Interparlamentarische

Union

Austro- Faschismus wird aktiv

rische Union, die gegenwärtig in Madrid   tagt, nahm zwei Wiener   ,, Arbeiter- Zeitung  " konfisziert

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Madrid  , 10. Oktober.  ( Havas). Die Interparlamentas Entschließungen an, die sich mit dem Sicherheits- und Ab­rüftungsproblem beschäftigen. Ein Entschließungsentwurf über die Sicherheit erklärt, daß ein Organismus etwa der Völkerbund oder der Ständige Internationale Ges richtshoffeftstellen könnten, ob ein Angriff vorliege und in diesem Falle den Angreifer kenntlich machen müßte. Als­dann hätte der Organismus über die in Frage kommenden Sanktionen zu entscheiden wie Abbruch der diplomatischen, finanziellen und wirtschaftlichen Beziehungen, Wirtschafts oder Finanzblockade und, wenn nötig, Anregung militäris scher Sanktionen.

In der Abrüstungsfrage hält die Konferenz der Ins terparlamentarischen Union   es für unerläßlich, daß das erste Abrüstungsabkommen folgende Grundsäße zu berücksichtigen habe: 1. starte Herabsetzung der gesamten Weltrüstungen um wenigstens 25 Prozent; 2. Einschränkung der Rüstungsausgaben; 3. uneins geschränktes Verbot des Bombenabwurfs und des chemischen und bakteriologischen Krieges; 4. Schafs fung einer internationalen automatisch und periodisch vors zunehmenden Kontrolle des Rüstungsstandes in den verschiedenen Ländern sowie Verbot der Herstellung von Waffen und des Handels mit Waffen; 5. Schaffung eines ständis gen Organismus zur Ueberwachung der Ausführung des ersten Abrüstungsabkommens. In diesem Zusammenhang wird auch Straflosigkeit für alle diejenigen gefordert, die eine Vers legung der Abkommensbestimmungen zur Kenntnis bringen

tönnten.

Holländische Stimmen

Zu Görings Blutgesetz

Der berühmte Jurist Dr. W. Storups schreibt im Utrechtsch Dagblad":" Ich glaube wohl, daß die ganze Welt dieses Gefeß als strafrechtliches Monstrum bezeichnen würde, aber ich glaube nicht, daß Deutschland   in ruhigen Zeiten das elementare Rechtsgefühl so verloren gegangen wäre."

Kurz von Gedächtnis

Wir entnehmen dem Handelsblad"( Amsterdam  ):

Nach einer Meldung des Wolff- Büros schreibt das nationalsozialistische Partei- Pressebüro in Berlin   über den Anschlag auf Dollfuß  : Die NSDAP  . darf feststellen, daß fie derartige Gewalttaten immer aufs schärfste verurteilt hat. In ihrem vierzehnjährigen Kampf um die Macht in Deutschland   hat sich die NSDAP  . niemals solcher Streit­mittel bedient und alle Elemente, die das nicht anerkannten, sofort aus ihren Reihen ausgeschlossen."

Diese Behauptung fam uns, gelinde gesagt, etwas fremd vor. Wir hatten es noch so in der Erinnerung, daß man auf nationalsozialistischer Seite wiederholt Gewalt angewandt hat, um Andersdenkende unschädlich zu machen. Mehr als ein Mord läßt die Bergangenheit dieser Bewegung nicht makellos sein. Ja, wir glauben uns selbst zu erinnern, daß die, die solche Morde auf ihr Gewissen nahmen, von den Nazis fogar als Helden verehrt wurden. Daß unser Ge­dächtnis uns in der Tat nicht betrogen hat und daß das Pressebüro mit seiner Aeußerung vollkommen unrecht hat, hat sich noch vor kurzem gezeigt. Am 16. Juli d. J. fand doch in Saaleckt die Huldigung der Mörder Rathenaus statt. Weiterer Kommentar überflüssig!"

Sehenswürdigkeit"

In der Post Scripta" der Haagschen Post lesen wir: Arme Deutsche  ! Sie sind nicht sanft geartet, aber die Welt ist ebenso wenig sanft zu ihnen. Immer wieder hören wir aus Genf  , daß alle Beifall zollten außer ihnen. Dann

gegen Gewerkschaften

Wien  , 10. Oktober 1933.( Infa.) Bundeskanzler Dollfuß   hat am Sonntag einen Erholungs­urlaub angetreten. Die Regierungsgeschäfte führt in seiner Abwesenheit Vizekanzler Fey  , führendes Heimwehrmitglied. Die turze Kampfespanse, die durch das Attentat auf Dollfuß  geschaffen wurde, holt der Heimwehrfaschismus gründlich geschaffen wurde, holt der Heimwehrfaschismus gründlich auf durch eine breit angelegte Offensive gegen die Sozials demokratie und die freien Gewerkschaften.

