baß die russischen Staatsmänner ihr Bekenntnis zum Bölkerbund außerordentlich vorsichtig formulieren. Es handelt sich doch dabei um einen entscheidenden Bruch mit politischer Tradition, die bis jetzt immer als uner­schütterlich und unabänderlich dargestellt wurde.

Mit der Unterstützung der Vereinigten Staaten und der Sowjetunion kann der Völkerbund wirklich zu einem Bollwerk des Friedens werden. Als Vereinigung der

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Mächte, die gewillt und bereit sind, die Friedensstörer unter den stärksten Druck zu setzen... Solche Entwicklung des Völkerbundes ist jetzt möglich. Es ist aber leider nicht sicher, daß diese Möglichkeit auch verwirklicht wird. Dazu gehört vor allem, daß die Mächte und das gilt in erster Linie für England mit manchen Jllusionen und Schwächen ihrer Politik gründlich Schluß machen. Durch solche Illusionen werden die Bemühungen bestimmt, die beiden widerspenstigen Mächte, Japan und Deutschland , zurück in den Völkerbund zu bringen und auf diese Weise die Umgestaltung des Völkerbundes in eine wirkliche Friedensorganisation endgültig unmöglich zu machen. Die Austritte Japans und Deutschlands aus dem Bölkerbund maren an sich für ihn keine Verluste, sondern Gewinn- oder konnten mindestens bei der entsprechenden Politik der andern Mächte zu Gewinne für den Völkerbund werden, denn auf diese Weise ist diese Organisation von ihren schlimmsten Feinden befreit worden. Wenn man sich jett um die Rückkehr von Japan und Deutschland bemüht, so ist das ungefähr dasselbe, als wenn man die Kriminal polizei durch die Vertretung von Einbrechern stüßen und schlagkräftiger machen wollte!

Heute sind wir ausnahmsweise in einem Punkt mit der gleichgeschalteten deutschen Presse einig: der Völker­bundsrat hat eine Prüfung von entscheidender Bedeutung zu bestehen. Dies bezieht sich auf den wichtigsten Punkt der Tagesordnung dieser Tagung des Bölkerbundsrates, nämlich auf die Saarfrage. Es steht zwar nur eine Borfrage zur Entscheidung und nicht das ganze Saar­

problem. Der Bölkerbundsrat hat die Beschlüsse über die

Vorbereitung der Abstimmung an der Saar zu fassen. Diese Beschlüsse sollen aber schon jetzt zum Ausdruck bringen, wie der Völkerbundsrat die Frage der Abstim mung grundsätzlich auffaßt. Es ist nicht die Sache des Völkerbundsrates, sich zu irgendwelcher von drei mög lichen Lösungen: Anschluß an Deutschland , Anschluß an Frankreich oder des Beibehaltens des Status quo, zu bekennen. Es ist aber seine Pflicht, zu den Voraus­segungen einer freien und unabhängigen Abstimmung un zweideutig Stellung zu nehmen. Es ist seine Pflicht, dem nationalsozialistischen Terror gegenüber nicht nur auf dem Papier, sondern tatsächlich die Sicherheit dafür zu schaffen, daß kein einziger Mensch gegen seinen Willen diesem Terror ausgeliefert wird. Solange eine solche Sicherheit nicht effektiv vorhanden ist, kann von einer freien Ab­

stimmung nicht die Rede sein und darf also keine Abstim

mung stattfinden.

Es wäre lächerlich, sich auf den Standpunkt zu stellen, daß der Nationalsozialismus im Saargebiet eine Partei, wie alle anderen, sei. Es ist nicht eine Partei, sondern der ganze nationalsozialistische Staat mit allen seinen Macht­mitteln, der die Saarbevölkerung unter dem unerhörten Druck hält. Deshalb handelt es sich nicht darum, daß der Völkerbund irgendwelche Partei zu unterdrücken versucht,

