DAS BUNTE BLATT
NUMMER 63= 1. JAHRGANG TAGLICHE UNTERHALTUNGS- BEILAGE
Das Ende der Mayas
Die Tragödie eines Vierzefin- Millionen- Volkes
Tief im Dschungel von Guatemala ruhen die Trümmer einer einst großen Welt. Die Mayas gingen hier zugrunde. Weshalb und wodurch ein großes und wohlgebildetes Volk sein Ende fand, war bisher vollkommen rätselhaft. Dieses Rätsel hat jetzt eine überraschende Klärung gefunden. Es ergibt sich daraus, daß die Mayas ihren Untergang selbst ver= schuldeten.
Mächtige Ruinen, Ruppelbauten, Tempel, Grabanlagen- Dinge, die ein Volk erst hinterlassen kann, wenn es eine Hochkultur erreicht hat, findet man überall in Tabasci, Chiapas , Yukatan und Guatemala . Vor zwei Jahren stieß der Archäologe Dr. Thomas Gann zum geheimnisvollen Tempel Moh- fa- chan- ha, dem Tempel des, Montezuma, vor und machte hier bedeutsame Entdeckungen. Flugzeuge freuzten über den Gebieten und machten sensationelle Aufnahmen, die bewiesen, daß die Anlagen der Städte und Festungen noch viel größer waren als man erst annehmen konnte. Um so rätselhafter wurde der Untergang dieses Volkes, das schon untergegangen war, als die Spanier das Land ausplünderten. Sie waren zu einem kraftlosen Volk geworden, dessen Glanzzeiten nur noch in der Sage fortlebten.
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Man muß hier eine interessante und den meisten Historifern auch wohl bisher unbekannte Feststellung einschalten Cortez traf die Mayas schon in ihrem zweiten Reich, das sie mit Mühe und Fleiß in Yukatan aufbauten, nachdem fie ihr erstes Reich Hals über Kopf geräumt hatten.
Und hier beginnt wieder das große Rätsel um die Mayas und ihre Geschichte. In 50 Jahren brach das Reich zusammen. Einige Millionen Menschen fanden ihr Ende. Ziemlich plöglich, fast ganz und gar unerwartet.
Künstlerbesser als in Aegypten
Die alte indianische Rasse der Mayas war in emfiger Arbeit emporgestiegen. Sie waren zu Bildhauern geworden, die meit über den Erzeugnissen der Aegypter stehen mit ihren Leistungen. Sie malten, fie flochten, sie spannen. Sie handelten aber auch und erwiesen sich als Wegebauer, die auch mitten durch die übelsten Sümpfe Wege zogen, die jenen Straßen der Römer Konkurrenz machen. Es gibt außer den Dampfmaschinen wohl nichts, was die Mayas nicht auch schon erzeugt hätten. Sie hielten ihre Jahresrechnung nach einem Spezialkalender in Ordnung, der an Genauigkeit mit den besten Berechnungen unserer Astronomen in Weftbewerb tritt. Ihre Bodenkulturen wuchsen und gediehen in der prachtvollsten Weise.
Auf den sogenannten„ Stelen" hat man reiches Schriftmaterial der Mayas gefunden, da auch die wenigen Nachkommen der Mayarasse zwar noch eine Abart der alten Sprache reden, aber nicht mehr die stilisierten Zeichen zu deuten wissen. Nur das Zahlensystem kennen wir. Die Einser waren Punkte, die Fünfer ein Strich, die Null eine Schnecke. So hat man die Geschichte der Mayas und ihren Kalender auf 8250 Jahre zurückgerechnet!
Fußball vor Jahrtausenden
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Aber vor dieser Zeit war doch auch etwas. Wir finden bei den Mayas Pyramiden. Das System der Steinsetzung weist auf Asien , die Kurzform der Sprache auf China hin. In Chizen- Jha, in Urmal hat man Sportpläge gefunden mit Fußbällen, Tlachtli genannt, ein wenig schwerer als unsere Fußbälle und aus Guttapercha gemacht. Man könnte immer wieder von den Rätseln dieser fernen Welt berichten. Man steigert aber damit nur die Wichtigkeit, die die Lösung des Rätsels, wie ein solches Volk untergehen fonnte, in sich schließt.
Die Katastrophe
Etwa um das Jahr 550 nach unserer Zeitrechnung hatten die Mayas den Höhepunkt ihrer Kultur erreicht. Da plöglich verließen 14 Millionen Menschen das Land und ließen Tempel und Paläste, Bibliotheken und Sportplätze im Stich und flüchteten. Vor wem, vor was?
