***
Feuilletonbeilage der„, Deutschen Freiheit" Samstag, den 16. September 1933 Ereignisse und Geschichten
Ein Gauch ist unter uns
Dec nordische Mensch ist kußfähig die andern überhaupt keine Menschen"
In den„ Raffenfonderfenstern" der deutschen Buchhandlun gen sieht man auch ein Buch„ Neue Grundlagen der Rasseforschung" von Hermann Gauch . Was hat dieser braune Gauch der Welt mitzuteilen, welche neuen Grundlagen der Rassenforschung hat er gefunden? Wir & itieren:
Bei den nicht nordischen Menschen stehen entsprechend der Vorschnauzigkeit des Oberkiefers die Zahnwurzeln mehr schief wie beim Tier... Die mahlenden Kaubewegungen des nordischen Menschen lassen das Rauen bei geschlossenem Mund erfolgen, die pressenden des andersrassigen Menschen neigen aber wie beim Tier dazu, zu schmaßen.
Doch der nordische Mund vermag noch mehr. Wie die rote Farbe aufreizend wirft, so auch der hellrote Mund des nordischen Menschen reizend, indem er zum Küssen und darum zum Liebes werben reizt. Er sieht ansprechend und gleichsam fußfähig aus.
Dagegen zeigt bei Nichtnorden der breite, dicklippige Mund im Verein mit den aufgeworfenen, breiten Rasen löchern die sinnliche Gier, das schadenfrohe und falsche Grinsen, das genußsüchtige Einschlürfen.
Das Reden mit den Händen und Füßen ist kennzeichnend für den Nichtnorden, während der nordische Mensch ruhig steht, eher die Hand in der Hosentasche hat.
Ausgesprochenes Schamgefühl finden wir nur in der nordischen Gesittung, die schon die Geschlechtsteile die Scham benennt. Der dunkelhäutige Mensch kann auch äußerlich kaum schamhaft erröten.
Bei den nordischen Menschen findet sich eine VeranTagung für die Reinlichkeit im Innern und Aeußern.. der nichtnordische Mensch lebt immer im Schmus, wo er unter seinesgleichen ist.
Die nordische Frau entspricht dem Stillgestanden unserer Uebungsvorschrift. Nur bei der Brust des nordischen Weibes, und das auch bei herabhängenden Armen, finden wir die straffe, stehende Brustdrüse mit der Halbkugelform als die höchstmögliche Erhebung eines in waagrechter Ebene entspringenden Weichteiles in die Höhe. Der nichtnordische Mensch nimmt eine Zwischenstellung zwischen nordischen Menschen und den Tieren, zunächst den Menschenaffen, ein. Er ist darum fein volltommener Mensch, er ist so überhaupt kein Mensch im eigentlichen Gegensatz zum Tier, sondern eben nur ein Uebergang dazu, eine Zwischenstufe. Besser und treffender ist aber die Bezeichnung Untermensch.
Der nichtnordische Mensch ist also überhaupt kein Mensch. Er grinst falsch und schadenfroh. Er lebt im Schmutz und redet mit Händen und Füßen. Im dritten Reich" pflegt er, schlau wie er ist, als SA.- Führer oder Minister aufzutreten. Die Qualitäten des nordischen Menschen hingegen sind Hinterschnäuzigkeit, Rußfähigkeit und höchstmögliche nationale Erhebungen der Weichteile in die Höhe; außerdem hat er die Hand in der Hosentasche. Die Tiere Beethoven , Michelangelo , Dostojewski , typische Vorschnäuzer, hatten offenbar die Hand zu wenig in der Hosentasche.
