Aus welchem Jahr?

Wir lesen in der Vossischen Zeitung":

3u den fruchtbarsten Gebieten der neuen Wohlfahrts­pflege gehört zweifellos das billige gute nahrhafte deutsche

Torgler   wußte zuviel

Eſſen. Es ist eine Frage von allerhöchster Bedeutung für Weitere Enthüllungen im Manchester Guardian'

jeden deutschen Konsumenten und viele deutsche Produzenten, und sie ist außerordentlich dringend. Denn die deutsche Er­nährung im ganzen ist weder im Einklang mit den aner­kannten Ergebnissen der modernen Ernährungswissenschaft, noch ist sie auf die Produktion der deutschen Nahrungsmittel­hersteller abgestellt. Sie kann beides werden, und damit billiger sein als bisher, und zweifellos auch besser schmecken. Das Interesse in den letzten Jahren für die Nahrungs­forschung war groß. Aber es hat sich bisher noch keine all­gemeine vernünftige Aufklärung durchgesetzt, sondern man verharrt einerseits beim Althergebrachten und übertreibt andererseits mit hypermodernen und einseitigen Erperi­menten. Der Küchenzettel des ganzen Landes soll von dem Uebergewicht der schweren und teuren Fleischnahrung ent­lastet werden. Nur von dem Uebergewicht, beileibe nicht vom Fleisch überhaupt. Das Gemüse, das Obst und die hoch wertigen Hülsenfrüchte sollen im deutschen Speisezettel nach vorn rücken. Der Reis kann im Haushalt durch Weizen, Hirse, Buchweizen, Grünfern, Haferflocken und Mais aus Deutschland   ersetzt werden, ohne daß das Essen schlechter schmecken muß. Es ist kein Ding von heute auf morgen: weil in der Stadt niemand Hirse kennt und sie nicht mag, kostet das Pfund heute im Laden 30 Pfennig und der importierte Reis ist billiger. Es steht aber außer allem Zweifel, daß man den Anbau von Buchweizen und Hirse, die in einigen Teilen Deutschlands   große Beliebtheit genießen, durch Propagie­rung fördern und verbilligen kann. Lehrküchen, tausend Musterküchen über ganz Deutschland  , Rezeptbücher und Er­nährungstabellen sind in Vorbereitung. Jede deutsche Frau ist zur Mitarbeit durch Ratschläge, Budgets und Rezepte eingeladen."

Aus welchem Jahre stammt das Zeitungsblatt? Wer sich des Krieges erinnert, wird auf 1917 raten. Das Blatt ist aber im August 1933 gedruckt und bereitet auf den Hungerwinter

vor.

Krepleren lassen!

,, Grenzen der ärztlichen Hilfe"

Wir haben über die beispiellose Anordnung des Berliner  Nazimagistrats berichtet, mittellosen unheilbaren Kranken die ärztliche Hilfe zu verweigern. Diese braune Unmenschlichfeit findet ihre Ergänzung im Folgenden, das ebenso unglaublich klingt, aber leider ebenso wahr ist. In einer Versammlung, die vom Nationalsoziali­stischen Deutschen Aerztebund und vom Bund Deutscher Aerzte in Berlin   veranstaltet wurde, sagte der Referent, Ministerialrat Dr. Conti  , ohne Widerspruch zu finden:

Der Wille, das Vertrauen des Hilfsbedürftigen zu tei­Ten, ist an sich eine unentbehrliche Eigenschaft des Arztes, aber dieses innere Verhältnis zum Patient muß dort eine Grenze haben, wo das Interesse der Allgemeinheit des Volkes berührt wird.

Und noch deutlicher:

Das Aufgabengebiet des Aerztestandes hat in früherer Beit mit Politik nichts zu tun gehabt. Der Arzt hat seine Pflege jedem angedeihen lassen, ob er Deutscher  , Jude, Chinese oder Neger gewesen ist. Die rassischen Grundsätze

Die große englische Zeitung Manchester Guardian" setzt ihre Enthüllungen über den Reichstagsbrand fort. Unter der Ueberschrift Vor dem Reichstagsbrand"- Torglers Warnung im Preußischen Staats. rat" schreibt das Blatt:

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" Die Verhaftung und Einterferung des Kommunisten­führers Ernst Torgler   wird durch ein Dokument, das gerade jetzt in den Besitz ihres Korrespondenten gekommen ist, von einer neuen, finsteren Seite beleuchtet.