Im Auftrag des Carnegie- Instituts hat Dr. Cooke von der Geologischen Landesanstalt der USA . den Peten- Distrift, die Zentrale des ersten Mayareiches, untersucht. Fast das halbe Land besteht heute aus Sümpfen und Morästen. Das war einst anders. Die Städte und Siedlungen lagen auf Hügeln. Wo jeßt die Sümpfe sind, waren Seen und Kanäle, die die Mayas, die trotz aller Erfindungsgabe nicht bis zur Erfindung des Rades oder des Tragtieres famen, zum Transport ihrer Produkte benutten. Die Bevölkerung ver
FREITAG, DEN 1. SEPTEMBER 1933
Abschaffung
Barbara Chlum, ohne Mantel, die Schnürschuhe offen, Stiderin, arbeitslos, ledig, zuständig nach Frain, wurde im Hotel in Gesellschaft betroffen
und sie besaß nebst zwei Groschen hierfür keinen Schein. Barbara Chlum mußte mit auf das Sittenamt tommen; und als ihr Körper nicht Spuren von Krankheit aufwies, wurde vom Herrn Kommissär fie persönlich vernommen, der sie verwarnte und weiter des Landes verwies.
Auf sein Geheiß fuhr mit ihr ein Beamter nach Maner, setzet sie ab und verschwand in das Weichbild der Stadt. Barbara Chlum fand Quartier auf drei Tage beim Bauer, aber sie war auch nachher noch zur Ernte zu matt. Barbara Chlum tam die Straße der Stadt zugeflossen; aber sie dachte an das, was der Herr Kommiffär laut Protokoll über fie polizeilich beschloffen, hielt vor dem Zweigbahngeleif', und sie hungerte sehr. Abend strich über die Gräfer, die Brandsohlen brannten und der erblondete Sanm roch nach Weinbrand und Tee; Barbara Chlum schlich, gedrückt an die Latten und Kanten, hin wie ein Tier in den Stall in ihr kleines Cafe. Barbara Chlum wurde nachts auf dem Gürtel betroffen, Stiderin, arbeitslos, ledig, zuständig nach Frain, landesverwiesen; in Hadern, die Schnürschuhe offen, brachte man sie laut Rapport der Arrestwache ein.
mehrte sich und man brauchte mehr Land und holzte ben Jaxi- Girls
Wald mehr und mehr ab, der die Hügel bestand.
Wenn dann in der Regenzeit die Wolkenbrüche niedergingen, wuschen sie die fruchtbare Erde ins Tal hinab, in die Seen und Kanäle, die immer mehr verschlammten. Ein besonders schlimmes Regenjahr brachte dann die Krise. Man hatte keine guten Transportmöglichkeiten mehr. In den sich bildenden Schlammassen gediehen zu Millionen Moskitos, die die verschiedenen Tropenfieber entwickelten und weitertrugen.
Unter den Mayas entstanden entfebliche Epides mien. Es gab kein Mittel, das Sterben zu hemmen. Das Land war verseucht, eine Brutstätte des Elends geworden. Die nicht zugrunde gingen, flüchteten eiligst, die einen nach Süden, die anderen nach Yukatan . Das Mayareich aber war zertrümmert...
Traurige Nachkommen
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In schlechten Strohhütten leben im Süden und im Westen, bisweilen auch im Dschungel, noch einige der Mayas. Traurige Nachfahren eines großen Volkes. Die Erinnerung an jene Zeit wird von Mund zu Mund wachge= halten. Aber sie verblaßt immer mehr in der Apathie dieser Menschen. Es ist erstaunlich man sieht sie nie lachen, man hört sie aber auch nie weinen. Die Kinder sind still und ruhig vom Tage ihrer Geburt an, nicht einmal die Säuglinge schreien, Jemand, der ihre Sprache verstand, berichtete, daß sie einander, wenn sie ganz unter sich sind, von einer anderen Welt erzählen, in die fie eines Tages gelangen. Von dem Totenreich der Mayas.
Von Leslie Henderson
Als Mark Twain auf dem Gipfel seines Ruhmes angelangt war, fühlte sich eine englische Universität verpflichtet, ihn zum Ehrendoktor zu ernennen. Der Humorist, der sehr unter seiner fleinbürgerlich- beschränkten Frau litt, benützte die Gelegenheit zu einer Englandreise.
