Der Simon- Plan
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Weitgehende Einheitsfront in Genf
Noch vor dem Bekanntwerden der großen deutschen Geste trat das Büro der Abrüstungskonferenz zur Vorbereitung der am Montag stattfindenden Sigung des Hauptausschusses zusammen. Sir John Simon, der britische Außenminister, gab formulierte Erklärungen ab, deren wesentlicher Inhalt ist:
Auf Grund der Unterredungen, die die englischen Vertreter mit den Vertretern von Frankreich , Deutschland , Italien , Amerika wie auch den Vertretern anderer Mächte geführt haben, sei er nunmehr zu der Auffassung gelangt, daß der vor sechs Monaten eingereichte und einstimmig als Verhandlungsgrundlage angenommene englische Abtommensentwurf in mancher Beziehung Abände= rungen erfahren müsse. Der Entwurf sah ein Abkommen für fünf Jahre vor.
Verschiedene Mächte sprachen jedoch den Wunsch nach einer Ausdehnung auf acht Jahre aus, wogegen keine ernste haften Einwendungen erhoben worden seien.
Ferner wurde vorgeschlagen, daß diese Gesamtperiode von acht Jahren durch ein Programm auszufüllen set, das am Ende der Periode zwei wichtige Bedingungen verwirklichen müsse: 1. wesentliche Abrüstungsmaßnahmen von seiten der schwerbewaffneten Mächte, 2. die Durchfüh= rung des Grundsages der Gleichberechtigung in einem Regime der Sicherheit, der seit dem Dezember des vergangenen Jahres nicht nur als das Ziel der Mächte, welche die Erklärung vom 11. Dezember unterzeichnet hatten, sondern auch als das Ziel der Abrüstungskonferenz selbst erklärt worden war. Hierfür sei es allerdings notwendig, in zwei Etappen vorzugehen, wobei daran zu erinnern ist, daß der Gedanke der etappenweisen Methode von dem Allgemeinen Ausschuß bereits angenommen ist.
Dieses Programm, das müffe er mit allem Freimut auss sprechen, erfordere aber, daß die durch die Verträge ents waffneten Mächte nicht mit einer Bermehrung ihrer Rüstungen beginnen dürfen, sondern ihre Bereitwillig keit zu einer der von ihm angedeuteten Tabellen aus sprechen.
Die Regierung des Vereinigten Königreiches ist der Ansicht, daß eine Verständigung nicht erreicht werden könne auf der Grundlage eines Abfommens, welches irgendwelche sofortige Aufrüstungen vorsicht.
Wenn ich von Nichtaufrüstung spreche," so erklärte hierzu der englische Außenminister, will ich nicht die vernünftige Erwägung bestreiten, die sich, da die Reichswehr in eine kurzfristige größere Armee verwandelt werden soll, auf eine entsprechende numerische Vermehrung ihrer Ausrüstung bezieht. Vom Beginn des Abkommens an müßte eine Vereinbarung darüber bestehen daß keine Regierung Waffen von irgendeinem Typus herstellen oder erwerben wird, der eventuell abgeschaft werden soll."
che Bevolln
Der amerikanische Bevollmächtigte Norman Davis ,
der als zweiter Redner das Wort ergriff, unterstüßte völlig die Darlegungen des englischen Außenministers. Unter den gegenwärtigen Umständen seien Etappen für die Erreichung der Gleichberechtigung notwendig.
