Pariser Berichte

Pariser Straßenkalender

Der Ueberfall auf einen Kassierer des Deutschen Berg­arbeiterverbandes durch zwanzig Nationalsozialisten im Saar­gebiet wird in der Pariser Presse an sichtbarer Stelle wieder­gegeben und macht großen Eindruck.

Henry Lichtenberger  , der berühmte Germanist der Sor­bonne, las kürzlich in der Journalisten- Hochschule über L'Allemagne".

Dem Vernehmen nach ist die deutsche   Abteilung der Librairie du Luxembourg im lateinischen Viertel erheblich ausgebaut worden.

,, Richard III." im Théatre l'Atélier wird am 12. Januar für die französische sozialistische Jugend zum herabgesetzten Preise von 9 Francs gegeben. Einschreiben vor 9. Januar bei Mireille Osmin, 12, rue Feydeau.

Am Boulevard de la Villette hat sich wieder eine der vielen Flüchtlingstragödien abgespielt, an denen die Hitlerei direkt oder indirekt schuld ist. Ein polnischer Flüchtling namens Muztatat, der in Chemnity gewohnt und in Paris   als Flücht­ling einen kleinen Mittagstisch aufgemacht hatte, griff nach dem Rasiermesser und brachte sich eine sehr schwere Wunde bei. Der Bedauernswerte wurde nach dem Krankenhaus gebracht.

Stavisky auch Hitler- Agent? Dunkle Dinge um ein Pariser Mittagsblatt

Der Populaire" spricht in der Affäre der 200 Millionen falschen Bons von Bayonne  , die jetzt angeblich schon auf 300 Millionen, nach anderen gar auf 500 anwachsen, die Ver­mutung aus, daß der Abenteurer Stavisky   auch im Hitler- Solde stand.

Stavisky, ein vorbestrafter Hochstapler, reiste im Herbst 1932 nach Ungarn   mit dem Empfehlungsbrief eines be­kannten Politikers. In Budapest   spielte er den großen Herrn in den faschistischen Kreisen. Im Frühjahr 1933 soll er sich gerühmt haben, in vertrautem Kreise, daß er Geheimagent für Ungarn   sei, und daß ihm die publizistische Vertretung in Frankreich   anvertraut sei, insbesondere die Propaganda für die Abänderung des Vertrags von Trianon. Einmal soll er ein Riesengeschäften durch Aufkauf der Bons von Optanten ge­macht haben.

Nach seiner Rückkehr von Budapest   soll der Abenteurer das Pariser   Blatt Lo Volonté" gekauft haben. Zu

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Der bloßgestellte Kolonialminister

Tellkrise des Kabinetts Chautemps

Paris, 6. Jan. Der französische   Kolonialminister Dali­mier ist entgegen den im Laufe des Freitag verbreiteten Gerüchten noch nicht von seinem Posten zurückgetreten. Dalimier, der im 3usammenhang mit dem Ba yonner Finanzskandal angegriffen wird, weil er angeblich die Versicherungsgesellschaften aufgefordert hatte, die von der Bayonner städtischen Kreditanstalt herausgegebenen Bonds anzukaufen, hatte am Freitag zwei lange Unterredungen mit dem Ministerpräsidenten. Der Kolonial­minister überreichte Chautemps die beiden Briefe, die in der französischen   Presse veröffentlicht worden waren und die von einer seinem damaligen Ministerium unterstellten Ab­teilung geschrieben worden sind. Er erklärte dem Minister­präffenten daß einer seiner damaligen Bürodirektoren zu= gegeben habe, die Briefe auf eigene Verantwortung ge= schrieben zu haben. Dalimier fonnte aber nicht leugnen, daß beide Briefe seine Unterschrift trugen.

Im Anschluß an die letzte Unterredung des Kolonial­ministers mit dem Ministerpräsidenten, der inzwischen den Staatspräsidenten aufgesucht hatte, wurde eine Verlaut­barung veröffentlicht, in der darauf hingewiesen wird, daß Dalimier bewiesen habe, in gutem Glauben gehandelt zu haben. In parlamentarischen und politischen Kreisen rechnet man aber nichtsdestoweniger mit dem Rücktritt mög­licherweise noch vor Wiederzusammentritt der Kammer am fommenden Dienstag. Man erklärt in diesem Zusammen­hang, daß der Rücktritt des Kolonialministers dem Minister­präsidenten die Möglichkeit geben würde, bei Wieder­zusammentritt der Kammer in aller Unabhängigkeit den Standpunkt der Regierung zu dem Skandal darzulegen. Es sei außerdem sehr wahrscheinlich, daß die Gerichte möglicher­weise noch heute gegen den Bürgermeister von Bayonne   und Abgeordneten Garat   einschreiten, dessen Mitverantwortlich­teit an dem Rrach außer Zweifel zu stehen scheine.

