Die Polizei kapitulicrtnettex

Auch die Hochverratsanklage bricht zusammen

Görings Meineide D. F.

Gegen wen wird eigentlich in diesem Prozeß ver­handelt? Angeklagt find Torgler , Dimitroff , Taneff und Popoff wegen Brandstiftung. In monatelanger Verhandlung ist auch nicht der Hauch eines Beweises für diese Anklage vorgebracht worden. Die Verhandlung hat sich daher weniger mit den Beschuldigten als mit dem in Paris erschienenen Braunbuch beschäftigt, an dem die Angeklagten unmöglich Schuld tragen können, denn sie sagen längst hinter Schloß und Riegel, als das erste Wort für dieses Buch niedergeschrieben wurde.

Die zweite Anklage gegen die vier Kommunisten lautet auf Hochverrat. Ein Kriminalrat hat unter seinem Eid nicht etwa eine Zeugenaussage vorgetragen, obwohl er als Zeuge geladen war, sondern ein Sachverständigen gutachten. Zwei Tage lang! Er machte nicht einmal den Versuch, einen der Angeklagten zu belasten. Drei weitere Kriminalbeamte aus verschiedenen Landesteilen er­statteten ebenfalls in Form von Zeugenaussagen polizei­liche Gutachten. Resolutionen, Spigelberichte, persönliche Urteile und ähnliches Material. Aber nichts, gar nichts, was einem der Angeklagten zur Last gelegt werden könnte. Gegen die vier Beschuldigten, die nun seit neun Monaten ihrer Freiheit beraubt sind, die in Retten lagen und vom preußischen Polizeiminister und seinem Kum­panen Göbbels vor aller Welt zu diffamieren versucht wurden, liegt nichts vor.

N

Der Kriminalrat Heller reihte sich in die Zahl der Zeugen ein, die den preußischen Polizei minister Göring der Lüge überführen. Der hat mit der Begründung der kommunistisch- sozialdemo­kratischen Einheitsfront die Sozialdemokratie unter drückt. Sein Kriminalrat Heller beteuert: von Einheits­front keine Spur! Im Gegenteil, die Sozialdemokraten haben durch ihr Verweigern der Einheitsfront den Auf­stand geradezu verhindert, sagt Heller.

Der Hitler, der Göring , der Göbbels und andere Wahr heitskünder haben der Welt erzählt, und der Göring hat es sogar bemeineidet, das Reichstagsfeuer sei das Fanal zum Aufstand gewesen. Der Kriminalrat Heller erklärt, die kommunistische Parteizentrale habe die Möglichkeit des siegreichen Aufstandes schon im November ver­neint. Der Reichstag sei von den Kommunisten ange­steckt worden, um eine tiefe Kluft zwischen Nazis auf der einen, den Sozialdemokraten und dem Reichsbanner, also der Eisernen Front, auf der anderen Seite aufzu reißen. Bekanntlich hatten bis dahin zwischen den Braunen und den Eisernen die herzlichsten Beziehungen bestanden.

An diesem Punkt ergab sich bei Heller, daß er keinen plausiblen Grund für die Brandstiftung durch die Kom munisten finden kann. An den Aufstand und das Fanal dazu glaubt er nicht. Go konstruiert er die allerdings nur für politische Idioten brauchbare Theorie, die Kommu nisten hätten den ganzen Staatsapparat und den wildesten Terror gegen sich provoziert, nur um die Sozialdemo kraten gegen die Nazi zu verhetzen.

Dimitroff erfaßt, wie immer, die Blöße des Gegners. Er fragt den Kriminalrat, der zwei Tage lang das Gericht mit seinen Spigelfantasien angeödet hat, ob er ein Dok us ment, ein einziges bescheidenes Dokument dafür vor­legen könne, daß die deutschen Behörden zwischen dem 20. und dem 28. Februar einen bewaffneten Aufstand der Kommunisten erwarteten.

Ein Dokument? Der Kriminalrat hat kein Dokument Er hat nichts, und so offenbart sich in der haltlosen Aussage dieses politischen Kriminal beamten nicht nur die Grundlosigkeit der Anklage, sondern auch deutlicher als je in diesem Prozeß, daß der preußische Polizeiminister und Ministerpräsident ein Mein eidiger und ein politischer Verbrecher ist. Nichts liegt gegen die Angeklagten vor, weder der Verdacht der Brandstiftung noch der des Hochverrats.

Auf die Anklagebank gehören Hitler und Göring und Göbbels und Papen und die ganze Gesellschaft, die wider besseres Wissen diesen Prozeß entfesselt hat, um die Auf

merksamkeit von den wahren Schuldigen abzulenken. Immerhin ist ihnen das mißlungen. Jeder Prozektag mehr beweist, daß hier ein grandioses Verbrechen der Aburteilung harrt. Es wird vor einem anderen Gerichts. hof als dem Leipziger gesprochen werden und das Urteil werden nicht die Henker des Göring vollstrecken.

