Deutsche   Stimmen Beilage zur Deutschen Freifieit" Ereignisse und Geschichten

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Freitag, den 15. Dezember 1933

Deutsche   Erzieherfront gebildet

Schemm führt sie

Im Reichsministerium des Innern, beim Leiter der PO.  , Dr. Robert Ley  , und in der Reichskanzlei wurde, wie der ,, Völkische Beobachter" meldet gestern nachstehende Ver­fügung vom Reichsminister des Innern Dr. Frick, Dr. Ley, dem Stellvertreter des Führers, Reichsminister Heß, dem Reichswirtschaftsminister Dr. Schmitt und dem Reichsleiter des NSLB., Staatsminister Schemm  , unterzeichnet:

1. Im Hinblick auf den NSLB. und die gegenwärtigen organisatorischen Maßnahmen verfügt das Reichsministerium des Innern, daß ein Wiederaufleben alter aufgelöster oder in Auflösung befindlicher Verbände absolut verboten ist. Lettere sind in den Fachschaften des NSLB. aufgegliedert und üben dort ihre Facharbeit aus.

2. Der NSLB  . stellt im Hinblick auf Politik und Welt­anschauung die große Erzieherfront analog der Bauernfront, analog der Arbeiterfront unter der Führung des Reichsleiters Schemm als selbständiges Amt der Politischen   Organisation dar.

3. Der NSLB  . ist im Hinblick auf seine Fachschaften vom Kindergarten über Volksschule, höhere Schule und Hochschule., einschließlich aller Fach­und Arbeitsgebiete die auf Erziehung bezügliche fachliche Organisation der NSDAP  .

Die Erzieher- Soldaten aller Schulen, von der Kleinkinder­bewahranstalt an bis zur Universität, unterstehen nach dem Beispiel anderer Stände" einem einzigen Führer- General. Das überrascht nicht mehr. Neugierig macht nur die Persön­lichkeit des mit solch ungeheuren Machtbefugnissen aus­gerüsteten bayrischen Kultusministers Schemm, in dessen Hände sich die pädagogischen Prinzipien des. ,, dritten Reichs" konzentrieren.

,, Erziehungsfeldwebel"

Ueber diesen besagten Herrn Schemm schreibt uns ein reichsdeutscher Lehrer:

Schemm war kleiner Dorfschulmeister. Nach dem Kriege stand er der USP. nahe.( Im Kriege hatte er sich mit Erfolg gedrückt und es nur zum Lazarettangestellten gebracht.) Als dann Hitler   in Bayern   großẞ wurde, stieß Schemm zu ihm. Etliche Jahre später gründete Schemm die ,, Nationalsoziali­stische Lehrerzeitung" und ihren Verlag, ein Blatt, das dauernd mit der deutschen Sprache Krieg führte, das ein Hohn war auf deutsches Kulturleben. Er schrieb dann einige Broschüren, in denen er sich als Fälscher betätigte. Er ,, zitierte" z. B. Schriften des Schulreformers Kurt Löwen­ stein  , indem er die Zitate erfand oder Sätze willkürlich änderte und auslegte". Eine Reihe von deutschen   Lehrer.

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Schemm herausgegeben; Auflage 400 000 Exemplare wöchent lich. Im Einverständnis mit dem Führer" gibt er derzeit eine Schülerzeitung für ganz Deutschland   heraus, Auflage 6 Millionen Exemplare. Druck, Verlag und Redaktion: Schemm- Bayreuth  . Nebenher geht ein Buchverlag, der jede Woche ein bis zwei Neuerscheinungen auf den Markt bringt. Alle Schulen müssen werben für Schemms Geschäfte. Schüler­zeitungen, die natürlich auch gut nationalsozialistisch sind, aber von anderen Verlegern kommen, werden an der Ver­breitung gehindert. Eine Selbstverständlichkeit war schließ­lich die Angliederung eines Drucksachenverlages- obligato­rischer Bezug für alle Behörden Nordbayerns."

Der einfache SA.- Mann Schemm ist Besitzer von drei wundervollen Mercedes  - Wagen. Mit einem kam er auf den Internationalen Lehrerkongreß in Santander. Dort passierte ihm allerdings ein Malheur. Die Deutschen   wurden nicht zu­gelassen. Der Franzose Delmas erklärte wörtlich: ,, Wir setzen uns nicht neben Henkersknechte!" Schemm ging aber nicht nach solcher Freundlichkeit. Erst als ein Oesterreicher gegen die Nazis gesprochen hatte, verließen die Deutschen  , Schemm, der als, berufener Vertreter" dort hatte reden wollen, an der Spitze, in strenger Rangordnung, im Stechschritt den Saal. Die Delegierten zählten lachend und klatschend: eins, zwei! ,, Erziehungsfeldwebel!" wurde ihnen nachgerufen. Aber das konnte natürlich nur in dem durch Greuellügen verblendeten Auslande geschehen. In Deutschland   muß alles Heil rufen, wenn der leicht Schwachsinnige vorfährt. Im übrigen kann er es sich leisten, viele zu bestechen; denn ihm hat das ,, dritte Reich" schon manche Million eingebracht.

