Deutsche Stimmen

Feuilletonbeilage der Deutschen Freiheit"

Ria schreibt an Mutti

Sie wollte Bestien sehen und sah keine!

Wir wollen hier eine kleine Geschichte erzählen. Von einem dreizehnjährigen Mädchen aus dem Saargebiet. Es wurde in diesem Jahre von ihren Eltern zu einer Ferienfahrt durch Deutschland geschickt und hat an Mutti einen Brief geschrieben. Diesen Brief bringen wir hier wörtlich, weil es ein politischer Brief ist, und weil er, wie die Saarfront", das saarländische Naziblatt, dazu am 22. 8. wörtlich schreibt, in seiner Unschuld wahrhaftig die Greuelheße der saarländischen Marxisten glänzend widerlegt".

Lesen wir, was Ria schreibt: Liebe Eltern!

Was ich Euch schon mitteile, waren wir gut in Herxheim angekommen. Bei den Quartiersleuten, bei denen ich unter­gebracht bin, gefällt es mir sehr gut. Sie haben auch 3 Mäd­chen im Alter von 12, 14, 15 Jahren. Diese beiden sind gegen mich sehr gut. Schon morgens um halb 12 Uhr, als der Zug ins Herrheim einlief und wir ausstiegen, wurden wir von der Hitler Jugend , dem BDM . und von den Quartiersleuten abgeholt. In dem Heim wurden wir auf­gerufen und jedes Kind in einem Haus untergebracht. Ich war ganz erstaunt, als ich hörte, daß ich in eine Gastwirt schaft fam, weil ich es mir schon immer wünschte. Als ich bei den Leuten anfam, wurde ich herzlich begrüßt. Sie waren erstaunt, denn sie hatten sich ein kleines Mädchen vorgestellt und nicht so groß. Ich war sehr erhißt, und fühlte mich gleich ein wenig ab. Gleich darauf aßen wir zu Mittag und zwar: Nudelsuppe, Kartoffeln, Gelberüben mit Erbsen und Rindfleisch. Es schmeckte mir sehr gut. Nach dem Essen zog ich mich um. Nachmittags sezten wir uns ein wenig in die Wirtschaft und ruhten aus, denn ich war von der Reise sehr erschöpft.

Um sieben Uhr aßen wir zu Nacht und gingen dann Milch holen. Als wir nach Hause famen, machten wir uns fertig, denn abends um 9 Uhr war Heimabend im Jugendheim. Hier wurde uns bekanntgemacht, daß wir am Sonntag nach Zweibrücken mit der Hitler- Jugend und dem BDM. fahren. Was ich noch nicht besitze, ist das braune Kleid.

RC

Die 2 anderen Mädchen, welche nicht so groß sind wie ich, haben ein Kleid bekommen, von denen, die nicht mitfahren. Aber für mich haben sie kein Kleid, weil ich so groß bin und die Größeren alle selbst mitfahren. Es dauert etwa 1 Stunde, bis 10 Uhr also, als wir dort vom Heim aus in das Dorf marschierten. Die Führerin der BDM. tomman= dierte. Es war eine strenge 3ucht. Alle sangen durch das ganze Dorf die Lieder der nationalen Erhebung. Das gat mir so gut gefallen, daß ich am liebsten die ganze Nacht durchgewandert wäre. Es war 12 Uhr, als wir nach Hause kamen. Wir blieben auf bis 12 Uhr und dann ging es ins Bett. Als wir ins Bett gingen, grüßten wir mit dem Gruß, Heil Hitler".

Hier ist es nicht wie bei uns von wegen Freiheit" und" eil Moskau ". Diese Bestien find hier ausgerottet und unsichtbar ge= worden. Hier ist alles gleich.

Hoffentlich dauert es nicht mehr lange, bis wo auch bei uns, im Saargebiet, eine gründliche Reinigung dieser Elemente vorgenommen werden kann.

Hier in unserem lieben deutschen Vaterland fühlt man fich froh und frei.

Also macht Euch keine Sorgen um uns. Uns geht und gefällt es hier sehr gut, was wir auch Euch wünschen. Eure Ria.

