Die deutschen   Anschläge"

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Eine ernste Warnung aus Paris  

Am 3. Auguft melbete bie franzöfifche Havasagens tur, daß der französische   Außenminister sich seit Wochen mit der deutsch  - österreichischen Spannung beschäftigen und mit verschiedenen Regierungen über die Möglichkeiten eines gemeinsamen Schrittes in Meinungsaustausch stehe. Der offiziöse Temps" nhat dann in einem Auffaß am 4. Auguft darauf hins gewiesen, daß die Form dieser Havasmeldung nicht exakt sei und es sich nicht um eine Veröffent lichung des Außenministeriums handelte. Daraus macht nun die gleichgeschaltete deutsche   Presse ein Zurüdweichen Frankreichs  . Solche Täuschungsvers fuche über den Ernst der europäischen   Lage widers sprechen den Interessen des deutschen   Voltes, das Klarheit gewinnen muß. Deshalb bringen wir den Auffaz des Temps" in wörtlicher Uebersetzung: Die Lage, die durch die Umtriebe der deutschen   Natio­nalsozialisten in der Saar   und in Oesterreich   geschaffen worden ist, beschäftigt alle internationalen Kreise. Diese wid­men in besonderem Maße thre Aufmerksamkeit den Vorgän gen, bie Berwicklungen in Mitteleuropa   hervor. zurufen geeignet sind. Die Entführung von drei Einwohnern aus dem Saargebiet durch die Nazis" unter den Ent­führten find zwei französische   Staatsangehörige-, außer dem die Propagandaflüge deutscher   Flugzeuge über öster­reichischem Gebiet und schließlich der Abwurf von Flugblät­tern, bie zum offenen Widerstand gegen die rechtmäßige Staatsgewalt auffordern, das sind Tatsachen, die feine ber an den internationalen Verträgen beteiligten Mächte gleichgültig lassen können, auch niemanden, der um die Auf­rechterhaltung der Ordnung und des Friedens besorgt ist. Diese Verhältnisse dauern schon seit Wochen und Mona­ten und

wenn sie weiter bestehen sollten, indem immer neue Zwis Ichenfälle geschaffen würden, so wäre es offenbar notwens big, ein diplomatisches Vorgehen ins Auge zu fassen, das alledem ein Ende zu setzen geeignet wäre.

Man könnte nicht zulaffen, daß die Umtriebe der deutschen  Nationalsozialisten, die zwar keine offizielle Verantwortung besitzen, aber aktive Mitglieder einer Staatspartei sind, welche das politische Rüstzeug des dritten Reiches" darstel­len, sich weiterhin damit beschäftigen, die interna­tionale Atmosphäre zu vergiften und die empfindlichste Stelle des Kontinents aufs schwerste zu bedrohen.

Daß erinnert zu sehr an die Methoden, die man anwandte, um ben Weltkrieg zu entfesseln und man ist davon umso stärker beeinbrudt, als die nationalsozialistische Presse teine Bedenken hatte, bei Gelegenheit des 19. Jahrestags bes 2. Auguft daß au feiern, was sie den Geist von 1914 nennt, ben der Hitlerismus wiedererweden will und ber wie es scheint, der Geist des neuen Deutschland   werden soll. Was den Vorfall im Saargebiet angeht, so hat die Re­gterungskommission damit den Völkerbund befaßt, denn es Hanbelt fich, um es flar auszudrücken, um eine Gebiets­

lich Desterreich aufhörte ein freies Rand zu sein, durch den Anschluß oder durch irgendeine andere Art der Auf­saugung, wenn es ein mittelbar oder unmittelbar vom Reich abhängiger Staat würde, dann würde die mitteleuro­päische Frage unmöglich zu lösen sein und alle Opfer, die man gebracht hat, um die normale Existenz von Dester­die man gebracht hat, um die normale Existenz von Dester­reich zu sichern, wären völlig vergeblich gewesen.

Im Augenblid beschränkt man sich auf eine wach jame Beobachtung der Borgänge und es wäre zu wünschen,

daß die Reichsregierung, gewarnt vor den Schwierigkeiten, welche die nationalsozialistischen Anschläge gegen Defters reich hervorzurufen drohen, die kluge Vorsicht anwendete, ihre Gefolgsleute zu beruhigen und ihnen begreiflich zu machen, daß die Methoden, mit denen sie auf deutschem Boden Mißbrauch treiben, nicht auf das internationale Ges biet übertragen werden dürfen.

Französischer Protest?