Bisher war es nicht klar, ob die deutschen Behörden die

Verhaftung wirklich gewünscht haben. Der Verfasser des Oberfohren- Memorandums" ist der Ansicht, daß das nicht der Fall war und daß es einige Verlegenheit erweďte, als er sich freiwillig stellte, weil er sah, daß seine Flucht so aus­gelegt werden könne, als ob er Furcht habe, sich gegenüber dem Vorwurf der Mittäterschaft beim Reichstagbrand zu rechtfertigen. Aber jetzt scheint es klar zu sein, daß die Na­zis vor allem Göring   einen Grund hatten, Torgler  zu verhaften, nicht etwa um ihm einen fairen Prozeß zu machen, sondern um ihn dadurch aus dem Weg zu schaffen, daß sie ihn nach einer Prozeßfarce ins Gefängnis stecken und für unbestimmte Zeit dort festhalten. Die Nazis hatten

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und haben es noch heute ein Interesse daran, Torgler  Ios zu werden, einmal weil sie seine Schuld nicht beweisen können, sodann aber weil er ein gut Teil ihrer Absichten schon im letzten Februar gekannt haben muß- vielleicht nicht gerade ihren Beschluß, den Reichstag   in Brand zu setzen, aber doch ihre Absicht irgend eine Gewalttat zu be­gehen, die man dann den Kommunisten in die Schuhe schie­ben könnte. Wie im Manchester Guardian" vom 15. August gezeigt worden ist, sind die Nazis bestrebt, jeden zu beset­tigen, von dem sie annehmen, daß er weiß, wer den Reichs­ tag   angesteckt hat.

Die Kommunisten waren gewarnt

Torgler   wußte etwas- vielleicht sogar eine ganze Menys - über die Pläne der Nazis vor dem Feuer. Die Kommu­nisten waren) wie im Manchester Guardian" vom 26. April angedeutet war) durch die Reichswehr   gewarnt worden, daß irgend eine große Provofation geplant sei der Wortlaut dieser Warnung muß Torgler   bekannt gewesen sein. Es be­steht Grund zur Annahme, daß diese Kenntnis ihm zum Verderben geworden ist und daß die Hitler- Diktatur ein Interesse daran hat, ihn stumm zu machen.

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Woher wußten die Nazis, daß er etwas wußte? Das Do­tument, auf das wir uns stüßen, ist das offizielle Steno gramm der fünften Sigung des Preußischen Staatsrats vom 28. Februar 1933. Diese Berichte kursieren normaler­weise unter den Mitgliedern und sind leicht zu erhalten. Nicht so dieser besondere Bericht er wurde nicht in Um Iauf gegeben und ist auf gewöhnlichem Wege nicht zu be= tommen.

Er enthält eine Rebe, in der Torgler   formell bavor warnte, daß eine Gewalttat zu erwarten sei und daß sie den Kommunisten in die Schuhe geschoben würde. Infor mationen und Gerüchte, so erklärte er, lassen vermuten, daß allerlei vor dem 5. März( dem Tag der Wahlen, sich er­eignen würde. Die Kommunisten find informiert worden, daß ein Scheinattentat auf Hitler für den 2. oder 3. März geplant set und daß die Kommunisten dafür verantwortlich gemacht werden sollten. Aber er sagte noch mehr- und hier ergibt sich die Notwendigkeit, Torglers Rede wörtlich zu zitieren:

Torglers Rede

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so sagte Tory­

Wir haben davon Kenntnis erhalten Ier nach dem Stenogramm( Preußischer Staatsrat  , 5. Sigung am 28. Februar 1933, Druds. Nr. 38, 39) daß der Stahl­helmführer Herr von Mosorowicz oder Morosowicz- ich bitte um Verzeihung, aber ich kann diesen germanischen Na­einen men nicht flüssig genug aussprechen( Heiterkeit) anderen Stahlhelmmann neulich informierte, daß alle mög­lichen Komplikationen vor den Wahlen zu erwarten feient und daß die Kommunisten allerlei Dinge machen würden. Der andere Stahlhelmmann antwortete steptisch: Und was, wenn die Kommunisten sich nicht provozieren lassen? Gut, erwiderte Morozowicz, dann werden die Komplikationen so eingerichtet, daß es wenigstens nach außen so erscheint. Viel­leicht werden diejenigen, die Gelegenheit haben, mit Herrn von Morozowicz zu sprechen diesmal habe ich den Na­men richtig( Heiterkeit) diesen Herrn fragen, ob es stimmt, daß er diese Bemerkung gemacht hat. Ich mache jetzt die Oeffentlichkeit auf diese Dinge aufmerksam und be= nutze die letzte parlamentarische Plattform- was man so nennt um diese Sache und diese Vorhersage der Deffent­lichkeit zu unterbreiten."

