Alteiseneinfuhr nach Deutsch land 208 000 Tonnen gegenüber nur 35.000 Tonnen in der gleichen Periode des Vorjahres. Da die Gesamteinfuhr im Jahre 1932 in Alteisen 171 000 Tonnen betrug, ist also schon im vorigen Jahr unter Papen- Schleicher gegenüber der Aera Brüning eine Verdoppelung wahrzunehmen. Unter Hitler verdreifacht sich diese Ziffer erneut.
Diese Einfuhrsteigerung von Alteisen, dazu die Tatsache eines neuen deutsch - schwedischen Eralieferungsvertrages beweisen das Vorhandensein geheimer Rüstungswerkstätten weisen das Vorhandensein geheimer Rüstungswerkstätten und deutscher Waffenproduktion größten Stils, da der industrielle Aufstieg Deutschlands in der fraglichen Zeit gleich Null sei und keine andere Industrie ein derartig plögliches Bedürfneis nach Alteisen zeige.
..Geheime deutsche
Waffenfabriken"
G. London wird noch deutlicher. Er beruft sich auf Feststellungen und Funde, die Frank reich während der Ruhrbesetzung gemacht hat. Auch heute noch arbeiteten zahlreiche deutsche Fabriken, die offiziell auf Friedensproduktion eingestellt seien, in Wirklichkeit heimlich für Bewaffnung und Ausrüstung der fünftigen deutschen Armee des nächsten Krieges. Schon der frühere Reichsmehrminister Geßler habe offiziell angeordnet, daß den Untersuchungen der Interalliierten Kontrollkommission Wider= stand entgegengesetzt werden solle, so daß diese Kommission geradezu verhöhnt worden sei, wenn sie an das Problem der industriellen Abrüstung heranzutreten versuchte.
Ein ebenfalls durch den Friedensvertrag verbotenes System von militärischen Prüfungskommissionen habe der wissenschaftlichen Durcharbeitung der Bewaffnungsprobleme aller Art gedient. Durch Reichskredite und Subventionen habe die Regierung von der Industrie die Erfüllung jedes Wunsches er= zwingen fönnen. Aus Werkstätten, die ge= heimer Waffenproduktion dienten, wurden Sozialisten und Kommunisten systematisch entfernt. Ueberdie hatte das„ entwaffnete" Deutschland den R cord aller Staaten Euro pas in der Zahl seiner Landesverratsprozesse...
..Tanks
und schwere
Geschütze"
Sehr konkret wird G. London in seinen Angaben über die Produktion von Tanks, die Deutschland bekanntlich durch den Friedensvertrag strikt verboten ist. Daimler- Benz und Linke- Hoffmann in Breslau würden Tanks produzieren.
Als Produzenten schwerer Geschüße nennt G. London folgende deutsche Fabriken: Mauser in Oberndorf,
Bayerische Motorenwerke, dan bul Industriewerte Berlin- Karlsruhe.
Die Rheinmetallwerke in Düsseldorf und Sömmerda bauten neben den im Friedensvertrag gestatteten Kalibern eine Kolossalkanone, von der man sich Wunder erzählt. Pintsch, Fürstenwalde , produziere unerlaubt Minenwerfer, deren Herstellung nur der Fahrzeugfabrik in Erfenach vorbehalten sei. Neben der offiziell gestatteten. Munitionsfabrik Dortmunder Union in Dortmund produzierten Munition auch die Poltewerke in Mageburg und die Deutschen Werke in Spandau . Krupp in Essen baue gegenwärtig Serien von Panzerplatten. Manche dieser Fabriken arbeiteten in dret Schichten.
Außer den geheimen Waffenfabriken in Deutschland gäbe es auch im Ausland Werke, die deutschen Heeresbedarf herstellten: Schweiz , Holland , Schweden und nach emer polni schen Zeitungsmeldung neuerdings auch Litauen , das soeben in Jurburg, an der ostpreußisch- litauischen Grenze, eine Fabrik für Gewehre, Granaten und Bombenflugzeuge ins Leben rufe. Während G. London für diese Meldung die Ver antwortung dem„ Poranny Courrier" überläßt, betont er mit allem Nachdruck, daß seine sämtlichen Angaben auf absolut sicheren Quellen beruhen, deren Genauigkeit man leider nicht anzweifeln fönne. ( Fortseyung siehe Seite 7.)