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Freiheit
Einzige unabhängige Tageszeitung Deutschlands
Nummer 100-1.Jahrgang Saarbrücken, Sonntag| Montag, 15. Oktober 1933 Chefredakteur: M. Bra un
Aus dem Inhalt:
Sensation
Seite 3
162 Pater Muckermann
Seite 5
Steht der Heimweheputsch
Seite 5
bevor?
Inseratenteil beachten!
2000 Pfarrer protestieren! Japan will Krieg
Die Bewegung in der evangelischen Kirche gegen die „ Deutschen Christen "
Aus dem Reiche schreibt uns ein bekannter Theologe unter boller Namensnennung:
Durch einen Freund erhielt ich einige Nummern Ihrer Beitung, die ich nur zum Teil mit Zustimmung gelesen habe, zumal ich Ihre politische Haltung als Ganzes ablehne. Wie Ihnen vielleicht bekannt ist, bin ich nicht Sozialist, sondern gerade aus meinem Protestantismus heraus Anhänger auch einer start individualistisch betonten Wirtschaftsordnung. Wenn ich Ihnen heute schreibe, geschieht es in dem Wunsche, Ihre weit verbreitete Leserschaft darüber aufzuklären, daß feineswegs schlechthin von einer Hakenkreuzkirche" gesprochen werden kann. Es ist sogar möglich, daß die innere Ablehnung des neuen Staates in der evangelischen TheoLogenschaft größer ist als in der katholischen . Die Bewegung der Deutschen Christen " findet sehr starken Widerspruch. Trotz der beruhigenden Erklärungen des Reichsbischofs werden Maßregelungen von Pfarrern befürchtet, die aus ihrem evangelischen Gewissen die Nationalisierung und Politisterung unserer Kirche ablehnen. Nicht weniger als 2000 Pfarrer haben sich unterschriftlich mit etwa gemaßregelten Amtsbrüder solidarisch und zu entsprechenden Opfern bereit erklärt. Es ist Ihnen bekannt, daß die theologische Fakultät der Universität Marburg einstimmig gegen das Rassenprinsip und den Arierparagraf in der Kirche Einspruch erhoben hat. Diese Einstimmigkeit wird nicht in allen thevLogischen Fakultäten vorhanden sein, aber ich neige zu der Auffassung, daß in sehr viel theologischen Fakultäten wahr scheinlich bei den allermeisten eine Mehrheit gegen den jezzi gen Kurs in der evangelischen Kirche vorhanden ist. Die Geistfeindlichkeit des Nationalsozialismus, der sogar Denker wie Destojewski und Jbsen aus den Büchereien verbannt, wird mehr und mehr erkannt und abgelehnt.
Am stärksten dürfte die Widerstandsbewegung in Süd deutschland sein. Der Bischof von Bayern wehrt sich energisch gegen die deutschen Christen", und der Bischof Wurm von Württemberg , der dem Kampf ausweichen wollte und glaubte, alles einigen zu können, ist bitter enttäuscht. In Württemberg , so gut wie die ganze Pfarrerschaft den deutschen Christen beigetreten war, sind über 100 wie der ausgetreten.
Sehr bedenklich wirkt die geringe theologische und charaf terliche Qualität einiger Herren, die durch die„ Deutschen Christen " auf hohe kirchliche Posten gehoben werden.