Sorania
das Wort, um vorsichtig und zurückhaltend zu erklären, daß die italienische Abordnung auf den von Sir John Simon gezogenen Linien mitarbeiten werde, aber gleichzeitig die Hoffnung ausspreche, daß alle Staaten diese Linien als posi= tive Basis für die späteren Arbeiten betrachten können. Der französische Außenminister Paul- Boncour
erklärte hierauf, daß er den Ausführungen seines englischen Kollegen zustimme und ihm für sein loyales Verhalten danken wolle. Die Besprechungen hätten sich bisher nur in einem Kreise bestimmter Mächte vollzogen. Die Entscheidung liege jetzt bei der Konferenz. Frankreich stimme den einzelnen Vorschlägen im allgemeinen zu und erblicke die Zentralidee in der Teilung des Abkommens in zwei
Perioden. Die erste Periode müsse die Erfahrungen über das Ergebnis und die Wirksamkeit der Kontrollmaßnahmen zutagefördern. Bei dem Entschluß der Schaffung einer ersten zutagefördern. Bei dem Entschluß der Schaffung einer ersten Periode sei vor allem auch die politische Seite des Problems berücksichtigt worden sowie die Notwendigkeit, die Achtung der Verträge zu sichern. Wenn die gerüsteten Staaten wirf same und substantielle Maßnahmen auf dem Gebiete der Abrüstung treffen sollen, so sei die Voraussetzung dafür, daß in der Periode keinerlei Aufrüstung erfolge. Sonst würde das gesamte Ziel des Abrüstungswerkes vernichtet. PaulBoncour sprach sich zum Schluß gegen eine Ver= kürzung der ersten Periode aus. Er halte aus mancherlei Gründen eine Periode von vier Jahren für notwendig, wolle aber diese Frage noch nicht entscheiden. Der deutsche Vertreter
v. Rheinbaben
teilte hierauf mit, daß er in Abwesenheit des Delegationsführers, Botschafter Nadolny, sich darauf beschränken wolle, folgende Erklärung abzugeben:
" Ich darf es als gegebene Tatsache ansehen, daß die anwesenden Mitglieder des Präsidiums die Auffassung der deutschen Regierung über die Abrüstungsfrage kennen, die durch zwei Forderungen und zwei Faktoren gekenn= zeichnet wird: 1. wirkliche und substantielle Ab= rüstung der hochgerüsteten Staaten, 2. sofortige prattische Anwendung des Grundsatzes der Gleichberechtigung, wobei die Frage der Quantität für Verhandlungen offenbleibt. In diesem Sinne habe ich von der sehr wichtigen Erklärung Sir John Simons Kenntnis genommen und werde ihren Inhalt sofort der Reichsregierung übermitteln."
Der belgische Vertreter Bourquin, der griechische Vertreter Politis , der tschechoslowakische Außenminister Benesch erteilten hierauf ausdrücklich den Richtlinien Sir John Simons ihre Zustimmung.
Konferenzpräsident Henderson schloß die Präsidiumsfizung ab, indem er den Vorschlag machte, den Allgemeinen Ausschuß, der am Montag zusammentritt, die Erklärung von Sir John Simon und die Ergebnisse der heutigen AusSprache zu übermitteln, damit der Ausschuß in cine Beratung hierüber eintreten könne.
Herr Präsident!
Namens der deutschen Reichsregierung habe ich die Ehre, Ihnen folgendes mitzuteilen:
Nach dem Verlauf, den die letzten Beratungen der beteiligten Mächte über die Abrüstungsfrage genommen haben, steht nunmehr endgültig fest, daß die Abrüstungskonferens ihre einzige Aufgabe, die allgemeine Abrüstung durchzusetzen, nicht erfüllen wird. Zugleich steht fest, daß dieses Scheitern der Abrüstungskonferenz allein auf den mangelnden Willen der hoch gerüsteten Staaten zurückzuführen ist, ihre vertragliche Verpflichtung zur Abrüstung jetzt einzulösen. Damit ist auch
die Verwirklichung des anerkannten Anspruches Deutsch lands auf Gleichberechtigung unmöglich gemacht worden und die Voraussetzung fortgefallen, unter der sich die deutsche Regierung Anfang dieses Jahres zur Wiederbeteiligung an den Arbeiten der Konferenz bereit gefunden hatte.
Die deutsche Regierung sieht sich daher ge zwungen, die Abrüstungstonferenz zu ver Iassen.
Genehmigen Sie, Herr Präsident, die Versicherung meiner ausgezeichneten Hochachtung. gez.: Freiherr v. Neurath .
Das soll eine Wahl sein!
Es gibt nur eine Partei, die antreten darf
Die Volks abstimmung über die in der Proklamation der Reichsregierung dem Volke gestellten Fragen und die Neuwahl des Deutschen Reichstages werden in einem Wahlgange am 12. November stattfinden. Es werden zwei Stimmzettel hergestellt, von denen der eine den wohl allein vorhandenen Wahlvorschlag der NSDAP . enthält, und der andere die Worte„ Ja“ oder„ Nein". Beide Stimm zettel kommen in einen Wahlumschlag. Aus der Zahl der Stimmen, die die NSDAP . erhält, ferner aus der Zahl der Ja- Stimmen bei der Volksabstimmung dürfte sich sehr deutlich ergeben, daß heute das ganze deutsche Volt, soweit es polttisch ernst zu nehmen ist, hinter der NSDAP . steht. Der Wahlkampf wird sich auf eine Fülle von Aufflärungsversammlungen der NSDAP . be= schränken, denn andere Listen dürften kaum eingereicht werden, da sie 60 000 Unterschriften tragen müßten und in Deutschland sich heute keine 60 000 Menschen mehr finden, die bereit sind, eine Splitterpartei mit ihrem
Das ist eine amtliche Meldung. Mit brutaler Offenheit gibt sie zu, daß diese Wahl nichts anderes werden soll als eine Farce. Es gibt nur eine nationalsozialistische Liste. Niemand sonst darf werbend auftreten und für seine Ueberzeugung Stimmen erbitten. Nach dem jüngsten Blutgeset steht der Versuch zur Gründung einer neuen Partei unter Zuchthausstrafe. Ein Andersgesinnter kann also praktisch überhaupt nicht wählen. Die„ Aufklärungsversammlungen" werden nichts anderes sein als eine durch Terrordrohungen gewürzte Aufputschung der von Hitler , Göbbels und Göring erweckten Instinkte. Das wird dann der Welt als„ Volksmeinung" präsentiert!