Heil Hitler !

Wir wollen der kleinen Ria nicht böse sein. Sie spricht die Worte nach, die sie von andern gehört hat. Schon hat sie gelernt, in andern Menschen, die nicht Heil Hitler !" sagen, Bestien" zu sehen und sich zu freuen, daß sie ausgerottet" wurden, und schon kann sie das gleiche im Saargebiet nicht erwarten. Die braune Ria ist ein Exempel der neuen Jugenderziehung, deren heroische Tatenlust ohne entspre= chende Blutgier nicht zu denken ist, eine Marketenderin von SA., die ihren Lehrern alle Ehre macht.

Die Heinzelmännchen des ,, dritten Reichs"

Ebel schießt für Riesen

In Köln ist in diesen Tagen eine reizende Geschichte passiert. Die Schüßengesellschaft St. Hubertus e. V. Köln­Kletterberg veranstaltete ein Königsschießen. Was dabei ge= schah? Hören wir den Stadt- Anzeiger" zur Kölnischen Zeitung : Helle Freude löste es allenthalben aus, als be= fannt wurde, daß Oberbürgermeister Dr. Riesen, als sein Stellvertreter Bürgermeister Ebel den ersten und besten Schuß auf die Königsscheibe abgab, als König aus dem Schießen hervorgegangen war. Der Verein sandte in seiner Freude an Oberbürgermeister Dr. Riefen nachstehen­des Telegramm: Schüzengesellschaft St. Hubertus Sülz­

Opfer von Gorga

Es war eine winzige Zeitungsnotiz, nicht größer, im Grunde nicht anders als so viele, all die vielen, die An­flagen in sich bargen, wie sie selten je in gleicher Schwere er­hoben werden mußten. Wie sie zu lesen waren und zu lesen sind außerhalb der Mauern eines Reiches, das seine heilig­sten Güter zugleich mit den heiligsten Gütern der Mensch­heit überhaupt mit Füßen tritt.

Winzig war diese Notiz, denn allzu Vieles müßte man schreiben, wollte man nur ein annäherndes Bild von dem geben, was ein Volk erdulden muß, das einmal in Dingen der Kultur eine weithin leuchtende Stelle einnahm. Das diese Kultur durch einige wenige, die es zu Führern machte, zertrümmern läßt. Mit ihr die Menschenrechte, die heiligsten Rechte einer jeden Nation.

Einem aber, der einmal mit Stolz, mit leuchtenden Augen sich deutsch nannte, bohrte sich diese winzige Notiz wie glühendes Eisen in die Seele. Mit starrem Blid mußte er immer und immer wieder darauf blicken, lange. qualvoll lange für einen, der der Hölle eben entronnen zu ſein glaubt

und jetzt die Tore wieder weit geöffnet sieht. Für ihn.

Was in der Seele dieses jungen, blutjungen Bert Heim in diesen Minuten vor sich ging, mögen nur wenige ermeffen. Daß die Martern ungleich größer noch gewesen sind als die Qualen, die er noch einige Wochen zuvor im Konzentrations­lager erdulden mußte, mag gewiß sein. Die Worte hatten sich in sein Denken eingefressen, immer wieder freisten sie in seinem Bewußtsein, mochte er zerstreuung suchen, mochte er hinauslaufen in die freie Natur es half nichts. Die Worte brannten, Hunderte von Malen mußte er sie sich aus­wendig aufsagen, als wollte er ihren Sinn nicht fassen. Aber es blieb.

Als Repreffalie gegen den flüchtigen Toppenburger Reichsbannerführer Bert Heim wurde gestern dessen sechzigjährige Mutter in Toppenburg verhaftet und dem Ronzentrationslager Dachau zugeführt."

Die Tage, die zur Beschaffung des falschen Paffes nötig waren, bedeuteten für Bert Heim eine Ewigkeit. Mit jeder Stunde aber wurde das Bewußtsein, nur so handeln zu kön­nen, stärker und fester. Er wollte auf jeden Fall der SA. sich ausliefern, vorher aber noch einmal mit seiner Mutter

Kletterberg huldigt ihrem neuen König, der durch den besten Schuß seines Stellvertreters Bürgermeister Ebel zur Maie stät erforen wurde. Heil!

