zu gewissen außenpolitischen Demütigungen gehen wird, um Aktionen Frankreichs und neben Frankreich stehender Mächte zu verhindern. Wenn er es nicht selbst gewußt haben sollte, werden ihm die deutschen Generale bei gebracht haben, daß jeder militärische Zusammenstoß jetzt mit der Vernichtung Deutschlands enden muß.
Im Urteil der Völker
Hinter den starken Worten des Reichskanzlers steht die Der Eindruck in Genf Feigheit. Er fürchtet sich. Schon hat er seiner braunen Miliz verboten, in der entmilitarisierten Zone irgendwelche, wenn auch geschlossene politische Rundgebungen zu peranstalten. Man darf ruhig annehmen, daß der Reichskanzler, wenn er es für zweckdienlich hält, seine Miliz in der entmilitarisierten Zone sogar durch den Verzicht auf die Uniform und äußere militärische Formen tarnen wird. So sehr ist er noch darauf angewiesen, die Schonung durch Frankreich zu wünschen. Er kennt die furchtbare Wunde, die die entmilitarisierte Zone für eine deutsche Machtpolitik bietet. Er weiß, daß auf Grund des Versailler Vertrages jederzeit eingeschritten werden kann, wenn auf dem linken Rheinufer und in dessen Brückenköpfen irgend welche militärischen Vorbereitungen getroffen werden. Es unterliegt kaum einem Zweifel, daß Frankreich sogar die tatsächliche Auflösung der SA. und SS. in der entmilitarifierten Zone fordern und durchsetzen könnte, wenn es dies wollte.
Der Temps" berichtet aus der Völkerbundsstadt:
Die Nachricht, die soeben aus Berlin gekommen ist, daß die Hitlerregierung sich infolge der Sigung des Konferenzbüros entschlossen hat, ihre Delegation nicht mehr bei der Abrüstungskonferenz zu belassen und aus dem Völkerbund auszutreten, ruft hier eine tiefe Erregung hervor.
Es spricht nichts dafür, daß die Entwicklung in Europa nun rasch dramatischen Zuspigungen entgegeneilen wird. Man wird in Genf zu retten versuchen, was vom Völkerbund und von einer Abrüstungskonvention noch zu retten ist. Man wird, wenigstens äußerlich, an der Hoffnung einer Rückkehr Deutschlands festhalten. Dies um so mehr, als Deutschlands Austritt aus dem Bölkerbund nach dessen Bestimmungen erst nach dem Ablauf einer Kün digungsfrist von zwei Jahren effektiv werden wird. Die deutsche Reichsregierung selbst wird alle Wege gehen, die zu Berhandlungen führen können und die anderen haben keinen Grund, diese Wege zu ver bauen. Die Folgen eines neuen Krieges in Europa sind für den ganzen Kontinent so furchtbar, daß die führenden Staatsmänner überall vor dem letzten Schritt zurückſcheuen merben. bera
Nord
Das alles aber darf niemanden darüber täuschen, daß eine Periode mit unmittelbarer Kriegsgefahr begonnen ist. Frankreich fühlt sich durch den deutschen Nationalismus bedroht. England und die kleineren europäischen Staaten anerkennen die Berechtigung dieses Gefühls. amerika hat für dieses allgemeine Mißtrauen gegen Hitlerbeutschland mindestens viel Verständnis. Ganz Europa glaubt fest daran, daß die technische Aufrüstung Deutschlands in vollem Gange ist. Die moralische Aufrüstung steht als eine furchtbare Erscheinung vor dem europäischen Horizont. Der Wehrwille, die Bereitschaft, sich im Krieg zu opfern, der Glaube an ein größeres Deutschland , das alle Volksgenossen deutscher Zunge umschließt, wird von der Glut eines Nationalismus angefacht, wie ihn bisher die Geschichte der deutschen Nation nicht gekannt hat. Diese riesenhafte ideologischen Kräfte erwachsen aus einem Lande, dessen Volk in allen seinen Schichten unter schwersten wirtschaftlichen Gorgen lebt und von der Ueberzeugung geradezu besessen ist, daß seine Not nur durch die Vernichtung des Versailler Diktats bes hoben werden kann.
Das sind gewaltige Spannungen, die zu balbigen Lösungen drängen, und die Gefahr gewaltsamer Entscheis bungen steht nun erschreckend vor der Welt.