sprache zu übermitteln, damit der Ausschuß in eine Be Schwerindustrie begeistert
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Dokumente des 14. Oktober
Der Aufruf
Berlin , 14. Oktober. Die deutsche Reichsregierung und das deutsche Volk sind fich einig in dem Streben, eine Politik des Friedens, der Vers söhnung und der Verständigung zu betreiben als Grundlage aller Entschlüsse und jeden Handelns.
Die deutsche Reichsregierung und das deutsche Volt lehnen daher die Gewalt als ein untangliches Mittel zur Behebung bestehender Differenzen innerhalb der europäischen Staatengemeinschaft ab.
Die deutsche Reichsregierung und das deutsche Volk ers neuern das Bekenntnis, jeder tatsächlichen Abrüftung der Welt freudig zuzustimmen mit der Versicherung der Bereits willigkeit, auch das letzte deutsche Maschinengewehr zu zer stören und den letzten Mann aus dem Heere zu entlassen, insofern sich die anderen Völker zu Gleichem entschließen.
Die deutsche Reichsregierung und das deutsche Volk ver binden sich in dem aufrichtigen Wunsch, mit den anderen Nationen einschließlich aller unserer früheren Gegner im Sinne der Ueberwindung der Kriegspsychose und zur endlichen Wiederherstellung eines aufrichtigen Verhältnisses untereinander alle vorliegenden Fragen leidenschaftslos anf dem Wege von Verhandlungen prüfen und lösen zu wollen. Die deutsche Reichsregierung und das deutsche Volk er
diese berechtigten Forderungen der deutschen Nation auf dem Wege von Verhandlungen und durch Verträge sicherzustellen. Die Reichsregierung richtet an das deutsche Volk die Frage:
Billigt das deutsche Volk die ihm vorgelegte Politik seiner Reichsregierung und ist es bereit, diese als den Ausdruck seines eigenen Willens zu erklären und sich feierlich zu ihr zu bekennen?
2. Die Auflösungs- Verordnung
Um dem deutschen Bolt Gelegenheit zu bieten, selbst zu den gegenwärtigen Schicksalsfragen der Nation Stellung zu nehmen und seiner Verbundenheit mit der Reichsregierung Ausdruck zu geben, löse ich auf Grund des Artikels 25 der Ausdruck zu geben, löse ich auf Grund des Artikels 25 der Reichsverfassung den Reichstag auf. Berlin , den 14. Oktober 1988.
Der Reichspräsident: gez. v. Hindenburg . Der Reichskanzler: A gez. Adolf Hitler ,
Der Reichsminister des Innern: gez. Dr. Frid.
klären sich daher auch jederzeit bereit, durch den Abschluß tons Auch die Länderparlamente aufgelöst tinentaler Nichtangriffspatte auf längste Sicht den Frieden Europas sicherzustellen, seiner wirtschaftlichen Wohlfahrt zu dienen und am allgemeinen kulturellen Neuaufbau teilzus nehmen.
Die deutsche Reichsregierung und das deutsche Volk sind erfüllt von der gleichen Ehrauffaffung, daß die Zubilligung der Gleichberechtigung Deutschlands die unumgängliche moralische und fachliche Voraussetzung für jede Teilnahme unferes Volkes und seiner Regierung an internationalen Einrichtungen und Verträgen ist.
Die deutsche Reichsregierung und das deutsche Bolt sind daher eins in dem Beschluß, die Abrüstungskonfe renz zu verlassen und aus dem Völkerbunde auszuscheiden, bis diese wirkliche Gleich= berechtigung unserem Volke nicht mehr vor enthalten wird.
Genau wie bei Cuno
Der Präsident des Reichsstandes der Deutschen Industrie, Dr. Krupp v. Bohlen und Halbach, hat folgende Telegramme an den Reichspräsidenten und den Reichskanzler gerichtet: An Reichspräsident v. Hindenburg , Berlin :
" In der schicksalsschweren Stunde, in der die Reichsregie rung die dem deutschen Volk durch das Gebot der Selbst= achtung vorgeschriebenen Entschlüsse zur Wahrung feis ner Gleichberechtigung gefaßt hat, ist es mir tiefempfundenes Bedürfnis, Sie, Herr Reichspräsident, im Namen des Reichsstandes der Deutschen Industrie des Dantes und des Gelöbnisses unverbrüchlicher Trene der gesamten deutschen Industrie zu versichern."