In England angelangt, zog Twain in ein Hotel. Natürlich brachte die Presse sofort die Meldung von seiner Ankunft. Und ebenso natürlich brachte ihm die Post am nächsten Tag eine Menge Briefe.
In einem fragte eine junge Dame an, welchen Wert der Dichter Büchern beilege.
„ Ich habe da," erwiderte der Humorist, eine weitverzweigte Einteilung:
In Leder gebundene Bücher können beim Abziehen von Rasierklingen unbezahlte Dienste leisten.
Dünne Broschüren eignen sich trefflich, wackelnden Tischen das Gleichgewicht wiederzugeben.
Ein Lexikon oder ein schwereres philosophisches Werk ist hervorragend geeignet, wenn man zum Beispiel von Einbrechern überfallen wird, Schüßenhilfe zu leisten.
Ein geographischer Atlas von entsprechendem Format kann mit seinen breiten Blättern ausgezeichnet als Ersatz für zerbrochene Fensterscheiben verwendet werden."
Einen guten Rat befam ein vielversprechender Dichterling, der Twain ein Lobgedicht zugeschickt hatte. Der Schreiber fragte im Begleitbrief, ob auch Twain der Ansicht sei, daß Fischnahrung zur Entwicklung des Gehirns beitrage, überdies bat er den Amerikaner, er möge ihm schreiben, wieviel solcher Nahrung erforderlich sei, um gute Erfolge zu erzielen. Mark Twain antwortete:
„ Es ist Tatsache, daß Agassiz Künstlern rät, sich von Fischen zu nähren, weil diese Phosphor enthalten, der wieder zur Entfaltung des Gehirns beiträgt. Was Ihre zweite Bitte anbelangt, so kann ich Ihnen nur folgendes sagen: Da ich Sie persönlich zu kennen nicht die Ehre habe, so kann ich Ihnen die notwendige Menge nicht genau dosieren. Wenn ich aber das mir freundlichst übersandte Gedicht in Betracht ziehe, so glaube ich doch sagen zu dürfen, daß ich für Thre Person zwei Walfische täglisch für ausreichend halte. Keine großen Walfische, sondern solche von normaler Durchschnittsgröße."
Den Vogel in dieser Korrespondenz aber schoß gewiß ein junger Mann ab, der Mark Twain eine Fotografie übersandte. Der Begleitbrief dazu lautete:
„ Verehrter Meister! Meine Freunde behaupten, daß ich Ihnen ähnlich sehe wie ein Ei dem anderen. Ich schicke Ihnen meine Fotografie und bitte Sie, mir darauf die Aehnlichkeit zu bestätigen."
Mark Twain erwiderte, ohne einen Augenblick zu zögern: „ Verehrter Herr! Ihre Fotografie kann ich Ihnen nicht zurückschicken. Sie sieht mir tatsächlich so ähnlich, daß ich sie in meinem Badezimmer aufgehängt habe, um mich von nun an täglich vor ihr zu rasieren."
Natürlich war die Flut von Zuschriften, die der Dichter bekam, vollkommen geeignet, auch seine Geduld einmal reißen zu lassen. Er empfand die Engländer schließlich als ein aufdringliches, kindisches und sensationslüsternes Volt, und er reiste verärgert ab.
Und von dieser Abreise gibt es noch eine furiose Geschichte: Im Abteil, das Twain nach Dover bekam, saßen nur noch ein älterer Herr und dessen Tochter. Vielleicht witterte der Alte in Twain einen Freier, jedenfalls bemühte er sich frampfhaft, eine Unterhaltung anzubahnen. Mark Twain war aber sehr wortfarg, mehr als das, er war schweigsam. Schließlich zog der alte Herr eine Zigarrentasche, bot Twain an und sagte:
,, Eine Zigarre werden Sie doch rauchen?" " Danke, ich rauche nicht," erwiderte Twain .
,, Na, vielleicht genehmigen Sie einen Liför?" versuchte der Alte und griff nach einer Handtasche.
" Danke, ich trinke nicht," gab Twain zur Antwort. Den Alten muß wohl die Verzweiflung gepackt haben, denn er tat nun das am wenigsten Geeignete. Er nahm sozusagen innerlich einen Anlauf und sagte:
,, Gestatten Sie, daß ich Ihnen meine Tochter vorstelle?" " Danke, ich liebe nicht," war Twains knappe Antwort. ( Berechtigte Uebersetzung aus dem Englischen von Annie Groß.)
