richtig, obwohl hier die Meinung über die Methoden schon fehr auseinandergehen. Man will die volle Souveränität wieder über das Saargebiet. Auch das ist eine allgemeine deutsche Forderung, allerdings ist für uns die
Tyrannei die Voraussetzung.
Bolkssouveränität und nicht eine angemaßte gewalttätige Man will, man will Wenn aber weiter die blutige Diktatur im Innern regiert und das Mißtrauen Europas gegen das allzu laut erwachte Deutschland durch die Marschstiefel und die Kriegsgesänge im Reich geschürt wird, wird man erreichen, daß die deutsche Nation zu der Niederlage in dem Ringen um Desterreich auch schwere Rückschläge im Osten und im Westen des Reiches erleiden wird. Deutschland ist nun einmal nicht Europa , und so manchem Lande in diesem Europa stehen Außen politiker von anderem Range zur Verfügung, als sie sich am Tannenbergdenkmal und zu Füßen der schwertgewal tigen Mutter Germania aus kaiserlichen Redetagen vernehmen ließen.
Antideutsche Kammerinterpellation- Kriegerische Sprache des..Temps"
Paris , 28. Aug. Der Abgeordnete Georges Mandel Die Stadt des Krieges"
( Gironde ) hat hente an den französischen Ministerprasidenten Daladier folgenden Brief geschrieben:
Ich habe die Ehre, Sie davon in Kenntnis zu segen, daß ich beim Wiederzusammentritt der beiden Kammern auf dem Wege der parlamentarischen Interpellation der Regierung die Frage vorlegen werde, welche Haltung sie bei der bevorstehenden Abrüstungskonferenz einzunehmen ges denkt und was sie endlich zu tun beabsichtigt angesichts der täglich sich vergrößernden Gefahr der deutschen illegalen Aufrüstungen.
auf dem besten Wege, eine italienische Broving Besessenheit"
zu werden. Wenn das noch verhindert werden sollte, wird es nicht von Berlin , sondern von Paris aus geschehen. Mit den Berliner Ministern spricht Mussolini nur noch wie ein Oberlehrer mit seinen Sertanern.
Nach einem bisher unwidersprochenen Bericht der " Daily Mail" sollen zwischen Mussolini und Dollfuß fol. gende Maßnahmen vereinbart worden sein:
1. Italien gewährt Oesterreich eine Freizo ne im Hafen von Triest .
2. Oesterreich ruft eine sandelsflotte ins Leben, die die österreichische Flagge führen und ihr Hauptquartier in Trieft haben wird.
8. Defterreich konzentriert seinen Ueberfeehandel nach Mögs lichkeit auf Triest , das auch der Hafenplatz für öfters reichische Auswanderer werden soll.
4. Jtalten gewährt den österreichischen Waren bei ihrer Einfuhr eine Vorzugsbehandlung.
5. Italien steigert seine Einfuhr aus Oesterreich dadurch, daß alle vom Staat kontrollierten Organe Waren, auf deren Einfuhr Italien angewiesen ist, in erster Linie aus Desterreich beziehen.
Aehnliche Meldungen über das Ergebnis der BeAprechung von Riccione sind auch von anderer Seite gekommen. In Einzelheiten mögen sie irren, aber das Ganze gesehen, zeigen sie die Linie der italienischen Politik. Wo ist da noch ein Schatten des An chlußwillens, der einst von dem margisti schen Republikaner Paul Löbeim Reich und von dem österreichischen Margiften Dr. Renner zu einer gewaltigen Bolksbeme= gung emporgehoben worden war? Die sozusagen nationale Regierung Deutschlands hat das natio. nalste alte Ziel der Deutschen vernichtet. Desterreichs Wirtschaft orientiert sich nach Triest , statt nach Hamburg .