Reichskanzler Adolf Hitler , Berlin :
" In Dankbarkeit, Verehrung und Treue bekenne ich mich rückhaltlos im Namen der im Reichsstande geeinten deutschen nIdustrie zu den Entschlüssen der von Ihnen, Herr Reichss fanzler, geführten Reichsregierung. In der Einheitsfront aller schaffenden Stände steht die deutsche Industrie bedins gungslos hinter dem Führe des deutschen Voltes. Niemand in der Welt kann bestreiten, daß nur die Anerkennung ber Gleichberechtigung sich gegenseitig achtender Bölker jenes Vertrauen schaffen kann, dessen alle Völker zur Ueberwins dung der materiellen Not so dringend bedürfen. Sie weisen den Weg des Friedens und der Ehre. Auf dem vorges zeichten Wege folgt Ihnen in unbeugsamer Entschlossenheit inmitten der einigen Nation die deutsche Industrie."
Der Reichsminister des Innern hat folgendes Telegramm an die Reichsstatthalter herausgeben lassen:
Mit Auflösung des Reichstages sind nach§ 11 des 1. Gleich: schaltungsgesetzes auch die Volksvertretungen der Länder aufgelöst. Ersuche im Auftrage des Reichskanzlers von Anordnung einer Neuwahl gemäߧ 1 Ziffer 2 des Reichsstatt haltergesetzes einstweilen abzusehen.
Neuwahl am 12. November
Auf Grund des§ 6 des Reichswahlgefeges vom 6. Marz 1924 wird verordnet: Die Hauptwahlen zum Reichstag finden am 12. November 1983 statt. Berlin , den 14. Oftober 1988.
dis.I
Die deutsche Reichsregierung und das deutsche Volk sind entschlossen, lieber jede Not, jede Verfolgung und jegliche Drangsal auf sich zu nehmen, als künftighin Verträge au unterzeichnen, die für jeden Ehrenmann und für jedes ehrliebende Bolt unannehmbar sein müssen, in ihren Folgen aber nur zu einer Verewigung der Not und des Elends des Versailler Vertragszustandes und damit zum Zusammen= bruch der zivilisierten Staatengemeinschaft führen würden. Die deutsche Reichsregierung und das deutsche Volt haben nicht den Willen, an irgendeinem Rüstungs ,, Sieht sich daher gezwungen... wettlauf anderer Nationen teilzunehmen; fie fordern nur jenes Maß an Sicherheit, das der Nation die Ruhe und Freiheit der friedlichen Arbeit garantiert. Die deutsche Reichsregierung und das deutsche Volk find gewillt,
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Reichsminister des Auswärtigen Freiherr v. Neurath hat namens der Reichsregierung an den Präsidenten der Abrüstungskonferens, Henderson, folgendes Telegramm gerichtet:
Im Saargebiet hat der Austritt Deutschlands aus dem Völkerbund eine gänzlich veränderte Lage geschaffen. Treuhänder des Saargebiets ist eine Völkerbundsregierung, die nunmehr mit neuen Weisungen der hinter ihr stehenden Mächte rechnen muß. Seit 1919 war die Nückkehr der Saar zum Reich noch nie so ge
Welt herausgefordert hat.
Alle diejenigen, die sich bereits mit GleichschaltungsAktionen auf den Eingang ins„ dritte Reich" vorbereitet hatten, sind auf einmal sehr ängstlich und sehr unsicher geworden. Das zeigt ein Blick in die saarländische Presse. Ein paar Zitate:
Saarbrücker Abendblatt"( nationalsozialistisch): " Was aus dem Saargebiet wird, wissen wir nicht. Wir müssen abwarten, wie fich die Dinge jegt entwideln werden."
Die„ Saarbrüder Zeitung"( gleichgeschaltet): ,, Es hat sich nichts geändert"! Wenn man es für nötig hält, das erst festzustellen, dann hat sich meist sehr Bieles und sehr Wesentliches geändert. ,, Saarbrüder Landeszeitung"( bis vor brei Tagen Zentrum):
Solange Deutschland Mitglied des Bölferbundes und vor allem des Völkerbundsrates ist, wissen wir unsere Rechte und Sorgen als Saarländer in Genf in guten Händen. Sollte Deutschland tatsächlich sein Vorhaben vers wirklichen, dann entsteht natürlich für bas Saargebiet eine neue Lage-