Englische Kaltblütigkelt Pressestimmen nach deutscher offiziöser Auswahl London , 16. Oft. Die Morgenpresse bespricht die Lage, die durch Deutschlands Schritt von Samstag entstanden ist, mit betonter Kaltblütigkeit. Sie zeigt das Bestreben nach objektiver Betrachtungsweise und nach Würdigung der deutschen Beweggründe. Bielfach wird auf die Möglichkeit hingewiesen, unter Benuzung des Viermächtepattes auf die Beseitigung der Schwierigkeiten hinzuarbeiten.
Morning Post" erklärt: Deutschland hatte das Gefühl, in der Frage der Gleichberechtigung von Europa zum Narren gehalten zu werden, da ein Zugeständnis, das acht Jahre aufgeschoben werden soll, wenig oder gar keinen Wert besitzt. Unter Hinweis auf die Erklärung des Reichsfanzlers, daß die deutsche Regierung bereit ist, über die Regelung aller Meinungsverschiedenheiten mit den anderen Nationen zu verhandeln, sagt das Blatt: Wenn die maßgebenden französischen Stellen ebenso klaren Kopf behalten
Es ist schwierig zu glauben, daß die Entscheidung des Kanzlers Hitler von der heutigen Diskussion hat abhängen können, denn man war sich hier auch auf deutscher Seite einig über die Mäßigung, die in den Ausführungen Sir John Simons zum Ausdruck kam. Man schreibt den Entschluß eher der Tatsache zu, daß Deutschland in der Frage der nationalen Minderheiten und der deutschen Juden innerhalb des Bölkerbundes isoliert geblieben ist. Man glaubt auch an die Möglichkeit eines innerpolitischen Manövers, das bestimmt ist, das Regiment zu festigen, und erwartet mit Ruhe die Entwicklung der Lage.
Was es auch immer sei, die Generalfommission der Konferenz wird Montag zusammentreten, da sie allein über ihre eigene Bertagung beschließen kann.
Die„ Baseler Nachrichten" meinen, Deutschland tapfelte sich von jeder Art von internationaler Gemeinschaft ab. Die Baseler Nationalzeitung" schreibt, die Ereignisse stellten einen hohen Grad von Unsicherheit in Europa dar und lösten ein bis ins Unerträgliche gesteigertes Mißtrauen gegen das Land aus, das sich übereilt der öffentlichen Aussprache der Welt entzogen habe. Die eidgenössische Negierung beurteile die Lage ruhig. Zu der Beunruhigung, die am Samstag in den Städten der Nordschweiz erkennbar gewesen sei, bestehe nicht der geringste Grund. Der Berner " Bund" verlangt die Beseitigung der Deutschland diskriminiereden Stellen, z. B. die Kriegsschuldparagrafen im Versailler Vertrag. Die„ Neue Züricher Zeitung" be= tont, daß das heutige Deutschland nicht mehr dasselbe sei, wie das, dem im Dezember 1932 die Gleichberechtigung zu
gesagt worden sei.
Die Sicherheit beruhe nicht nur auf materiellen, meßbaren Dingen, sondern auch auf psychologischen Erwägungen. Der Beschluß der deutschen Regierung weiche der Entscheidung aus, die man in Genf von ihr gefordert habe, und flüchte auf ein Gebiet, das nur noch bedingt der auswärtigen Politik angehöre.
Angesichts der gegebenen Lage, meint man in Genf , würde es feineswegs erstaunlich sein, wenn Mussolini seinen Plan pattes zusammenzurufen. Er würde sich auf den Artikel 3 wieder aufgriffe, die Signatarmächte des Bierer Holland: Isolierung und Spannung des Vertrages berufen, der vorsieht, daß im Falle eines Bruchs in Genf die vier Mächte sich in freundschaftlicher Weise über die weiteren Richtlinien ihres Handelns verständigen.
, 16. Oktober.
Aeußerungen der französischen Regierung liegen nicht vor. Man nimmt an, daß am Dienstag in der Eröffnungssißung der Kammer Ministerpräsident Daladier eine Erklärung zur Außenpolitik abgeben wird. Zu den zahlreichen außengeordneten Taitlinger gekommen, der die Regierung politischen Interpellationen ist noch eine des Pariser Abschon über den Austritt Deutschlands aus dem Völkerbunde befragt.