Wir glauben nicht, daß man in Paris über diese Entmicklung Genugtuung empfindet. Wenn wir in den Zeiten unseres Anteils an der politischen Macht in Deutschland den Anschluß forderten, wurden wir von manchen französischen Nationalisten als Pangermanisten verdächtigt, was natürlich nicht hinderte, daß wir, aus bem chauvinistischen Jrrenhaus betrachtet, in Deutschland dennoch Landesverräter blieben. Jezt ist von Frankreich der Alpdruck des Anschlusses gewichen, aber dafür die Möglichkeit einer italienischen Vorherrschaft in Mitteleuropa riesengroßempor gewachsen. Für Paris scheint es nun so, als wolle Mussolini Deutschland zu seinem mitteleuropäischen Degen machen, wie ja zu allen Zeiten man denke an England und an den Zarismus die Versuchung groß war, das zentral gelegene Deutschland in die Außenpolitik stärkerer Mächte einzufspannen. Ob es der Ehrgeiz Hitlers und Görings war, italienische Vasallen zu werden, wissen wir nicht. Jebenfalls sind sie es nun, und insofern wirkt ihr römischer Gruß durchaus stilgerecht. Es ist seit einigen Tagen etwas stiller geworden um die deutsch - österreichische Frage, um Jtalien, um Ungarn , um die Kleine Entente , um das ganze Fragengemirr, das hier aufgeworfen ist. Es bleibt aber ungelöst und ist unendlich schwer zu lösen. Man fühlt das Unbehagen in Paris . Frankreich ist faturiert. Sein Bolk ist viel weniger kriegerisch, als viele von uns Deutschen wahr haben mollen. Alle Berichte aus allen Teilen und aus allen Schichten Frankreichs stimmen darin überein, daß dem französischen Volke nichts mehr Grauen einflößt als der Gedanke gewalttätiger Politik in Europa . Nun aber wird Frankreich nicht nur durch die ewigen soldatischen Aufmärsche in Deutschland , durch Behauptungen und Reden über bessen Rüstungswillen, durch die Sorge um die an Bahl bebeutend überlegene deutsche Volksmasse, sondern auch durch Mussolinis Hegemonie- Ansprüche in Mittel europa beunruhigt. Es find gewiß forgenpolle Tage, die Daladier und seine Mitarbeiter in Paris durchleben.
Die Welt ist in gärender Unruhe. Von Asien her über Ben Stillen Ozean nach Nordamerika . Nicht minder aber auf dem viel engeren Raume Europas , wo zu den Spannungen an den Grenzen noch die Unsicherheit aus revolu tionären und gegenrevolutionären Strömungen kommt, und das abgrundtiefe Mißtrauen, das für die Nachbarn unkontrollierte abenteuerliche Diktatoren immer bedeutet haben.
Das Klingklanggloria nationaler Feste war das Zeichen ber wilhelminischen Aera in Deutschland . Was gab es da an Fahnen und Guirlanden, an Paraden und Ehrenjungfrauen, an Prunkreden und Hurrarufen von den Gedanfeiern und Raisersgeburtstagen und 3entenargedächt niffen für Wilhelm den Großen bis zu den Jubeltagen von 1913 mit der Erinnerung an die Siege über den ersten Napoleon .
luf 1913 aber folgte 1914!
Trog unserer Aechtung bleibt Deutschlands Schicksal un fere erste Sorge. Wer als Deutscher weber den Charakter noch den Berstand verloren hat, muß seinem Bolke und deffen ruhmestollen Führern zurufen: Ein Ende mit den Festen und mit den Siegestönen. Europas Lage und die Deutschlands vor allem ist von graufigem Ernst. Nicht Phantasten und nicht ekstatisch nationalistische Volksmaffen können nahendes Unheil noch verhindern, sondern nur wirklichkeitsnahe Führer und Völker, die mit der pollen Wahrheit auch die drohenden Gefahren kennen
Paris , 29. Aug. Der„ Temp 8" vom Dienstagmorgen widmet der gegenwärtigen Lage angesichts der Demonstras tion Hitlers am Niederwald seinen Leitartikel. Hierbei schreibt die Zeitung, die, wie man weiß, das Sprachrohr des Quai d'Orsay ist, unter anderem folgendes:
Wir wollen weder die Möglichkeit eines Präventiv- Kries ges ins Auge faffen, noch verzichten auf die große Hoffnung einer allgemeinen Herabjegung der Rüftungen. Wir ftellen vielmehr wiederholt feft, baß wir den Frieden und die Ordnung wollen. Wir sind aber auch entschlossen ben Frieden und die Ordnung zu schützen und zu verteidigen gegen ein Deutschland , das in seiner Besessenheit Europa gefährdet. Es kommt jetzt darauf an, dem„ dritten Reich" flar und eindeutig vor Augen zu führen, daß es riskiert, daß seine vielleicht noch so große Macht ge= brochen wird durch die größere Macht, über die wir verfügen! Mit einem Wort: es kommt darauf an, daß wir dem deutschen Volke hel= fen, sich von dem Wahnsinn wieder freizu machen, in dessen Bann die gegenwärtigen Herren es geschlagen haben!
