tisch - materiellen Gründen und aus elender Menschenfurcht gebeugt. Es ist die alte bittere Erkenntnis aus dem Hofe des Hohe Priesters in der Nacht vor der Kreuzigung Christi:
Frankreichs Außenpolitik
„ Ehe denn der Hahn zweimal träht, wirst Du mich dreimal vor entscheidenden Entschlüssen
verleugnen".
Die unbestreitbaren Erfolge, die die wiedererwachte protestantische Glaubenskraft gegenüber dem braunen Barbarentum erzielt hat, verpflichtet auch die katholische Kirche . Nicht lange mehr darf sie in ihrem Schwächezustand verharren.
Die Unfruchtbarmachung
Amtliche Erläuterung des Gesetzes
Berlin , 8. Dez. Ueber die Ausführung des Gefeßes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses sprach über alle deutschen Sender Ministerialrat Dr. Gütt. Er führte u. a. aus:
Die Unfruchtbarmachung ist feineswegs gleichbedeutend mit Kastration, sondern Kastration nennt man die Entfernung der Seimdrüsen selbst. Während die chirurgische Entfernung der Keimdrüsen eine förperliche und seelische Veränderung des operierten Menschen zur Folge hat, ist dies bei der Sterilisierung nicht der Fall.
Nach§ 1 des Gesetzes darf die Unfruchtbarmachung nur dann vorgenommen werden, wenn sie von einem Erbgefund heitsgericht für notwendig erklärt worden ist. Bekanntlich rechnen zu den Erbkraufen des Gesetzes der angeborene Schwachsinn, erbliche Geisteskrankheiten, schwerer Alkoholis= mus und schwere förperliche, erblich bedingte Leiden.
Um das Gesetz zu verstehen, muß man sich den Sinn des Gesetzes vor Augen halten, der eindeutig und klar ist.
1. soll die Geburt solcher unglücklichen Menschen in Zufunft überhaupt verhindert werden.
2. will das Gefeß die Familien und Angehörigen vor unendlichem Leid und jahrelangen Opfern bewahren.
Paris , 8. Dezember. In einer Havas- Meldung heißt es: Die französische Regierung habe die befreundeten Regie: rungen, d. h. die östlichen Verbündeten, über das Ergebnis der ersten deutsch - französischen Fühlungnahme informiert. Zu dem gleichen Zwed habe sich der englische Botschafter in Paris nach London begeben. Die französische Regierung werde ab= warten, bis sie den Standpunkt der anderen Regierungen kenne, um dann nach Beendigung der Finanzdebattein einem Ministerrat ihre endgültige Haltung festzulegen. Im Zusammenhang mit dieser diskreten Methode der ständigen Informierung und Befragung der befreundeten Mächte werde auch die Zusammenkunft zwischen dem französischen Außen: minister Paul- Boncour und dem tschechoslowakischen Außen= minister Dr. Benesch am 14. Dezember stattfinden. Die Hal: tung,
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sagte erst später ab, als er erfuhr, daß auch Wear Braun mit ihm ab. Auch Spaniol sollte für den Film sprechen. Er im Film auftreten würde. Dieser hat auf Wunsch der Filmhersteller seinen Text sowohl deutsch wie französisch ge sprochen. Beide Fassungen wurden angenommen. Der Text hieß wörtlich:
min Deutſchlands , Italiens und Rußlands gegenüber dem
Völkerbund sei wenig dazu angetan, diesen zu feftigen. Franks reich, das dem Völkerbund treu bleibe, habe eine Vermittler: und Schiedsrichterrolle zu spielen. Es müsse versuchen, die Mächte um den Bölkerbund zu sammeln, um ihm seine große Rolle in der europäischen Politif wiederzugeben, Paul- Bon: cour und Benesch würden deshalb die Mittel zur Herbei: führung dieser internationalen Neugruppierung prüfen und fich mit der Frage beschäftigen, welche Vervollkommnung innerhalb des Völkerbundes und welche neuen internatio: nalen Methoden notwendig seien. Paul- Boncour werde, so= bald es die Umstände ihm gestatten, die Besuche der osteuropäischen Außenminister in den betreffens den Hauptstädten erwidern.