Am Sonntag fand im Wiener Stadion   eine von 60 000 Personen besuchte Kundgebung zu Ehren des 40jährigen Bestehens des Arbeitersängerbundes statt. Bürgermeister Seit hielt dabei eine große politische Rede, worin er n. a. ausführte, daß die Arbeiterschaft das rote Wien mit allen Mitteln gegen faschistische Bergewaltigung schüßen werde. Wegen der Veröffentlichung dieser Rede wurde die Ars beiterzeitung" am Montag zum 27. Mal sei Beginn

,, Aktionsbereitschaft"

unter Entrichtung der doppelten Gebühr erfolgen, womit die Arbeiterzeitung" auch finanziell schwer geschädigt werden soll.

Ungeheure Erregung

herrscht unter der Arbeiterschaft ob dieser provokatorischen Maßnahmen der Regierung. Die ganze innerpolitische Lage ist außerordentlich kritisch.

Zahlreiche Verhaftungen

- In einzelnen Wiener   Bezirken wurden gestern abend bet Kundgebungen von sozialdemokritischen Arbeitern gegen die österreichische Regierung 26 Personen festgenommen.

der gegenwärtigen Regierungsära konfiziert, während die Proteststreiks

bürgerliche Preffe die Rede von Bürgermeister Seiz ebens falls veröffentlichte.

Auflösung des Arbeitersängerbundes

Doch nicht genug mit der Kneblung der Arbeiterzeitung", Regierung am Montag den Arbeiterfängerbund als auf die schon am Sonntag tonfisziert worden war, hat die gelöst erklärt mit der Begründung, daß er mit der Jubiläumsfeier vom Sonntag gezeigt habe, daß es sich um eine politische Organisation"(!) handle. Seit den 90er

Das Berbot des öffentlichen Verkaufs der Arbeiters Zeitung" hat bei der Wiener   Arbeiterbevölkerung eine große Unzufriedenheit hervorgerufen. Die Arbeiter einer großen Anzahl Unternehmen des Industriekonzerns von Flos risdorf haben heute morgen gegen diese Maßnahme der Res gierung manifestiert. In einer großen Automobilfabrik sowie im städtischen Gaswerk von Leopoldsan haben die Arbeiter aus freien Stücken einen zweistündigen Protests streit beschlossen.

Jahren hat man es in Defterreich nicht erlebt, daß kulturelle Emigranten unerwünscht

Arbeiterorganisationen verboten wurden.

Aktionsbereitschaft der Eisenbahner

Wie bereits gemeldet wurde, hat die Regierung die Eisens bahner gezwungen, unter Androhung des Gehaltsentzuges, der Vaterländischen Front  " beizutreten. Wie am Samstag weiter verlautete, sollten die Eisenbahner auch gezwungen werden, aus den freien Gewerkschaften auszutreten und die Zugehörigkeit zur Sozialdemokratischen Partei sollte ihnen verboten werden. Die Reichskonferenz der Eisenbahner, die über Wochenende in Wien   stattfand, hat sich mit der Lage befaßt und die schärfsten Abwehrmaßnahmen beschlossen. Der Chef der Staatspolizei abgesetzt

Amtlich wird mitgeteilt, daß die Regierung den bisherigen Chef der Staatspolizei, d. h. der politischen Polizei, Hofrat Hedrich, seines Amtes enthoben hat. Es ist den Zeitungen verboten worden, diese Maßnahme zu kommentieren. Sie steht offenbar im Zusammenhang mit dem Attentat auf Dollfuß  , wenn auch keine Begründung angeführt wird. Verbreitungsverbot gegen Arbeiterzeitung"

Wie in legter Stunde verlautet, hat die Regierung gegen die Arbeiterzeitung" das Verbreitungsverbot auf die Dauer von 4 Wochen verhängt. Die Arbeiter: zeitung" darf für diese Dauer in keinem Kiosk in ganz Desterreich und auch nicht auf der Straße verkauft werden. Die Zustellung an die Aboynenten kann nur durch die Post

In Oesterreich  

Die Wiener   Allgemeine Zeitung" vom 5. Oftober 1988 schreibt:

In der letzten Zeit fommen uns fortgesetzt Mitteilungen, zumeist aus der Tschechoslowakei   von deutschen   Emigranten zu, die sich darüber beschweren, daß ihnen die Einreise nach Desterreich nicht bewilligt worden sei. Sie mußten zumeist vor den Grenzstationen wieder umkehren und alle ihre Vor­stellungen und Bitten blieben unberücksichtigt. Es blieb ihnen nichts anderes übrig, als ihr Asyl in der Tschechoslowakei  , welche die Einreisebestimmungen großzügiger handhabt, zu suchen. Ob die Zurückweisung an der österreichischen   Grenze für viele nicht von schicksalhafter Bedeutung war, ob fie nicht auf ihrer Reise zu einer anderen Grenzstelle verhaftet worden sind, läßt sich vor hier aus naturgemäß nicht be­stimmen.