*
Wahnsinn mit Methode
Der Leiter des Aufklärungsamtes für Bevölkerungspolitik und Raffenpflege schreibt:
" In letzter Zeit häufen sich die Fälle, in denen einzelne Zeitungen in dem an sich begrüßenswerten Bestreben, zur raffenbiologischen Erziehung unseres Volkes beizutragen, Bücher über einschlägige Fragen durch Besprechung fördern
Musik und Politik
Zur Naturgeschichte der Hitlerschen Demagogie Musik hat in der Nazi- Bewegung seit ieher eine große Rolle gespielt. Ohne Militärmärsche und Blechinstrumente wäre die Massenpsychose ihrer Anhänger nicht zu erzielen gewesen. Jetzt aber muß Musik sogar dazu herhalten, um Hitlers Diktatursystem zu begründen! In seiner Nürnberger Schlußansprache bediente sich der Reichskanzler Hitler folgenden Bildes:
So wenig sich der Unmusikalische verletzt oder beleidigt fühlen wird, weil er nicht Musik macht oder ein Orchester dirigiert, so wenig fönne auf einem anderen Gebiet( gemeint ist das politische) die Besetzung der leitenden Posten durch die Be fähigten, d. h. die besonders dazu Geborenen( gemeint sind Hitler und Genossen) als Zurückseßung der auf diesem Gebiete nicht Befähigten empfunden werden." Mit diesem Bild will der große Demagoge den Massen ihre politische Entrechtung im dritten Reich" plausibel machen. Aber es beweist nur die Oberflächlichkeit seines Denkens und die Urteilslosigkeit seiner Anhänger. Denken wir einmal seinen Vergleich zu Ende:
Wie ist es mit der Musik? Es gibt da drei Arten von Menschen: Erstens die ausübenden Künstler, zweitens das musikverständige Publikum, drittens die gänzlich uninteressierten Unmusikalischen. Die dritte Kategorie scheidet natürlich für die Gestaltung des Opernprogramms völlig aus, für sie ist die Frage Bach oder Beethoven , Verdi oder Wagner so gleichgültig wie das Wetter am Aequator . Die zweite Kategorie, die musikalisch veranlagten Menschen, bestimmen dagegen dauernd darüber, wessen Musik sie hören wollen und messen nicht. Ihr" Stimmzettel" ist das Opern- und Konzertbillet. Sindet dieses Publikum, daß Herr Adolf ein miserabler Dirigent und Herr Joseph ein seelenloser Dilettant ist, dann besucht es die Konzerte von A' If und Joseph nicht mehr. Es geht dann in Konzerte, wo ihm bessere Musik geboten wird. Die Frage, wer diri
oder Aufsätze unbekannter Verfasser veröffentlichen, die aus Absicht oder ungeschick die bevölkerungspolitische und rassenbiologische Arbeit stören und die Ansichten der Bevölkerung verwirren. In der Mehrzahl find solche bedauerlichen Veröffentlichungen auf mangelnde Sachkenntnis der Schriftleitungen zurückzuführen. Es wird deshalb vor solchen kritiklosen Veröffentlichungen gewarnt und im eigenen Intereise der Bettungen dringendst empfohlen, in Zweifelsfällen vor der Veröffentlichung solcher Artikel beim Aufklärungsamt für Bevölkerungspolitik und Raffenpflege in Berlin anzufragen."
Das neueste Gesellschaftsspiel:„ Meine Nasse, Deine Rasse" Da werden wohl alle Proteste nichts nüßen. Wenn eit Meute verrückt geworden ist, folgt sie eigenen Gesetzen.
Seht die Köpfe
Die Thysiognomielosigkeit der Führer
Die immer fühl- objektive Basler National- Beitung" schreibt am 13. September:
„ Wer die kühne und verwegene Politik der Männer des „ dritten Reiches" mit den Köpfen der Photos vergleicht, die der„ Illustrierte Beobachter" aus Anlaß des Nürnberger Parteifestes in einer dicken Extranummer veröffentlicht, könnte an den Lehren der Physiognomik irre werden es sei denn, was kaum wahrscheinlich ist, ein
-
geschworener heimlicher Feind des Regimes habe diese Bilder
geknipst und dann noch retouchiert. Große und fühne Gedanken und Impulse prägen sich auch auf den Köpfen aus, wars etwa nicht immer so, was für Köpfe hatten die alten Römer, die Italiener der Renaissance, die Franzosen der Revolution und des ersten Kaiserreichs und wie ist Bis= mards, ist Lenins , ist Mussolinis Antlig mit gro= Bem Ausdruck, mit„ Rasse" geladen! Unter zehn Köpfen, wie sie der„ Jllustrierte Beobachter" abbildet, ist jedoch oft nicht einer, von dem sich sagen ließe, Donnerwetter, der hat Rasse, im Gegenteil, das Merkmal fast aller dieser Antliße ist die vollendete Rasselosigkeit, der absolute physiognotische 3ufall, diese Köpfe sind höchstens das getreue Abbild der großen physiognomischen und biologischen 3ersplitterung und Verwirrung, in der die Herren des neuen Staates selbst das Kernübel aller deutschen Uebel, die größte deutsche Gefahr überhaupt erblicken und die für immer auszutilgen sie sich jetzt anheischig machen mit Mitteln, welche die außerdeutsche Welt mit einem Gemisch von
quittiert.