In Köln waren einst die Heinzelmännchen. Ueber Nacht machten sie alles, sie fegten, pußten, schrubbten, wie man es in dem Gedicht von August Kopisch nachlesen kann. Im ,, dritten Reich" find sie, in Uniform und mit Hakenkreuzbinden, wie der da! Heinzelmann Ebel hat für Riesen geschossen und ihn zur Majestät erforen. Heil!

sprechen. Mit dem falschen Paß mußte es ihm gelingen, zu ihr zu gelangen, zumal er selbst in einem norddeutschen Lager untergebracht und so die Gefahr des Erkannt­werdens geringer war. Hatte er die Mutter gesehen, dann konnten die braunen Henker ihr Werk an ihm vollenden.

Bei dem Führer des Konzentrationslagers meldete sich wenige Tage später ein gewisser Willi Bergen mit dem Er­suchen, die Gefangene Anna Heim, mit der er geschäftlich in Verbindung gestanden hätte, kura sprechen zu können. Dem Ersuchen wurde stattgegeben.

Geführt von einem SA.- Mann trat die alte Frau in den fleinen Raum, in dem der Junge auf sie wartete. Nur müh­sam konnte sie ihr Entseßen verbergen.

Bert Heim war aufgestanden und ging ruhig und sicher auf die Mutter zu. Aber bevor er noch ein Wort hervor­bringen konnte, fuhr die Frau ihn scharf an:

Ereignisse und Geschichten

Der nicht mehr fidele Bauer Wieder eine Greuelnachricht

In Wörishofen , in Wörishofen wollten die Leute nicht ganz verdoofen und da ste musikalisch waren und in Theaterspielen erfahren, führten sie auf die wirklich nette altbekannte Operette,

-

" Der fidele Bauer " mit Namen und alle gerne zu ihnen famen. Nur einer wars, der das nicht wollte und der darob noch furchtbar grollte: der ach so kluge Minister Darre.

Er tobte und brüllte: Bin ich ein Narr, heh!, daß man solche Späße mit Bauern tut? und der Gesang brachte ihn derart in Wut: Ist man auch ein dummer, dummer Bauer, ist man doch als jeder Stadtmensch schlauer, schlauer und er rief: Genug der Zoten,

der fidele Bauer wird sofort verboten. Fidel sein in Deutschland ist stark veraltet, der Bauer wird umgehend gleichgeschaltet, weil man ihm sonst nichts zu bieten hat, wird er von nun an vom Gleichschalten satt. Und die Zeitungen durften lobend sagen: Herr Darre hat tapfer ne Schlacht geschlagen.

Amanullah .

,, Es nützt alles nichts" Freundlichkeiten für den Nationalverband deutscher Fuden

Nachdem der Boykott so kläglich gescheitert ist, versucht sich Juda in neuen Methoden, nämlich im Antisemitismus! Als letztes Rettungsmittel, die Position zu halten, wird man einmal völkisch- revolutionär. Hauptträger der neuen Aktion ist der Nationalverband deutscher Juden, der angeblich Ostjuden und Zionisten genau so bekämpfen will wie wir. Er veranstaltet Ausspracheabende", an denen sich sogar Nationalsozialisten" an der Debatte beteiligen. Es nutzt alles nichts, der Jude ist einmal erkannt und wird immer wieder erkannt werden, mag er sich tarnen wie er will. Auch die nationale" Maske hat gar keinen Wert!" ( NS3." Rheinfront"].)