Sehr lebhaft wird der Verzicht auf Elsaß- Loth ringen in der Reichskanzlerrede besprochen. Hitler
diesen Verzicht klarer formuliert, als man erwartet hatte. Man erblickt darin eine Einladung zu unmittelbaren Verhandlungen an Frankreich . Es besteht aber „ Echo de Paris" anwortet auf die Kanzlerrede: nirgendwo Neigung, diese einladende Geste anzunehmen.
Deutschland will ben Krieg, und die Volksab ftimmung vom 12. November wird seinen Kriegs: willen ausdrücken. Niemand hat mehr das Recht daran zu zweifeln. Wenn wir die Dinge laufen lassen, wird die Kriegserklärung eines Tages plößlich in Berlin erschallen, wie die Herausforderung an den Völkerbund und die Abrüftungskonferenz soeben erschollen ist. Sollen wir uns tätig abwarten, bis das deutsche Reich seine Vorbereitungen beendet hat?"
In zahlreichen Pressestimmen werden Drohungen gegen Deutschland wegen Verlegungen des Versailler Vertrages zur Entwaffnung Deutschlands ausgestoßen. So schreibt das Journal", der Rückzug Deutschlands aus Genf sei darauf zurückzuführen, daß Deutschland die Entdeckung seiner Verfehlungen gegen den Versailler Vertrag befürchte.
,, Man muß die Gründe in den wiederholten Verfehlun gen suchen, deren Deutschland sich seit Jahren in bezug auf Waffenherstellung schuldig gemacht hat, und welche durch Einsegung einer längeren Probezeit und einer wirksamen Kontrolle unfehlbar zur Entdeckung gebracht worden wären. Eben weil es die ueberwachung fürchtete, welche zur Entdeckung seiner zufäßlichen Maschinengewehre, feiner Kampf- und Bom= benflugzeuge, seiner leichten Tanks und Luftabwehrkanonen geführt hätte, for= derte Deutschland die Ermächtigung, diese verbotenen Waffen vom Beginn der Probe. zeit an zu besigen."
Echo de Paris" zitiert die Artikel 164 und 213 des Friedensvertrages und verlangt, daß der Völkerbunds= apparat wegen der Verstöße gegen Artikel 42 und 43 in der, entmilitarisierten Zone in Gang gesezt werde und die Garanten von Locarno , England und Italien angerufen werden müßten.
wie früher, dann werden sie es vielleicht als eine Erleich Gefahren mehr denn je
terung empfinden, von den Umständlichkeiten der Abrüstungskonferenz befreit und in der Lage zu sein, über realere Dinge zu verhandeln. Wir hoffen daher, daß Herrn Hitlers Einladung angenommen werden wird. Mussolinis. Biermächtepatt tönnte als eine Grundlage dienen.
Daily Mail" meint, der Friedensvertrag habe wichtige Bedingungen festgesetzt, die die siegreichen Feinde Deutsch lands zu erfüllen hatten. Nach deutscher Auffassung sei der Vertrag nicht erfült worden. Die Begeisterung, mit der Herr Hitler vom Bolt in Deutschland unterstützt werde, deute sicher darauf hin, daß er die beträchtliche Mehrheit der deutschen Nation hinter sich habe. Nicht in der Handlungsweise des deutschen Reichskanzlers liege für den Augenblick die Gefahr, sondern in der Möglichkeit, daß sein Schritt an dere Mächte veranlassen könnte, Gegenmaßnahmen zu tref= fen, die schlimme Folgen haben könnten.
Der liberale News Chronicle" schreibt: Herrn Hitlers friedfertige Erklärungen deuten offensichtlich darauf hin, daß die Tür nicht unwiderruflich geschlossen ist. Folgende Dinge find notwendig, solange es noch nicht zu spät ist: Die Abrüstungskonvention muß fertiggestellt werden, die Sta dien der Abrüstung müssen festgesetzt werden, die verbotenen Waffen müffen bezeichnet werden, die Untersuchungstommiffion muß aufgestellt und die vierjährige Probezeit muß verkündet werden. Wenn dies geschehen ist, aber nicht vorher, bann wird es für Deutschland nicht länger möglich fein, au fagen, daß die anderen Mächte niemals haben ab= rüsten wollen oder daß es eingefreist ist.