Bemerkenswert ist an diesem Zusammenhang das Beispiel des evangelischen Bischofs im Rheinlande des Herrn Dr. Oberheid. Dieser noch nicht einmal vierzigjährige Mann hat ein abenteuerliches Leben hinter sich, das ihm reiche aber nicht immer gerade christliche Erfahrungen geboten hat. Ein Leben, das ihn wohl zum Sturmführer in der SA., der er mit Stolz gewesen ist, aber weniger zum Bischof eignet. Seine Theologiestudien wurden durch den Krieg unterbrochen. Er wurde Soldat und Offizier, schwerverwundet und mit dem Eisernen Kreuz erster und zweiter Klasse dekoriert. Nach dem Krieg sattelte er von der Theologie zur Nationalökonomie und Jurisprudenz um. Irgendwie fam er in der Inflationszeit mit Hugo Stinnes in Berührung, der ihn sehr förderte und ihn schließlich auf einen hochbezahl= ten Posten berief. Die Tätigkeit, die er nun ausübte, mag wirtschaftlich wichtig und lohnend gewesen sein, aber evange= lisch- christlich war sie bestimmt nicht. Nach dem Zusammenbruch des Stinneskonzerns schlug sich Dr. Oberheid eine zeitlang mit selbständigen Geschäften durch, über deren Art die Meinungen sehr geteilt sind und noch jest mancherlei Klagen in der beteiligten und zum Teil geschädigten Geschäftswelt umlaufen. Erst später jegte er seine Theologiestudien fort. Auf seinen Posten als Bischof ist er bestimmt nicht auf Grund seiner theologischen oder seelsorgerischen Leistungen berufen worden, sondern weil er sich durch mancherlei Arbeit in seiner Partei und zwar durch eine Tätigkeit, die vorwiegend militärischer Natur war, das Vertrauen der SA. und SS. erworben hat. thi
Mehrere evangelische Pfarrer, so der Pfarrer Busch in Ostpreußen und der Pfarrer Gräber im Industriegebiet find längere Zeit verhaftet gewesen und werden jetzt disziplinarisch verfolgt. Abgesetzt wurden die Theologieprofessoren Karl Ludwig Schmidt in Bonn d. T., Otte Piper in Münster und Macholz in Jena . Ob weitere Maßregelungen erfolgt sind, ist mir nicht bekannt, weil die Presse nicht mehr darüber berichten darf.
Die Widerstandskräfte im Protestantismus erlahmen nicht etwa, sondern wachsen und erstarken.
· Japan droht, die diplomatischen Beziehungen mit der Sowjetunion abzubrechen. Es wirft in fiebriger Haft immer neue Truppen in die Mandschurei . Die Blätter in Tokio schreiben Brandartikel. Japan steht unmitelbar vor der Errichtung der Militärdiktatur und damit vor der Erklärung des Krieges an Rußland .
Vor kurzem veröffentlichte die offizielle russische Telegrafenagentur ein paar Telegramme des japanischen Gesandten in Hsinking , der neuen Hauptstadt des neuen Staates Mandschukuo. In ihnen heißt es, man müsse nunmehr die Regierung von Mandschufuo zu Provokationen veranlassen, es seien Ueberfälle auf die ostchinesische Eisenbahn zu arrangieren, russische Beamte müßten ver haftet werden, die Verhandlungen in Tokio seien um jeden Preis zu stören. Die Veröffentlichung dieser Depeschen hat in Tokio ungeheure Erregung hervorgerufen und, wie man sehen wird, mit Recht.
Seit Monaten wird zwischen Rußland und Japan über die Ostchinesische Bahn verhandelt. Sie ist seit 1920 gemeinsamer Besiz Rußlands und Chinas . Als sich im Herbst 1929 die Chinesen mit Gewalt in den Besitz der Bahn zu setzen versuchten, sicherte sich die Sowjetunion ihre von dem zari stischen Rußland ererbten Rechte mit der Waffe in der Hand. Sowjettruppen überschritten die Grenze und schlugen ohne große Mühe die Chinesen. Die Bahn blieb, was sie war: halb russisch , halb chinesisch.
An die Stelle Chinas ist inzwischen Mandschukuo getreten. Mandschufuo ist aber nur ein anderer Name für Japan . Nachdem Japan die Mandschurei zu seiner Kolonie gemacht hat, ist es fest entschlossen, die letzten Reste ehemaliger russischer Macht in diesem Gebiete zu liquidieren. Es paßt ihm nicht, daß neben den japanischen Bahnen noch halbrussische Linien eriftieren, es fühlt sich in seiner Herrschaft über das 30- Millionen- Band bedroht oder zumindest gefährdet, so lange es nicht die ausschließliche Gewalt über das gesamte Bahnnetz besitzt.