Torglers Ahnungen haben sich bewahrheitet. Diese Sigung des Preußischen Staatsrats war in der Tat die letzte parla­mentarische Plattform in Deutschland  . Der Reichstag   fing am 27. Februar Feuer, das Verbrechen wurde sofort den Scommunisten in den Schuhe geschoben genau wie es vor­hergesagt war und der braune Terror beginn. Der Brans hatte so viel Erfolg, daß das Scheinattentat auf Hitler überflüssig wurde wenigstens für die nächste Zeit.

Torgler   selbst wurde in die allgemeine Anschuldigung ge­gen die Kommunisten einbezogen. Um sich selbst und seine Partei von dem Vorwurf zu reinigen, hat er sich freiwillig gestellt und so seine Verhaftung herbeigeführt, der er durch Flucht hätte entgehen können. Manche nennen seine Hand­lungsweise wahnsinnig, andere nennen sie heroisch. Wus nun auch immer sein mag, jedenfalls handelte er in der genauen Kenntnis der Unschuld seiner Person und seiner Partei."

Schweiz   gegen das Braunbuch"

find beinahe ganz unter den Tisch gefallen, was sich bitter Werden die Sendungen von der Bundesbehörde

gerächt hat. Denn die Rassenfrage- es handelt sich nicht

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nur um Juden ist der Kernpunkt der Aerztefrage. Mit andern Worten: Andersrassige soll der Arzt trepie­ren lassen!

Das Reitpferd

Natürlich auch auf Staatskosten

Der Staatssekretär Grauert und der Oberstallmeister Rau veranstalteten gemeinsam eine Besichtigungsreise ins Landgestüt Georgenburg und zur Hengstetrainingsanstalt Bwion. Wie die Königsberger Hartungsche Zeitung" dazu erfährt, hat Staatssekretär Grauert bei dieser Reise ein Rettpferd für Ministerpräsidenten Göring   ausgesucht, da der Ministerpräsident den Wunsch ausgesprochen hatte, mit einem Trakehner   Pferd beritten zu sein". Görings privater Verkehrspark, der bisher nur aus einem Spezialflugzeug und mehreren schweren Lurusautos bestanden hat, ist also jetzt durch ein Trakehner   Vollblut ver­vollständigt worden.

beschlagnahmt?

Aus mehreren Städten der Schweiz   sind uns Zus schriften zugegangen, die sich darüber beklagen, daß das Braunbuch über Reichstagsbrand und Hitlerterror in der Schweiz   nicht zu haben ist. In einigen Briefen wurde behauptet, die Schweizer  Bundesbehörde unterbinde den Vertrieb. Da diese Behauptung in dem folgenden Briefe aus Genf  konkretisiert wird, drucken wir den Brief ab, indem wir gleichzeitig die Hoffnung aussprechen, daß sich die Schweizer   Bundesbehörde über ihre Maßnahmen gegen den Vertrieb des Buches äußert. Zahlreiche Schweizer   Bürger haben den Wunsch, zu erfahren, ob der Verkauf des Buches in der Schweiz   gestattet wird oder nicht. Der Brief lautet:

Vor drei Wochen erteilte ich einer hiesigen internatio­nalen Buchhandlung den Auftrag, mir ein Exemplar des Braunbuches von der Universumbuchhandlung in Basel   zu besorgen. Da ich nach einigen Tagen noch keine Antwort erhalten hatte, erfundigte ich mich telefonisch, ob mein Auf­

Reformation als Staatsfeiertag? trag ausgeführt worden sei. Der Bescheid lautete bejahend,

Und die Katholiken?

Bei der Eislebener Rutherfestwoche erklärte der Leiter des Reichsarbeitsausschusses für den Deutschen Luthertag, Alfred Bierschwale( Berlin  ), daß vom Jahre 1934 ab der 81. Oktober als Tag der Reformation der große Protestantentag sein solle. Die Reichsregierung sei bereits gebeten worden, in diesem Jahr den 10. November und für die kommenden Jahre den 31. Oktober zum Staats­feiertag zu erklären. Denn Luther sei nicht nur der Be­gründer der evangelischen Kirche, sondern durch Schaffung der deutschen Sprache und des deutschen Schrifttums auch der Wegbereiter deutscher Einheit.

Was ist da los?

Der Sekretär der Deutschen Studentenschaft  , Hans Weidauer, teilt mit, daß der Führer der Deutschen Studentenschaft  , Gerhard Krüger, sein Amt den beiden Weltesten zur Verfügung gestellt hat. Diese, Diplomingenieur Schulze und Kurt Ellerftet, haben dem Reichsminister bes Innern mitgeteilt, daß sie ihre Aemter ebenfalls nieder­gelegt haben, da sie den Standpunkt des Führers der Deutschen Studentenschaft   billigten und die Verantwortung nicht mehr weiter tragen könnten.