,, Rings herum, das ist nicht schwer" Rückwärts und seitlich gerichtete Gleichschal­tungsschritte

Aus Bayreuth wird laut Vossische Zeitung" berichtet: In Bayreuth tagte die dem Nationalsozialistischen Lehrer­bund eingegliederte Reichsfachschaft der Deutschen Tanzlehrer. Aus dem ganzen Reiche, aus Dänemark , Lettland , Holland und der Schweiz hatten sich deutsche Tanz­lehrer eingefunden, um sich die vom Reichsausschuß für deutschen Tanz" festgelegten Normen des Tanzstils zu eigen zu machen. Die neuen deutschen Tänze sollen beweisen, daß es möglich war, alles Wesensfremde aus dem deutschen Tanzprogramm auszuschalten und den Tanz deut schem Empfinden anzupassen, ohne pedantenhaft das übernommene Gute restlos auszurotten. An die Stelle der willkürlichen Richtungsveränderungen der einzelnen Paare soll jetzt möglichst ein einheitliches Bild treten dadurch, daß die Tänzer sich an die festgelegten Figuren halten, die immerhin mannigfaltig genug sind, um den Tanz nicht schablonenhaft erscheinen zu lassen. Der König aller Tänze, der Walzer, kommt wieder voll zu seinem Recht, er wird in der alten und einer neuen Form getanzt, der langsame Walzer nur mit 36 Minutentaften. Der Warschtanz mit Gehschritten vor und rückwärts und fettlich gerichteten Gleitschritten und der Wechselschrittler sind die neuen Tänze. In die Reihe dieser Allgemeintänze kommt der Rheinländer in alter und neuer Form und der Galopp. Die Figurentänze, die sich zum Teil an die schönen alten Volkstänge anlehnen, wie der Begrüßungsreigen, der der früheren Polonaise ähnelt, der Friedrichshainer , ein paarweiser Wechseltanz im Zweivierteltaft, der Gleit. schritt", ein Kreißtang für beliebig viele Paare im Glett­aber schritt, und der deutsche Achter für je vier Paare nerden den Höhepunkt gesellschaftlicher Veranstaltungen darstellen.

" Ich meine, wir brauchten uns nicht lange zu unterhalten, mein Herr. Was Sie von mir wollen, kann ich mir schon denken. Sie sehn, ich lebe. Na alio, und ich glaube, sie Richtlinien gesucht

haben andere Pflichten, mein Herr, als sich hier um eine alte Frau zu fümmern!"

,, Eine so verheerende Verwirrung der Geister hat der ver­antwortungslose Literaturbetrieb der letzten Jahre ange­richtet, daß heute Dreißigjährige, also im Anfang des Man­nesalters stehende, unsereinen in der Redaktionsstube auf­suchen und allen Ernstes um Richtlinien fragen, nach denen der heutigen Zeit entsprechende Romane au schreiben sind." ( Karl Rauch in der gleichgeschalteten Literarischen Welt ", Berlin .)

Zu dem begleitenden SA.- Mann, der der Szene ver­ständnislos gefolgt war, sagte sie dann furz und schneidend: Neugieriges Bolt das. Führen Sie mich zurück." Nur mühsam konnte Bert Heim seine Gedanken wieder in die Gewalt bekommen. Die ganze Größe des Opfers, das die Mutter ihm und der Sache brachte, der sie den jungen Genossen erhielt, die Entsagung, die in ihren wenigen Wor­ten zum Ausdruck gekommen war- das alles jagte in seinem Kopf herum. Er wußte nicht, wie er wieder über die Grenze Was man sich zuflüstect gekommen war, er wußte nicht, wer ihm den geheimen Pfad geführt hatte er sah nur immer den entsetzten Blick der Mutter auf sich gerichtet

-

Als die Genossen, die von seiner Rückkehr gehört hatten, ihn in seinem alten Quartier besuchten, fanden sie einen jungen, ftolzen Menschen fassungslos schluchzend, den Kopf in den Händen vergraben. Von den Worten, die er hervor stieß, vernahmen sie nur immer das eine: Mutter Mutter

Müller besucht seinen Schwager in Berlin , und bei einem Rundgang fällt ihm auf, daß die Zahntechniker alle ihre Ge­schäfte geschlossen haben. Auf die Frage, was dies zu be­deuten habe, sagt der Berliner :" Ja, die haben nichts mehr zu tun." Spricht Müller:" Habt denn ihr in Berlin alle so ge­sunde Zähne?"" O nein," sagt der Berliner und flüstert ihm ins Ohr: Bei uns darf iezt nämlich niemand mehr die Schnauze aufmachen."