sondern darum, daß er sich um die Befreiung der seinen

Schuß anvertrauten Bevölkerung vom unerträglichen Bevölkerung selbst, wenn sie ihren politischen und wirt­schaftlichen Selbstmord begehen will, ist nicht stichhaltig. Auch wenn wir das Recht auf Selbstmord" anerkennen wollen, so höchstens für den Fall, daß der Selbstmord wirklich freiwillig und nicht erzwungen ist. Es kann aber von keinem freiwilligen Selbstmord die Rede sein, wenn er unter der Drohung des Mordes und Totschlagens- in wörtlichem oder übertragenem Sinne verübt wird. Die Mehrheit der Saarbevölkerung will aber keinen Selbstmord. Sie weiß aber noch nicht, wie sie anders den Mord und Totschlag vermeiden könnte. Die Pflicht des Völkerbundes ist, dieser Mehrheit der Saarbevölkerung den Weg ins Leben zu zeigen. Und wenn das geschieht, so wird der Nationalsozialismus im Saargebiet bald sein Wunder erleben. Schon jetzt ist die Wandlung unver­kennbar, oder genauer: schon jetzt werden die Dinge sichtbar, die bisher unterdrückt oder verschleiert wurden.

Druck bemühen soll. Der Einwand, es sei die Sache ber

sozialistischen Deutschland zu weichen oder willens sind, diesem Terror wirksamen Widerstand zu leisten. Rein einziger Mensch mehr darf der Barbarei ausgeliefert sein!" hat vor einiger Zeit der frühere englische Außen­minister Austen Chamberlain , dessen Einfluß in England sehr stark ist, erklärt. Man darf vom Bölkerbundsrat er. warten und von ihm verlangen, daß er sich diesem Grundsaz anschließt.

Englische Stimmen

London , 15. Jan. Die" Time 8" beschäftigt sich in einem Leitaufsatz mit den Aufgaben des am Montag zusammen tretenden Völkerbundsrates und hebt hervor, daß der Nat auch Nachfolger für den Vorsitzenden und die Mitglieder der Regierungskommission für das Saargebiet zu er nennen haben werde, deren Amtsdauer im März abläuft. Das Blatt betont, daß es gerade gegenwärtig von besonderer Wichtigkeit sei, die neue Saarregierung aus Männern von unparteiischer Gesinnung zu bilden, da die Saarfrage während der nächsten 12 Monate eines der schwierigsten Probleme sein werde. Die Times" zählt einige dieser Schwierigkeiten auf, erwähnt besonders den Umstand, daß nach den Friedensverträgen das Saar­gebiet nicht als unteilbar betrachtet zu werden brauche, daß die Bergwerke gegenwärtig Frankreich gehören und daß sie im Falle der Rückgabe des Gebietes an Deutschland vom Reich in Gold zurückgekauft werden müßten. Auf jeden Fall, so schließt das Blatt, werde der Völkerbund dafür zu sorgen haben, daß die Abstimmung frei, geheim und vertrauenswürdig verlaufe. Sur Festlegung der Be­dingungen der Wahlhandlung werde wahrscheinlich ein kleiner Ausschuß ernannt werden. Für eine Ueber­eilung bestehe fein Anlaß.

Der Saarbrüder Sonderberichterstatter des Daily Expreß", Sefton Delmer , will wissen, daß die Franzosen in Genf anregen werden, die Volts abstimmung im Saargebiet einstweilen aufzuschieben. Der Berichterstatter bezweifelt jedoch, daß Deutschland sich damit zufriedengeben werde. Die Lage im Saargebiet schildert der

Schutzherr Mussolini

Ueber Oesterreich

Paris, 15. Jan. Der Außenpolitikre des Echo de Paris" bespricht die Lage in Desterreich und bezeichnet den Plan, den Graf Alberti gehabt haben soll, als verfehlten Staatsstreich. In dem Artikel kommt dann eine gewisse Stepfis hinfidi

der Organisierung des korporativen Systems in Oesterreich zum Ausdruckt. Mussolini , so schließt der Artikel, habe dafür die Garantie übernommen, daß die Unabhängigkeit Defter reichs nicht hinfällig werde, und Mussolini hätte Dollfuß und Fürst Starhemberg diesen Versuch einer österreichischen Er­neuerung durch den Faschismus angeraten. Vielleicht wäre wirksamer gegenüber der deutschen Offensive schüßen würde. es angebracht, wenn Mussolini dieses Experiment jetzt etwas

Um die Pressefreiheit

In Frankreich

Paris , 15. Jan. Das Gefeß zur verschärften Bekämpfung von Verleumdungen durch Presseveröffentlichungen, daß der Justizminister als Folge des Stavisty- Standals eingebracht hat, hat keine gute Preise. Biele franzöfifche Zeitungen glauben sich in ihrer Pressefreiheit bedroht.