Neuordnung des deutschen Nachrichtenwesens? Endloser Polizeivortrag

verletzt. Die verhafteten Täter hätten eingestanden, daß von den verantwortlichen kommunistischen Leitern der 26. Februar als ein Tag der Teilaktionen des bewaffneten Auf­standes bezeichnet wurde, die auch in anderen Stadtteilen geplant waren und teilweise zur Ausführung gekommen find. Das Verfahren gegen die Täter schwebt noch. sob m691Auf einen Einwurf Dimitroffs erklärt der Zeuge Will ne

hindert. Deshalb sei die KPD . nicht in der Lage gewefen, den revolutionären Abwehrkampf zu organisieren. Abg. Torgler in der Sizung des Preußischen Staatsrates vom 23. Februar 1933 hin. Torgler erzählte damals von Mitteilungen und Gerüchten über ein Attentat auf Adolf Hitler , die auch Pieck am gleichen Tage zur Sprache brachte. Torgler erwähnte, daß diese Gerüchte andeutungsweise zeigten, was für die nächsten Tage bis zum 5. März noch zu erwarten sei. Wenn Torgler , betonte der Zeuge, dies auch nur vorbeugend erwähnen wollte, so zeigten diese Einlassungen doch einen start verdächtigen Charakter und ließen auf andere Zusammenhänge schließen.

Kriminalrat Heller weist dann auf Ausführungen des

mit allem Nachdruck, daß er, obwohl er viele Demonstras tionszüge begleitet habe, niemals habe feststellen tönnen, daß Nationalsozialisten die Angreifer gewesen seien. Es folgt dann die Vernehmung des Kriminalfommissars Hohmann aus Königsberg , der u. a. berichtet, daß in Königsberg ein gewisser Jordan Leiter der Terrorgruppe war, der im Februar, als er von der Polizei gestellt wurde, erschossen worden ist. In seinem Besitz wurden genaue Vor­schriften über die Herstellung von Bomben und Giften gefunden. Zu Beginn des Februar habe sich eine wachsende Aktivität der Partei bemerkbar gemacht. Für den 4. März sei ein Attentat auf den Reichskanzler geplant gewesen, das aber nicht ausgeführt werden konnte, weil die Täter am 3. März festgenommen wurden.

Der Zeuge fährt dann fort: Bei einigermaßen geschickter Regie mußte es leicht sein, den Reichstagsbrand den Natio­nalsozialisten in die Schuhe zu schieben und so eine unüber: Polizeizeugen und kein Ende brüdbare Kluft zwischen diesen und den Anhängern der SPD. und den Mitgliedern der Gewerkschaften sowie des Reichsbanners aufzureißen. Nur so ist der Reichstagsbrand in seiner gewollten eigentlichen Bedeutung zu verstehen und zu bewerten. Er sollte weniger das Zeichen für die Aus­lösung von Aktionen sein, wie er teilweise in der Proving verstanden wurde, als vielmehr das Hauptmittel, die noch schwankenden Massen, die gegen die NSDAP . und das nationale Denken eingestellt waren, zu den Kommunisten hinüberzuziehen und für ihre Zwecke einzuspannen.

Von kommunistischer Seite, erklärt Kriminalrat seller weiter, wäre zweifellos damals losgeschlagen worden, wenn nur einigermaßen Aussicht auf Erfolg vorhanden gewesen wäre.

es habe sich nur um einen taktischen Rückzug gehandelt, um eine bessere Gelegenheit abzuwarten. Auch aus dem Lager der Opposition seien Stimmen darüber vorhanden. Der Zeuge zitiert eine im November d. J. bekannt gewordene illegale Broschüre, in der es heißt, daß die Voraussetzungen für einen siegreichen Aufstand von der Parteileitung ver­neint worden seien. Daraus folge aber beileibe nicht, daß der Kurs der Vorbereitung des bewaffneten Aufstandes ab­gelehnt werden sollte. Die proletarische Revolution in Deutschland sei unvermeidlich und die Kommunistische Par­ tei müsse alles tun, um die Mehrheit der Arbeiterschaft zu

erobern und die Revolution zu organisieren.

Torgler erklärt

Nach Beendigung der Aussage des Kriminairates Heller gibt der Angeklagte Torgler eine Erklärung ab, in der er sagt, daß die von dem Zeugen vorgetragenen Polizeiberichte 8. T. große Fehler enthielten. Völlig unzutreffend sei der Bericht über die geschlossene Sigung, in der ein Refe rat über die Zersetzung von Reichswehr , Polizei usw. gehal ten worden sein soll.