Der Finanzminister veröffentlicht im Zusammens hang mit dem Bayonner Skandal eine amtliche Verlaut­barung, in der darauf hingewiesen wird, daß das Finanz­ministerium sich von jeher sehr zurückhaltend gegen die Ab­sichten des Schwindlers Stavisfy verhalten habe. Es habe sowohl im Einvernehmen mit dem Außenministerium die Unterbringung der ungarischen Titel in Frankreich   ver­hindert wie auch die Einführung dieser Titel in das Aktiv der Sozialversicherungsgesellschaften untersagt. Die Ueber­wachung der städtischen Kreditanstalten wie die von Ba­ yonne   werde alljährlich von einem oberen Finanzbeamten durchgeführt. In Bayonne   hätten im Dezember 1931, Sep­tember 1932 und Dezember 1933 solche Revisionen statt­gefunden. Die beiden ersten Male habe man feinerlei Ver­fehlungen festgestellt. Erst bei der letzten Revision seien aus der Buchführung nur für 450 000 Franken rückzahlbarer Bonds hervorgegangen, obgleich der Revisor wußte, daß für über neun Millionen fällig waren. Aus dieser Feststellung heraus entwickelte sich dann der Krach.

Die Polizei hat am Freitag in der Pariser Wohnung Stavistys eine Haussuchung vorgenommen und für 40 000 Franken Bargeld und 600 Kilogramm Gepäck gefunden. Die Gattin des Betrügers, die in der Pariser Gesellschaft eine große Rolle spielte, hat Paris   noch nicht verlassen, meiß aber angeblich nicht, wohin ihr Mann geflüchtet ist.

Die Rechte unter Führung Tardieus hat zu einer großen Offensive gegen die Linksregierung Chautemps eingesetzt.

Am Dienstag tritt die Kammer wieder zusammen. Fünf Interpellationen liegen bereits vor, und zwar von sozialistischer und nationalistischer Seite. Falls die Regierung am Freitag, wenn die Inter= feine pellationen zur Debatte kommen, reine Weste vorweisen kann, dann dürfte ihr Schicksal besiegelt sein.

Neun Personen bel Kolmar   ertrunken

gleicher Zeit mietete. er das Pariser   Operettentheater Die Katastrophe im Wasserkraftwerk

,, Empire", das jetzt, wie wir meldeten, infolge des Ver­schwindens des modernen Manolescu, krachen gegangen ist. In diesem Theater machte Stavisky ungarische Propaganda. Er gab eine ungarische Operette mit der bekannten Rita Georg  .

Der jetzt geflüchtete Direktor dieses Empire- Unternehmens 2 war ein alter Freund Staviskys. Er hieß Henry Hayotte und war mit Stavisky 1926 wegen der falschen Stücke der Defence Nationale angeklagt. Damals hieß er Alliott.

Der Populaire" macht weiter Andeutungen, daß Mon­sieur Alexandre", nämlich Stavisky, sich gleichermaßen an einem gewissen Pariser   Mittagsblatt beteiligt habe, dessen Chefredakteur zum Stabe der Volonté  " gehört habe.

Wenn diese Angabe zutrifft, so wird hier in eins der dankelsten Kapitel des Pariser   Asphalt- Hitlertums hinein­geleuchtet.

Der Populaire" erklärt es jedenfalls nach Auffassung gut unterrichtetre Kreise für fast sicher, daß es nicht ungarisches Geld, sondern hitlerdeutsches war, das die Unter­nehmen und die Propaganda Staviskys finanzierte, wie gegen­wärtig in London   Hitler  - Geld die sogenannten ungarischen Agenten versorge.

In Bayonne   im Crédit Municipal sind inzwischen in Gegenwart des verhafteten Tissier, dem Opfer Staviskys, der den Riesenschwindel mit den falschen Bons des Instituts ermöglichte, die Siegel entfernt worden. Man fand in den zwei Geldschränken versetzte Schmuckstücke. In dem einen lagen 35 Kistchen, drei wurden geöffnet und enthielten jede

Paris  , 5. Jan. Wie zu dem Ueberschwemmungsunglück bei Urbeis  ( Orbey) in der Nähe von Kolmar   ergänzend verlautet, sind neun Personen in den Fluten umgefommen, darunter der Direktor und der leitende Ingenieur des Wasserkraftwerkes. Nur zwei Arbeiter fonnten noch im legten Augenblid gerettet werden.