Paris , 29. Aug. Aus Anlaß der Inspektkonsreise, die der französische Ministerpräsident Daladier in seiner Eigens schaft als Kriegsminister in den letzten Tagen nach Ostfranks reich unternommen hat und bei der er die Grenzbes festigungen besichtigte, veröffentlicht der„ Petit Parisien" einen begeisterten Artikel eines Mitarbeiters, der in übers schwänglichen Worten seiner Bewunderung über die befestigte Grenzzone, die er als die Stadt des Krieges" bezeichnet, Ausdruck verleiht. Es heißt in diesem Artikel: Man muß sich eine Front von mehr als 100 Kilometer, die 12 Kilometer von der Grenzlinie selbst entfernt läuft, vorstel len. Sie sei mit einer ununterbrochenen Reihe von Einzels befestigungswerken ausgefüllt, deren Vorhandensein sich nur durch verschiedenartige Sägelung des Geländes bemerkbar mache. Man könne von einer fantastischen unters irdischen Stadt sprechen, von einer Festung unter der Erde, die gegen die fürchterlichsten Kampfmittel Widers stand leisten könne. Ein ungeheurer Stahlpanzer sei tief in die Erde versenkt und lasse nur hie und da Schießscharten Hervortreten, die mit Geschüßen aller Raliber versehen seien. Jede dieser Panzertnrmfuppeln wiege mindestens 30 000 Kilogramm. Die unterirdische Stadt, die moderne Stadt bes Krieges", liege 100 Meter unter der Oberfläche. Sie verfüge über eine Eisenbahn mit verhältnismäßig bequemen Wagen, bie die unterirdische Stadt mit D- Zug- Geschwindigkeit durchs laufen. Unter der Erde sei alles vorgesehen, damit ganze Heere lange Monate dort leben tönnten. Im Gelände selbst seien auch künstliche Abgründe vorgesehen, damit etwa an greifende Tankwagen sich dort verfingen. Außerdem sei eine Borrichtung getroffen, um das Gelände in wenigen Stunden zu überschwemmen.
5000 Morgen!
Eine Familie, die sich gesund macht kommen ins Zuchthaus
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Geschlagene Generäle werden Staatsräte- Arme Teufel
Das neue Gut, das der Familie von Hindenburg aus Etaatsmitteln geschenkt worden ist, hat die riesenhafte Größe von 5000 Morgen. Bei der Schenkung des Gutes Neudeck ist, wie man sich erinnert, die grundbuchliche Eintragung nicht auf den Namen des Reichspräsidenten , sondern auf den seines Sohnes Oskar von Hindenburg erfolgt, um dem Staate die bei dem Tod des alten Hindenburg fällige Erbschaftssteuer vorzuenthalten. Diesmal ist diese peinliche Manipulation nicht nötig, da die Familie Hindenburg für alle Seiten von allen Steuern auf ihrem Grundbesitz befreit worden ist. Für alle Zeiten?" Run ia, auch in der kaiserI'chen Reichsverfassung stand, daß die Fürsten einen„ ewigen Bund" schließen. Glücklicherweise kennt die Geschichte höhere Instanzen als die Leute, die jetzt Deutschland regieren.
Auch die Kollegen des Generalfeldmarschalls gehen nicht ganz leer aus. Der preußische Ministerpräsident hat den Ge neralfeldmarschall von Mackensen und den General der Infanterie Lizmann zu preußischen Staatsräten ernannt.
Daß die alten Herrn im Staatsrat, der ohnehin nichts zu sagen hat, irgend etwas für Staat und Volf tun könnten, ist natürlich ausgeschlossen. Es bedeutet für sie nur eine Pfründe
.Max Braun am Galgen!"
Die Ausflügler von Rüdesheim amüsierten sich - jeder durfte einmal am Strick ziehen! Vom Rhein wird uns geschrieben:
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Am Sonntag, als die Zehntausende vom Saargebiet zum billigen Sonnntagsvergnügen an den Rhein verfrachtet wurden, mischte ich mich unter die Ausflügler. Ich fonnte thre Stimmung gut beobachten und entdeckte bei vielen, daß
fie keineswegs in der Hauptfache darum gekommen waren,
um sich am Treueschwur der Saar zu begeistern. In den langen Karawanenzügen, die vom Bahnhof strömten, dachten viele mehr an den Rheinwein als an den„ Voltskanzler" Hitler , auf den sie übrigens stundenlang warten mußten.
Schließlich artete die großartig inszenierte Kundgebung in reinen Kirmestrubel aus. Aber dabei erlebte ich eine Szene, die mir als Zeugnis politischen Unverstandes und menschlicher Grausamkeit immer im Gedächtnis hasten wird. Ich sah einen Zug, der sich in übermütiger Heiterfeit gar nicht genug tun konnte. Ich ging näher und entdeckte, daß sich Nazigäste aus dem Saargebiet eine Puppe in etwa halber Menschengröße mitgebracht hatten, die an einem Galgen hing.