London  , 4. Aug.( Inpreß.) Daily Herald" meldet, die Doffiers über die deutschen   Rüstungen und über flagrante französische   Regierung würde unter Borlegung eines Berstöße gegen die entsprechenden Artikel des Friedensvers trages von Versailles   beim Völkerbund remonstrieren. Es wird ferner gemeldet, daß in britischen Regierungskreisen man nicht abgeneigt sei, sich dieser Aktion anzuschließen.

England in Front!

Starke Erregung in der englischen   presse

Pari 3, 5, Aug.( Eig. Draht.) Die Initiative zu einer Bereinigung des deutsch  - öfters reichischen Konflikts ist auf England übergegangen. Das ents spricht einem ausdrücklichen Wunsche der französischen   Regies rung, und man würde sich täuschen, wenn man aus der Vers lagerung nach London   schließen sollte, baß man hier nicht nach wie vor den Eindruck eines ernsten Konfliktes hätte. Man glaubt nur, daß England an der deutsch  - österreichischen Span= nung und ihrer Rüdwirkung auf Europa   unmittelbarer interessiert ist als Frankreich  . Hier wartet man ab und äußert sich zu dem angeblichen englischen Plan einer Biermächtes ausammenkunft weder auftimmend noch ablehnend. Es scheint aber, daß man gegen die Viermächtekonferenz keine grunds fäßlichen Einwendungen erheben wird, da auch bei einer folchen Besprechung Deutschland   so gut wie isoliert bleiben würde, was Desterreich betrifft.

Der Temp 8" widmet der deutsch  - österreichischen Frage heute einen Leitauffag, der sich insbesondere mit der öffent: lichen Meinung Englands befaßt. Es habe sich, schreibt das Blatt, seit gestern nichts geändert. Es fänden regelrechte diplomatische Besprechuungen statt über die Prinzipien, Wege und Mittel, bie gegen Deutschland   ins Auge zu fassen seien. Es wäre voreilig, wie gewisse Informationen vor einigen

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Tagen, zu sagen, daß solche Schritte unmittelbar bes vorständen. Deutschlands   Verhalten gegenüber Defterreich fei zweifellos eine Verlegung des Art. 18 des Versailler Vertrages, der besagt, daß Deutschland  die Unabhängigkeit Desterreichs und die Unveränderlichkeit seiner Grenzen anerkennt. England als Signatarmacht bes Versailler Vertrages habe ebenso wie Frankreich   und Italien  über diesen Vertrag zu wachen. Es sei kein Zweifel, daß Deutschland   auch den Geist des Biermächtes pattes verlege, deffen Ziel eine wirkliche Entspannung in Europa   sei. Der Feldzug gegen Desterreich, der sich in fremde Angelegenheiten mische, verlege offen den Biers mächtepakt.

Der Temps" zitiert den Manchester Guardian, der einen Augenzeugenbericht über einen der deutschen   Propagandas flüge   nach Defterreich veröffentlicht. Drei deutsche   Flugzeuge seien als deutschen   Ursprungs erkannt worden.

wieder. Insbesondere der deutsche   Wille zur Wieders Englands Auffassung spiegelt sich in der erregten Presse die Erregung in England bezeichnet. Göring   sei unmittelbar aufrüstung wird hervorgehoben und als Hauptgrund für an England herangetreten, um Polizeiflugzeuge zu kaufen, allerdings fei er abgewiesen worden, aber schon der Versuch, diese Polizeiflugzeuge zu kaufen, sei eine Verlegung des Versailler   Verrtrages.

Hindenburg  , wo ist Löbe?"

verlegung. Die franzöfifche Regierung hat in Berlin   Antwort: Im Konzentrationslager

burch einen energischen Schritt unseres Botschafters Francois Poncet   Protest erhoben auf Grund der Tatsache, daß sich unter den aus dem Saargebiet Entführten zwei fran­ zösische   Staatsangehörige befinden. Die Regierungskom­mission des Saargebiets hat natürlich die Pflicht, gegen jede Verlegung des Gebiets, das sie verwaltet, au protestieren, die französische   Regierung ihrerseits hat die Pflicht, den Schutz ihrer Staatsangehörigen auf Grund der internationalen Garantien au sichern, die für alle Einwohner des Saargebiets gelten.

Die zwei Fragen liegen also flar zu Tage und es find teine Untlarheiten und Ausflüchte in bezug auf die beiden diplomatischen Schritte möglich.

