Sie klagen sich selber an

Saarländischer Hitlerprotest beim Völkerbundsrat Die Terroristen beklagen sich über mangelnde- Terrorfreiheit

Saarbrücken , 12. August 1933. Der gleichgeschaltete, von Hitler politisch und finanziell abhängige Teil der jaar­ländischen Presse hat eine Beschwerde an den Bölkerbundsrat nach Genf gerichtet. Und worüber be­schwert er sich?: Nun,

über Mangel an jener Pressefreiheit, die Hitler in Deutschland totgeschlagen und die die gleichen Herrschaften, die sich da beschweren, auch an der Saar nach besten Kräften zu strangulieren versuchen, soweit dazu ihre Macht reicht!

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Wenn man diese Beschwerde liest, ist es schwer, keine Satire zu schreiben: Leute, die mehr oder weniger frei­willig" ihre Pressefreiheit der Despotie Hitlers geopfert haben, Leute, deren Beschwerde in ihrem eigenen Vater­lande unweigerlich mit Konzentrationslager bestraft würden, Leute, die allen Hitler - Maßnahmen zur Vernich tung der Pressefreiheit Beifall geklatscht und kein Wort des Protestes dagegen gefunden haben, daß die Hitler regierung saardeutsche Zeitungen in Deutschland verboten hat, Leute, die in der unglaublichsten Weise die Bekämp­fung der Pressefreiheit für die anderen bis zur Existenzvernichtung ihres Gegners auch im Lande an der Saar vorzutreiben sich bemühten, Leute, die offen bekannten, daß sie Objektivität, Loyalität, Neutralität in der Saarfrage nicht anerkennen könnten und für sich ein­seitige Vorrechte verlangen müßten ausgerechnet diese Leute richten ausgerechnet an den Völker bundsrat eine Beschwerde ausgerechnet wegen mangelnder Pressefreiheit nicht etwa in Hitlerdeutschland, sondern ausgerechnet im Völkerbundslande an der Saar ! Nun gibt es tatsächlich an der Saar eine schwere Beeinträchtigung der Pressefreiheit, aller­dings nur und gerade von seiten der Beschwerdeführer: Die Leutchen, die sich da nach Genf gewandt haben, und ihre Hintermänner haben mehreren Zeitungen des Saar­gebietes, und zwar sowohl marxistischen wie demokratisch pazifistischen, nicht nur die Freiheit ihrer Meinungs­äußerung zu beschränken, sondern sie ihnen gänz­lich zu nehmen versucht durch eine Reihe Maß­nahmen mit dem Ziele der Existenzvernich tung dieser von Hitler unabhängigen Zeitungen im Saargebiet. Zu diesem Zwecke haben die Herren Be­schwerdeführer und ihre gesamten gleichgeschalteten Hintermänner folgende Tatsachen geschaffen:

1. Sie haben in einer Reihe von Kommunalparlamenten burch ihre gleichgeschaltete Mehrheit beschlossen, diesen un abhängigen Zeitungen des Saargebietes sowohl die Anzeigen wie die Drucksachen wie fast alle Abonnements zu sperren.

2. Sie haben einen starten Nötigungs- und Boykott Feldzug, der den bestehenden Gesetzen widerspricht, inszeniert, um diesen unabhängigen Zeitungen sowohl die sonstigen Inserate wie Drucksachen wie Abonnenten abzutreiben.

3. Sie haben entgegen der bestehenden Gesetzgebung eine Aechtungs-, Diffamierungs-, Verrufs- und Ver: leumdungs- Kampagne gegen die unabhängigen Zeitungen geführt, die die üblichen Methoden des dritten Reiches" in die Saar übertrug.

Das ist die wahre und wirkliche Beschränkung der Pressefreiheit an der Saar , und jede einzelne dieser von uns aufgeführten Tatsachen können wir mit einem erdrückenden Material von Beweisen belegen, wir nicht verfehlen werden!

was

Aber daß angesichts dieser Tatsachen dennoch die hitler­unterwürfigen Leute sich erfrechen, eine solche Beschwerde nach Genf zu richten, muß man wirklich als den Gipfel der gleichgeschalteten Dreistigkeit bezeichnen, der nur geeignet ist zu beweisen, was nicht nur von dieser, sondern von allen ihren Beschwerden zu halten iſt!

Aber die Unverschämtheit geht noch weiter! Die Hitler­leutchen haben die Stirne zu behaupten, daß die Maß­nahmen der Regierungskommission in der bisherigen Pragis sich stets gegen die Interessen des deutschen Saar­landes" richteten. Gemach, meine Herren: Wer ist das deutsche Saargebiet? Sie bestimmt nicht!

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Das wahre, echte und wirkliche Deutschtum an der Saar will mit Hitler nichts zu tun haben! Deutsch sein heißt frei sein, heißt Gerechtigkeit, Recht, Wahrheit und Menschenrechte über alles ftellen! Heißt nicht, der Knecht eines Knechtes des Mammons und der Reaktion sein!

