Pariser Berichte
Pariser Straßenkalender
Ein prachtvolles, an römischem Vorbild geschultes Reiterstandbild des Freiheitskämpfers Bolivar, des Befreiers von
57, rue de Cichy
tel. Trinité 15.75
Allgemeine
Deutsche Poliklinik
Chefarzt Professor WENSTEN
Métro Trinité med Clichy
1) ORDINATION DURCH SPEZIAFXRZTE für innere, chirurgische, Frauen und Kinderkrankheiten. Haut, und Geschlechtskrankheiten. Augen-, Ohren. Nasen- und Halskrankheiten. Geburtshilfe. 2) INNERE Klinik. 3) CHIRURGISCHE Klinik. 4) GESURI'SHIL LICHEND GYNXKOLOGISCHE Klinik Vierstöckige Gebäude mit der allermodernsten Einrichtung ORDINATION( auch für Privatkranke) täglich von 1 bis 8 Uhr. Sonn- und Feiert es von in bis 12 Uhr
hüllt.
Der Polizeipräfekt hat entschieden. daß an den beiden Festsonntagen, 24. und 31. April. keine Veränderungen in den Zeiten der Friseurgeschäfte eintreten. Die, Sonntags Vormittags- Geschäfte" müssen am Nachmittag geschlossen halten, die übrigen überhaupt.
Das erfolgreich in Zürich uraufgeführte Drama Rassen" von Brückner wurde von einem Bühnenvertrieb vermittelt, dessen nach Paris geflüchteter Inhaber vordem von Hitler in Schutzhaft gehalten wurde.
Eine Anleihe von 900 Millionen Franken zum Bau von 30 Kilometer Untergrundbahn außerhalb der Stadt steht beDas Modell von Autobussen mit Plattform in der. Mitte wird eingeführt werden.
vor.
Am Samstag und Sonntag ist wieder eine Fülle deutscher Musik in den Pariser Konzertsälen zu hören. Weingarther dirigiert zwei Wagner Festivals, Beethovens Neunte wird dreimal gespielt, und Schumanns Paust" gelangt ungekürzt zur Aufführung.
An- und Verkauf
zentraleuropa scher und südamerikanı scher Devisen Effekten und
REICHSMARK
durch das Bankhaus
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Mit den Fragen des deutschen Rassismus beschäftigte sich ein Kreis von Franzosen und Deutschen , die sich zur Feier des zehnjährigen Bestehens der Gruppe Fraternité . Réconciliation" zusammenfanden. Das ist eine Freimaurer. vereinigung zur Förderung der Ideen der Völkerversöhnung und deutsch - französischen Annäherung.
Nach den Begrüßungsworten des Präsidenten Kuttner nahm für die Deutschen E. I. Gumbel, der vertriebene Professor der Heidelberger Universität. zu einigen historischkritischen Ausführungen über den Racisme allemand" das Wort. Rassismus? Die Anwendung einer biologischen Lehre auf die Politik, einer biologischen Behauptung, die längst als halbwissenschaftliche Stümperei widerlegt ist. Denn die reinen Rassen", unter denen die nordische Rasse" wiederum die fasse supérieure" darstellen soll, existieren überhaupt nicht. Das ist eine Phantasielehre, die jeder wissenschaftlichen Basis entbehrt, eine Begriffsklitterung. die wahl los philologische Feststellungen auf die Biologie überträgt ( z. B. den Begriff der arischen, d. h. indogermanischen Völker). Ihr ist die Verneblung und Verdummung eines ganzen Volkes oder doch großer Volksteile gelungen. Ihre Verfechter
Der Präsident der Republik im Gymnasium
Auf dem Genoveva Berge zu Paris liegt das Panthéon , das seinen Erbauer Soufflot ganz unglücklich gemacht hat, weil die Leute glaubten, die erhabene Kirchenkuppel werde einstürzen. Auf dem Genoveva- Berge steht auch Jean Jacques Rousseau in steinerner Weisheit, dort ist die Polizeiwache, und dort ein Hotel zu den großen Männern" mit allem Komfort, und von der anderen Seite schauen die erhabenen Pedelle der Rechtsfakultäten mal heraus, und wenn sie wegschätten, geht der Geist von Jean Dabin vorbei, der wegen seiner Liebe zu der Violette die Wissenschaft meiden mußte und nun im nordafrikanischen Wüstenrand exerziert, während wir in Paris frieren. Dem einen das Panthéon , dem anderen der langsame Schritt, das ist der Lauf der Welt.
Auf dem Genoveva- Berge steht auch das Lyzeum Henri IV. , das dem Andenken des guten Königs gilt, der Paris eine Messe wert fand und die Frauen auch und der die schöne Geschichte vom Hahn im Topf Sonntags früh für seine Untertanen erfand, es ist aber wohl schon lange her. Am Goldenen Sonntag"( wie man bei uns sagt) war großer Besuch in diesem Lyzeum zur Hundertjahrfeier ihre Freunde angesetzt, und der Präsident der Republik Lebrun war auch da and der Minister de Monzie, und es bildet ein Pariser Ereignis.