Da Gefahr besteht, daß im Tal gelegene Gehöfte ebenfalls von den Wassermassen erreicht werden, hat der Präfekt die sofortige Räumung angeordnet. Troß der Schnelligkeit der Hilfsarbeiten befürchtet man einen Bruch der Deiche. Die Arbeiten des Militärs und der Feuerwehr werden durch den Schnee erschwert, der etwa ein Meter hoch liegt. Der durch die Ueberschwemmung der Kraftwerksanlagen angerichtete Sachschaden soll sich auf mehrere Millionen belaufen.

Die Leichen der bei dem Ueberschwemmungsunglück bei Urbeis Verunglückten konnten bisher noch nicht geborgen werden. Es handelt sich um drei Franzosen, drei Schweizer  und drei Italiener. Das Dach des Kraftwerkes wurde ein­gedrückt und das ganze Gebäude ist überschwemmt worden. Die beiden Arbeiter, die sich in Sicherheit bringen konnten, haben bei dieser Gelegenheit auch die Mutter eines Ver­unglückten Vorarbeiters gerettet, die erst am Tage vorher zum Besuche ihres Sohnes eingetroffen und im obersten Stock des Wasserkraftwerkes untergebracht worden war. Infolge des starten Nebels war es bisher noch nicht möglich, die Ursache des Unglücks festzustellen.

für 600 000 Franken Edelsteine und Schmuck. Der Prüfung Augenzeugen berichten

wohnte auch der Schätzer der Kasse Sam Cohen bei, ein naturalisierter Franzose, der ein hohes Einkommen mit Pro­zenten vom Wert hatte. Dieser Mann sagte aus, daß Stavisky ihn zu faulen Geschäften habe überreden wollen, daß er dies aber abgelehnt habe.

Nach anderen Mitteilungen aus Bayonne  , die der Havas­Korrespondent weitergibt, hat Stavisky sogar die Absicht ge­habt, das Kasino von Biarritz   zu pachten, was daran ge­scheitert ist, daß Mme. veuve Boulan, die Kasinoinhaberin, nichts von einer Verpachtung, sondern nur von einem Ver­kauf wissen wollte.

Am alarmierendsten sind von all diesen Nachrichten offen­bar die der Stavisky- und Hitler- Beziehungen zu einem Pariser   Mittagsblatt.

Wir haben kürzlich auf Grund eigener Information ge­meldet, daß M. Louis Thoma, der Apostel der Ver­ständigung Frankreichs   mit Hitler- Deutschland, auf eine große Tour durch ganz Frankreich   geht, um überall für die Freundschaft mit den Lenkern des dritten Reichs"

Augenzeugen berichten von den herzzerreißenden Szenen, die sich im Augenblick des Unglücks abgespielt haben. Im Maschinenraum befanden sich ein Monteur und zwei junge

gange stand? Viel wichtiger ist es, die gefährlichen Bahn­übergänge zu beseitigen."

Jetzt hat der Untersuchungsrichter die erste Entscheidung getroffen. Eine Reihe leitender Ingenieure und tech­nische Kontrollkräfte, sechs Mann, werden neben dem Zug­führer und dem Heizer vor Gericht gestellt. Zwar erklären die Arbeiterblätter diese Anklagen für ungenügend und fordern die Anklageerhebung gegen die Verwaltung selbst. Aber uns Deutschen   erscheint auch diese Form der Justiz schon als erheblicher Vorzug gegenüber dem, was wir in Deutschland   als Justiz zu erleben gewohnt waren.

in deren Geiste Propaganda zu machen. Wir fragten damals Die Fünffrankenscheine gelten noch nach der Herkunft des Geldes. Im Zeichen von Bayonne   und der vom ,, Populaire" angedeuteten Beziehungen wieder­holen wir diese Frage.

Die Anklage von Lagny

Die französische   Justiz arbeitet anders als die deutsche. Sie sucht, immerhin, geprüft durch langes Rechtsbewußtsein, die wahren Schuldigen.

Als man nach dem furchtbaren Eisenbahnunglück von Lagny die armen Zugbeamten verhaftete, forderte die öffent­liche Meinung stürmisch ihre Freilassung. Diese waren nicht die wahren Schuldigen. Der wahre Schuldige war der für die Sicherheit verantwortliche große Mann. ,, Was nützt es, schrieb damals ein französisches Blatt, etwa eine arme Bahnwärterfrau zu verhaften, wenn sie nicht am Bahnüber.