Ich schließe mit einer klassisch schönen Formulierung des Ministers für geistige Unterernährung in Bayern  :

,, So stiegen im Laufe der Geschichte unseres Volkes aus ihm tausend Sehnsüchte und Wünsche auf und wurden Männer und Frauen: Siegfried, Friedrich der Große, Königin Luise  , Stein, Wagner, Mozart   usw. Sie wären alle nicht gekommen, wenn das deutsche   Volk diese Menschen nicht ersehnt hätte. Und so sehnte und dachte unser Volk auch in den legten zehn Jahren, und so wurde aus diesen Wünschen und Sehnsüchten auch ein Mensch Führer.

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Wahrlich, das war der schönste Gedanke, den je unser Volk gedacht hat: Adolf Hitler  ! Er mußte kommen und ist gekommen."

Und Schemm, der Erziehungsfeldwebel, war einer der Geburtshelfer, die eines der schönsten Honorare einstecken, die Nazi- Deutschland zu vergeben hat.

zeitungen nannte ihn darauf regelmäßig den Fälscher Abbau der Koedukation

Schemm. Er klagte nicht, er rührte sich nicht, er ließ die Hetschriften ruhig weiter verbreiten.

Mit solchem Befähigungsnachweis wurde er nach der ,, Nationalen Revolution" Führer aller deutschen   Lehrer und Kultusminister von Bayern  . Als Gauleiter der NSDAP  . gibt er die Tageszeitung Fränkisches Volk" heraus mit neun Kopfblättern in ungefähr 350 000 Auflage. Der Verlag gehört ihm. Um einen Spottpreis wurden die sozialistischen   Verlags­anstalten Hof, Bayreuth  , Regensburg  , Würzburg   und Bam­ berg   erworben. Die Monatsblätter der verschiedenen Lehrer­organisationen wurden verboten, schließlich alle gleichgeschal­teten Lehrer- Verbände überhaupt. Das Zentralorgan des NS.  ­Lehrerbundes  , Pflichtbezug für jedes Mitglied, wird von

Kleiner Jectum

Das sächsische Gesamtministerium hat die bisherigen Be­stimmungen über die Gemeinschaftserziehung an höheren Schulen aufgehoben. In einer Verordnung des Volksbildungs­ministers heißt es, daß Mädchen grundsätzlich nur noch Mädchenbildungsanstalten besuchen dürfen. Nur in Aus­nahmefällen können Mädchen noch Knabenanstalten be­suchen. Ein solcher Ausnahmefall liege vor, wenn eine Mädchenbildungsanstalt im Orte nicht vorhanden ist. Mäd­chen, die bereits eine höhere Knabenschule besuchen, dürfen darin bleiben, sollen aber möglichst in Mädchenklassen zusammengefaßt werden.

Die eine Stelle weiß von der andern nichts

Richtlinien des Thüringischen Amtliche Meldung aus Berlin  :

Volksbildungs- Ministeriums über die öffentl. Büchereien:

,, Ebenso sind natürlich aus­auschalten die Erzeugnisse, die der Propaganda des Klassen­kampfes, des Pazifismus, der antireligiösen, antikirchlichen Bewegung oder einer pan­europäisch- weltbürgerlich ein­gestellten Geistigkeit dienen. Bei der wissenschaftlichen Li­teratur ist auszuschalten: Die gesamte marxistische und die pazifistisch- antimilitaristische

Die englische   Telegraphen­agentur Reuter hat vor eini­ger Zeit eine Meldung ver­breitet, wonach in Deutsch­ land   alle mögliche Literatur, darunter Werke über Pazi­fismus und die Freudschen Theorien wie auch alle Bücher über Darwinismus verboten seien. Offensichtlich geht diese Meldung auf einige Berichte zurück, in denen von der Wandlung des Geschmacks bei den deutschen   Lesern be­richtet wurde, während früher

,, Hamburger Lehrerzeitung" Nr. 43/1933.