Der sozialistische Daily Herald" sagt: Noch sei die Gelegenheit gegeben, Deutschland in den Völkerbund zurückaubringen und zum Teilnehmer an einer Abrüstungskonven tion zu machen. Wenn die Konferenz ihre Arbeit fortsetze und eine Konvention aufstelle, die Deutschland tatsächlich von dem bitteren Gefühl der Demütigung und Unterlegenheit befreit, dann werde die Katastrophe von Samstag wieder gut gemacht werden können. Wenn die europäischen Mächte dagegen durch Schaffung einer Scheinkonvention oder durch Fallen lassen der Konferenz überhaupt der Politik der Befriedung und der Völkerbundsarbeit den Rücken kehren und sich wieder der Suche nach Sicherheit durch Rüstungen oder Bündnisse zuwenden, dann sei nichts anderes zu erwarten, als ein neuer und selbstmörderischer Krieg.
" Daily Telegraf" erklärt: Dies ist kein Augenblid, um
,, Algemeen Handelsbla d": Deutschland begebe sich freiwillig in die Isolierung. Das schon bestehende gegenseitige Mißtrauen in Europa werde hierdurch weiter gesteigert. Der Entschluß des deutschen Reichskanzlers möge vielleicht unter innerpolitischen Gesichtspunkten die erhoffte Auswirkung haben und das deutsche Volk noch enger zusammenschweißen, nach außen hin stelle er jedoch ein großes Risiko dar.
" Nieuwe Rotterdamsche Courant": Man habe jezt in der europäischen Politik den Gipfelpunkt einer sehr gefährlichen Spannung erreicht. Man müsse anerkennen, daß die Berliner Regierung angesichts des Verlaufs der Genfer Verhandlungen nur noch die Wahl zwischen Biegen und Brechen hatte und daß die erstere Lösung für sie aus innerpolitischen Erwägungen nicht mehr gangbar war. Die Reaktion auf diesen deutschen Schritt werde erheblich sein.
Aber keine ,, voreiligen" Schritte
Die Frankfurter Zeitung " berichtet über die Stimmung Nordamerikas aus Neu york:
Die Sonntagspresse beschäftigt sich aufs Ausführ lichste mit der nach dem deutschen Schritt entstandenen Lage. Die Meldungen sind mit Riesenschlagzeilen versehen. Der Austritt Deutschlands aus dem Völkerbund hat wie eine Bombe gewirkt. Trotz der bekannten amerikanischen Skepsis dem Völkerbund gegenüber ruft der deutsche Entschluß wegen der weittragenden Konsequenzen Bestürzung hervor. Noch ernster fast beurteilt man den Zusammenbruch der Abrüstungsverhandlungen, hat aber die Hoffnung immer noch nicht ganz aufgegeben, man sei vielleicht dennoch von amerikanischer Seite in der Lage, neue Kompromißvorschläge machen zu können, die ein Wettrüsten als eine gefährliche Zuspißung der politischen Lage in Europa mit allen Mitteln verhindern sollen. Dabei gibt man in Washington vielfach zu, daß der langjährige Widerstand Frankreichs ( über das man durch seine Unnachgiebigkeit in der Kriegsschuldfrage ohnehin verärgert ist) der Abrüstung andauernd Hindernisse in den Weg legte. Andererseits findet der deutsche Standpunkt, mit dem die hiesigen deutschfreundlichen Kreise sympathisieren, in Amtskreisen nicht immer volles Verständnis, zumal die deutschfeindliche Propaganda unermüdlich am Werk bleibt und Spalten der Tagespresse täglich mit Hebmeldungen über Deutschland füllt.
Wie beunruhigt die Stimmung ist, beweisen Korrespondenzmeldungen aus Washington , die sich vielfach mit der Frage möglicher französischer Repressalien beschäftigen. Amerika würde allerdings diese, wie die Zeitungen betonen, feinesfalls mitmachen. In gutunterrichteten Kreisen besteht aber der Eindruck, daß derartige aufgeregte Ueberlegungen heute noch voreilig seien, zumal der Kanzler gestern wieder Friedensliebe und Versöhnlichkeit des deutschen Volkes so eindringlich betont hat.