Die tägliche Lüge
Den erkrankten Personen selbst dagegen soll wie bisher auch weiterhin die notwendige Pflege zugebilligt werden. Wie sehr der Gesetzgeber bemüht gewesen ist, Härten zu vermeiden, geht aus mehreren einschränkenden Bestimmun gen hervor: So soll z. B. bei Personen, bei denen infolge nicht mehr in Frage kommt, der Antrag zur Sterilisierung überhaupt nicht gestellt werden, desgleichen nicht bei Personen, die aus anderen Gründen dauernd anstaltsbedürftig sind oder bei denen die Operation mit Lebensgefahr verbunden ist. Ferner soll die Unfruchtbarmachung nicht vor Vollendung des 10. Lebensjahres vorgenommen werden.
hohen Alters oder aus anderen Gründen eine Fortpflanzung Max Braun im Film
Um dem Staate die Möglichkeit der Kontrolle und des Eingreifens zu geben, sollen Aerzte und alle Personen, die fich mit der Heilbehandlung, mit der Untersuchung oder Beratung von Kranken befassen, aur Meldung verpflichtet sein. Die Anzeige ist dem zuständigen Amtsarzt zu erstatten, dem die Verpflichtung obliegt, den Antrag auf Unfruchtbarmachung zu stellen, falls die betroffenen Personen oder deren gefeßliche Vertreter es nicht selbst tun, und wenn dies seiner Ansicht nach zur Verhinderung von erbfrankem Nachwuchs geboten erscheint.
Die Kosten des Eingriffes trägt bei versicherten Personen die Krankenkasse, bei Hilfsbedürftigen der Fürsorgeverband, bei allen übrigen die Staatskasse.
Hat das Gericht die Unfruchtbarmachung beschlossen und das Erbsonderheitobergericht das erste Urteil bei einem etwaigen Einspruch gebilligt, so ist der Unfruchtbar- zuMachende von dem zuständigen Amtsarzt schriftlich aufzufordern, den Eingriff innerhalb von 14 Tagen in den dafür in Betracht kommenden Anstalten vornehmen zu lassen. Bei Jugendlichen darf der Eingriff unter Anwendung unmittelbaren Zwanges allerdings nicht vor dem 14. Lebensjahre ausgeführt werden.
Als dringend wird die Operation im Sinne dieses Gefeges in folchen Fällen anzusehen sein, bei denen die Gefahr besteht, daß sie sich ungehemit fortpflanzen.
Wieder ein Todesurteil
Im Prozeß gegen die Kommunisten& aptur und Paulisch in Dortmund wegen Erschießung des SS. - Führers Adolf Höh wurde Kaptur wegen Mordes zum Tode verurteilt, Paulisch zu acht Jahren Zuchthaus.
Zum Bilde rechts.
Unsere Starte gibt einen Ueberblick über die niedrigsten Temperaturen, die in den letzten fünf Jahren in den einzelnen deutschen Orten gemessen wurden. Am wärmsten" mit freilich 17 Grad Kälte war es im Nordwesten, wäh= rend die allerhöchsten Temperaturen in Ostpreußen , in Oberschlesien und in Südbayern gemessen wurden. Aber auch in Deutschlands Mitte, der Gegend um Erfurt , hatte mit minus 30 Grad bittere Stälte zu verzeichnen. Dit mitgeteilten Temperaturen wurden übrigens fast ausschließlich in dem Kälte- Rekordjahr 1929 gemessen.
Eine Straße, die ich liebe
Von Walter Kirchberger
Ich habe eine Geliebte in Paris und bin glücklich mit ihr. Eine bescheidene anspruchslose Geliebte habe ich, die nur verstanden sein will, weiter nichts. Dreimal in der Woche um die Mittagszeit herum gehe ich zu meiner Geliebten, um sie zu sehen. Und jedesmal kenn ich sie besser, erfahre ein wenig von ihrer Vergangenheit und jedesmal freue ich mich, bei ihr gewesen zu sein.
Es ist eine Straße, die ich liebe. eine schmale, nicht weit vom Pantheon gelegene Straße, alt wie Paris selber, und lebendig wie eine Französin. Ich bin ihr seit Wochen treu und habe wegen ihr alle die Straßen und Plähe von Paris , bie ich liebe, treulos verlassen. Selbst den Place de la Saint Genevieve.