Sie tanzen 30 bis 40 Tänze
Man nennt sie Tari- Girls. Zu Unrecht. AutomatenGirls sollte man sagen. Das Merkmal des Taris ist ja gerade, daß sich der Preis streng nach der verschliffenen Kilometerzahl bemißt.
Mit dem holden Mädchen dagegen, das Du für 1,50 Fr. in Deine Arme schließt( zum Tanzen!), kannst Du nach Lust und Laune und nach dem Behendigkeitsgrad Deiner Glieder so oft über das glatte Parkett trudeln, wie es der Zeitraum eines For- trotts, Tangos oder Rumbas eben gestattet. Läßt sich die Kapelle zu einer Gratiszulage bewegen, so brauchst Du dafür noch nicht einmal Deiner Tänzerin ein neues Billet in die Hand zu drücken. So eine grandiose Einrichtung ist das Tari- Girl.
Ich weiß nicht, wo es herkommt. Wahrscheinlich, wie alle solchen Dinge, aus Amerika . Ich habe es zum ersten Mals in Paris getroffen, und da paßt es, offen gestanden, nicht sehr gut hin. Warum diese„ rückständige" Stadt, die bisher weder Automaten- Restaurants noch Schreibmaschinen- Automaten kennt, ausgerechnet die Mechanisierung mit dem Taxi- Girl begonnen hat, ist mir unerfindlich. Ganz gleich. Da es nun einmal hier ist, wollen wir es besuchen.
Tari- Girls gibt es bisher nur im Koliseum. Der Befizer dieses Tanzpalastes, ein fluger Geschäftsmann, hat sich auf seine Neuheit sofort ein Patent geben lassen. Schon jetzt hat er damit ein Bombengeld verdient. Das muß der Neid ihm lassen.
An einem wolkenlosen Himmel, der sich in einem sonderbaren Blau vom Orchester bis zur Bar erstreckt, schweben funstvoll geschnittene Möwen. Hinter der letzten Stuhlreihe beginnt ein papiernes Meer, aus dem sich der Bug eines tessen Segelschiffchens aufbäumt. Juan les Pins. Vorne an der Bar erblickst Du eine bunte Reihe reizender junger Damen. Ihre luftigen Tanzkleider sind aus nationalen Gründen blauweißrot gehalten( wie müßte das erst mit lauter Hakenkreuzen aussehen!) und auf ihre Schultern hat man vorsorglich ein T. G. gestickt. Du trittst an die Kasse, zahlst anderthalb Franken, und dann kannst Du mit der Erwählten loswalzen, solange es der Kapelle paßt. Körbe gibt es hier nicht. Solange Du zahlst, kannst Du tanzen mit melcher Du willst. Ob Du wie ein Adonis oder mehr wie ein Zentaur aussiehst, spielt dabei gar keine Rolle. Im übrigen herrscht strenge Disziplin. Annäherungsversuche werden nicht geduldet.
Tagsüber ist die eine Tippfräulein, die andere Mannequin, die meisten gehen stempeln. Von 9 bis 12 Uhr abends absolvieren sie heroisch 30 bis 40 Tänze, um sich zum Brot die Butter zu verdienen. Gegen die Mädchen ist eigentlich nicht viel zu sagen. Wohl aber gegen diese Zeit.
Die lebendige Schadimaschine
Ungarns Gelehrtenwelt gedenkt die 200. Wiederkehr des Geburtstages des berühmten ungarischen Erfinders Wolf gang Kempelen im Jänner 1934 würdig zu begehen. Kempelen war der Erfinder der„ Schachmaschine"( 1769). Diese bestand aus einer menschlichen Figur, die hinter einem niedrigen Schrank auf einem Stuhle saß und auf einem Schachbrett sehr geschickt spielte. Kempelen bereiste mit dieser Maschine ganz Europa und erregte damit überall großes Aufsehen. Im Jahre 1822 war die Schachmaschine in Paris noch zu sehen. Im Jahre 1854 ist sie angeblich in Philadelphia verbrannt. Kempelen hat im Jahre 1788 auch eine Sprechmaschine konstruiert, welche die Stimme eines kleinen Kindes nachahmte. Er hat noch eine ganze Reihe von technischen Erfindungen gemacht, so u. a. das Modell einer primitiven Schreibmaschine konstruiert.
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