Die Regierungskommission des Saargebiets hat übrigens bem Generalsekretariat des Völkerbunds die Antwort aus Berlin   übermittelt, die sie auf ihre erste Mitteilung erhalten hat. Das Reichskabinett beschränkt sich darauf, anzuzeigen, daß es sofort eine Untersuchung über die gemeldeten Bor­gänge in die Wege geleitet hätte, und daß es eine weitere Mitteilung der Ergebnisse dieser Untersuchung übermitteln wolle.

Der Fall der deutschen   nationalistischen Anschläge gegen Desterreich stellt sich unter einem anderen Gesichtspunkt dar. Pressemeldungen berichten diesen Morgen, daß der Quai d'Orsay sich seit mehreren Wochen mit der zwischen Defterreich und Deutschland   bestehenden Spannung beschäf tigt und daß seine Aufmerksamkeit sich natürlich auf die ver­schtebenen Zwischenfälle der letzten Zeit richtet, z. B. auf die Ueberfliegung österreichischen Gebiets und auf die Radio­sendungen beutscher Stationen, die das gegenwärtige öster­reichische Kabinett angreifen. Diese Meldungen fügen hinzu, daß das Ministerium bei einer gewissen Anzahl von Re­gierungen den schwerwiegenden und gefährlichen Charakter unterstrichen hat, ben Vorgänge dieser Art besitzen und daß es mit den Regierungen im Gedankenaustausch stehe über die Mittel und Wege, etwa über eine gemeinsame Aktion, z. B. um eine Wiederholung zu verhindern. Wir glauben, daß diese Meldung, in der Form, wie sie gebracht wurde, nicht exaft ist. Jedenfalls handelt es sich nicht um eine Veröffents lichung des Außenministeriums, wie die Zeitungen be­richteten, auch nicht um eine offizielle Note.

Die Deutsche Freiheit" hatte vor einigen Tagen in einem Artikel an der Spize des Blattes an den Reich 3 präsi­denten die Anfrage gerichtet, wo Löbe   sei. Wir hatten darauf hingewiesen, daß der frühere Reichstagspräsident, einer der angesehendsten deutschen   Politiker, in dessen Hand Hindenburg   den Eid auf die Verfassung abgelegt habe, seit zwei Monaten, seit seiner Ver­haftung, nahezu verschollen set. Niemand wisse, in welches Gefängnis er verschleppt worden sei.

offenkundiger: Paul Löbe   fist im Konzentrationslager. Und mit ihm wurde eine gänzlich unpolitische Frau eingeliefert", die fein anderes Verbrechen begangen hat, als sich vor zwanzig Jahren mit Hermann Lüdemann   zu verheiraten...

Wir wissen um die vielen Zehntausende von Proletariern, die heute das Schicksal Paul Löbes teilen müssen. Nicht etwa, daß wir besonderes Mitleid für ihn erbitten! Aber sein Schicksal ist eine besonders leben­diejenigen, die hin und wieder ungläubig sind.

Jetzt kommt die Antwort auf unsere Anfrage. Das Wolff dige Anschauung von der braunen Hölle, gerade für Büro teilt mit, daß am

Freitagvormittag ins Breslauer Konzentrationslager eins

geliefert wurde der frühere Reichstagspräfis

dent Löbe, welcher in Begleitung von mehreren Ariminalbeamten aus Berlin   fam; weiter Fran Lüdes mann, die Frau des bereits im Konzentrationslager befindlichen früheren Oberpräsidenten von Niederschlesien  , wegen Verbreitung unwahrer Behauptungen über das Ronzentrationslager und ferner ein Journalist riz Runde, der frühere Herausgeber der jegt verbotenen Wochenzeitung Der Greifer".

Es steht also auf Grund amtlicher Auskunft fest, daß man Paul Löbe   hinter Stacheldraht gesezt hat. Diese offi­zielle Nachricht wird die gesamte Kulturwelt besser über die wirkliche Lage in Deutschland   unterrichten, als es bun derttausend sogenannter Greuelmeldungen zu tun vermögen. Jedermann im Ausland, der nur eine Spur politisches Interesse besaß, kannte Paul Löbe  : den geschicktesten aller Reichstagspräsidenten, den warmherzigen geschichtesten aller Reichstagspräsidenten, den warmherzigen Redner, der auf internationalen parlamentarischen Tagungen seine Hörer hinriß, den Führer des österreichisch- deutschen Anschlußgedanken, den in allen Ehrungen und Würden immer schlicht gebliebenen Volksmann. Das braune Deutsch­ land   dankt es ihm, Hindenburg  , der sich unzählige Mal bei Verfassungsfeiern neben ihm sehen ließ, dankt es ihm noch

Straßburg  

Es wird immer toller ES

Wo nichts erreicht wird...

Dann kommen die Angehörigen an die Reihe!

