.
Pariser Straßenkalender
Die Pariser Untergrundbahn hat die Absicht, die Preise etwas zu erhöhen. Das Billet zweiter Klasse soll um einen Sou von 70 auf 75 Cis. erhöht werden, das Billet erster um zwei Sous von 1,15 Fr. auf 1,25 Fr. Das verbilligte Hin- und Rückfahrtsbillet, das morgens bis 9 Uhr verkauft wird, soll von 0.85 Fr. auf 0,95 Fr. erhöht werden. Der Einheitstarif soll auch nach Ausdehnung des Verkehrs auf Vincennes , Issy und Boulogne beibehalten werden.
*
Die Generalprobe von Shakespeares Coriolan" ist wegen Erkrankung von Mme. Jeanne Delvair und Uebernahme der Rolle durch Mme. Colonna Romano auf Freitag in die Matinée verschoben worden.
tragen kann. ,, Ich will in Zukunft keine Spezialerlaubnis mehr geben," sagte der Präfekt der Polizei.
,, Die Champs Elysées ," fuhr der moderne Korse fort ,,, sind nicht nur der Schmuck unserer Stadt, sie haben, wie ich wiederholt bei meinen Besuchen in anderen Hauptstädten festgestellt habe, die wunderbarste Perspektive der Welt. Und diese prunk volle Avenue ist zugleich der schöne Garten voll von Kinderlachen. an der geheiligten Schwelle, die so viel Tränen benetzen. Wir haben die Pflicht zu wachen über die Reinheit der Kleinen und den Schmerz der wunden Herzen zu ehren. Diese Betrachtungen allein würden genügen, uns unbeugsam zu machen. Wir wachen! Wir hegen der Pariser Kleinod, wir bewahren den Strahl der Champs Elysées ."
Die Debatte endete mit einem moralischen Siege der Verteidiger der Champs Elysées .
Anschließend sprach der Präfekt auch über die Maueranschläge und die Reklame. Diese wird grundsätzlich nur an Bauzäunen gestattet werden. Die Schilder müssen besonders genehmigt werden und unterliegen ästhetischen Vorschriften im Hinblick auf das Straßenbild. Bänder werden nicht gestattet werden. Die Fenster müssen frei bleiben. Lichtreklame wird nur zugelassen, sofern die Buchstaben und Bilder im Tageslicht unsichtbar bleiben und die Gerüste die Aesthetik nicht gefährtet. Ausnahmsweise sind sechs Lichtreklamen besonderer Art in den Champs Elysées und zwei in der rue Royale genehmigt worden, aber die Versuche fielen nicht sehr glücklich aus. Farbige Lichtreklame ist ganz aus den Champs Elysées verbannt.
Die Nachtbeleuchtungen
Die wunderbaren Nachtbeleuchtungen, die die Stadt Paris eingeführt hat: die Strahlennacht um den place de la Concorde und den Obelisken, um den Rond Point et den Triumphbogen hat eine prachtvolle neue Perspektive geschaffen. Weiße Schilder und Lichter erhöhen die Wirkung
Die Heilsarmee verteilt 400 Portionen warme Suppen rue de Chabrol . Dreimal wöchentlich fahren Autos mit soupe 3 neue Gaunertricks in der Weltstadt dieser Beleuchtung, aber nicht farbige. Der Eindruck von de minuit" durch die Straßen. In der rue Cantragel wurde ein neues Heim mit 500 Betten eröffnet.
*
Auf einem Bauplatz quai de Seine auf der Insel Saint- Denis wurde neben einem Wärmofen der 31jährige Nachtwächter Alexandre Bonisetto erfroren aufgefunden.
An der Sorbonne sprach der frühere Minister Kienboeck über die österreichischen Finanzen. Den Vorsitz führte an Stelle des Präsidenten des Senatsausschusses für das Auswärtige Henry Bérenger , der sich zu den Verhandlungen über die deutschen Flüchtlinge nach Genf begeben hat, der Vizegouverneur der Bank von Frankreich M. Kist.
rue 1, Enseignement 15-7
Dr. jur. K. Goldman
früh. deutsch. Rechtsanw Forderungseinziehung n Deutschland, Handelsver tretung. Daselbst franz Sprachkurse.
Monatlich 20.- Franker
BRUSSEL
33, rue du Damier, hinter Kauthaus' Innovation
Mittag Diner, Abend Souper 7 Suppe, Fleischgang mit Beilage, Dessert Fr.. einschließlich Getränk. Bedienung, Brot nach Belieben. Schmackhalte. nahrhafte Küche! Aufmerksame. höfliche Bedienung!