Die Jugend als Beute

Teilung zwischen Hitlerjugend und Arbeitsfront

In Ergänzung des Abkommens zwischen dem Führer der Reiches, wonach die Hitler- Jugend auch die Jugend der Deutschen Arbeitsfront umfaßt, ist jetzt, wie der Parlaments­dienst des Deutschen Nachrichten- Büros meldet, eine Ver= einbarung getroffen worden, nach der in Zukunft die männliche Jugend bis zum vollendeten 18. Lebensjahre und die weibliche Jugend bis zum vollendeten 21. Lebensjahre nicht mehr von der Deutschen Arbeitsfront , sondern von der Hitler- Jugend bzw. dem Bund deutscher Mädel erfaßt wird. Wie das Jugendamt der Deutschen Arbeitsfront dazu mit­die einzige deutsche Jugendorganisation bestätigt. Die von teilt, ist mit dieser Verfügung die Hitler- Jugend erneut als der neuen Vereinbarung betroffenen Jugendlichen dürfen auch nicht mehr den Berufs- und Fachverbänden der Arbeits­front angehören.

Deutſchen Arbeitsfront und dem Jugendführer des Deutſchen

Wir ſtüßen uns hierbei auf die Zeugnisse von Beobachtern, Leipziger Sender brennt

die zu keiner der im Saargebiet ringenden Parteien ge­hören. Die Sozialdemokratie, die den Mittelpunkt des Widerstandes gegen Hitler darstellt, hat sich konsolidiert und läßt sich durch keine Intrigen, weder durch die Ver leumbungen noch durch die Attentate unterminieren. Die Kommunisten werden trotz des Hasses ihrer Führung gegen die Sozialdemokratie durch die Stimmung der Waffen gezwungen, sich faktisch dem sozialdemokratischen Standpunkt anzuschließen. Die Katholiken, die die

Gleichschaltung zum großen Teil nicht aus der Ueber.

zeugung, sondern unter dem Druck der materiellen Ab­

Riesenfackel im Sturm

Leipzig , 14. Jan. Seit der 10. Abendstunde steht der obere Teil eines der beiden Sendertürme des Leipziger Senders in Flammen. Das Feuer trat in etwa 100 Meter Höhe auf. Die beiden etwa 125 Meter hohen Türme wurden im Jahre 1932 im Holzbau errichtet. Der Sendebetrieb für den Bezirk

Zu Hollands Protest gegen das Verbrechen von Leipzig Fortsetzung von der 1. Seite

wissenloser Agitatoren, die selbst außer Schußweite geblieben sind. Das Todesurteil an van der Lubbe wird in der Ge­schichte fortleben als ein juristisches Verbrechen, das durch feine Hitler - Autorität gedeckt werden kann."

hängigkeit mitgemacht haben, fangen an, sich zu rühren. Die katholischen Kräfte des Widerstandes sammeln sich: barüber berichten übereinstimmend alle, die in der letzten Zeit die Gelegenheit hatten, dem Gottesdienst in katho­lischen Kirchen des Saargebietes beizumohnen. Die Gärung innerhalb der deutschen Front", in der sich alle bürgerlichen Parteien zusammengefunden haben, ist nicht mehr zu bestreiten. Der beträchtliche Teil der Geschäfts­leute zittert schon vor der Perspektive des wirtschaftlichen ,, Ein Zusammenbruches, der ihm der Anschluß an das dritte Reich" verspricht. Ueber alles bas ist die Hitler - Regierung am besten informiert, und das ist der Grund weshalb sie einen so starken Wunsch hat die Saarfrage zum Prüfstein ,, einer wahren Friedenspolitik"( Papen) zu machen und in Besitz des Saargebietes ohne Abstimmung zu gelangen.

