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Freihei
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Nummer 121-1. Jahrgang
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Einzige unabhängige Tageszeitung Deutschlands
Saarbrücken, Freitag, den 10. November 1933 Chefredakteur: M. Braun
Aus dem Inhalt
Drohen Sanktionen?
Seite 2
Was Göbbels verschwieg Seite 3
Korruption
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Seite 5
Inseratenteil beachten!
Lamettengeneräle und Volksnot
Ein Arbeiter schreibt uns aus Deutschland : Auch wenn unter schärfstem Druck und härtesten Drohungen am kommenden Sonntag Millionen und Abermillionen mit Ja und„ für" die NSDAP. - Einheitsliste stimmen sollten, glauben doch die Hitler , Göbbels , Göring selbst nicht daran, die deutschen sozialistischen Arbeiter für sich gewinnen zu können. Das können diese Gewaltmenschen um so weniger glauben, als sie doch wissen, daß die Dinge in Deutschland sich haben. Außer auf den illegalen Kampf der Sozialisten stoßen sie auf den stummen, dumpfen Widerstand der von der heutigen Regierung zu ich wer belasteten Schichten.
Die Handwerker, Mittelständler, die Händler merken doch genau wie die Arbeitslosen, wie start es in der Wirtschaft Deutschlands zurückgeht.
Gewiß
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diese Kreise sind noch nicht einzubauen in die systematische Illegalität. Aber schon kann man geldliche Unterstüßung von einzelnen erlangen. Schon find sie nicht mehr so ängstlich, jedes illegale Blatt von sich zu weisen. Das Verlangen nach Aufklärung über die Politik der Stegierung wächst. Die Leute glauben nicht mehr voll an die regierungsseitigen Wahr heiten". Der Zweifel beginnt sich zu regen. Die Händler, die kleinen Leute lernen das Schimpfen wieder. Und das ist schon viel wert. Wie wenig die„ Begeisterung" noch da ist, ver: riet die Berliner„ Volkszeitung" in einem Alagelied über die Winterhilfe.
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Dort bettelte man, wie man nur im„ dritten Reiche" betteln kann. Aber trotzdem: Wenn auch viel gegeben wurde es fehlt noch sehr viel. Alte Kleider wurden gesammelt, aber es famen meist zerrissene; sie müssen erst geflickt werden. Schlimmer ist es bei den Schuhen. Da fehlt es an Leder und an Schustern, die alles gratis herrichten! Was müssen die„ Wohltäter" da für alte Klamotten geopfert" haben, die nun für die Armen gut genug sein sollen! Und an Armen gibt es in Berlin nach der„ Volkszeitung" viel: Wohlfahrts- Unterstüßungsempfänger,
842 000
51 000
Hitler vor einer befohlenen Massenkundgebung
Röhm und der Exkronprinz fühlen sich
Empfänger von Arbeitslosen- Unterstützung. Dazu noch Krisenunterstützte und Kurzarbeiter! " Ueber eine Million" so stöhnt selbst dieses Naziorgan! Und dabei schwindelt man den Menschen vor, wie sie abwärts gehe- die Zahl der Arbeitslosen!" Solche Dinge machen selbst den blindesten mißtrauisch. Wie heißt es doch in der Fortsetzung des„ Gebetes"" Lieber Gott, mach mich stumm, daß ich nicht nach Dachau fumm?":" Lieber Gott , mach mich blind, daß ich alles richtig find; mach mich ta u b, daß ich jeden Schwindel glaub."
Und die sozialistische Arbeiterschaft? Nach dem ersten Schreck über den Zusammenbruch begann sofort der Wiederaufbau. Fühlung wurde genommen mit denen, die ein= mal zuverlässig waren.
Manche Enttäuschung wurde erlebt, mancher dredige Kerl entdeckt. Aber nach und nach fand man die ersten Anschlüsse. G8 tauchten die ersten illegalen Schriften auf. Die Zagenden erhielten wieder Mut. Sie merkten, daß eben der Marrismus nicht tot ist. Die Organisationen wurden nach den Erfordernissen umgebaut. Vertrauen zog wieder ein. Die Sucht nach Lesestoff wurde fast unstillbar. Denn eines hat der deutsche Faschismus nicht erreicht: Die Gewinnung der Arbeiter für die Nazizeitungen. Auch nicht durch Tarnung. Wenn frühere demokratische Zeitungen auch im Anfang einen Teil der Arbeiterleser auffingen- die fürchterliche Gleichschaltung dieser Organe zerstörte bald alle Hoffnungen, daß dem Arbeiter irgend etwas geblieben wäre
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Alles war vernichtet: Nur nicht das Bewußtsein, daß die Arbeiter sich wieder zusammen finden müssen. Es geht langsam. Oft wurde durch die Göring - Polizei alles zerstört. Aber immer traten neue an die Stelle der Verhafteten. Dafamdas Göringsche Mord gefeß. Mit 3 wth t- haus, ja mit dem Tode wird bestraft, wer verbotene Zeitungen verbreitet oder wer solche besitzt. Das ist fürchterlich. Einige springen ab- andere werden vorsichtiger
die an= gefangene illegale Arbeit geht weiter. Sie muß weitergehen, weil ja durch die wirtschaftlichen Maßnahmen oder eigentlich Nicht- Maßnahmen sich der Unwille, das Mißtrauen gegen die Regierung nicht verringert. Man glaubt den Lügnern nicht mehr. Das beste Beispiel ist der Reichstagsbrandprozeß. Dort kann verhandelt werden, was viele Menschen glauben dem Gericht nicht der einzige, der überall bewundert wird ist Dimitroff. Und Göring hat durch seine Frechheit als„ Beuge" lediglich zur Steigerung der Popularität Dimitroffs beigetragen. Zum ersten Male hat diesem Bluthund ein Mann Widerstand gezeigt. Das bereitet den Arbeitern Freude! Auch den„ braunen", die für ihren Führer" Göring den schönen Namen Lamettengeneral gefunden haben.