-
Die Terrassen Eine Rede des Seinepräfekten auf der ,, diamantengestickten Kunststraße", in den Champs Elysées
Im Pariser Stadtrat ist eine große Debatte über die Aesthetik der Champs Elysées gewesen, diese ,, diamantengestickte Kunststraße", die als die weiteste und schönste Avenue für vornehme Leute gegründet wurde, und die heute, von der Krise angefressen; der Standort für Cafés mit Stahlmöbeln. Cocktail- Terrassen und ein Prisunie ist.
Der Präfekt der Seine M. Edouard Renard hat in einer begeisterten Rede vom einstigen Korso dieser Straße, von den Spaziergängern und silbergeschirrten Pferden und Wagen um 1900. Die Städte, sagte er, führen ihr Leben nach geheimnisvollen Gesetzen. Warum gehen im Garten des Pa lais Royal, das im 17. Jahrhundert der Mittelpunkt der eleganten Welt war, nur noch so wenige Leute ab und ab, daß man ihre Schritte hört?
Im Jahre 1913 wurde im Stadtrat beschlossen, daß in den Champs Elysées kein Laden, keine Terrasse geduldet werden sollte. Hier in dieser Welt von Reichtum und Schönheit sollte ein Damm gegen den Handel aufgerichtet werden. Alles sollte Luxus strahlen.
Und jetzt sind auch Gäste- Terrassen mit Tischen und Zeltdächern in dieser schönsten Straße von Paris , ein Zeichen der Zeit, ein Zeichen der Krise, und weitere Konzessionen werden erteilt werden, denn sonst bedeutet es ein Privileg für die schon bestehenden. Die einstige Luxusgegend bekommt immer mehr den Ausdruck der großen Geschäftsboulevards
Polizeipräsident Chiappe abermals über die Moral
Polizeipräsident Chiappe, der neulich seine große Rede über die Pariser Sittlichkeit gehalten hatte, sprach darauf über die Moral in den Champs Elysées . Er teilte mit, welche Anstrengungen die Polizei gehabt hat, um gewisse zweifelhafte Jungens sowie die zu aufdringlichen Töchter der Nacht und die Bettler aus den Champs Elysées zu vertreiben. Der Leiter der Polizei erklärte, die boites de nuit , die Nachtlokale dürften nicht die Champs Elysées in ein Vergnügungsviertel wie Montmartre oder Montparnasse verwandeln. Dort gäbe es wenigstens außerdem noch Künstler, Champs Elysées würde dieser Einschlag fehlen. Stilaufklatschungen sind unmöglich, meinte M. Chiappe, so wie die Venus von Milo keinen Hut aus dem zweiten Kaiserreich
aber in den
An- und Verkauf
zentraleuropäischer und südamerikanıscher Devisen Effekten und
REICHSMARK
durch das Bankhaus
Georges Peries& P. Michel
34 RUE LAFFITTE
PARIS IX TELEFON ABOUT 98-40 BIS 45
Paris hat natürlich nicht mehr Gauner als Berlin oder London ( Kriminelle politisch ist der Vergleich heute zu. leicht). Aber die Pariser Gauner müssen geschickter sein, die Bevölkerung ist sehr intelligent, es ist ein schwerer Boden. Anbei drei neue Gaunertricks:
Die großen Gewinne der Nationallotterie, der ersten Lotterie, die in Frankreich seit Jahrzehnten stattfand, reizen schon nicht mehr. Seitdem sich die beiden neuen fünffachen Millionäre Bonhoure, der Friseur aus Tarascon , und Ribière, der Kohlenhändler aus Avignon , gegenseitig besucht haben, sind hier wenig Sensationen mehr zu überbieten.
Also war auch neulich bei der Ziehung weiter keine Aufregung, als ein einfacher Mann, der Gewinner einer einfachen Million, vortrat und seinen Gewinn abhob. Erst nachher merkte man, dieser Mann, fast ohne besondere Merkmale, war der falsche. Wenige Stunden später kam der echte. Der erste, der einfache, harmlose Mann aus dem Volke, hatte das Gewinnlos wunderbar chemisch gefälscht und erneut, mit seinem sonstigen ,, Los" nicht zufrieden.
Worauf jetzt die echten und die falschen Millionäre schärfer vor dem Rad der Fortuna geprüft werden.
Ein kühner Neuerer in seinem Fach ist auch der beispiellose nervenruhige Mann, der das Pariser Hauptpostamt, in der rue du Louvre um eine schöne Summe prellte. Dort saß bei großem Andrang des Publikums die brave Ida Abbé, 45 Jährlein auf dem Dienstpuckel, an Kasse 3. Auf dem Brettchen neben ihr sind 80 gute Tausender doppelt gezählt und aufgeschichtet.
Plötzlich öffnet sich das Eisentürchen und eine Hand erscheint, die das Geld wegnimmt. Die Beamtin achtet im ersten Moment kaum darauf; weil es öfter vorkommt, daß einer Geld zulegt oder fortträgt.