Dimitroff fragt

Nach einer längeren Einleitung, die vom Vorsitzenden wie­derholt unterbrochen wird, stellt der Angeklagte Dimi off die Frage, ob der Zeuge Kriminalrat ein Dokument besitze, aus dem hervorgehe, daß die deutschen Behörden zwischen dem 20. und 28. Februar 1933 einen bewaffneten fommunistischen Aufstand erwartet haben, und ob es richtig sei, daß sie für einen solchen Fall bewaffnete Kräfte in Bereitschaft gehabt habe.

Kriminalrat Heller erwidert, ein solches Dokument könne er nicht vorlegen, denn es sei Aufgabe der Schutzpoli zei, der Gefahr eines solchen Aufstandes zu begegnen. Die Schutzpolizei , betonte der Zeuge, ist in den ganzen Monaten Tag und Nacht in Bereitschaft gewesen, um die Communistischen Terrorakte, Demonstrationen usw. abzu­wehren. Es ist kein Geheimnis, daß wegen der Aufstands­gefahr damals das Land in besondere Polizeigruppen ein­geteilt worden ist.

Nach der Mittagspause wird Kriminalsekretär Ma II ach vernommen, der die polizeiliche Ueberwachung der kommu­ nistischen Bewegung in der Provinz Grenzmark Posen- West­ preußen geleitet hat. Er erklärt, er sei durch seine Beobach tung zu der Auffassung gekommen, daß auch in seinem Be­zirk Vorbereitungen zum bewaffneten Aufstand im Gange gewesen seien und daß es nur deshalb nicht zum Losschla= gen gekommen sei, weil inzwischen die Reichsregierung mit energischen Maßnahmen vorgegangen sei.

Kriminalsekretär Staeglich aus Altona , der beson­ders die Frage der Terrorgruppen bearbeitet hat, gibt eine Schilderung des Altonaer Blutsonntags. an dem ein Propa­gandazug der Nationalsozialisten von den Kommunisten planmäßig überfallen wurde, wobei 18 Tote und 60 Ver­letzte zu verzeichnen waren. Für den 5. März 1933, fährt der Zeuge fort, war die Parole ausgegeben worden, schon in den frühen Morgenstunden SA.- Lokale unter Feuer zut nehmen. Wörtlich wurde gesagt, es müßte schon morgens gleich Tote geben. Infolge der polizeilichen Vorsichtsmaß­regeln ist es aber zu Ausschreitungen nicht gekommen. Am 6. März wurde ein Fackelzug der SA. beschossen, wobei drei Personen getötet und 18 schwer verletzt wurden. Der Zeuge bezeichnet Altona als den Brennpunkt des kommunistischen Terrors. Gerade um den 26. Februar herum, erklärt der Zeuge weiter, wurde in geheimen Besprechungen festgestellt, daß es nunmehr Zeit würde. Im gegebenen Augenblick sei der Verkehr stillzulegen, die Tankstellen anzuzünden, die Polizeiwachen zu stürmen und die öffentlichen Gebäude zu befeßen. Man warte nur noch auf den Befehl zum Bürger­frieg. Der Zeuge fügt hinzu, daß sich seine Bekundungen in der Hauptsache auf eigene Geständnisse der Täter und auf Feststellungen der Polizei stüßen.

Endlich etwas Neues

Auch der Kriminalfommissar Schäfer( Frankfurt a. M.) und Kriminalrat Brosig( Düsseldorf ) befunden, daß Ende 1932 und Anfang 1933 in den fommunistischen Versammlun gen lebhaft Propaganda für die proletarische Revolution gemacht worden sei. In einem beschlag­nahmten Schreiben wurde die Wichtigkeit einer intensiven Agitation unter den Eisenbahnern betont. Es heißt darin: Die Hand an der Gurgel des Staates hat nur der, der die Eisenbahner in der Hand hat. Tatsächlich wurde bald darauf eine Eisenbahnerfonferenz nach Düsseldorf einberufen, die aber von der Polizei ausgehoben wurde. Bei einer ausgehobenen Geheimdruckerei fand man ein Rundschreiben, in dem ausgeführt wurde, es sei notwendig, die wehrhaften und zum Kampfe entschlossenen Proletarier in neuer Form zu Hundertschaften zu organisieren. Die weitere Zeugenvernehmung wurde auf Mittwoch ver­tagt.