Wenn ich augenblicklich von Paris erzähle, so erzähle ich von der Rue Mouffetard , und wenn ich über Paris schreibe, so schreibe ich von der Rue Mouffetard , denn alles, was ich über Paris schreiben oder erzählen könnte, scheint mir in dieser Straße enthalten zu sein.
Ueberall hin fahren die Autocars der Fremdenindustrie, über die Champs Elysees und durch den Bois de Boulogne , nach Versailles und Fontainebleau , über die Seine und über den Place de la Concorde . Vor den Vergnügungslokalen Halten sie, vor denselben alten Vergnügungslokalen, in die schon unsere Großpäter anno dazumal gingen, um das Nachtleben von Paris zu genießen. Auf den Montmartre hinauf fahren die großen Autocars, vollgeladen mit Frem den, und sogar hinunter bis an die Rue de Lappe heran, um den Insassen eine halbe Stunde lang das Pariser Apachenleben zu bieten. In kleinen Tanzlokalen, im„ Bal Musette " und„ chez Bouscade", unter verwegen aussehenden Gestalten erleben sie den Schauer einer gefährlichen Umgebung, die aus der Neugier der Besucher den Erwerb zieht,
Die gleichgeschaltete Presse des Saargebietes war dieser Tage um eine Sensation reicher. Der Chefredakteur des großen Pariser Blattes Paris midi" Gabriel Pereug hat jüngst eine große Anquete über die Saar angestellt und zugleich einen Saarfilm gedreht. Seine Artikel erscheinen als Fortsetzungen jeden Tag an der Spize seiner Zeitung und werden weithin beachtet. Die„ Saarbrücker Zeitung " richtete nun einen scharfen Angrifff gegen den Führer der Freiheitsfront des Saargebietes Max Braun , weil er sich habe verfilmen lassen und im Film ein gegen Hitler= Deutschland gerichtetes Schriftstück verlese.
Was ist wahr? Herr Pereur war während seines Aufenthaltes an der Saar auch bei dem Naziführer Spaniol. Ausführlich druckte die saarländische Presse ein Interview
Flensburg
-17
Hamburg Schwerin -21
« Die Saar. ff ein europäisches Problem. Sie ift zuerst und zuletzt eine Frage der Be3iebungen zwischen Deutschland und Frankreich . Auch die Saarabstimmungen hat nur daher ihren Sinn und ihre Bedeutung. Das Auffreten Hitlers aber hat allen europäischen Fragen eine neue Richtung und eine andere Tendenz gegeben.
mus von krankhaffer Wildheit und perverser Brutalität zu begegnen- die Saar ist nur eine dervordersten Linie in diesem Kampfe!
Ein Sieg Freiheit, der Demokratie, der Menschenrechte uni der sozialen Gerechtigkeit an der Saarfon if ein europäischer Triumph- cine Saar niederlage gegen den agressiven Faschis mus Hiflers aber eine verlorene Schlacht Europas . Ihr würden weitere Schlachten im Westen so sich: r folgen. wie das Amen in der Kirche. Darum verlangt die Freiheitsfront der Saar , in der sich die wahren und guten Deutschendes Saargebietes befinden, daß das Saargebiet niemals dem Hitler- Terror ausgeliefert wird.
Statt dessen wünschen sie nach der Niederwerfung des Hitler- Faschismus eine wirkliche, aufrichtige und dauernde deutsch - französische Verständigung, die allein in der Lage ist, auch das Saarproblem glücklich und endgültig zu lösen."
Wenn man diesen authentischen Text mit dem vergleicht, was die„ Saarbrücker Zeitung " schrieb, die Braun Propa ganda für den Anschluß der Saar an Frankreich unterftellte, so trifft man wieder einmal auf fene erbärmlichen Entstellungen und Verlogenheiten, die zum täglichen Handwertszeug dieser Presse gehören.
-24°
Fichtelberg
-29°
-26°
19° -23°
Ueberall fahren die Autocars hin, aber an der Rue Mouffetard sausen sie vorbei, denn sie ist zu schmal und zu unbekannt.