Rußland weiß sehr gut, daß ein Behaupten der Bahn auf die Dauer unmöglich ist. Als daher vor einigen Monaten die Regierung von Mandschufuo Verhandlungen über einen eventuellen Ankauf des russischen Anteiles an der Bahn vorschlug, willigten die Russen ohne weiteres ein. In Tokio geht seither ein zäher Kampf um den Preis vor sich. Ruß land will, was man wohl verstehen kann, eine möglichst große Entschädigung für seinen Verzicht auf die Mitherrschaft erzielen, Japan und wenn Mandschukuo verhandelt, so verhandelt eben Japan , wie schon die Wahl des Verhandlungsortes Tokio zeigt will ebenso selbstverständlich möglichst wenig zahlen.
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In der Wahl seiner Mittel war Japan niemals bedenklich. Es scheute sich auch jetzt nicht, den Wert des VerhandIungsobjektes mit allen Kräften zu verringern. Alle Augenblicke gab es die tollsten Ueberfälle„ unverantwortlicher Elemente", Requisitionen von Lokomotiven und Waggons durch japanische und mandschurische Truppen, Störungen aller Art. Den Russen sollte die Bahn so verleidet werden, daß sie ste um jeden Preis hergeben.
In den letzten Wochen haben aber diese Methoden der Japaner ein Ausmaß erreicht, dem Rußland nicht länger
Pause und Spannung in Geni- Sorgfältige Versuche, den Zusammen- aufeben fonnte. Es schritt zur Veröffentlichung der Korrebruch zu vermeiden Man erwartet die Entscheidung Berlins
Die nationalsozialistische Provinzpresse ist noch nicht von ber neuesten Schwenkung Berlins unterrichtet, die ein weiteres Aufleben verbreitet. Sie tobt am Samstag noch gegen„ die Haßgemeinschaft von Gens"; sie wirft der englischen Staatsführung vor, daß England es noch fertig bringt, selbst den französischen Chauvenismus zu übertrumpfen." Man schreibt: Rein Wort ist zu scharf, um die Unverschämtheit der englisch französischen Begründung für eine Nichtzubilligung der Gleichberechtigung zu brandmarken." Ein Sonderbericht aus Genf , der in zahlreichen national
sofortige Entwicklung die deutschen Machthaber den größten Wert legen.
Die französische Presse läßt erkennen, daß Frankreich entschlossen ist, weitere Konzessionen nicht mehr zu machen. Demnach ist die Spannung in Genf durch nichts gemildert und die Konferenz nur durch ein Nachgeben Deutschlands zu retten.
fozialistischen Provinzzeitungen gedruckt ist, erflärt:„ Die Kein unklarer Vertrag"
Forderung einer Probezeit ist das tollste Stück, das sich die englisch - französische Haßgemeinschaft in der letzten Seit geleistet hat, da diese Forderung selbst die primitivsten Gebote der internationalen Politik verlegt."
Es hat sich bei den Nationalsozialisten noch nicht herumgesprochen, daß ihre Regierung dieser Probezeitgrundfäßlich zustimmt und daß die nationalsozialistische„ kompromißlose" Politik nur um die Abkürzung dieser Probeseit schachert.
