London , 15. Sept. H. Wickham Steed , der weltberühmte englische Journalist, erklärte in einer eben gehaltenen Rede: „ Der Fall Dreyfus, der nur einen Juden betraf, erschütterte ganz Frankreich , aber in Deutschland gibt es heute 600 000 Dreyfusfälle, und keiner hat dagegen etwas getan.
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Paris , 15. Sept. Der Leiter des hiesigen jüdischen Hilfsfomitees, R. R. Lambert, ein Freund Herriots, erklärte heute einem unserer Mitarbeiter: Im Monat August hatte der Zustrom der Emigranten nach Frankreich , insbesondere nach Paris , nachgelassen. Von anfänglich durchschnittlich 500 Neuankömmlingen pro Woche santen die Ziffern im August bis auf 225 und bis zum 1. September sogar bis auf etwas
über 100 die Woche. Ab September jedoch steigt die Zahl
der aus Deutschland Flüchtenden wieder. Das erneute An
schwellen der Flüchtlingsbewegung ist eine Folge des wieder
verstärkt fortgesetzten Boykotts der Juden in Deutschland und der schärferen Verfolgung der deutschen Juden. Die neue antisemitische Aktivität in Deutschland läßt für die kommenden Monate wieder einen weit stärkeren Zustrom von Flüchtlingen erwarten.
Man schreibt uns:
Die Aufstellung 460 Tote" ist sehr unvollständig. Die Zahl ter Toten des braunen Terrors ist in Wirklichkeit um ein Vielfaches größer. Von Düsseldorf sind in der Aufstellung nur einige wenige Fälle benannt. 24 Morde, die zum Teil durch die Presse veröffentlicht worden sind, sind in ihr allein rus dieser einzigen Stadt in der Mord- Statistik nicht enthalten. Wir lassen sie darum noch einmal folgen.
1. Ein Toter im Stadtteil Flingern , wurde erschossen am Fenster seiner Wohnung bei einem Feuerüberfall der SA..
2. Ein Toter im Stadtteil Bilk , wurde erschossen am Fenster seiner Wohnung bei der Beerdigung eines SA.- Mannes. 8. Am Graf Adolf- Plaz wurde der ehemalige fommunistische Zeitungsverkäufer erstochen.
4. Der Kommunist Bäßler auf der Flucht" erschossen. 5. Im Stadtteil Siedlung Freiheit„ erschoß sich" bei einer Haussuchung mit seinem Gewehr ein Arbeiter.
6. Die beiden Gebrüder Vobis, frühere Nationalsozialisten, wurden im Stadtteil Heerdt erschossen aufgefunden.
7. Der Zahnarzt Dr. Meyer wurde furchtbar verstümmelt in einem Sack eingenäht, ermordet aus dem Rhein gefischt.
8. Auf der Rheinbrücke wurde ein kommunistischer Flugblattverbreiter erschossen aufgefunden.
9. Sieben Arbeiter wurden Anfang Juni in einer Woche ermordet. Sechs Fälle wurden in der Freiheit" berichtet. Es waren aber sieben.
10. Aus dem Rhein wurden zweimal vier Tote zusammengebunden, erschossen herausgefischt.
Die Namen dieser Toten sind zum Teil nicht bekannt, da die Beerdigungen in größter Stille vorgenommen wurden. Die Zahl der Toten ist aber auch in Düsseldorf noch größer als hier angegeben. So sieht die Mord- Statistik in Wirklichfeit aus.
Ein witziges Blatt
Und bei einem Fluchtversuch" ist in Baden noch niemand erschossen worden. Wenigstens die Propagandastelle weiß davon nichts, und sie tut recht daran, denn damit ist selbst in Deutschland keine Propaganda mehr zu machen.
zwischen besoffenen SS.- Leuten und Reichswehrsoldaten. In Hannover gab es eine tüchtige Wirtschaftsfeilerei Der Fall liegt eine Zeit zurück, wie sich überhaupt das „ Abendblatt " und seine Hintermänner geruhig Zeit gelassen haben, die Vorfälle„ aufzuklären".
Wer dementiert nun? Etwa die Reichswehr ? Obwohl deren Offiziere auch kaum anders gekonnt hätten. Nein! Die Dementis sind wieder bestellt bei der„ AbteiIung Propaganda". Außerdem bei dem Nazipolizeipräsidenten und bei der SS. - Standarte. Diesen schließt sich an, der Inhaber des Lokals, ein Hoftraiteur Sowieso.