Aber, o wehe, diesmal war es ein falscher Postkollege, groß, braunhaarig und, nebenbei, in ruhigem grauen Anzug. Keiner der Beamten hatte ihn vorher je gesehen. Nachher auch nicht. Er hat sich mit dem gelungenen Raube ruhig und unbemerkt in die Menge gemischt.
Ein Postbeamter und ein Tippmädel haben ihn bemerkt, sein Gesicht kam ihnen an der Hauptstadt, rue du Louvre, unbekannt vor. ,, Aber schließlich," sagte sie ,,, wir sind so viele.
Mit geschärftesten Verstand arbeitet ein Trinkgeldnepper, Tombola ein kleines Angebinde zu machen. Der Metzger, besucht und ihn wegen Wohlfahrtslose fragt. ,, Sie spielen doch?" Der Metzger bejaht.
Darauf sieht die Amtsperson nach und sagt: ,, Sie haben einen Radioapparat gewonnen."
Dann läßt er sich das Los aushändigen, reißt einen Schein von einem Block und überreicht eine Quittungsmarke, gegen deren Vorzeigung das Kaufhaus avenue du Maine den Apparat für 5000 Fr. liefere. Und als die Amtsperson weggeht, läßt sie so im Tone der Würde fallen in solchen Fällen sei es üblich, dem. Wohlfahrtsbüro als dem Veranstalter der Tombola ein kleines An9ebinde zu machen. Der Metzger, hochbeglückt, die freudengerötete Frau zur Seite, sagt: ,, Wenns weiter nichts ist," und läßt einen Zwanziger springen.
-
Aber, aber an der avenue du Maine an der betreffenden Stelle ist gar kein Kaufhaus und erst recht kein Radioapparat für 5000 Fr., und die Concierge sagt:„ Ja, lieber Herr, Sie sind schon der Sechzehnte. Einer hat ihm sogar 200 Fr. zugebuttert, bedenken Sie. Was das für böse Zeiten sind
Moral: Das Verbrechen ist, wie man weiß, eine soziale Erscheinung. Aber es gehört auch Intelligenz dazu.
Eine Frau aus Bonn tötet ihren Pariser Freund Eine junge Frau aus Bonn , Agnes Fey, die aber keine Emigrantin, sondern seit einem Jahre Inhaberin eines Weinausschanks in Boulogne- sur- Seine ist, hat im Hause 86, avenue Edouard- Vaillant, ihren Freund, einen 40jährigen Russen Michel Koupianoff getötet.
Koupianoff war Tischler, aber seit langem arbeitslos. Er wohnte mit der Bonnerin zusammen und verlangte dauernd Geld von ihr. Im Verlaufe eines Streits schoß ihm schließlich die Gequälte mitten ins Herz.
Agnes Fey, die anscheinend nicht die Schwere ihrer Tat begriff und vor allem bat, man möge sie doch ihr Geschäft weiter ausüben lassen, wird als eine kleine Frau mit kastanienbraunem Haar beschrieben. Sie war vordem Blumenverkäuferin gewesen und wohnte in einer bescheidenen Wohnung in der Nähe der Porte de St. Cloud. In ihrem Weinladen soll oft abends hinter verschlossenen Türen gezecht worden sein..
Im Deutschen Klub, 64, Rue du Rocher, Paris 8°, spricht am Samstag, dem 9. Dezember, 21 Uhr, der sozialistische Abgeordnete Jean Longuet , der Enkel von Karl Marx , über das Thema:„ La France est- elle révolutionaire ou réactio naire?". Danach Debatte Vortrag und Diskussion werden übersetzt. Anschließend Geselliges Beisammensein.
Größe und Zier, den die Nachtbeleuchtungen hervorrufen, wird weiter von der Präfektur durchgeführt werden.
Weiter sprach der Seine- Präfekt über die Bauvorschriften. Es ist gesetzlich nicht mehr zulässig, den Häusern einen bestimmten Stil aufzuerlegen, aber die allgemeine Linie und die Dimensionen können festgesetzt werden. Alles, so schloß der Präfekt, muß der Erhaltung der Schönheit von Paris dienen.
99
Weil mich friert."
Diese Worte auf dem Wege nach unserer lieben Frau von der Guillotine sind berühmt. Ein Gegenstück dazu hat jetzt der französische Ministerpräsident geliefert.
Die Kammer der Abgeordneten war nämlich, wie der ,, Intran" erzählt, verdammt schlecht geheizt. Als M. Chautemps auf die Tribüne stieg, um die Regierungserklärung zu verlesen, sah er ein bißchen bleich aus.
99
, Was, Lampenfieber?," sagte ein Abgeordneter neben ihm. ,, Nein, bloß die schlechte Heizung," erwiderte der Premier in Parodie des berühmten Wortes aus der Zeit der Menschenrechte.