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Nach einer Verfügung des französischen   Finanzministe­riums gelten die Fünffrankenscheine, obwohl sie ab Neujahr nicht mehr gesetzliches Zahlungsmittel sind, bis auf weiteres noch, da die Zahl der neuen Nickelstücke noch nicht ausreicht. Die Zehn- und Zwanzigfranken­scheine bleiben dagegen aus dem Verkehr gezogen.

Elsässer. Als das Wasser wie ein Sturzbach in den Ma­schinenraum eindrang, gelang es dem Monteur, sich an einem Kabel bis zum Fenster gleiten zu lassen, um von dort in den See zu springen und schwimmend das Ufer zu erreichen. Die beiden jungen Elsässer wollten es ihm nach­tun, aber neu einem gelang die fühne Tat. Der andere erlitt einen Herzschlag und ging in den Fluten unter.

Die Ursache des Unglücks ist noch nicht geklärt. Man zieht zwei Möglichkeiten in nähere Erwägung. Entweder han­delt es sich um einen Konstruktionsfehler in dem Zu­leitungskanal, oder aber um ein falsches Manöver während der Zuleitung des Wassers zum Kraftwerk. Der Bauwert des Kraftwerkes betrug 100 Millionen Franken.

Die Ursache

Paris  , 5. Jan. Eine genaue Untersuchung des Ueber­schwemmungsunglücks am Kraftwerk Urbeis   hat ergeben, daß das Unglück durch den Bruch eines 3uleitungs­rohres vom Weißen See   zu dem 128 Meter tiefer gelegenen Schwarzen See, an dem sich das Kraftwerk befindet verursacht worden ist. Mit einer Geschwindigkeit von 37,3 Meter in der Sefunde stürzten die Fluten den Abhang hinab und prallten gegen die Mauern des Kraftwerks. Der nördliche Teil des Gebäudes, in dem sich die Arbeiter be­fanden, wurde vollständig vernichtet. Die neun Verunglückten find troß stundenlangem Suchen mit Tauchern noch nicht gefunden worden.

Während man in den Vormittagstunden des Freitag noch mit der Möglichkeit rechnete, daß auch der Staudamm brechen würde, gilt diese Gefahr jeẞt als überstanden. Der Damm hat dem ungeheuren Druck der stundenlang heranbrausenden Wassermassen standgehalten.

Diese Umbauten vollzogen sich nach einem bedeutenden Plan des wissenschaftlichen Direktors der nationalen Museen

Die

M. Henry Verne. Vor allem ist die Skulptur des Mittelalters, der Renaissance und der Neuzeit in das Erdgeschoß des Südflügels der Tuilerien von der Porte de la Trémoille bis zum Flora- Pavillon gebracht worden. Treppe Daru mit der Siegesgöttin wirkt prachtvoll. Der Sphynx- Hof ist ebenfalls umgebaut worden. Von dort fällt der Blick auf den berühmten Fries des Meander- Tempels. die zwei mächtigen Säulenschäfte des Apollo- Tempels von Milet  und andere Kostbarkeiten, u. a. eine neu bei den Aus­grabungen von Antiochia   entdeckte Mosaik.

Die Antiken- Sammlungen haben einen neuen Eingang am Schalter des Pavillon des Arts erhalten.

Das ganze Erdgeschoß im Norden der Cour Carrée be­decken die Antiken aus dem Orient, u. a. die assyrischen, hettitischen und syrischen Funde. Zwei Säle mit. dischen Altertümern zeigen die Ausgrabungen von Jericho   und die Töpferarbeit von Byblos   und Sidon  . Von dort geht es nach Zypern, Phönizien   und den Prachtstatuen von Babylon.

In der Bilderabteilung wurden Veränderungen in

Neuordnung der Schätze des Louvre den sieben Sälen des zweiten Stockwerks vorgenommen. In

Die Ausgrabungen von Jericho  

Besucher des Louvre, der einzigartigen Unterkunft der berühmtesten Bildwerke der Welt, bemerkten seit längerer Zeit die großen Umbauten, die sich vor der großen Sieges göttin von Samothrace   vollzogen,

den drei Sälen neben der Grande Galerie wurden die frühen Italiener, die Fresken von Boticelli und Luini und die Frühwerke der Renaissance placiert.

Der Louvre und die übrigen Pariser   Museen sind be­kanntlich Sonntags bis 5 Uhr nachmittags umsonst geöffnet.