Das deutsche Saargebiet weiß der Regierungs­kommission Dank dafür, daß sie kürzlich die Entführten von Homburg sowohl mit geschickter wie fester Diplomatie den Händen der braunen Mordbanden und den Schrecken den Händen der braunen Mordbanden und den Schrecken der Hitlergefängnisse und Konzentrationslager entrissen hat. Sie weiß der Regierungskommission Dank dafür, daß sie mit fester Hand und objektivster Unbestechlichkeit den Jdealen des Völkerbundes, die die Jdeale der Mensch­heit sind, in bezug auf die politische Freiheit eine heit sind, in bezug auf die politische Freiheit eine letzte Zufluchtsstätte auf deutschem Boden erhalten hat. Sie weiß der Regierungskommission Dank dafür, daß sie Sie weiß der Regierungskommission Dank dafür, daß sie den Räubermethoden des dritten Reiches" gegen die Vermögen und Institutionen der Arbeiterschaft einen Damm entgegengesetzt hat- aber das alles war ja nur geeignet, die ohn mächtige Wut der Hitler - Mamelucken und der Gleichgeschalteten hervor.

zurufen, und darum auch die Beschwerde beim Völkers bundsrat!

Die Beschwerdeführer wissen ganz genau, daß sie eine sehr schlechte Position haben. Sie wissen ganz genau, welch unglückliche Rolle sie spielen, wenn sie für die Saar fordern, was die von ihnen verherrlichte Nazi- Regierung selbst und im eigenen Lande nicht zu geben gewillt ist, wenn sie an der Saar angeblich etwas vermissen, wonach sie morgen, wenn die Saarfrage nach ihrem Wunsch gelöst würde, nicht einmal mehr fragen dürfen, wenn sie für die Saar etwas fordern, was in hundertmal größerem Maße vorhanden ist, als sie es selber jemals an der Saar ihren eigenen Gegnern zuzugestehen gewillt sind!

Es blamiert sich halt jeder so gut als er kann und wenn es die Herrschaften unbedingt haben wollen und wenn es richtig ist, was die naziotische Saar­brüder Zeitung" schreibt, daß sich der Völferbund im September tatsächlich mit dieser kuriosen Eingabe, in der sich ihre Verfasser selbst verspotten, befassen will, dann werden wir dafür Sorge tragen, daß ihm zus gleich jenes Material vorliegt, das ihm die wirkliche Beschränkung der Pressefreiheit an der Saar seitens der Beschwerdeführer und ihrer Hintermänner eindeutig vor Augen führt!

Voll.

Jn Wirklichkeit steht natürlich hinter dieser Beschwerde die Hitlerregierung selbst, ohne deren Geneh­migung die gleichgeschaltete Front an der Saar auch nicht einen Schritt tun kann und darf. Es ist also in Wirklich­keit Hitler selbst, der sich da vor dem Völkerbundsrat, dessen Mitglied er ist, über einen angeblichen Tat­bestand beschweren will, den er in seinem eigenen Lande zur hundertprozentigen. kommenheit entwickelt hat! Auf die Debatte darf man schon im voraus gespannt sein. Jedes Wort des hitlerdeutschen Vertreters in dieser Frage wird eine Anklage gegen das eigene Regime sein! Und das kann ein Schauspiel für die Götter werden, wenn die Vertreter der brutalsten und gemeinsten, der finstersten und verworfensten Diktatur der Welt in Genf ihre Stimme erheben sollten für die Freiheit, Gleichberechtigung" usw. in einem Lande, das ihrer nicht bedurfte, um diese Dinge zu haben, das sie behauptet hat gegen den Maulkorb eines westlichen Jmperialismus und sie behaupten wird gegen alle Knebelungsversuche Hitlers , und das sich glücklich schätzt, von den Nazi- Verbrechermethoden bis auf den heutigen Tag befreit geblieben zu sein. In Genf sehen wir uns wieder!

M. B.

Die betrogene Mittelständler Kaufhäuser und Einheitspreisgeschäfte werden wieder eröffnet

In der Frankfurter Zeitung " liest man?

Das Kaufhaus Kapeda" in Neumünster in Holstein, ein Einheitspreisgeschäft, das im März wieder­holt demoliert und dann stillgelegt worden war, sollte dem­nächst wieder eröffnet werden. Kaum war die Holzverscha­lung von den Schaufenstern entfernt, als drei große Scheiben durch Steinwurf zertrümmert wurden.

