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Igiek

Freiheil

2. Jahrgang

Einzige unabhängige Tageszeitung Deutschlands

Saarbrücken, Dienstag, den 9. Januar 1934 Chefredakteur: M. Braun

Aus dem Inhalt

Pacis und Beclin Seite 2

An den Välkecbund

Seite 3

Deutschland

und die Weltwirtschalt Seite 4

Seeschlange im Film

Seite 5

Deutsche Gerichtsgreuel

Seite 8

Nummer 6

6000 Pfarrer gegen Reichsbischof

Der große deutsche   Kirchensturm

Zerfall der Reichskirche

Berlin  , 8. Januar.

Die reichsdeutsche Presse bringt seit einiger Zeit kaum noch Nachrichten über die scharfen Kämpfe in der evange= lichen Kirche Deutschlands  . Die Gegenfäße zwischen dem Reichsbischof und seinen Deutschen Christen  " auf der einen Seite und der Masse des Kirchenvoltes mit seinen Pastoren find aber nicht geringer, sondern größer geworden. Man darf von einem regelrechten Aufstand gegen den Reichsbischof sprechen, den man in den Pfarrhäusern unverblümt als ner: venkrant bezeichnet und dem auch von guten Freunden an: geraten wird, fich in ein Sanatorium zu begeben. Der rebel­lische Pfarrernotbund steigert seine Mitgliederzahl sprungs haft. Hatte er vor Jahr etwa 2000 Mitglieder, so sind es

heute 6000 Rebellen, die in diesem Bund vereint find. Die Opposition hat in den letzten Tagen des Jahres vor einer Bertreterversammlung in Würzburg   ein bis zum 2. Ja unar befristetes Ultimatum an den Reichsbischof gerichtet, das die Ernennung eines innerlich geschlossenen geistlichen Ministeriums verlangt. Reichsbischof Müller thront ohnehin fast vereinsamt auf steiler Höhe. Nachdem vor einigen Tagen der Minister der Reformierten Weber ihn verlassen hat, und schon vor einiger Zeit der Deutsche Christ  " Sossenfelder als Kirchenminister und Bischof von Brandenburg   ausgeschifft werden mußte, hat Müller nur noch einen Kirchenminister neben sich, während die Kirchenregierung aus vier Kabinettsmitgliedern bestehen joll. An die Inthronisierung des Reichsbischofs durch einen feierlichen Aft im Berliner Dom   ist einstweilen gar nicht zu denken. Man hat diesen großen firchlichen Akt auf unbe­stimmte Zeit verschoben.

Der Reichsbischof Müller hat versucht, durch eine persön liche Aussprache mit dem ersten Reichsbischof Bodel= schwingh, der im Sommer durch ein Machtwort des Reichskanzlers abgesetzt worden ist, eine Einigung herbei­führen. Wenn dieses Gespräch überhaupt Aussicht auf Er: folg gehabt haben sollte, ist er durch die zwangsweise Ein­gliederung der evangelischen Jugendverbände in die Hitler­ingend zunichte gemacht worden. Der Widerstand gegen die: sen Ruin der evangelischen Jugendbewegung ist nach wie vor sehr stark.

In seiner Not hat der Reichsbischof am 4. Januar zu einer Rotverordnung gegriffen. Sie wendet sich gegen die kirchen­politischen Kämpfe, die den Frieden und die Einigung in der Kirche zerstören, die notwendige Verbundenheit der evangelischen Kirche mit dem nationalsozialistischen Staat zerrütten und sowohl die Verkündigung des Evangeliums als auch die neu errungene Voltseinheit gefährden. Das sind die eigenen Worte des Reichsbischofs. Er ordnet nun an: " Der Gottesdienst dient ausschließlich der Verkündung des lauteren Evangeliums. Der Mißbrauch des Gottesdienstes zum Zwecke kirchenpolitischer Auseinandersetzungen, gleich viel in welcher Form, hat zu unterbleiben." Die Verordnung bedroht alle Zuwiderhandelnden unter sofortiger vor: läufiger Enthebung vom Amte mit dem förmlichen Disziplinarverfahren mit dem Ziele der Entfernung aus dem Amte.

Ob der Reichsbischof in der Lage sein wird, dieser Verord:

nung Geltung zu verschaffen, darf man bezweifeln. Sie wurde am Samstagmorgen zunächst nur in zwei Berliner  Zeitungen veröffentlicht. Dann wurde die weitere Veröffentlichung unterbunden und es hieß, die Verordnung sei außer Kraft gefegt wor den. Da inzwischen das halbamtliche deutsche Nachrichten: büro die Verordnung verbreitet, ist anzunehmen, daß sie doch in Kraft bleiben soll. Dieses Schwanken kenn= net die Windstärke des Sturmes, der durch die evange lische Kirche geht. Am 8. Januar will der Pfarrernotbund  in zehn Berliner   Kirchen Volksversammlungen abhalten. Es ist fraglich, ob diese Versammlungen zugelassen werden. Ihr Verbot will die Stimmung noch verschärfen.