Mehrere andere Fragen Dimitroffs wurden vom Gericht Hochfeach'ete Mörder

nach kurzer Beratung als nicht zur Sache gehörig abge: lehnt. Zu einem Antrage Dimitroffs, Thälmann als Zeu­gen zu vernehmen, erklärt der Oberreichsanwalt, Thäl mann sei ein vollkommen ungeeigneter Zeuge, da gegen ihn eine Voruntersuchung wegen Hochverrats schwebe. Die von Dimitroff geforderte Vernehmung des Polizeiführers Weft sei vollkommen überflüssig.

Und noch Polizeizeugen

Das Gericht tritt dann in die Vernehmung der Beamten verschiedener Polizeistellen ein. Als erster Zeuge wird Kri= minalkommissar will aus Hamburg vernommen. Tieser Zeuge schildert seine Wahrnehmungen über die Tä­tigkeit der KPD. im Hamburger Bezirk zu Beginn des Jah­res. Seine Befundungen bestätigen im einzelnen, was vom

Kriminalrat Heller bereits allgemein ausgeführt worden

mar.

Auf Fragen des Oberreichsanwaltes bestätigt der Zeuge Mitteilungen über einen kommunistischen Bomben­anschlag, der am 26. Februar in Hamburg auf einen natio­nalsozialistischen Demonstrationszug geplant war. An die­fem Tage hätten auch fommunistische Terrorgruppen ein nationalsozialistisches Verkehrslokal in Hamburg überfallen und einen Hitlerjungen tödlich und einen anderen schwer

auf Mittwoch ver­

Wie die Wiener Arbeiter- Zeitung " meldet, befinden sich die beiden Mörder des Professor Lessing in München . Sie sollen unter falschem Namen bei einem SA.- Sturm Dienst geleistet haben. Der Presse wurde jede Mitteilung über die Flucht der Meuchelmörder nach Bayern verboten. Man be= gegnet ihnen in München mit großer Achtung; besonders während der Putschfeiern vom 9. November wurden sie als Paradepersonen von Versammlung zu Versammlung ge= schleift.

Da sich ihr Inkognito in München langsam lüftet, soll ge­plant sein, sie demnächst an einen anderen Dienstort" abzu­fommandieren. Man spricht davon, daß sie als Wachmann­schaft im Dachauer Konzentrationslager verwandt werden sollen.

100 000 Mark Winterhilfe unterschlagen!

Das durch die brutale Unterdrückung aller andersgesinnten Elemente geschaffene sogenannte Ansehen der nationalsozia listischen Bewegung in Mannheim hat in den letzten Tagen einen empfindlichen Schlag erlitten. Der Führer der Stan­darte 171( Mannheim ), ein gewisser Hans Feit, einer von der alten Garde" der SA., wurde wegen Unterschlagung von etwa 100 000 Mark Winterhilfsgeldern verhaftet.

Zeuge Kriminalrat Seller führt zum Beweis ber kom- Redefreiheit vor dem Reichsgericht

munistischen Verherrlichung des Blutterrors eine Gedicht­sammlung an, die im Jahre 1925 von Johannes Becker unter dem Titel Der Leichnam auf dem Thron herausgegeben worden ist. In dieser Sammlung befindet sich eine Travestie des christlichen Vater unser". Darin heißt es u. a.: Vergeben wir unsere Schuld in dem Augenblick, da wir das Messer durch die Rippen unseres Unterdrückers jagen.

Weiter sagt Kriminalrat Heller: Nach dem vorgetragenen Beweismaterial ist klar, daß es der KPD. durchaus ernst war mit dem Bestreben, unter dem Vorwand wirtschaftlicher Streifs in den Betrieben zum Massenstreit, zum politischen Generalstreif und schließlich zum bewaffneten Aufstand zu fommen. Die Parteimitgliedschaft war bis in die kleinste Belle und Einheit informiert, so daß die Auslösung jeden Augenblick erfolgen konnte, zumal Waffen und Sprengkör­per in Hülle und Fülle zur Verfügung standen. Wenn es der KPD. doch nicht gelungen ist, ihr Vorhaben auszufüh­ren, so dürften dafür zwei Umstände maßgebend gewesen fein:

1. das Nichtzustandekommen der Einheitsfront mit der fozialdemokratischen und parteilosen Arbeiterschaft,

2. das Einsetzen der staatlichen und polizeilichen Maßnah­

men.

Da die Einheitsfront nicht zustande kam, Elieb auch das zentrale Zeichen von Berlin aus, auf das man in der Provinz gewartet hatte.

Treffend wird das bestätigt durch eine Resolution, die das Effipräsidium am 1. 4. 1988 gefaßt hat. Darin wird aus­geführt, die Sozialdemokratie habe durch ihren Widerstand

bas Buttandelommen der Einheitsfront aller Arbeiter vers Der Angeklagte Dimitroff hat das Worth"

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