Ebenso wie in Neumünster waren auch in anderen Klein­und Mittelstädten in der Zeit revolutionärer Erregung Einheitspreisgeschäfte unter örtlichem Druck zunächst ge­schlossen worden. Daß sie jetzt, nachdem der Abschluß der Revolution verkündet worden ist, wiedereröffnet werden, scheint man hier und da für eine schwer tragbare Zumu­tung zu halten. In Heilbronn z. B. ist die Kreisleitung der NSDAP . sogar mit einer parteiamtlichen Verlautbarung auf den Plan getreten. Dem Abdruck in der Zeitschrift des Edeka - Verbandes zufolge hat man es sich dort sehr schwer gemacht, mit der Tatsache der Wiedereröffnung des Ein heitspreisgeschäftes ins Reine zu kommen. Man hat sich peinlich bemüht, sein Mißfallen zum Ausdruck zu bringen, ohne Anlaß zu der Vermutung zu geben, man wolle der Autorität der Führung zu nahe treten. Denn das Reichs­gesetz zum Schutz des Einzelhandels enthält keines. wegs ein Verbot bestehender Einheitspreisgeschäfte, sondern hat es( unter Aufhebung der Befristung) bei der Sperre für Neueinrichtungen und Erweite rungen belassen. Wie jeder weiß, ist die Reichsregierung hierbei nicht deshalb geblieben, weil sie der Abneigung gegen die Einheitspreisgeschäfte verständnislos gegenüber stünde. Sie hat aber auch den Schaden in Betracht ge­zogen, der durch eine völlige Austilgung bestehender Unternehmen angerichtet werden würde. Biele auch im Mittelstand werden das verstehen: Fabrikanten und ihre Arbeiter, Hausbesitzer, schließlich die Angestellten der Ein­heitspreisgeschäfte. Auf der anderen Seite sollte wohl nir­gends Anlaß zu so viel Empörung bestehen, um zu Gewalt­tätigkeiten wie in Neumünster oder zu Boykott- Aufrufen wie in Heilbronn zu schreiten. Hier soll jeder, der auch nur für Pfennigswert" im Einheitspreisgeschäft kauft, als " Feind des Nationalsozialismus" angesehen werden sowie als Renegat und Saboteur der verdienten Verachtung aller Einsichtigen" verfallen. Ist es gut, das harte Wort " Saboteur" auf Kaufhandlungen anzuwenden, die doch immerhin am Rande der Wirtschaft liegen? Und kommt das Prädikat einsichtig" nicht eher demjenigen zu, der eine Frau gewähren läßt, die vor der Wahl steht, ihrem Kind entweder die Puppe zu versagen oder eine Puppe im Ramschbazar" zu kaufen?

Der deutsche Kapitalist:« Sagen Sie der SA., daß sie aufgelöst wird. Der Mohr hat seine Schuldigkeit gefan, der Mohr kann gehen!"

Das mag ja alles schön und richtig sein, und die Bewils ligung von 14,5 Millionen Mart aus Reichs geldern an den Tiezkonzern liegt auf derselben geldern an den Tiezkonzern liegt auf derselben Linie. Tatsache aber bleibt, daß die Nazis, der Herr Reichs­kanzler an der Spize, dem Mittelstand die Vernichtung der Kauf-, Waren- und Einheitspreishäuser tausendfach ver sprochen haben. Mithin haben sie den Mittelstand betrogen.

Minoux

Einst Generaldirektor im Stinnes - Konzern

Berlin , 11. Aug.( Jnpreß.) Gegen Friedrich Minour wurde ein Strafverfahren wegen Bilanzfälschung und handelsrecht­ein Strafverfahren wegen Bilanzfälschung und handelsrecht­licher Untreue eingeleitet.

Friedrich Minoug, früher Generaldirektor im Stinnes­Konzern, war einer der deutschen Unternehmer, welche 1928 die Ruhrbesetzung provozierten und an der Inflation phan­tastische Gewinne machten. Später schied er aus dem Stinnes­Konzern aus und eröffnete eine Reihe eigener Gründungen, die ohne Ausnahme bankrottierten, während Minoux an jedem solchen Bankrott Unsummen verdiente. Eine seiner letzten Pleiten war der Direkt- Schuhvertrieb.

Die jetzt inkriminierte Bilanzfälschung wurde bei der Ueber­nahme der Zigarettenfabrik Batschari begangen. Es handelt

sich um eine Steuerschuld von 12 Millionen Mark, die auf Veranlassung von Minour falsch verbucht wurden, ein Ver­fahren, das von nahezu allen deutschen iemals subsidierten Großfirmen praktiziert wird.

Minour stand eine Zeitlang dem General Schleicher nahe und das dürfte der Grund für die Einleitung des Straf­verfahrens sein.

Devaheim

Die große christliche Pleite

Soviel hat die gleichgeschaltete Presse mit erdichteten mar­ristischen Korruptionsfällen zu tun, daß sie sich weder mit der Riesen korrupition von Lahusen noch mit der christlichen Devaheimpleite beschäftigen kann.

Das Konkursverfahren Devaheim geht nicht voran. Es handelt sich dabei um eine ganze Reihe von verkrachten christ­lichen Unternehmen. Jest liest man, daß es mit der Masse" sehr windig aussieht. Bei der zum Devaheim- Konzern ge­hörenden Deutschen Heimstätten- AG., deren Konkursquote nach Maßgabe der anfänglichen Berechnungen auf 1,3 Proz. veranschlagt worden war, stehen etwa 3 Prozent in Aussicht, während man bei Devaheim und Deuzag die Konkursquote etwa zwischen 6 und 10 Prozent veranschlagt,