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Nun hat die Regierung eine Wahl" angesetzt. Man fragt fich, was dieses Theater sol!! Und dieses Fragen
führt zu immer größerer Nachfrage nach aufklärender Literatur. Diese kann aber im heutigen Deutschland nur illegal sein.
Und so wird gerade durch diese„ Wahl" die illegale Arbeit angeregt. Flugblätter werden von Hand zu Hand gegeben, durch die Post befördert oder sonstwie an die Masse gebracht. Das erfordert aber Geld. Dabei erweist sich die alte Opferbereitschaft doch wieder als lebendig. Es wird gern bezahlt, wenn nur die Arbeit aufrechterhalten werden kann. Selbstverständlich gibt es immer wieder Opfer. Aber ebenso selbstverständlich sind die Rücken schnell wieder gefüllt. Das ist für die noch sozialistischen Elemente eine Beruhigung und für die Nazis eine uneinnehmbare unsichtbare Abwehr.
Die Nazis melden immer wieder von der Verhaftung und Aushebung„ kommunistischer Nester" oder gar„ Zentralen". Den Bluff glaubt ihnen niemand mehr, der nicht ganz blöde ift.
Denn entweder gibt es solche sozialistischen Zellen in so großer Zahl dann wäre es eine Blamage für die Hitler u. Co., die seit Monaten den Marxismus vernichtet haben. Die Regierung würde selbst beweisen, daß sie den Marrismus nicht zerstört hat. Oder es gibt diese Zellen nicht und man will nur den Bolsche wistenschreck fünstlich großziehen. Auf jeden Fall aber wird durch die Meldungen in der Arbeiterschaft die Gewißheit geweckt, daß es doch auch unter Hitler möglich ist, ein anständiger Kämpfer zu bleiben, d. h. sich mit seinen Gesinnungsgenossen zu verbinden zum Kampfe gegen Hitler. Und diese wiedererwachende Erkennt nis stärkt finanziell und agitatorisch die Arbeit der illegal schaffenden deutschen Arbeiter.
Besonders erfreulich sind jene Fälle, in denen auch Gelder tommen von Lenten, die früher feiner der Arbeiterparteien angehörten. Aber die Brutalität der Hitlerianer erweckt bei vielen die Verpflichtung, fich als anständige Menschen zu betätigen. Das kann man in Deutschland heute eben nur in der Illegalität.
All diese Anzeichen sind noch nicht Beweis für eine entscheidende Macht. Aber es sind die Beweise für die Willensrichtung der deutschen Arbeiter, die wohl durch die Niederlage geschlagen- aber nicht erschlagen sind. Es ist eben nicht wahr, daß der Marrismus tot ist. Er lebt nur in anderen Organisationsformen.
Es sammelt sich in Deutschland eine für die kommende Zeit ficher ernste Kraft: Der Wille zur Vergeltung nicht nur physischer Art, sondern vor allem wirtschaftlicher Art.
Ohne eine kommende Sozialisierung des Großgrundbesitzes und der Großindustrie, ohne die Entprivatisierung der Banten, ohne rücksichtslose Beseitigung der jetzt herrschenden
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Mächte kann es für den deutschen Arbeiter, der heute noch in der aktiven Linie steht, eine kommende sozialistische Staatsmacht nicht geben.
Es ist auch ganz sinnlos auf den alten Parteiformen aufs bauen zu wollen. Die das tun, werden es ohne die aktiven Arbeiter tun müssen. Weder die alte KPD. noch die alte SPD. kann die deutschen Arbeiter sammeln. Wohl aber eine aus der heutigen Kampfzeit sich ergebende allgemeine deutsche sozialistische Bewegung.
Wir Arbeiterin Deutschland wissen, daß die Hitler Regierung die ganze Welt belügt. Menschen der ganzen Welt, vor allem aber Arbeiter der ganzen Welt: es ist nicht wahr. daß der Marrismus in Deutschland tot ist. Es ist nicht wahr, daß die Wirts schaft sich gehoben hat. Es ist nicht wahr, daß die Nation den Faschismus will. Es ist nicht wahr, daß es friedliche Faschisten gibt. Es ist nicht wahr, daß das Revanchegeschrei gegen Frankreich und andere Länder aufgehört hat, lebt, es ist wahr, daß die sozialistischen Arbeiter in DeutschAber es ist wahr, daß der Marxismus nach wie vor land trop der organisatorischen Niederlage- den Sozialismus nach wie vor bejahen. Wir deutschen Arbeiter denken gar nicht daran wir zitieren die Herren persönlich 7 dem„ Salunken" Hitler und dem " Gauner" Göring uns zu unterwerfen. Wir glauben an den Sozialismus und wir kennen die Morsch= heit der Nazibewegung. Wir arbeiten unter irdisch. Wir greifen an wieder und wieder und wieder!
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„ Feigling und Verräter"
Aus einer amtlichen Bekanntmachung
Als Führer der Gemeinde Erfweiler muß ich von jedem Wähler verlangen, daß er am 12. November 1933 seine Pflicht erfüllt und durch die Abstimmung mit" Ja" sich zu seinem Führer bekennt. Wer nicht wählt, muß als Feigling und Verräter am deutschen Volke betrachtet werden. Der Führer der Gemeinde Erfweiler: Anstett, 1. Bürgermeister. Aus der„ Pirmasenser Zeitung".
Aechtung!