Gegründet ist dies Lyzeum eigentlich von Napoleon le Grand, aber nicht alles, was von Austerlitz stammt, trägt seinen Namen. So sehe ich manchmal sinnend nach dem Triumphbogen im Garten des Tuilerien hinauf, da stehen die Königreiche Bayern und Württemberg eingetragen, aber nicht jeder hört es gern. Also hat auch der dicke König Ludwig XVIII. , als er mit der heiligen Allianz zurückkehrte, den Namen Napoleon weggewischt und Henri IV , eingesetzt, weil das der erste Bourbone war. Der Bürgerkönig tanfte die Schule auf Corneille um, Napoleon der Kleine machte aus Corneille wieder Napoleon , die Republik setyte im Schreckensjahre, bevor die preußischen Grenadierstiefel durch das Elysäische Feld zogen, wieder Corneille ein, die heranmarschierende neue Mornarchie machte 1873 aus Corneille wieder Henri IV . Seitdem blieb es bei dem Suppentopf. Denn die Republik ist längst gefestigt, und hat die Umtaufe
vergessen.
O Lyzeum Henri IV. : Berühmte Leute waren deine Schüler unter dem hohen Chlodwigturm: Da ist Millerând, der politische Mann, und Alfred de Musset , der sinnende Dichter, und Prosper Merimée , der wortfeste Schreiber. Da sigt Pierre Loti , der Dichter des exotischen Meeres und der Chrysanthemen, unter dem Turme als Pariser Kind. Da lernt Puvis de Chavanne, ein berühmter Maler, auf der Schiefertafel zeichnen und formt die Gliedmaßen der Genoveva, die er nachher in großen Fresken auf das Panthéon geworfen hat. Und das mit Recht: denn dies ist ihr Berg, und sie hat Paris von Attila und den Hunnen befreit.
0 Lyzeum Henri IV. , bist du nicht, mit deinem wechselvollen Namen, ein Bild der politischen Vergänglichkeit? aber schließlich war die Republik gefestigt, und dann war alles gut. Mich dünkt, wir können auch von Heinrich dem Vierten noch manches lernen.. Baptiste.
Spitzel und Siedler
Eine Kosakengeschichte
sollte in Algier sein, man zahlte Geld ein, man hoffte auf
Wahl von 1932. Aber die Wahl ging links, die Pläne fielen um. das Geld war verloren. Lazarew hatte 100 Franken eingezahlt hatte das Geld nach Nice ausgegeben, um an der Gründungsversammlung teilzunehmen. Der Betrogene protestiert, macht Krach, wird angezeigt die Folge ist ein Ausweisungsbefehl
Das war am 10. Angust. Am 27. Oktober hörte der Kosak erst von dem Polizeibefel. Er tippelte nach Paris und suchte Hilfe beim alten Botschafter Maklakoff, der den,., Irrtum" aufklären wollte. Malakoff tat. was er konnte, aber inzwischen verstrich die Zeit, und als Lazarew am 7. Dezemher in Paris auf die Polizeiprätektur ging, um sich Auskünfte zu holen, wurde er draußen auf dem Blumenmarkt verhaftet, denn die Frist war verstrichen.
Jetzt saß er da, stumpf, dichtbehaart, geschwätzig, heulend. Der einzige Zeuge war der ehemalige zaristische Staatsanwalt Tsche byehow, der kannte ihn wohl, aber mehr von Amts wegen... Uebrigens ist Tschebychov jetzt Redakteur an dem Pariser Zaristenblatt Die Renaissance".
Lazarew, der blinde Kosak, erhielt vier Tage Gefäng nis, dann wird er ausgewiesen.
Kosakenprozesses, die ganz lehrreich ist!- Die Geschichte eines Spitsel-, eines Siedlungs-, eines Kosakenprozesses, die ganz lehrreich ist!
Ein Seine- Schiff für die Obdachlosen!
Die berühmten Brückenbogen an der Seine, an denen sonst die Obdachlosen schlafen. sind leer. Die grimme Kälte, die abwechselnd mit Tauwetter und Glatteis herrschte, hat die Umherirrenden vertrieben. Nachts spähen die RadfahrerPatrouillen der Polizei die Kais ab, zu sehen, ob irgendwo ein einsamer Braséro in der Nähe eines Holzplatzes oder Kohlenlagers flammt, an dem sich ein paar Hungerude wärmen.
Die Schlafpiate der Heilsarmee , auch die neue cité du Refuge, sind überflutet In Ketten stehen die vom Elend Verfolgten. darunter auch wohl manche arme deutsche Arbeiter, und warten auf die heiße Suppe. die Soupe Populaire , die die Wohlfahrt ausgibt. Auch der Pot- au- Feu für die Alten, das Hilfswerk einer barmherzigen Frau, zieht umher. Aber alles das genügt nicht. Der Pariser Polizeipräfekt hat jetzt die ausgezeichnete Absicht, am quai Jemappes ein ganzes Schiff, das in der Seine liegt, mit Stroh auszufüttern, um dort die vom Leben Ausgestoßenen zu betten.