Falls der Kurs des Reichsbischofs in der neuen Notver: ordnung versucht, den Pfarrernotbund und die oppofitionel­len Kirchenführer zu unterdrücken, muß mit dem Zerfall der Reichskirche gerechnet werden.

Deutsches Glaubensbekenntnis"

Von drei Fronten her führt der Nationalsozialismus sei­nen Kampf um die evangelische Kirche. Da sind erstens die " Deutschen Christen  " des wankenden Reichsbischofs Müller, die in den letzten Monaten sehr zersetzt worden sind. Da ist

ferner die Deutsche Glaubensbewegung für die deutsche Lan­deskirche", die dem Alten Testament   und dem jüdischen Rab­biner" Paulus den Krieg erklärt haben, und da ist schließlich die Deutsche Glaubensbewegung", die den lieben Gott ganz einfach zum Pg. ernennt, indem sie folgendes Deutschapo­stolicum" ablegt:

Ich glaube an den Gott der Dentschreligion, der in der Natur, im hohen Menschengeist und in der Kraft meines Volkes wirkt. Und an den Nothelfer Krist, der um die Edelkeit der Menschheit fämpft. Und an Deutschland  , das Bildungsland der Menschheit." al

Womit der bisherige Gott als Schöpfer und Lenker des Alls in aller Form abgesetzt ist. Er hat die Prüfung auf Rassereinheit nicht bestanden.

Das Blut des Gekreuzigten Die Stimme des Kampfkardinals

Kardinal Faulhaber   in München   hat in seiner in­zwischen als Broschüre erschienenen Silvesterpredigt eine cijene Kriegserflärung an die Nassenfanatiker gerichtet und die unbedingte Ueberlegenheit des Christentums über die Raffenlehre proklamiert:

Vom firchlichen Standpunkt ist gegen die ehrliche Rassen forschung und Rassenpflege nichts einzuwenden. Auch nichts einzuwenden gegen das Bestreben, die Eigenart eines Boltes möglichst rein zu erhalten und durch Hinweis auf

in die junge Voltsgemeinschaft einen Reit zu treiben. Im Westen Deutschlands   ist es in dieser Beziehung zu recht unerfreulichen Ereignissen gekommen. Sowohl in der katholischen   als auch in der evangelischen Kirche hatte die firchenpolitische Betätigung guf der Kanzel Formen angenommen, die im heutigen Staat untragbar sind. Der Be: vollmächtigte der evangelischen Landeskirche in Hessen  fühlte sich veranlaßt, den Geistlichen und Kirchenbeamten jede firchenpolitische Betätigung auf der Kanzel, unter der Kanzel, in Sonntagsblättern, Flugzetteln und in Vers sammlungen zu verbieten. Auch die staatlichen Behörden im Rheinland haben gewisse Zeitungen, die aus der Spannung zwischen den Konfeffionen ein Geschäft zu machen versuchten, mit herzerfrischender Deutlichkeit in ihre Schranken gewiesen."

Katholische Pfadfinder verboten ,, Einheitsjugendbewegung"

Wie die Schnellforrespondenz der Obergebietsführung West der Hitlerjugend   meldet, sollte am 4. Januar d. J. in Mettmann  ( Düsseldorf  ) eine Veranstaltung der St.­Georgs Pfadfinder im Katholischen Jungmänner verband" stattfinden, die aber vom Bürgermeister mit der Begründung verboten wurde, daß derartige Veranstaltun gen, deren Tendenz gegen die nationalsozialistische Ein. heitsjugendbewegung unverkennbar ist, im Land­freis Düsseldorf- Mettmann nicht erwünscht sind.

die Blutsgemeinschaft den Sinn für die Volksgemeinschaft Aufgekauft!

zu vertiefen. Nur darf die Liebe zur eigenen Rasse in der Kehrseite nicht Haß gegen andere Völker werden. Nur darf der einzelne der fittlichen Pflichten gegenüber seiner Kirche und der persönlichen Verantwortung für seine Seele fich nicht enthoben glauben, wenn er von der Seligpreisung der Rasse soviel hört. Nur darf die Raffenpflege teine Frontstellung gegen das Christen: tum einnehmen und nicht den ungeheuer lichen Vorwurf erheben, die germanische Rasse sei durch das Christentum verdorben worden. Rasse und Christentum sind an sich keine Ge­gensätze, wohl aber verschiedene Ordnungen. Rasse ist

München  , 7. Januar. Die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei   hat, nachdem sie vor eini­ger Zeit das bekannte große Hotel Marienbad  " ange­fauft hat, jetzt auch das danebenliegende Hotel Union" erworben. Das Hotel, dessen Besitzer das Katholische Kasino war, diente mit seinem großen Theater- und Vor­tragssaal und seinen sonstigen zahlreichen Räumen vor allem den katholischen   Organisationen Münchens   als Mittelpunkt.