Ein Unschuldsengel, dieses Abendblättchen: Es glaubt im Ernst, irgend ein Wirt, oder ein Oberkellner, oder ein Kapellmeister könnte im Reiche drüben aussagen, SS. sei besoffen ins Lokal gekommen und habe dort mit Reichswehr Krach Konzentrationslager.
Über die ,, Lügen" der Deutsche Freiheit" angefangen. Solche Zeugen fämen ja nicht einmal bis ins
In Saarbrücken erscheint ein„ Abendblatt ". Es macht jetzt in Nationalsozialismus , wie es früher mit anderen poli
tischen Richtungen gehandelt hat. Politik ist für den Verlag
ein Geschäft wie für andere Leute der Handel mit Käsen oder Heringen. Nachfrage und Konjunktur entscheiden die Ueberzeugung.
Damit das Saarbrücker Abendblättchen sich nicht wieder unnötige Portokosten macht, geben wir ihm den Rat, sich für seine fünftigen kriminalistischen Bemühungen zunächst auf einen einzigen Fall zu beschränken: Stimmt es, daß das sozialdemokratische Parteivorstandsmitglied Stelling erst von der SA. und der SS. halbtot geschlagen und daß der
Besagtes Blatt macht sich die Mühe, uns zu widerlegen". schwerkranke Mann nachher, aus dem Krankenhause Seine Methode ist einzigartig.
Da erscheint zunächst als vollkommen unparteiischer Kronzeuge Herr Femeschlächter und Polizeipräsident Heines. Selbstverständlich befundet er, daß in seinem Verwaltungszweige alles in bester Ordnung ist. Außerhalb der Redaktion des erwähnten Blattes wird das niemand anders erwartet haben. Herr Heines ist bekanntlich auch der ehrlichen Meinung, daß er ganz im Rechte war, als er mit einem halben Dußend andern Viehkerlen einen wehrlosen Arbeiter im nächtlichen Walde abschlachtete und verscharrte. Oder ist das auch eine Lüge der Deutschen Freiheit"? Wir bitten um Dementi.
kommend, von denselben Reichskanzlerbanditen abgeschlachtet und sein Leichnam ins Wasser versenkt worden ist? Ja oder nein? Welche der von uns als tot angeführten Menschen leben noch? Welche der von uns gemeldeten, in hunderten Fällen gemeldeten Folterungen sind nicht zutreffend?
Heraus mit den Dementis, aber nicht von Zweigstellen des Reichlügenministeriums Göbbels, der sich das Vertuschen zu einem lohnenden Beruf gemacht wie Redaktionen a la Abendblatt das Hinweglügen zahlloser Morde und Quälereien im Reiche zu dem ihrigen.
In Baden wie in allen übrigen Landesteilen des Reichs BRIEFKASTEN
find rebellierende SA.- Leute eingesperrt worden. Wer ist die zuständige Stelle zur Untersuchung? Selbstverständlich die „ Landesstelle des Reichsministeriums für Volksaufflärung und Propaganda". Bekanntlich die objektivste Behörde der Welt:„ In Baden ist noch nicht ein einziger SA.- Mann in Schußhaft genommen worden." Aber gewiß nicht: in dem Augenblick, als die Leute verhaftet wurden, hat man sie natürlich ausgestoßen und ihnen die Uniform ausgezogen. Darum kann man jetzt mit tiefster Ueberzeugung sagen:„ SA.- Leute? Nicht ein einziger sitzt im Gefängnis oder im Konzentrationslager."
An mehrere. Lokalnotizen für private Veranstaltungen können wir nur aufnehmen, wenn eine Annonce aufgegeben wird. N. N. Ihr Bericht über die antisemitischen Ausschreitungen in Nürnberg enthält nichts Neues.
M. Lixheim. Das Gedicht ist leider nicht druckreif. An mehrere Freunde. Herzlichen Dank für interessante Zeitungsausschnitte. Viele von ihnen werden nach und nach verwandt.
Für den Gesamtinhalt verantwortlich: Johann Pis in Dud weiler; für Inserate: Otto Kuhn in Saarbrücken . Rotationsdrud und Verlag: Verlag der Volksstimme GmbH., Saarbrücken 3, Schüßenstraße 5.
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