Die Auscottung

Rust hat verfügt,

,, daß bis auf Widerruf die Kataloge für die Volksbüchereien einer besonderen Genehmigung bedürfen. Die Genehmigung wird durch einen Sonderausschuß erteilt, der vor allem bei der aktuellen politischen und weltanschaulichen Literatur zu prüfen hat, ob die einzelnen Bücher es sachlich wert sind, für den nationalsozialistischen Aufbau zu Hilfe genommen zu werden. Der eingesetzte Sonderausschuß besteht aus praktischen Volksbibliothekaren und einem Vertreter des Kultusministeriums. Er hat neben der Prüfung der Kataloge die Aufgabe, eine Grundliste derjenigen Bücher herzustellen, die in jeder Volksbücherei zu führen sind."

Literatur, alle Darstellungen, Bücher über Pazifismus und Und das für die Schulen

die noch auf dem Boden eines weltanschaulich überwunde­nen Vulgär- Darwinismus ste­hen, ferner die im natur­wissenschaftlichen oder natur­philosophischen Gewand auf. tretende antireligiöse und antikirchliche Aufklärungs­literatur. Die Veröffentlichun­gen der Vertreter der marxi­ stischen   Pädagogik, der radi­kalen Reformpädagogik, der Freudschen Psychoanalyse und einer hemmungslosen Sexual­pädagogik."

die Freudsche Psychoanalyse und ähnliche Gebiete außer ordentlich viel verlangt wur­den, ist neuerdings das Inter­esse auf andere Gebiete ver­lagert. Infolgedessen sind die Bücher aus den genannten Gebieten von den Laden­tischen der Buchhändler ver. schwunden. Es erübrigt sich eigentlich nach dem Gesagten, nochmals ausdrücklich festzu­stellen, daß diese Meldung des Reuterbüros jeder Grund­lage entbehrt."

Es ist also nicht wahr, daß Darwin  , Freud und die Pazi­fisten verboten sind. Sie sind nur ausgeschaltet" und zu­gunsten anderer Schriftsteller verlagert".

Der Berliner   Offiziosus sollte wissen, was in Thüringen  amtlich geschieht, ehe er Dementis losläßt. Das Propaganda­ministerium kann sich nachher den Schaden beschen.

Das erste Verzeunnis für die neuen Schulbüchereien

Das preußische Kultusministerium hat ein erstes Ver. zeichnis der für die Hereinnahme in Schulbüchereien ge­eigneten Werke des vaterländischen Schrifttums bekannt­gegeben. Es handelt sich dabei um über fünfzig einzelne Schriften, an deren Spite Adolf Hitlers   ,, Mein Kampf  " und Alfred Rosenbergs Mythos des 20. Jahrhunderts" stehen. Ferner finden sich auf der Liste Hans Zöberleins ,, Glaube an Deutschland  ", das ,, Kriegserleben von Verdun bis zum Umsturz", Spectators Deutschlands Erwachen", Wolfgang von Gronaus Im Grönlandwal" und Franz von Papens  ,, Appell an das deutsche Gewissen"( Reden zur nationalen Revolution). Außerdem sollen die Schulen u. a. Adolf Hitlers  Rede über Frieden und Sicherheit im Reichstag am 17. Mai, ferner des Reichsinnenministers Frick Ansprache ,, Erziehung zum lebendigen Volk" und des Ministerpräsidenten Görings große Rede im preußischen Landtag am 18. Mai 1933 Der Geist des neuen Staates" in ihren Büchereien führen. Dr. Dietrichs Buch ,, Mit Hitler   in die Macht" wurde aufgenom men. Von den übrigen Autoren seien erwähnt Reichspräsi­dent von Hindenburg  ( Aus meinem Leben), Reichsbank­präsident Dr. Schacht, Werner Beumelburg, Moeller van den Bruck  , apse

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Der Buisinessman

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Kleines, abgehettes Wichtchen, Warum tust du nur so groß? Hier ein Pflichtchen, da ein Pflichtchen, Und dazwischen ein Geschichtchen; Deshalb ist der Teufel los?

Zehn Geschäftchen, ein Pläsierchen; Damit füllst du deinen Tag? Hier ein Lüstchen, da ein Gierchen, Und vor allem die Papierchen!

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Das ist alles, Wichtchen, sag?

Dafür haben deine Ahnen Qualvoll sich den Weg geschanzt? Dafür haben die Titanen

Ihres Glaubens Siegesfahnen

Auf dem Erdball aufgepflanzt? s

Dafür haben sie gerungen Mit erhabner Leidenschaft Und sich aus den Niederungen Zur Erkenntnis aufgeschwungen, Voll von Gottes Schöpferkraft?

Ach, du kannst Maschinen machen? Und die Seele? Kinderei? Höre! Deine Wundersachen Werden bald zusammenkrachen; Und dann kommt

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die Barbarei!