Verbundenheit mit dem Bolt, Christentum ist zu 1400 Dynamitpatronen

nächst Verbundenheit mit Gott  . Rasse ist völ­fische Geschlossenheit und Abgeschlossenheit, Christens tum ist weltweite Botschaft an alle Völker. Das Evangelium unterscheidet mit scharfem Trennungs­strich zwischen denen, die aus dem Blut geboren, und. de­nen die aus Gott geboren sind. Wir sind nicht mit deutschem Blut erlöst. Wir sind mit dem fostbaren Blute des Getreuzigten erlöst. Dem Gekreuzigten aber geht die jüdische Prophetie voraus, und er ist aus einer jüdischen Jungfrau geboren, die aus dem Geschlechte Davids stammt. Noch heute wird dieses jüdische Mädchen aus Galiläa in allen katholischen Kirchen als Gottesmutter verehrt, und um die jüdische Jungfrau Maria scharen sich die ersten und ältesten Heiligen der Kirche, die ausnahmslos aus jüdischem Blute stammen.

Die Kirchenfahnen

Nationalsozialistische Drohungen

Wir haben berichtet, daß der Bischof von Mainz   verboten hat, auf den Kirchen andere Fahnen als die des Papstes und die des Domkapitels zu hissen. Der Westdeutsche Be= obachter"( Nr. 6) faßt das als einen schweren Verstoß ge­gen die Volksgemeinschaft" auf. Er schreibt u. a.:

" Die kurze gewundene Erklärung spricht Bände! Es hat zunächst den Anschein, als ob das Mainzer Domkapitel  glaubt, daß man nun für den Nationaljozia: ( ismus genug getan hätte und zu den alten Ge= wohnheiten zurückzukehren gewillt sei. Denn praktisch be: deutet die Anordnung ein Verbot des Hatenkreuz­banners für die Kirche und ihre Gebäude

Das Ganze sieht sehr nach einer Abkapselung der fatholischen Kirche gegen die nene stürmisch vors wärtsdrängende Zeit ans. Das Tempo ist den Herr­schaften vielleicht etwas zu scharf, fie machen nicht mehr mit und ziehen sich in ihre eigenen eng umriffenen Kreise zurück. Der merkwürdige Erlaß zieht eine chinesische Mauer gegen das pulsende Leben im Bolte.....

Man fühlt es wieder an allen Ecken und Enden, daß von toufessioneller Seite her der Verfuch gemacht wird

Die Arbeiter und die Katastrophe der Nelsongrube Offegg, 8. Januar. Die Untersuchungskommission, die an der Klärung der Schuldfrage des Unglücks auf der Nel­songrube arbeitet, hat am Sonntag eine große Anzahl von Bergleuten, Betriebsleitern und sonstigen Angestellten ver­nommen. Der am Sonntagabend verhaftete Betriebs­ingenieur Beysser wurde in das Kreisgerichtsgefängnis eingeliefert. Gegen Bensser waren aus Kreisen der Arbeiter­schaft schwere Anschuldigungen erhoben worden. Er soll nicht nur ein harter Vorgefeßter gewesen sein, sondern er wird vor allem für die den Betrieb gefährdenden Sparmaßnahmen verantwortlich gemacht.

Gen.- Direktor Löcker erklärte Pressevertretern, Benffer versah viele Jahre zur vollsten Zufriedenheit den Dienst. Daß er streng gegen die Arbeiterschaft war, haben wir gewußt. Gegen Benifer werden jetzt begreiflicherweise große Vor­würfe erhoben. So wird behauptet, er habe 16 Personen, die nur mit der Entfernung von Kohlenstaub beschäftigt waren. entlassen. Beysser hat mir gegenüber diese Anschuldigungen als Märchen erklärt. Die Berieselungsanlagen waren in Ordnung. Von außerordentlichen Rationalisierungsmaß­nahmen in der Grube ist uns nichts bekannt.

Der Schaden, den die Brürer Sohlenanlagen durch das Un­glück erleiden, geht in die Millionen und läßt sich nicht annähernd abschätzen. Bei dem Unglück ist auch das Spreng­mittellager explodiert. Zur Zeit der Katastrophe befanden fich im Schacht etwa 1400 Dynamitpatronen.

Die Kommunisten versuchen aus Anlaß der Verhaftung des Betriebsingenieurs Benfier die Ausgabe von Streif parolen Für den gestrigen Sonntag batten sie eine Revier­versammlung nach Bruch einberufen. Die Gendarmerie hatte den Ort umstellt. Als trotzdem eine Versammlung zustande­tam, wurde sie aufgelöst. Darauf fand in dem benachbarten Ort Herrlich ohne Kenntnis der Behörden später eine zweite Versammlung statt. Es hatten sich etwa 300 Delegierte vont 35 Schächten eingefunden. Auch Mitglieder nichtkommu nistischer Gewerkschaften verschiedenster Richtung hatten sich eingefunden. In einer Entschließung wurde Entlassung und strenge Bestrafung aller am Unglüd verantwortlichen Per­sonen, vor allem des Betriebsleiters Vlyffer, und die Ab­berujung der Gendarmerie und des Militärs aus den Kohlenrevieren gefordert. Anläßlich der heute stattfindenden Beerdigung wurde zu einer Rundgebung aufgerufen. Es werden daher aus der Umgebung weitere 150 Mann Gen­darmerie zusammengezogen