Lübeck  , 4. Aug.( Wolff.) Ein kommunistischer Kurier wurde am Mittwoch in der Wohnung eines Lübecker Ars beiters festgenommen. Bei der Durchsuchung fand die Polizei eine Menge illegaler kommunistischer& lugichrifs ten. Außer dem Kurier wurden fünf Personen verhaftet. Am Freitag wurde im Lübecker   Stadtteil Schlutup   eine Durchsuchung in großem Umfange vorgenommen. Auch hier Dolche, Seitengewehre, Schlagringe, Gummitnüppel, Pistolen hat man eine Menge illegales Propagandamaterial sowie und Munition gefunden.

Der Polizeiherr hat angeordnet, daß in Zukunft für alle Taten der Kommunisten oder anderer linksgerichteter Kreise im Lübecker   Stadtgebiet, bei denen die sofortige Ermittlung der Täter nicht gelingt, die fommunistischen bzw. marxistis schen Führer als Verantwortliche zur Rechenschaft gezogen werden. Für Taten, bei denen die Täter bekannt, aber ihre Festnahme unmöglich ist, werden die sämtlichen erwachsenen Angehörigen der Täter in aft genommen werden...

Lage ruhiger Man wartet auf einen Schiedsspruch aus Paris  Straßburg  , 5. Auguft.( Eig. Drahtb.)

Wahr ist, daß die französische   Regierung, wie alle anderen an der Erhaltung des mitteleuropäischen Friedens inter  - Streik unverändert effierten Regierungen die Krise der deutsch  - österreichischen Beziehungen mit aller erforderlichen Aufmerksamkeit be­obachtet. Ohne behaupten zu können, daß das Wiener  Rabinett in offizieller Weise die wichtigsten Re­gierungen durch einen formellen diplomatischen Schritt auf­gefordert hat,

barf man als sicher annehmen, daß die Aufmerksamkeit der Kabinette in Rom  , London   und Paris   auf diese Tatsachen hingelenkt worden ist durch regelrechte Besprechungen, die fich mit Defterreich und Mitteleuropa   befaßten, Bes sprechungen, bie finanzielle und wirtschaftliche wie polis tische Fragen zum Gegenstand hatten. Es ist selbstverständlich, daß die Frage der Aufrechterhaltung ber österreichischen Unabhängigkeit die erste Rolle bei dem Gedankenaustausch spielten, der sich natürlich mit den Mög­lichkeiten eines allgemeinen Wiederaufbaus und einer dauer­haften wirtschaftlichen Organisation beschäftigt. Wenn näm­

Die Streiflage ist unverändert, aber im Gegensatz zum geftrigen Tage blieb in der vergangenen Nacht und am heu­figen Bormittag alles ruhig. Gendarmeriepatronillen ziehen durch die Straßen. Sie haben jedoch die Weisung erhalten, nicht mehr so scharf vorzugehen. Die günstigen Folgen dieser Maßnahme haben sich sofort gezeigt. Im allgemeinen ist die Stimmung der Streifenden feft.

Aller Augen find nun auf eine Sigung im Arbeitsministe: rium in Paris   gerichtet, wo ein Schiedsspruch gefällt wird. Nun hängt alles davon ab, ob die Arbeiterschaft fich mit dem hier gefällten Spruch einverstanden erklärt. Im Grundjag haben sie die Schiedsspruchlösung gebilligt, da man von ihnen feine vorherige Unterwerfung verlangt hat.

In der Gegend am Rabenplay, wo vorgestern die schweren Zusammenstöße waren, find größenteils die Wirtschaften ge=

fchloffen. Auch der sozialistische Populaire" in Paris   hat gegen das brutale Vorgehen der Polizei in Straßburg   pros testiert und den Präfetten des Departements Unterrhein beschuldigt, die Arbeiterschaft unnüz herauszufordern. Inss gesamt sollen bei den Streifunruhen

145 Personen zu Schaben gekommen sein. 100 Leute sollen schwerere Verlegungen davongetragen haben. Ein dreijähriges Rind hat, als die berittene Polizei vorging, den Tod gefunden. Die bürgerliche Presse von Paris   bes zeichnet als Rädelsführer der Straßburger   Unruhen einen kommunistischen Abgeordneten. Matin" fordert Paul Bons cour auf, Litwinow   auf die Einmischung der kommunistis ichen Internationale in Frankreichs   innere Anaelegenheiten freundschaftlichst aufmerksam zu machen. Selbstverständlich verschweigt die bürgerliche Presse das überaus berauss fordernde Vorgehen der Gendarmerie,