Ich aber besuchte meine Geliebte dreimal die Woche um die Mittagszeit herum. Unter die Menge mische ich mich, buntfarbig die stoßend schreiend sich dahindrängt,
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über holpriges Pflaster, auf dem schon die Revolutions= farren rollten. Zwischen Körben voll von Austern, Muscheln, Langusten. Schnecken, Fischen, Früchten und anderen Sehnsüchten der Feinschmecker betrachte ich meine Geliebte. Umgeben von weißen schwarzen gelben Menschen, meist Frauen mit Körben und Kindern.
Der Geruch von frischem Fleisch und Obst, der Duft von Gemüse und Blumen, der Gestank faulender Fische und Abfälle vermischt sich mit den fingenden Ausrufen der Verfäufer und den Tönen einer Ziehharmonika zu einem tollen Gemenge. Berge von altem Papier, umgestürzte Marktkörbe und schwatzende Weiber erschweren das Vorwärtskommen. In jedem Haustor fast hat sich ein Händler niedergelassen, der seine Ware feil bietet und jede Häusernische ist zu einem Verkaufsstand verwandelt. In den schmalen düstren Nebengäßchen streichen Razen lautlos herum.
Ueber das wogende, lebendige Treiben dieser Marktstraße tönt jebe Stunde das Läuten der Kirche Saint Medard, dasselbe Läuten derselben Glocke, das einst, im Jahre 1561, die Calvinisten so aufreizte und ärgerte, daß sie den Katholiken in der engen Straße eine blutige Schlacht lieferten. Brand, Plünderung und Mord tobte damals in der Rue Mouffe tard . Erst die Soldaten des Königs fonnten die Ruhe wieder Herstellen und die Schuldigen vor das Tribumal befördern, vor dem sie zum Tode verurteilt wurden. In dem kleinen Gärtchen vor der Kirche am Ende der Straße, in dem heute alte Frauen auf Bänken stricken und Kinder im Sande spielen, wurde die Hinrichtung vorgenommen. Zweihundert Jahre später wurde die Rue Mouffetard wieder Schauplatz
Tilsit -32°
-31°
Niedriger als
17°-20°-24°-29°-36°
-32° Rosenbe
Schneekoppe -28
-37°
Die niedersten
Temperaturen J. letzten 5 Jahre
eines großen Getümmels. In dem armen Viertel verbreitete sich das Gerücht, daß die Gebeine des in der Kirche aufge bahrten Diakonus Francois Paris Wunder verrichten könnten, daß sie Stranke heilen und Krüppel laufen machen tönnten. Ein unübersehbarer Strom von unglücklichen Menschen, mit allen erdenklichen Gebrechen behaftet, wälzte sich durch die Rue Mouffetard in die Kirche und der Erzbischof von Paris mußte die Kirche und den Kirchhof schließen lassen. Soldaten bewachten den heiligen Ort und der alte französische Reim,
de par le roi, defense à Dieu de faire miracle en ce lieu stammt aus dieser Begebenheit.
Und die französische große Revolution tobte auch hindurch durch diese Straße. Wilde Kämpfe lieferten sich Jakobiner und Girondisten hier und in den dunklen Nebengassen der „ Passage des Patriarches" und in der Passage des Postes". Viel Blut floß auf denselben Plastersteinen, die heute die Körbe voll von Austern und Leckerbissen tragen. Jahr hundert um Jahrhundert ist vorbeigezogen. Hungersnot und Herenverbrennungen, Revolution und Kaisertum, Belage rung und Siegesfeiern erlebte die Nue Mouffetard. Aber sie ist sich gleich geblieben. Die alten Häuser mit den länglichen zur Hälfte vergitterten Fenstern stehen noch, wieder und immer wieder bewohnt, noch immer streichen Kaben um das Gemäuer und noch immer ruft die alte Kirche die Gläubigen zur Andacht. Das Leben aber rauscht stets jung und stets erneut durch die alte Straße, buntfarbig, volkstümlich, mit all dem Charme, der Kindlichkeit und der Buntheit, wie es durch ganz Paris rauscht.
Ich habe eine Geliebte in Paris , eine Straße, die ich dreimal in der Woche um die Mittagszeit zu besuchen pflegte. Jedesmal weiß ich ein wenig mehr von ihr und ich hoffe, bald noch viel mehr von ihr zu wissen, ehe ich sie verlassen werde.