Bom Bundeskanzleramt wird uns zu all diesen Beschwer den folgendes mitgeteilt:

" Eine formelle Verfügung über ein Einreiseverbot ber deutschen   Emigranten besteht wohl nicht, aber es ist richs tig, daß in der legten Zeit die Einreisebestimmungen mit größter Genauigkeit gehandhabt werden. Emigranten, bie nicht entsprechende Barmittel oder eine gesicherte Eristens in Defterreich nachweisen können, werden nicht mehr über die Grenze gelaffen."

Diese Beschränkungen werden mit der Notwendigkeit be­gründet, die öffentliche Mildtätigkeit vor der Inanspruchnahme ausländischer Elemente zu bewahren, da es im Inland genügend Not zu lindern gibt.

Kommissar für Flüchtlingshilfe

bat man also wieder- direkt oder indirett etwas gegen Der Völkerbund   trifft wichtige Entscheidungen

fie gesagt oder getan. Man scheut sich wahrlich nicht, ihnen

zu zeigen, wie wenig populär sie augenblicklich in der Welt

find. Wenn man ihnen Intereffe bezeugt, jo Deutschland   steht draußen!

ist es als Sehenswürdigkeit"."

» Veredelte Demokratie"

so

In De Standaard  ", dem Organ des holländischen Ministerpräsidenten Colijn  , lesen wir u. a.:

" In der Rede, die der deutsche   Minister Göbbels   in Genf  vor den ausländischen Journalisten hielt, mußte auch die Demokratie zur Sprache kommen, da er dort vor einem Kreise sprach, in dem man sich im großen und ganzen zu einer demokratischen Staatsform bekannte. Unter Demo­tratie hat man dabei eine Regierungsform zu verstehen, die dem Volk auf die eine oder andere Weise Einfluß auf die Staatsverwaltung zuerkennt, was in diftatorisch regierten Ländern nicht der Fall ist.

Dr. Göbbels   bemerkte hierzu, daß in Deutschland   heute die wahre oder, wie er es nannte, die veredelte" Demo­fratie zu Hause sei, weil das Volk die Regierung gleichsam mit der Regierung betraut habe.-

So handelten schon am Ende des 18. Jahrhunderts Fried­ rich der Große   und Josef II.   und im 19. Jahrhundert die beiden Napoleons  . Sie rechtfertigten ihren Despotismus, indem sie sich auf den Volkswillen beriefen. Nicht anders handelt heute Dr. Göbbels   mit seiner veredelten" Demo­Es ist ein altes Lied; ein Wortspiel, weiter nichts."

tratie.

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Faites votre jeu!"

Ein Franzose besitzt die Baden- Badener   Spielbank Baden- Baden  , 10. Oktober. Im glänzend erleuchteten Pruntiaal des Kurhauses versammelten sich gestern abend die ersten Spieler. Kurdirektor von Selacinsti gab einen furzen Einblick in die Art der Spiele. Punkt 20 Uhr rollte die erste Kugel, geworfen von Apotheker Dr. Rößler, einem der ältesten Mitbürger Baden- Badens, der noch das letzte Spiel im Jahre 1872 erlebt hat. Es folgte dann ein mit all­gemeinem Interesse verfolgtes Probespiel. Während des da nach von der Stadt Baden- Baden   gegebenen Abendessens wiederholte Oberbürgermeister Dr. Elfner seinen Will­tommengruß. Er schilderte das frühere Spiel von Baden­Baden und begrüßte es, daß die neue Regierung es ermög­licht habe, in Baden- Baden   wieder den Spielbetrieb einzu­führen. Der Pächter des Unternehmens, Paul Salles, dankte in französischer Sprache für das im ent­gegengebrachte Vertrauen.

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" Ein echter deutscher   Mann mag keinen Franzen leiden, boch seine Spielbank hat er gern" Bald werden die Mit­glieder der Automobil- Partei in Scharen in der Baden­Badener Spielhölle ihren regelmäßigen Sonntagsfigel be­fizen. Zwischendurch wird dann etwas den Armen gespendet. Rationalsozialismus!