Dies irae
Es kommt der Tag der Rache, fürwahr, er kommt einmal für die gerechte Sache, für unsre Not und Qual.
Dann gibt die Wahrheit Kunde, wer für und mit uns war, und alle Lumpenhunde, die werden offenbar.
Dann haben wir gelitten umsonst für Freiheit nicht und nicht umsonst gestritten den Kampf für Recht und Licht. Es kommt der Tag der Rache fürwahr, er kommt einmal für die gerechte Sache,
für unsre Not und Qual.
Hoffmann von Fallersleben ( der Dichter des Deutschland - Liedes).
Helfer des Polizeistaats
Am ersten Oktober werden in Deutschland die Kunst= auf die Wissenschaft erstrecken. Mit aller Strenge soll in Zuausschüsse neugebildet. Ihr Arbeitsgebiet soll sich auch sammenarbeit mit Polizei und Justiz gegen„ volkszersetzende Elemente"( also antifaschistische Elemente) vorgegangen und ,, das öffentliche Leben von allen zerseßenden Erscheinungen befreit" werden. Merkwürdige Verwirrung der Begriffe: die Einengung und Einschnürung der Geistesfreiheit nennen die neuen Machthaber: Befreiung.
Er lächelte Gewährung Die Sehnsucht der Jugend
Ueber den Aufmarsch der Jugend in Nürnberg schreibt der ,, Völkische Beobachter" in seinem Bericht:„ Es klappt wie am Schnürchen, und für einen alten Soldaten ist es eine Freude zu sehen, was diese Jungen in freiwilliger, gerngewählter Disziplin leisten können. Es sind geborene Soldaten, diese jugendlichen sehnigen Gestalten im braunen Ehrenkleid... Bis zum kleinsten Jungen des Jungvolks, der mit den großen noch nicht so recht Schritt halten kann, beseelt sie nur der eine Gedanke:„ Heute dürfen wir unsere Fahnen vor den Führer tragen." Die Begeisterung der Jugend übertönt die Riesenlautsprecher. Der Führer lächelt... Gewährung." Man wäre versucht, den Byzantinismus, der sich hier zeigt, zu belächeln, wenn man nicht wüßte, daß eine genau so vernebelte deutsche Jugend in den Löchern von Langemarck schreiend und heulend verstarb.
Staunen, Ironie, Entrüstung und unverhohlener Furcht ,, Hauptmann von Köpenick " Wer sich die Köpfe im„ Illustrierten Beobachter" und auch nach 27 Jahren noch staatsgefährlich sonst in Bilderzeitschriften und Erinnerungsalben anschaut, fann es kaum fassen, daß ihre Träger wirklich die Männer sein sollen, die der europäischen Umwelt Beine machen, wie man ihr wahrscheinlich seit den Tagen der französischen Revolution nicht mehr Beine gemacht hat. In der Tatsache der Physiognomielofig teit der Führer sieht der Betrachter freilich auch wieder einen Beweis für die Echtheit und für den Tiefgang dieser deutschen Umwälzung, dieser großen anonymen seelischen Gärung und ihres endlichen Ausbruchs, die sich, Gärung wie Ausbruch, offenbar gerade die Unscheinbarsten als Werkzeug aussuchten."
Die Amsterdamer Theaterunternehmung„ Saalborn", die die holländische Provinz mit Zuckmayrs Hauptmann von Köpenick " bespielte, erhielt ein Schreiben des deutschen Propaganda ministeriums, in dem sie aufgefordert wurde, die Aufführungen sofort abzubrechen. Saalborn hat der Aufforderung entsprochen, um das Aufführungsrecht andrer deutscher Stücke nicht zu verlieren.