Denn du bist trots der Lackierung Innerlich ein Erzbarbar;

Troy der Intellekt- Maskierung Auf dem Wege zur Vertierung. Du bist die Kulturgefahr!

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Liberator

Trozeß gegen einen Intendanten

... warum er freigelassen wurde

Vor der Großen Strafkammer des Altonaer Landgerichts hatte sich der ehemalige Intendant des Altonaer Stadt­theaters, Friedrich Fischer  , unter der Anklage fortgesetten Betrugs und der Untreue zum Schaden des Theaters und der Stadt zu verantworten. Die Verhandlung nahm einen über. raschenden Verlauf. Der Angeklagte bestritt die Unzulässig keit der ihm zur Last gelegten Entnahmen für Vorschüsse, Abfindungen, Reisen und anderes. Auch der Verwaltungs­direktor des Theaters gab als Zeuge an, daß die verantwort. lichen Stellen der Stadt, der zuständige Senator Kirch und Oberbürgermeister Brauer, über die Vorschüsse orientiert gewesen seien. Senator Kirch, der bekanntlich in einem anderen Altonaer   Theaterprozeß um den früheren Direktor des Schiller- Theaters wegen schwerer passiver Bestechung im Amt zu 1 Jahr 7 Monaten Zuchthaus verurteilt worden war, verweigerte bei den wesentlichen Fragen die Zeugenaussage. Der Staatsanwalt beantragte darauf, auf dem Wege der Rechtshilfe den ehemaligen Oberbürgermeister Brauer ver­nehmen zu lassen, der sich in Schanghai   aufhalten soll. Dem Antrag wurde entsprochen und die Verhandlung auf unbe­stimmte Zeit vertagt. Der Haftbefehl gegen den Intendanten Fischer wurde auf Antrag der Verteidigung im Einvernehmen mit der Staatsanwaltschaft aufgehoben. Als Sachverständiger hatte in seiner Eigenschaft als Mitglied des Preußischen Theaterausschusses Intendant a. D. Leutheiser bekundet, daß aus den früheren Spielplänen Fischers von 229 Stücken nur 9 abgelehnt werden müßten, weil sie den Ansprüchen des heutigen Staates nicht entsprächen. Die übrigen Stücke seien herragend und lägen durchaus im nationalsozialisti­schen Sinne.

Uns interessieren vor allem die Schlußsätze dieses Berichts aus der Frankfurter Zeitung  ". Plötzlich wurde der Haft­befehl gegen den unter einer kriminellen Beschuldigung stehenden Intendanten aufgehoben. Warum? Weil er sich früher als Theaterleiter durchaus national" bewährt und ein reichlich assortiertes Lager von Theaterstücken im nationalsozialistischen Sinne in Vorschlag gebracht habe. Dann allerdings... Dann erscheinen Betrug und Untreue in neuem Lichte. Dieser Fischer wird von dem feuchten Weibe Justiz nicht ins Wasser gezogen werden.nob on

Auch" Luther

aber Hitler   ist größer

Luther und Hitler   werden von dem Universitätsprofessor Theo Sommerlad miteinander verglichen. Der Sommerlad zieht ,, eine überraschend zutreffende Parallele zwischen dem deutschen Sozialismus, den einst Luther gestaltet hat, und der, wiederum von einem deutschen Volksmann, unserem Kanzler Adolf Hitler  , heraufgeführten nationalen Revolu tion, als welche auch Luthers   Tat anzusprechen ist", was den Luther hoffentlich nicht größenwahnsinnig macht.

Galeerensklaven

Lerne leiden ohne zu klagen!

Unter dieser netten Ueberschrift kanzelt das Leipziger Naziorgan, die ,, Leipziger Tageszeitung", das ehemalige Welt­blatt, die ,, Leipziger Neuesten Nachrichten" ab, weil sich die ,, LNN." gestattet hatten, das Verbot einiger Stahlhelm­gruppen in Braunschweig   als eine höchst beklagenswerte Verschärfung der Gegensätze" zu bezeichnen. Wir zitieren aus der höhnischen Antwort des Naziblattes wörtlich:

".... so wollen wir keinen Zweifel darüber lassen, daß kein bürgerliches Blatt das Recht hat, an irgendeiner Maß­nahme einer nationalsozialistischen Regierung auch nur. den Schein einer Kritik zu üben...

Wohlmeinende Ratschläge oder gönnerhafte Hinweise lehnen wir dankend ab und Kritik bürgerlicher Blätter verbitten wir uns!"

Also nicht einmal eine Scheinkritik ist der bürgerlichen Pressedirne gestattet. Das Schönste an diesem Trauerspiel ist die Ueberschrift: Lerne leiden ohne zu klagen! Arme Pressekulis!:

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