Für Rettung der Konferenz
Der„ Temps" vom 15. Oktober schreibt in einem Aufsatz: Aber mit starkem Pessimismus Gefahren mehr denn je":
Was kann Deutschland von einer solchen Politik erhoffen? Man erkennt es nicht. Vor der ganzen Welt lädt es die volle Verantwortung für die brutale Zerstörung aller Werte auf sich, die in vierzehn Jahren mit Eifer und schwerer Mühe aufgebaut und unter schwierigen Umständen erhalten wurden, um einen dauerhaften Frieden unter den Völkern herzustellen. Was kann Deutschland jetzt gewinnen? Nichts, da in Ermangelung eines allgemeinen Abkommens über die Abrüstung der Vertrag von Versailles in seiner ganzen Strenge fortbesteht und die Mächte, die ihn unterzeichnet haben, es nicht zulassen, daß er verletzt wird. Man weiß das in Berlin , denn man konnte sich dort über die Warnung Englands, die in der Rede Stanley Baldwins zu Birmingham enthalten war, feiner Täuschung hingeben. Man wird morgen die Rückwirkungen feststellen, welche der deutsche Schritt in allen Ländern her vorrufen wird, wo der Glaube an das Werk des Friedens eble Hoffnungen hat aufteimen lassen. Das Scheitern der Abrüstungskonferenz durch den Fehler Deutschlands bringt die Gefahr einer Wiederaufnahme des Wettrüstens mit sich. Mehr als jemals wird die Welt Gefahren ausgesetzt sein. Das werden die Völker schwerlich den Männern des dritten Reiches" verzeihen, die soeben den Völkern das Gefühl von der Realität der deutschen Gefahr gegeben haben, einer Gefahr, die nur durch das Einverständnis und den engen Zusammenhalt aller gutwilligen Menschen beschworen werden kann.
Ioszuschlagen. Diese neueste und sensationellste Wendung in Genf gibt doch noch keinen Anlaß zu befürchten, daß der Friede gefährdet sei.
Die erste Pflicht des Völkerbundes sei, alles Gerede von einer drohenden Kriegsgefahr zu unterlassen, und die erste Pflicht der Regierungen der Welt, fo bald wie möglich den Plan vorzulegen, den Deutschland verworfen habe. Die Aussicht auf Zustandekommen der Konvention sei im Augenblick dahin. Aber die Welt sollte die Möglichkeit haben, sie in der Gestalt zu beurteilen, die man ihr geben sollte.
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Washington , 16. Ott.( Reuter.) Regierungsbeamte drückten ihre Zustimmung zu dem Beschluß aus, eine zeits weise Auslegung der allgemeinen Abrüftungsbesprechungen zu empfehlen, aber einer endgültigen Bertagung sich ents schieden zu widersetzen. Das Staatsdepartement äußerte, Norman Davis sei ermächtigt, einer solchen Empfehlung ohne Rüdsprache mit Washington zuzustimmen. Die zeitweilige Auslegung wird als wünschenswert betrachtet, um die Staatsmänner instandzusegen, eine Lösung auszuz arbeiten, falls sie überhaupt möglich sei. In offiziellen Kreisen ist man der Ansicht, daß Deutschland nicht, wenigstens nicht für längere Zeit, an den Verhandlungstisch der Abrüftungskonferenz zurückgebracht werden könne. Man hält es aber für notwendig, daß die Konferenz vor dem Zusammenbruch bewahrt wird, der den Beginn eines großen internationalen Wettrüstens bes deuten würde.
Boise ( Idaho ), 16. Okt.( Reuter.) Ueber Deutschlands Schritt sagte Senator Borah gestern abend in einer Rede in einer Volksversammlung: Wir stehen der Möglichkeit eines neuen Krieges gegenüber. Für diese Lage kann keine bestimmte Nation verantwortlich gemacht werden. Sie ist das Ergebnis der Politik vieler Nationen. Der Senator forderte die Siegernationen auf, ihr im Versailler Vertrag gegebenes Abrüstungsversprechen zu erfüllen".
" Times" behauptet, daß der Kanzler Methoden, mit denen er in der inneren Politik Deutschlands gute Erfolge gehabt habe, in die auswärtigen Angelegenheiten einzu führen versuche. Die Kundgebung an das deutsche Volk ent halte einige offenbare und allgemeine Wahrheiten, die jeder unterschreiben könne. Aber das meifte falle nicht ins Gewicht angesichts der verhältnismäßig geringen Meinungsverschiedenheiten, die in Genf erörtert würden. Auch die Rundfuntansprache habe nichts enthalten, was einen Bruch gerade im jezigen Augenblick gerechtfertigt hätte.