Alles wieder da! Auch der Sedantag

Die Hamburger Unterrichtsverwaltung hat verfügt, daß in allen Schulen am 2. September des Sedantages zu ge­denken ist. Nach Möglichkeit soll der Tag als Wandertag ausgestaltet werden.

und ich wurde gebeten, noch einige Tage zu warten, da aweifellos die Sendung der Basler Filiale des Genfer  Hauses bereits unterwegs set. Aber Tage und Wochen sind vergangen, ohne daß Antwort fam. Meine guten Be­ziehungen zur Buchhandlung gestatteten mir, diese um nochmalige drängende schriftliche Anfrage zu bitten. Heute nun erhielt ich die folgende Auskunft:

Die Sendung der Bücher sei an der Grenze zurückgehalten worden. Genauer gesagt, Genauer gesagt, die Zollbehörden hätten die Frachtstücke mit den Büchern, die aus Straßburg   kämen, vorläufig beschlagnahmt und warteten

irgendeinen Bescheid der Berner Bundes behörden a b.

Obgleich es sich um ein wohlbekanntes internationales Haus handelt, war die Auskunft, die ich erhielt, über­raschend verwirrt und ungenau. Auch mein wiederholtes Drängen führte zu keinem besseren Ergebnisse.

Es kann sich nur um eine politische Maßnahme der Schweizer   Bundesbehörden handeln. Vielleicht wären Sie in der Lage, die Sachlage zu durchleuchten und öffentlich darzustellen, um auch hier in der Schweiz   der in Deutsch  land geschändeten Gerechtigkeit, zum Siege zu verhelfen."

Braunbuch" erscheint welter! Neue Auflage von 20 000 Stück

Wenige Tage nach dem Erscheinen der deutschen Ausgabe des Braunbuches über Reichstagsbrand und Hitlerterror" machten sich insbesondere in Paris   und Wien   Aufkäufer be­merkbar, die, wie inzwischen festgestellt wurde, von Göring  beauftragt waren, durch Aufkauf das Braunbuch" aus dem Handel zu ziehen. Es ist das erstemal in der Geschichte der politischen Literatur, daß ein polttischer Gegner zu solch einem verzweifelten Mittel greift, und es ist ein Beweis mehr dafür, wie wichtig das Erscheinen des Braunbuches" war und wie zeitgerecht es gekommen ist. Die ersten 20 000 Exemplare des Braunbuches" sind vergriffen. Die nächsten 20 000 befinden im Druck, sie werden in einigen Tagen auf dem Markt sein. Der Verlag hat dafür gesorgt, daß sämtliche Bestellungen, die bis zum heutigen Tage nicht er ledigt werden konnten, von der nächsten Auflage befriedigt werden. Die englische Ausgabe ist inzwischen erschienen und hat einen ebensolchen Widerhall gefunden wie die deutsche  .

Verhaftung eines Abgeordneten Auslandspreffe, die Gesamtheit der ausländischen Journa

Der frühere Reichstagsabgeordnete und Vorsitzende der Bezirksleitung Nordbayerns der KPD  . Johann Meyer, der seit März von der politischen Polizei gesucht wurde, ist in einem Walde bei Pommelsbrunn   bei Nürnberg   mit seiner Gattin auf einem Spaziergang verhaftet und in ein Kon­zentrationslager eingeliefert worden.

Pressefreiheit

Die ausländische Presse gegen Reichsregierung

Der amerikanische   Korrespondent Edgar Mowrer  , der bis­herige Vorsitzende des Vereins der Auslandspresse in

Berlin  , der bekanntlich auf Betreiben der deutschen   Regie­Berlin, der bekanntlich auf Betreiben der deutschen   Regie­rung seine Posten niedergelegt und dadurch die Befreiung eines verhafteten österreichischen Korrespondenten erkauft hat, verläßt Berlin   und geht nach Tokio  . Der Verein der

listen in Berlin  , hat dem scheidenden Korrespondenten einen silbernen Freundschaftsbecher mit der Inschrift gespendet: Einem tapferen Rämpfer für die Pressefreiheit".

Verbot

einer englischen Zeitschrift

Berlin  , 81. Auguft.( Inpreß.) Die Geheime Staatspolizet hat Mash's illustriertes Magazin, eine Londoner   Zeitschrift, wegen eines Artikels Kleiner Mann, was nun?" beschlag­nahmt.

Disagio der Effektensperrmark Disagio

Die Entwertung der Effektensperrmark beträgt gegen wärtig 42 Prozent, die der Registermark 39 Prozent.