Diefe von der Reichsregierung und von den National­fozialisten im Saargebiet selbst gewünschte Lösung darf jezt als ausgeschlossen gelten. Sie wird nicht nur von Frankreich , sondern auch von den meisten im Völkerbund vertretenen Mächten auch darunter von England ab. gelehnt. In Europa beginnt man die Saarfrage als ein eminent wichtiges europäisches Problem zu sehen. Sie ist wirklich zum Prüfstein einer wahren Friedenspolitik ge­worden, aber in einem anderen Sinne als Herr Papen meint. Sie ist nämlich der Prüfstein dafür, ob die europäischen Mächte bereit sind, dem Terror des national.

Skandal"

Henride Jongh, der van der Lubbe persönlich gekannt hatte, äußerte u. a.:

" Van der Lubbe war ein asozialer Mensch und ich erachte ihn sicher nicht zu gut für eine Gewalttat. Aber daß das heutige Deutschland nicht davor zurückgeschreckt ist, diesen schwankenden und halb- imbezillen Schlucker umzubringen, um seine düsteren Ziele zu erreichen, ist ein Skandal, der bei jedem anständig denkenden Menschen nur Abscheu er­regen kann."

Die Macht hat gesiegt

Het Algemeen Handelsblad schreibt u. a.:

( Amsterdam ) ( Amsterdam )

Die Hinrichtung van der Lubbes beweist, daß man in Deutschland in sehr bedenklicher Weise mit dem Recht herum springt. Man hat hier ein Menschenleben ohne rechtliche Gründe einem Wunsche geopfert, um den Erwartungen, die durch einen mißglückten politischen Prozeß geweckt waren, Genugtuung zu schenken.

Berichterstatter u. a. wie folgt: In Saarbrücken , innerhals der französischen Zollgrenze flattert die Satenkreuzfahne von den Dächern. Heil Hitler! ist der allgemeine Gruß. 280 000 Deutsche werden regiert von einem rothaarigen Engländer namens Knox. Obwohl das französische Hinterland und das französische Kolonialreich die besten Märkte des Saar gebietes sind, steht es völlig außer Frage, daß die Mehrheit der Saarbevölkerung in ihrem Nationalbewußtsein und ihrer Vaterlandsliebe für Deutschland stimmen wird.

Hitlers Nein!

Die deutschen Sorgen

DNB. Paris, 15. Jan. Der Petit Parisien bringt einen längeren Artikel seines Berliner Korrespondenten. Eingangs wird darin erklärt, die deutsche Antwort auf die letzte fran­ zösische Denkschrift werde trop entgegenkommender Form den deutschen Standpunkt, der zum französischen in direktem Gegensatz stehe, restlos aufrechterhalten. Man habe jedoch Anhaltspunkte dafür, daß die deutsche Regierung die deutsch­französischen diplomatischen Verhandlungen nicht zum Ab­bruch tommen lassen werde. Denn sie böten den Vorteil, daß die Zeit verstreiche und daß die öffentliche Meinung beschäf­tigt werde.

Der Berliner Korrespondent stellt bann eine Reihe von Behauptungen auf, die sich auf die Lage in Deutschland be­ziehen. So behauptet er, daß die politisch- religiösen Fragen Sorge machten und daß die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zu wünschen übrig lase; ferner daß zwischen Reichswehr und braunem Heer gewisse Streitigkeiten bestünden und daß außenpolitisch die Kleine Entente und die Haltung Rußlands zu denken gäben. Das nationalsozialistische Regime stehe am Scheidewege. Es müsse jest zwischen der Normalisierung, d. h. der täglichen Arbeit ohne großes Aufheben, oder der Fort­sezung der Kundgebungen der revolutionären und revisioni­stischen Dynamik wählen. Im letzteren Falle müsse es aber auch die dann unvermeidlichen innen- und außenpolitischen Folgen hinnehmen.

Leipzig mußte eingestellt werden. Kurzschluß kommt, sowett man bisher übersehen kann, als Entstehungsursache nicht in Frage. Durch den herrschenden starken Wind wird die Aus­breitung der Flammen außerordentlich begünstigt, so daß der Senderturm wie eine riesige flammende Fackel in der weiten Landschaft der Leipziger Ebene steht.