Die Not ist schwer. Auf offener Straße, rue Legendre, ist vor einigen Tagen ein 85jähriger Greis zusammengebrochen. und halb erfroren. In Kellern und Scheunen oder ungeheizten Wohnräumen waren mehrere arme Menschen erfroren, darunter eine 60jährige Frau in der Gegend vom Montparnasse in ihrer Wohnung und eine 51jährige Frau, anscheinend polnische Jüdin. die bei einer Freundin in der Nähe des Boulevards Saint- Michel in einem Hause genächtigt hatte.
Die Obdachlosen entdeckt man nachts, in Bildern, die an Gorkis Nachtasyl" erinnern in den Wölbungen der Eingangsschächte zur Untergrund, die warm sind. Andere schleichen sich in Keller ein und pennen in der Nähe der Heizungskörper.
Die Kälte war grimmig. die Not ist groß. Die Seine führte Eiswasser. draußen ist sie teilweise mit Eis bedeckt, besonders auf den Höhen von Lothringen , beim Fort Douaumont , am Rhein- Rhone- Kanal tobte der Krieg des Wetters gegen den Menschen. Die Maas bei Verdun war völlig zugefroren.
Dieser Kosakengeschichte muß man doch wohl ein poli- Impfungen gegen den Typhus
tisches Geleitwort geben.
Man weiß, der Russe Gorgulo w tötete den Präsidenten Doumer. Der Hauptbelastungszeuge war der Kosak Ivan Lazarew. Dieser Bursche, ein dumpfer Mensch, log. Er sagte, dieser Gorgulow sei ein Bolschewikenführer von Rostow am Don, der ihn gequält habe. Er stand da, ein breiter und dummer Bauer, und hob die Finger. Niemand glaubte dem Spitzel Mächtigerer. Gorgulow war ein Wahnsinniger, aber kein Bolschewik. sinniger, aber kein Bolschewik.
Der lügenhafte Kosak ging dann in die Pyrenäen zurück, wo er ein Leben als Ackerbauer unter traurigen Bedingungen führte. Dort gründeten die zaristischen Weißrussen eine Siedlungsgesellschaft, die Skafa. Die Siedlung
EILIG!
werfen den Marxisten den ökonomischen Materialismus" Wohnung SCHONER BESITZ
vor( obwohl doch die Oekonomie die Formen menschlichen Gemeinschaftslebens schafft), während sie selbst mit dem Rassismus, diesem zoologischen Materialismus", den Men schen zum Rassezuchttier erniedrigen.
Antonio Coen, Altgroßmeister der Großloge , ergänzt Gumbels Ausführungne nach dem Politischen hin; er zeigt noch einmal den Wahnsinn, die Lächerlichkeit, den grauenhaften Terror jener ,, Eroberer" jenseits des Rheins.
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Um die Gedanken der Redner zu ergänzen, dem Rassewahnsinn den Geist wahrer Menschlichkeit entgegenzustellen, haben sich Künster Franzosen und deutsche Refugiés Zusammengefunden. Deutsches und Französisches erklingt abwechselnd in der internationalen Sprache der Musik: Bach, Beethoven . Gluck, Janequien. de Beauxjoyeux. Franzö sische Volkslieder. Deutsche Gesänge Mendelssohns, die ein vorhitlerisches Deutschland in seinen natio nalen Liederschag aufgenommen hatte, und die heute gleich Menschen ihre Heimat verloren haben.
Dies alles ist die Feier eines kleinen Kreises überzeugter Menschen verschiedensten Alters und Berufes. In einer ungeheizten Kapelle, oben in der Montmartregegend hat man sich getroffen.
Die Einnahmen der Feier soll das Hilfswerk für die deutschen Flüchtlinge erhalten. Wenige nur wissen davon. Aber vielleicht trägt die Arbeit der vielen kleinen Kreise doch ihre P. W. Früchte
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Nach Mitteilung der Polizeipräfektur finden Impfungen gegen den Typhus statt:
Für Erwachsene: Samstags 9 Uhr im Hopital Cochin, Samstags 15 Uhr im Hopital Saint- Antoine, Samstags 17.30 Uhr im Hopital Lariboisière.
Für Kinder: Dienstags und Donnerstags 9 Uhr im Hopitas Bretonneau, Mittwochs, Donnerstags und Freitags 9 Uhr im Hopital Trousseau.
Die Polizei warnt, anderes Wasser als Trinkwasser zu benutzen; man soll anderes Wasser auch nicht zum Waschen und zur Lebensmittelzubereitung benutzen. da trotz der Kälte im Dezember die Zahl der Typhusfälle stieg.
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