Darunter befand sich ein großes Schild, auf dem zu lesen war:„ Matz Braun, der Landesverräter!" Aber es genügte den Leuten nicht, diese Puppe mit lautem Jubelgeschret zu begrüßen. Sie standen in langen Reihen an, und
ieder durfte an dem Strid einmal stehen, an dem die Puppe in der Schlinge des Galgens befestigt war. Man 30g daran- und
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- der Kopf, der ganz loder am Rumpfe be= festigt war, fiel herab. Da wollten alle Nazideutschen
dabei sein und stehen! Dicke Bürger und zarte Jungfrauen bahnten sich eine Gasse durch das Gewühl! Es war eine Weihestunde edler menschlicher Gefühle und bewies, daß ge
wisse Saarländer schon heute in jedem Betracht auf kommenden braunen Terror eingestellt sind. Mir haben diese Szenen einen physischen Efel verursacht, und ich habe mich bitterlich um des deutschen Volkes willen geschämt, das so viele Deutsche in wenigen Monaten das Gefühl für menschliche Würde verloren haben und nicht mehr heiter sein können, ohne sich symbolisch an menschlicher Grausamkeit in der Vernichtung des politischen Gegners zu vergnügen.
Die Richtigkeit dieser Darstellung wird uns von anderer Seite bestätigt. Ste beweist nicht nur, daß der Führer der saarländischen Sozialdemokratie bei den gleichgeschalteten
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mehr: zu dem großen Privatbesitz, zu der hohen Pension und
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bei Lizmann zu den Parlamentsdiäten kommen nun noch 12 000 Mark im Jahre Bezüge als Staatsrat. Steuer frei!
Umso notwendiger ist, daß an anderen Stellen gefpart wird. Vor dem Berliner Schöffengericht wurden am Sams tag ein seit Jahren arbeitsloser Monteur und seine Ehefrau zu je 10 Monaten Gefängnis verurteilt, weil die Frau als Reinmachefrau fich täglich 1,80 mt. zu der elenden Unterstüßung hinzuverdient hat. Nur mit Rücksicht auf die Notlage der finderreichen Familie und auf die Nerventrant heit der Ehefrau wurden den Angeklagten mildernde Umstände zugebilligt, so daß sie noch einmal vor dem Zuchthaus bewahrt bleiben.
Das ist das neue Deutschland : Oben zu den Riesengehältern und Pensionen werden noch Pfründen und Latifundien verschenkt und unten öffnet sich das Zuchthaus für diejenigen, die sich durch ehrliche Arbeit, weil ihre Kinder bei der kläglichen Rente nach Brot schreien, ein paar Groschen den Tag hinzuverdienen.
Saarländern der bestgehaßtefte Mann ist. Sie zeigt zugleich, welche Terrorheze im Saargebiet herrscht, wo im Jahre 1985 eine unbeeinflußte Abstimmung" erfolgen soll. Die Kopfprämie, die man im März dieses Jahres von der pfälzischen Gauleitung von der NSDAP . auf die Gefangennahme" von Max Braun gesetzt hat, wird eindrucksvoll ergänzt durch diese Henkerszene von Bingen .
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Der Vertreter Deutschlands beim Internationalen Ar beitsamt in Genf , der frühere hessische Innenminister Wilhelm Leuschner , der bekanntlich von Ley zur Teils nahme an der Genfer Delegation gepreßt und weil er nicht an Willen war, auf der Heimfahrt in Freiburg verhaf tet wurde, befindet sich, wie wir zuverlässig erfahren, feit einiger Zeit in dem hefischen 3uch thans Rodenberg . Leuschner war vom früheren Allgemeinen Deutschen Gewerks schaftsbund als Vertreter der Deutschen Arbeiterschaft in Genf nominiert worden. Sein Mandatist heute noch gültig! Wenn er an der Ausübung des Mandats gehins dert ist, wird die deutsche Arbeiterschaft durch einen Pos len(!) vertreten. Ohne Anklage, ohne Strafverfahren, ohne Urteil, wird hier ein Mann, der zur Wahrung deutscher Interessen vor einem internationalen Forum berufen ist, ist ein Zuchthaus geworfen und mit Schwerverbrechern auf eine Stufe gestellt. Nur weil er den Henfern des deutschen Volkes nicht nach ihrem Willen dienen will!
Wir fragen: Was tut Genf , um dem verlegten Recht zur Sühne zu verhelfen und Leuschner die ungestörte Ausübung seines Mandats zu ermöglichen?
Ministerpräsident Göring hielt am Montag über alle deutschen Sender einen Vortrag über seinen Erlaß gegen die Bivisektion.
Der oberschlesische Provinzialausschuß wählte ben unters sauleiter Adamczyk( Oppeln ) zum Landeshauptmann von Oberschlesien . Ein Bonze mehr ist versorgt!
Das Verbot des„ Bölkischen Beobachter 3". Berliner Ausgabe: ist in Oesterreich bis 27. November vers längert worden.
Havas berichtet aus Rabat , daß die legten Dissidenten im marokkanischen Diebel- Badu- Gebiet, die umzingelt wor den waren, sich bedingungslos ergeben hätten.