Neue Hoffnung ist bei der Reichsregierung erwacht, seitdem der Plan fallen gelassen worden ist, eine gemeinsame englisch - französisch- amerikanische Resulution vorzulegen und Deutschland vor ein Entweder- Oder zu stellen. Es ist aber unmöglich zu verkennen, daß hier nur ein formal- taftisches Ausweichen der genannten drei Mächte vorliegt. Man will vermeiden, daß Deutschland den Einbrud erweden kann, als fei es unter ein Dittat gezwungen worden. Daß eine sachliche Aenderung des Standpunktes Englands und Ameritas vorliege, dafür ist feinerlei Anhaltspunkt gegeben. Die beiden Mächte sind mit Frankreich einig gegen eine Wiederauf rüstung Deutschlands , sind einig in der Probezeit und in der internationalen Kontrolle, sind vor allem auch einig in dem Billen Deutschlands , die Luftwaffe zu verweigern, auf deren
Der Temp3" schreibt:
Es ist tunlich, das Einvernehmen zwischen Frankreich , Großbritannien und den Vereinigten Staaten nur mit Zurückhaltung zu behandeln. Es kann sich entweder in einen gemeinsamen Schritt auswirken oder in übereinstimmenden Vorschlägen oder in dem, durch die Engländer selbst abgeänderten Macdonald- Plan, den die Konferenz zur Grundlage ihrer Verhandlungen genommen hat. Dies ist eine Frage des Vorgehens und berührt nicht den wesentlichen Inhalt des Einverständnisses zwischen Paris , London und Washington. Es ist schwierig, die Form des Vorgehens genau festzustellen, und es wäre nur natürlich, wenn der Wortführer Englands den englischen Plan darlegen wollte, der von dem Einverständnis der Staaten Rechnung ablegte. Von größter Bedeutung ist die UebereinStimmung zwischen Frankreich , England und Amerika , die bereits besteht und sich, wie man schon vorher berichtete, bezieht auf die automatische und ständige Kontrolle, auf eins Probezeit von vier Jahren und auf die Weigerung, dem Reich das Recht zuzuerkennen, über die im Vertrag von Ver[ Fortsetzung stehe Seite 2
spondenz des japanischen Gesandten Mandschukuo und des japanischen Generalfonfuls in Charbin , in der das sorgfäl tige Arrangement der„ bedauerlichen Zwischenfälle" aufgedeckt wurde.
Es geht aber nicht allein um ein, wenn auch großartiges Handelsgeschäft. Es geht um unendlich viel mehr. Mit der Publikation der Dokumente wird ein letter Versuch gemacht, die friedenswilligen Kräfte Japans gegen die Amokläufer im japanischen Generalstab zu mobilisieren.
In einem Telegramm des Gesandten Hishikari heißt es, der höchste japanische Militärmachthaber in Mandschukuo sei der Ansicht, man solle sich überhaupt nicht mehr um das fümmern, was in Tokio geschehe, es sei auch vollkommen überflüssig, mit den Herren der Mandschufuoregierung zu sprechen. Die Zeit zum Handeln sei gekommen.
Während die Regierung in Tokio immerhin, trop all ihrer Feigheit, all ihrer schlotternden Angst vor dem Zorn der Militärs, eine Verständigung mit Rußland sucht, liegt gerade den Generalen an einer Verständigung nicht das allergeringste. Sie wollen mehr als nur die Ostchinesische Eisenbahn. Sie wollen, am Konflikt um diese Bahn entzündet, den Krieg.
Die Gelegenheit zum Präventivkrieg scheint ihnen günstig wie noch nie. Die Ohnmacht des Völkerbundes hat sie toll gemacht. Mit ungeheuren Mitteln wurde in den letzten beiden Jahren das mandschurische Eisenbahnsystem ausgebaut. In der Mandschurei sind enorme Massen von Munition angehäuft. Das Selbstbewußtsein der Armee ist nach dem " Siege" über China ins Maßlose gestiegen. Japan ist in einem chauvinistischen Taumel.
Der Auseinandersetzung mit Amerika , von deren Unvermeidlichkeit der japanische Generalstab und ein ganz großer Teil des japanischen Volkes überzeugt ist, muß der siegreiche Krieg mit Rußland vorangehen. Jedes Jahr stärkt die rus sische Industrie in Sibirien . Wozu warten, bis die Betriebe im Kusnetzker Becken mit voller Kapazität arbeiten? Besteht nicht die Gefahr, daß Rußland seine Schwierigkeiten in der Lebensmittelversorgung überwindet, ein leidlicher Friede zwischen der Bauernschaft und der Regierung her