Genf  , 10. Oftober.

Die drei gestern vom Unterausschuß ausgearbeiteten Ent­schließungsentwürfe über die Minderheitenfrage sind heute nachmittag im politischen Ausschuß ohne erhebliche Aussprache angenommen worden. Die Ent schließungen, die noch der Zustimmung der Vollver­sammlung bedürfen, haben folgenden Wortlaut:

1. Die Versammlung spricht unter Bezugnahme auf ihre Empfehlung vom 21. September 1922 die Hoffnung aus, daß die Staaten, die gegenüber dem Völkerbund durch keine rechts lichen Verpflichtungen hinsichtlich der Minderheiten gebunden sind, dennoch bei Behandlung ihrer Minderheiten der Raise, Religion oder Sprache mindestens das gleiche Maß der Gerechtigkeit und Toleranz beachten werden, die von den Verträgen und nach der ständigen Praxis des Völkerbundsrates gefordert wird.

2. Die Versammlung ist der Meinung, daß die in Ents schließung Nr. 1 aufgestellten Grundsätze ohne Unters schied auf alle Kategorien von Staats:

angehörigen, die sich von der Mehrheit der Bevölkes rung durch die Raffe, die Sprache oder die Religion unters scheiden, Anwendung finden müssen.

8. Die Versammlung ersucht den Generalsekretär, dem Völkerbundsrat die Aussprache in der sechsten Kommission über die Gesamtheit der Minderheitenfrage zur Kenntnis zu bringen.

Den Entschließungen 1 und 3 hat die deutsche Delegation durch eine Erklärung des Gesandten v. Keller zugestimmt. Dagegen hat sie der Entschließung Nr. 2 ihre Zustimmung bereits heute im Ausschuß versagt, so wie sie morgen in der Versammlung gegen sie stimmen wird.

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Mie dieser Annahme der drei Entschließungen durch den politischen Ausschuß ist auch die Zustimmung in der Boll­versammlung des Völkerbundes so gut wie gesichert. Für den deutschen   Delegierten ist die Situation mehr als peinlich. Er steht nämlich ganz allein und verlassen, obgleich er be­schämt und verschämt sogar den Entschließungen 1 und 3 zu gestimmt hat. Selbst Italien   läßt das Nazi- Deutschland vollkommen im Stich.

Die drei Entschließungen Alle Kategorien von Staatsangehörigen"

Genf  , den 10. Oktober 1988.( Eig. Ber.) Die einmütige Entschlossenheit aller Res gierungen gegen die Sabotageverfuche der Hitlerregierung hat heute zum ersten bezeich nenden Erfolg geführt. Hitler- Deutschland mußte fich beugen und auf seine Abstimmung gegen das Flüchtlingss werk des Völkerbundes verzichten. Wie jedem Erpresser, der eine Zwangslage ausbeutet, so mußte als Preis für die vers sprochene Stimmenthaltung dem Prestigebedürfnis des Ges schlagenen eine formale Aenderung zugeftanden werden, bie in ihrer Auswirkung wiederum Hitler Deutschland allein ausdrücklich von dieser Tat der Menschlichkeit ausschließt.

Ueber die Person des Hohen Kommissars verlanten die vers schiedensten Gerüchte. Der frühere amerikanische   Präsident Hoover hat bereits abgelehnt, Lord Robert Cecil   das gegen noch nicht definitiv. Genannt werden noch Genosse Prof. de Brouckere( Belgien  ) und Sir Austin Chambers lain( England).

Die ganze Welt

gegen Deutschland  !

"

Hitler   will keine Menschenrechte anerkennen! Genf  , 11. Oktober 1988.( Eig. Melbg.) Im Gegensatz zu seinem Nachgeben in der Flüchtlingshilfe bleibt Deutschland   hartnäckig bei der Ablehnung jeder Auss dehung des Minderheitenschutes auf Staatss bürger, die sich von der Mehrheit durch Raise, Sprache oder Religion unterscheidet". Die Nazis wollen teine Einmischung" in ihren Judenterror, das Unterkomitee der 6.( politischen) Kommission der Völkers bundsversammlung blieb aber auch heute genau so feft bei seinem Willen, den wahren Geist des Schutes der Minderheiten zu erfüllen.

So dentet alles darauf hin, daß in öffents licher Vollversammlung die ganze Welt bie Judenverfolgung Nazideutschlands urteilen wird gegen die eine Stimme bes Rassenwahnsinns.

Leider wird aber durch Deutschlands   eine Stimme die Wiederherstellung der Menschenrechte in Deutschland   durch Beschwerdeverfahren soz dem Völkerbund rerhindert werden.