ANCIEN CABINET E. MARTELLIERE docteur en droit( Gegründet 1910)
MARK LINAIS licencié en droit
EMILE TRONQUIT
advocat conseil
diplômé notaire
ERNST LANDAU
früh. Kechtsanwalt beim Amts- u. Landgericht in Düsseldorf 2, Rue des Petits- Pères, PARIS 2º( Nähe Börse )
Telefon
Gesellschaftsverträge Prozessführung Einziehung von Forde, rungen im In- u. Ausland SPRECHZHID NACHMITTAGS
Gutenberg 79-42 Central 40.57
BRIEFKASTEN
2. v. B. Einverstanden. Aber alle Sicherungen treffen. Amsterdam . Besten Dank für die Aufklärung. Der Brief ist vernichtet. Gegen Unrecht, das der deutschen Arbeiterbewegung angetan wird, werden wir uns immer wehren, ganz gleia), woher die Beschuldigungen kommen.
2. H. Villefranche. Sie schreiben uns, daß Sie seit einer Woche sich endlich die Deutsche Freiheit" halten fönnen. Ihr glaubt nicht, wie glücklich ich bin, endlich mal wieder eine unserer Zeitungen ( esen zu können" Wir wollen uns Mühe geben, Sie und die vielen anderen in der Fremde nicht zu enttäuschen. Es verbindet uns längst eine enge Gemeinschaft und es kommen schon Vorschläge, die Freiheit"-Leser organisatorisch zusammenzufassen. Das will aber wohl überlegt sein. Ihren Werbevorschlag halten wir erst dann für durchführbar, wenn wir über mehr Raum verfügen. Die angekündigten Beweismaterialien senden Sie am besten per Ginschreiben. Es ehrt Sie, wie tapfer Sie bei der ungewohnten körperlichen Arbeit durchhalten. Grüßen Sie die französischen Kameraden.
Chanon. Sie haben sich mit der Niederschrift viel Mühe gemacht, aber wir finden nicht, daß sie so geglückt ist, um gedruckt werden zu tönnen. Seien Sie deswegen nicht enttäuscht. Man muß nicht alles tönnen wollen. Es gibt viele gescheite Lente, denen solche Schtle derungen nicht gelingen, und es gibt auch manchen Dummfopf, der fleißig gedruckt wird, weil er über oberflächliche Stilgewandtheit verfügt.
Emigrant Paris . Das Halbmonatszeitschriftchen ist uns bisher nicht zu Gesicht gekommen. Wir finden durchaus verständlich, daß die Dame auch uns mit einigen Liebenswürdigkeiten aus ihrem Rosenmündchen bedenkt; ihr Weh und Ach scheint uns nur aus einem Punkte furiert werden zu können. Der große Frauenfenner Goethe, von dem dies Wort bekanntlich stammt, hat dabei aber bestimmt nicht an die Politik gedacht. Auf allen anderen Gebieten aber erklären wir uns in diesem Falle desinteressiert.
Otto Brües . Sie haben einen Roman geschrieben:„ Das Mädchen von Utrecht". Wir urteilen über ihn nicht, weil wir ihn nicht kennen. Aber Sie sind Feuilleton- Redakteur der Kölnischen Zeitung " und duldeten, daß ein gewisser Christian Jenssen über Ihr Buch in Ihrer Zeitung unter anderem folgendes zum Charakterbild Ihres Helden schreibt:„ Ein unglücklich- glückhafter Rausch auf der Heimreise von Utrecht und eine leichtfertige Unterschrift binden ihn für zwölf Jahre an die Preußen, die ihn in Wesel ausbilden und als baumlangen Sterl zu den Leibgrenadieren nach Potsdam beordern. beides ist Er bäumt sich troßig auf, ergibt sich refigniert sinnlos. Erst als er gelernt hat, zu preußischer Manneszucht, Unterordnung und Kameradschaft aus vollem Herzen " Ja" zu sagen, wird er innerlich frei." 63 ist schade, daß die langen Kerls Weiland Friedrich Welhelms I. zweihundert Jahre in der Erde ruhen. Wir hätten gern einen erlebt, der uns erzählt hätte, wie er unter Ohrieigen, Fußtritten, Stockprügel und Spießrutenlaufen aumählich innerlich frei wurde. Die Redakteure der gleichgeschalteten Bresse freilich haben diese innere Freiheit. Sie beraht auf dem Bewußtsein, die geistige Freiheit gegen eine Regitimationsfarte von Hans Friedrich Bruch eingetauscht zu haben.
Gäste willkommen. Zur Unkostendeckung werden 5 Fr. Werbi für die ,, Deutsche Freihen"
erhoben( von Arbeiten F.