gieren, wer geigen, wer singen darf, wessen Opern, messen Konzerte gespielt werden, entscheidet sich also im Wege einer fortgesetten demokratischen Abstimmung des musikliebenden Publikums. Deswegen fallt es Herrn Müller, der dreimal im Winter den Lohen grin besucht, nicht im Traumre ein, selber den Lohengrin fingen zu wollen! Aber tausen Müllers, die wie er den Lohengrin besuchen, erzwingen durch das Votum ihres Billettkaufes, daß diese Oper häufig auf den Spielplan gesetzt werden muß. Der Bühnenleiter, der dies Verlangen seines Publikums mißachtend, etwa statt des„ Lohengrin " den„ Wanderer" des Herrn Göbbels auf den Zettel setzen mollte, würde durch leere Häuser und finanziellen Ruin bald darüber belehrt werden, daß sich in der Musik die Auswahl von Werken, Künstlern, Solisten, Dirigenten nach einem demokratischen Prinzip, nicht nach den diktatorischen Befehlen eines Operngewaltigen vollzieht.
Was aber will Hitler? Hitler will das Publikum zwingen, gerade den Dirigenten Adolf und allein den Dirigenten Adolf zu hören. Er nimmt ihm jedes Recht und jede Mög= lichkeit, vergleichsweise die Konzerte anderer Dirigenten zu besuchen. Er springt mit dem Volke um nicht wie ein Konacrtleiter mit einem musifverständigen, sondern wie mit einem gänzlich unmusikalischen Publikum. Der Mann aus dem Volfe verlangt gar nicht, wie ihm Hitlers Vergleich unterstellt, persönlich Reichskanzler zu werden! Aber, genau wie der Konzertbesucher, will er, daß bei der Wahl des Dirigenten, der Zusammenstellung des Programms, der Besetzung der Soli feinem Geschmack und Empfinden Rechnung getragen wird. Er verlangt es mit einem noch viel größeren Recht als der Konzertbesucher.
Bei der Musik handelt es sich um ein rein ästhetisches. nicht lebenswichtiges Interesse. Der Staat aber entscheidet über die Lebensfranen fast jedes Menschen, und zwar um so mehr, je„ totaler" er seine Macht über die Einzelindividuen ausdehnt. Hitlerstaat befommt niemand Arbeit oder Essen, wenn der Staat es ihm verweigert. Der Staat be= ansprucht das Recht für sich, den einzelnen unter Umständen unfruchtbar zu machen. Er bevormundet ihn in den
Die Groteske, daß ein Hochstapler, der sich ein paar Soldaten von der Straße bei der„ Beschlagnahme einer Stadtkasse" holte, Erfolg hat, reussiert, darf nicht gezeigt werden. Es könnte zu Rombinationen verführen, die Hitler und Göbbels unangenehm sind.
privatesten Dingen, in der Wahl des Ehegatten, in der Frage der Kindererz: ugung. Er zwingt den arbeitslosen Büroangestellten, bei Strafe des Verhungerns, als Zwangsarbeiter Moore zu fultivieren und Sümpfe zu drainieren. Er entfernt Hunderttausende von weiblichen Angestellten von ihren Arbeitsplätzen und zwingt sie, ohne einen Pfennig Einkommen sich von ihrer Familie durchfüttern zu lassen. Gr regelt das Arbeitsverhältnis, seßt Arbeitszeiten und Löhne fest, entzieht und fürzt Unterstützungen usw.
Meint nun Herr Hitler wirklich, die Frage, wer diesen allwächtigen Staat lenkt und in welchem Geiste er gelenkt wird, sei für den einzelnen genau so gleichgültig wie für einen gänzlich Unmusikalischen die Frage, ob am Abend Wagner oder Verdi in der Oper gespielt wird? Nun, in Staatsfragen ist jeder musikalisch", sogar hochmusikalisch", denn es geht nicht nur um die Frage seines Vercnügens, sondern u seine gesamte leibliche und geistige Existenz. Darf ich mir aber in einer so harmlosen Angelegenheit, wie in der Musik, nach meinem eigenen Urteil aussuchen, wessen Kunst ich hören will und wessen nicht, wie viel mehr muß dann in einer so lestentscheidenden Frage wie in der der Leitung der Gesamtinteressen dem einzelnen das Recht der Mitbestimmung und Mitwirkung eingeräumt werden!
So läuft Hitlers demagogischer Vergleich, zu Ende gedacht, auf ein glattes Verdammungsurteil seiner diktatorischen Regierungsmethode hinaus!
EDA,
Für 15 Fr. monatlich stehen Ihnen 3000 moderne deutsche Bücher zur Verfügung Deutsche Leihbücherei
10, RUE BLANCHE 10
( Trinité)