Orkan Im Kanal

Selbst Panzerschiffe behindert

London , 15. Jan. Die britischen Inseln sind am Sonntag von schweren Stürmen heimgesucht worden. Der Wind er­reichte eine Stärke von mehr als 120 km/ h. Der französische Ozeandampfer, Lafayette", der gestern mit 24 Passagieren aus

Neuvork in Plymouth landen sollte, konnte nicht anlegen

und fuhr nach seinem Endziel Le Havre weiter. Der Ham burg- Amerika- Dampfer Magdalena", der sich auf der Heim­reise von Mittelamerika und Westindien befindet, lief wohl­behalten in den Hafen ein und verließ ihn trotz des Unwetters auch wieder. Als die Magdalena" im Kanal eintraf, erreichte der Wind Orfanstärke. Wegen der hohen See, der Dunkelheit und des Regens konnte der Lotse nicht an Bord kommen, und die Magdalena" wurde von einem

Rothenboot in den Hafen geführt, wo sie Passagiere, Poſt und Ladung, die aus Edelmetallen bestand, landete.

Die Fischerflotte von Plymouth mußte mit leeren Be­hältern zurückkehren Das Panzerschiff Nelson", das am Freitag festgelaufen, dann aber wieder flottgekommen war und gestern den Hafen Portsmouth verlassen wollte, mußte

ſeine Abfahrt verschieben.

Das Neueste

Vor dem Hanse in der Ziethenstraße in Berlin , in dem die Brüder Horst und Werner Wessel aufgewachsen sind, wurde am Sonntag eine Gedenkschrift feierlich eins geweiht. Jedem Haus eine Gedenktafel!

Der Ortsgruppenleiter der NSDAP. , Dr. Schranz, Beamter der Finanzabteilung der Opelwerke, ist zum tommissarischen Bürgermeister in Offenbach ers nannt worden. Ein Parteibonze mehr an der Futterkrippe.

Der Pariser Berichterstatter der Times" meldet, daß Henderson binnen furzem in Paris erwartet werde, um die Aussichten der Abrüstungskonferenz zu erörtern. Man glaubt, daß nach einer formellen Sigung des Büros in Genf die Konferenz wieder vertagt werden wird, und zwar mindestens bis zum Februar.

Der Wiener Berichterstatter der Times" bezeichnet den Uebertritt des Grafen Alberti, des Führers des Heimate schutes von Niederösterreich , zu den Nationalsozialisten als schweren Schlag für den Heimatschuß. In vielen Kreisen fürchtet man, daß sein Beispiel ansteckend wirken und zu einer Schwächung des Heimatschutes führen werde.

Die Macht hat gefiegt, und die deutsche Regierung hat eine gute Gelegenheit versäumt, um zu beweisen, daß der Nationalsozialismus, wie man auch im übrigen über ihn denken mag, nicht mit einem System identifiziert werden darf, in dem für die Rechtsgrundsäße, die in allen kultivier­ten Ländern der Welt gültig sind, fein Plaß mehr ist. Durch die Urteilsvollziehung in Leipzig hat der deutsche Rechts­staat einen schweren Schlag erlitten. Von einer Politif, die solch eines traurigen Opfers bedurfte, schon ganz zu schweigen."

,, Entfachte barbarische Instinkte"

Der Residentiebode" schreibt zu der Enthauptung van ber Lubbes: Die Deutschen folgen aufs neue der Forderung: Wir müssen unsere barbarischen Instinkte entfachen". Das

ist ein Wort von Goethe, und es ist ungefähr das einzige,

das die Wortführer des dritten Reiches" von diesem be­

rühmten Dichter gern zitieren."

Dimitroffs Mutter

Leipzig , 14. Jan.( Inpreß.) Die Mutter Dimitroffs, die sett drei Wochen in Leipzig auf die Freilassung ihres Sohnes wartet, beginnt alle Hoffnung zu verlieren. Die Behörden behandeln sie völlig willfürlich. Heute wird ihr erlaubt, ihren Sohn zu besuchen, morgen wird ihr der Zutritt verwehrt. Einmal darf sie Lebensmittel und Zigaretten ins Gefängnis bringen, ein andermal wird es ihr brutal verweigert. Alle Fragen nach dem Schicksal der Eingeschlossenen werden stereotyp beantwortet: Man weiß noch nichts."

Seitdem van der Lubbe plößlich enthauptet wurde, kura fteren in Leipzig die schrecklichsten Gerüchte.